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Washington zieht die Daumenschrauben an

Neben militärischen Drohungen verstärken die USA auch die wirtschaftliche Isolierung Irans

Von Karin Leukefeld *

Mit scharfen Worten hat Iran auf eine Rede von USA-Präsident George W. Bush reagiert, in der dieser vor einem »nuklearen Holocaust« in der Region gewarnt hat, sollte Iran sein Atomprogramm fortsetzen können.

Iran, das derzeit erfolgreich mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zur Kontrolle seines Atomprogramms kooperiert, hat stets betont, keinen Angriffskrieg zu planen. Allerdings werde man sich zu wehren wissen, sollte das Land angegriffen werden. Eine Studie der »British School of Oriental and African Studies« (SOAS) hatte kürzlich hervorgehoben, dass die auf Iran gerichteten US-Waffen in der Region innerhalb weniger Stunden bis zu 10 000 Ziele zerstören könnten.

Washington könne die Folgen eines solchen Angriffes nicht abschätzen, sagte General Rahim Yahya Safavi, der neue Militärberater des obersten Religionsführers in Iran, Ayatollah Ali Khamenei. »Erstens wissen sie nicht, in welchem Umfang wir reagieren«, warnte Safavi. Die USA könnten nicht die Folgen für die 200 000 US-Soldaten in der Region absehen, »deren Camps uns akkurat bekannt sind«, fügte der General hinzu. Zweitens seien die Folgen auch für Israel nicht absehbar und drittens »wissen sie nicht, was mit den Rohöllieferungen geschehen wird«. Iran gilt als viertgrößter Öllieferant weltweit. Khamenei bezeichnete die Rede George Bushs als »hasserfüllt, arrogant und gewalttätig«. Man werde sich dem massiven westlichen Druck gegen das iranische Atomprogramm nicht beugen, sondern auf »kunstvolle und kluge Weise« diese »machttrunkenen und arroganten« Staaten besiegen.

Seit 1979 gibt es ein US-Wirtschaftsembargo gegen Iran; erfolgreich drängte Washington auch im UN-Sicherheitsrat auf entsprechende Resolutionen, um Teheran von seinem angeblichen Streben nach Atomwaffen abzubringen. Die UNO-Resolutionen richten sich gegen iranische Privatpersonen und Firmen, die verdächtigt werden, mit dem Atomprogramm zu tun zu haben. Staaten sollen ihren diesbezüglichen Handel mit Iran einstellen. Die UNO, die EU und die US-Finanzbehörden haben ihre Auflagen für Finanzströme in den Iran verschärft.

Die USA ziehen alle Register gegen Iran. So verurteilte am Freitag (7. Sept.) ein US-Gericht Teheran zu einer Milliardenzahlung, weil die Islamische Republik hinter einem tödlichen Anschlag auf US-Soldaten 1983 in Beirut stecken soll. Weltweit sind US-Emissäre unterwegs, um das Land nicht nur militärisch einzukreisen, sondern auch wirtschaftlich zu isolieren. Insbesondere die Staaten der Golfregion wurden von den USA aufgefordert, ihren Handel mit Iran zu drosseln, der vor allem über Dubai abgewickelt wird. Traditionell sind die Handelsbeziehungen zwischen Iran und den Golfstaaten sehr eng.

Der Annäherungsprozess wurde nun durch die US-Intervention gestoppt. Die Vereinigten Arabischen Emirate, die von den USA wirtschaftlich, politisch und militärisch abhängig sind, erließen ein Gesetz, wonach bestimmte Lieferungen an Iran, die den Bau von Waffen unterstützen könnten, nicht mehr verschifft werden dürfen. Der iranische Außenamtssprecher Mohammad Ali Hosseini wies die US-Einmischung als »illegal« zurück, das Vorgehen gefährde die regionale Wirtschaft.

Die USA machen aber nicht nur Druck auf die Nachbarstaaten Irans. Auch die Bundesregierung forderten sie auf, die Wirtschaftsbeziehungen zu Iran herunterzufahren. Deutsche Firmen exportieren erfolgreich Lokomotiven, Schiffe und Kraftwerkstechnik nach Iran. Die Bundesregierung lehnte ab, gefälliger verhielten sich dagegen deutsche Banken. Sowohl die Dresdener als auch die Deutsche Bank haben iranischen Privat- und Firmenkunden die Konten gekündigt. Angeblich, weil der bürokratische Aufwand zu teuer geworden sei. Auch die Commerzbank beabsichtigt, ihren iranischen Kunden die Zusammenarbeit aufzukündigen. Aufgrund von Druck aus den USA wickeln seit Anfang des Jahres viele europäische Geldinstitute Dollargeschäfte mit Iran nicht mehr ab.

* Aus: Neues Deutschland, 10. September 2007


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