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Abbau von Uran-Programm im Tausch gegen Sanktionsaufhebung?

Iran offen für Diskussion *

Der Iran ist dazu bereit, die Einstellung seiner Urananreicherungsarbeiten zu erwägen - als Gegenleistung für die Aufhebung der gegen Teheran geltenden internationalen Sanktionen, wie AFP am Dienstag unter Berufung inoffizielle Informationen aus der iranischen Verhandlungsdelegation meldet.

Laut dem Gesprächspartner der Agentur könnte Teheran für die Regelung der Situation um sein Atomprogramm „die Möglichkeit erwägen, als Gegenleistung für die Aufhebung aller internationalen Sanktionen, darunter der vom UN-Sicherheitsrat verhängten, die Arbeiten zur Urananreicherung auf 20 Prozent einzustellen“.

Die früheren Versuche der Völkergemeinschaft, mit dem Iran dessen Verzicht auf die 20-Prozent-Urananreicherung im Austausch gegen Lieferungen von Kernbrennstoffen zu vereinbaren, hatten keinen Erfolg.

Wie der iranische Chefunterhändler Mehdi Mohammadi vor dem Treffen mit der Gruppe der Sechs am Dienstag in Alma-Ata geäußert hatte, sind die Ideen Teherans dem Sinn nach den Vorschlägen ähnlich, die Russland der iranischen Seite zuvor unterbreitet hatte.

Laut dem EU-Außenminister Michael Mann kann die Europäische Union derzeit die gegen den Iran geltenden Sanktionen nicht aufheben, weil Teheran den friedlichen Charakter seines Atomprogramms nicht bewiesen habe.

Der EU liegen allerdings noch keine Informationen über den Inhalt des neuen Vorschlagspakets von Teheran vor.

Die Sechsergruppe und die IAEO wollen den Iran dazu bringen, seine Urananreicherungsarbeiten einzustellen, die seit dem Jahr 2003 laufen und eine Gefahr für den Atomwaffensperrvertrag darstellen. Die USA, etliche europäische Länder und Israel verdächtigen den Iran, unter dem Deckmantel eines Programms zur friedlichen Kernkraftnutzung an Atomwaffen zu arbeiten. Teheran weist diese Anschuldigung zurück und behauptet, sein Atomprogramm sei darauf gerichtet, den Eigenbedarf an Strom zu decken.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, Dienstag, 26. Februar 2013; http://de.rian.ru


Kasachstan und die Weltbühne

Ab heute in Almaty Iran-Verhandlungen

Von Roland Etzel **


Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew lässt kaum eine Gelegenheit aus, sein Land als gewichtigen politischen Mitspieler zu präsentieren: 2010 Tagung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa; 2011 Organisation der Islamischen Konferenz. Aber auch kleinere Ereignisse werden gerne ausgerichtet.

Ab Dienstagabend trifft sich in Almaty (als Alma-Ata einst Hauptstadt) die 5+1-Runde erneut mit Abgesandten aus Teheran zu Verhandlungen über das iranische Atomprogramm. Die Stimmung ist gedämpft. Die fünf Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates - China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA - plus Deutschland haben dem Vernehmen nach weder einzeln noch als Ganzes neue Vorschläge im Gepäck. Dafür spricht auch, dass die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton für die westlichen Staaten die Gespräche führen soll - wohl mehr eine symbolische Geste in Wirklichkeit nicht vorhandener gemeinsamer EU-Außenpolitik.

Von Iran ist ein Vierteljahr vor den Wahlen in der Substanz ebenfalls nichts Neues zu erwarten. Mahmud Ahmadinedschad, dessen letzte Präsidentschaft ausläuft, hat vom Obersten Islamischen Führer, Ayatollah Ali Chamenei, wohl kein politisches Mandat mehr in der Atomfrage. Deutlich wurde das jüngst auch daran, dass nicht ein Regierungsmitglied auf ein US-»Verhandlungsangebot« reagierte, sondern der Ayatollah selbst.

Unterm Strich blieb dabei nicht mehr als ein rhetorischer Schlagabtausch. Anderes konnte allerdings kaum erwartet werden. US-Vizepräsident Joe Biden hatte auf der Münchener Sicherheitskonferenz einen »direkten Dialog« Iran - USA vorgeschlagen, unter Aufrechterhaltung aller Sanktionen. Das hatte Chamenei abgelehnt: Man könne nicht die Pistole auf Iran richten und sagen: »Verhandlungen oder wir drücken ab!«

Vielleicht gibt es vernünftige Vorschläge für Almaty. Sollen sie aber ernsthaft verhandelt werden können, bedürfen sie nicht der Bekanntgabe in Fensterreden wie in München, sondern vor allem der Diskretion. Anderenfalls wird jeder unkonventionelle Gesprächsansatz ein Opfer der inzwischen auch hierzulande an der Schwelle zur Staatsdoktrin angekommenen antiiranischen Hysterie.

Den kasachischen Gastgebern dürfte es schwerfallen, mehr als gute Gastgeberdienste zu leisten. Für eigene, neutrale Vermittlungsversuche sind sie wohl zu sehr mit den arabischen Ölmonarchien verbandelt, die wie Israel auf jede Annäherungsgeste an Iran äußerst allergisch reagieren.

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 26. Februar 2013


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