USA: Krieg mit und gegen die UNO
Was ist dran an den Beschuldigungen der US-Regierung gegen den Irak?
Von Jürgen Wagner, IMI e.V. Tübingen
Die USA werden Bagdad angreifen, unabhängig davon ob UNO-Inspektionen
zustande kommen oder nicht
A. Das Szenario
Am 12. September 2002 stellte US-Präsident George W. Bush vor der
UN-Vollversammlung sowohl dem Irak, als auch der UNO ein Ultimatum,
entweder Washingtons Haltung in der Irakfrage entgegenzukommen oder
anderenfalls angegriffen, respektive umgangen zu werden. Angeblich
stelle der irakische Diktator Saddam Hussein eine Bedrohung für die USA
und die ganze Welt dar, weshalb in den Worten Bushs "Aktionen dringend
erforderlich" seien.
Nachdem nun sowohl die UNO, als auch der Irak den Vorgaben der
US-Regierung entsprachen, indem man sich auf die bedingungslose Rückkehr
der Waffeninspekteure einigte, sehen viele die Kriegsgefahr als gebannt.
Mit dieser Vereinbarung wurden nahezu alle Forderungen Washingtons
erfüllt, weshalb der irakische Vize-Ministerpräsident Tarik Aziz angab,
nun seien "all die Gründe für einen Angriff beseitigt worden."
Leider wird sich die US-Regierung hierdurch von ihren Angriffsplänen
kaum abhalten lassen. Denn die offiziellen Kriegsgründe spiegeln nicht
die eigentlichen Interessen der US-Regierung wieder. Ziel ist weiterhin
die Ölvorkommen des Landes, sowie - über eine verstärkte Truppenpräsenz
am Golf - die Region zu kontrollieren. Die Weigerung der US-Regierung,
im Austausch für das Inspektionsregime Bagdad eine
Nicht-Angriffsgarantie zu geben, ist hier geradezu entlarvend.
Ein genauer Blick auf die angeblichen Gründe, weshalb der Irak
angegriffen werden müsse, zeigt, dass darin kaum die Ursachen für
Washingtons Angriffspläne liegen können. Demzufolge wird die USA
ungeachtet der UNO-Inspektionen weiterhin auf ihr eigentliches Ziel -
Regimewechsel - beharren, was auch durch Aussagen zahlreicher
US-Regierungsoffiziellen belegt wird.
B. Die offizielle "Kriegsgründe" Washingtons
Im wesentlichen nannte George Bush vier Gründe, die einen Angriff auf
den Irak notwendig machen würden:
-
Der Irak unterstütze terroristische Organisationen
- Der Irak verfüge über Massenvernichtungsmittel und sei auch weiterhin
daran interessiert solche zu erwerben
- Der irakische Diktator sei grundsätzlich aggressiv, was den Schluss
nahe lege, dass er seine Nachbarn angreifen könnte. Zusätzlich sei es
aufgrund seines irrationalen und grausamen Charakters nicht
auszuschließen, dass er die USA oder Verbündete mit
Massenvernichtungsmittel angreife.
- Es sei angesichts der Anschläge des 11. September eine nicht mehr
tolerierbare Gefahr, dass Saddam Hussein seine Massenvernichtungsmittel
an eine terroristische Organisation weitergebe, die mit ihnen den
Vereinigten Staaten "katastrophale Schäden" (Bush) zufügen könnten.
Was ist an diesen Beschuldigungen dran?
1. Irak und die Unterstützung terroristischer Organisationen
Fast krampfhaft wurde versucht, eine direkte Tatbeteiligung des Iraks an
den Anschlägen des 11. Septembers zu konstruieren. Allerdings stellte
sich ein angebliches Treffen zwischen Mohammed Atta - dem mutmaßlichen
Kopf der Attentäter - und einem irakischen Geheimdienstmitarbeiter in
Prag ebenso als nichtig heraus, wie die von Pentagon-Berater Richard
Perle erhobenen Vorwürfe, Saddam Hussein habe sich mehrmals direkt mit
Atta getroffen. Nachdem auch der Vorwurf, der Irak sei Urheber der
Anthrax-Briefe, unhaltbar geworden waren, gingen Teile der US-Regierung
dazu über, eine allgemeine Verbindung zwischen El Kaida und dem Irak zu
konstruieren. So etwa die Sicherheitsbereaterin Condolezza Rice am 16.
September: "Irak hat ganz klar Verbindungen zum Terrorismus, darunter
auch El Kaida", sagte US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice dem
US-Fernsehsender Fox. El-Kaida-Mitglieder seien in Bagdad wiederholt
gesehen worden. Aussenminister Colin Powell war noch am Tag zuvor anders
zu vernehmen gewesen: "Wir haben keine Lunte, die den Irak mit den
Anschlägen vom 11. September in Verbindung bringt".
Schlußendlich wurde Hussein ganz allgemein der Unterstützung
terroristischer Organisationen beschuldigt. Allerdings muss hierzu
angemerkt werden, dass zwar vom Irak mehrere kleinere Gruppen
unterstützt werden, allerdings keine von diesen in den USA ein
Angriffsziel sieht. Der Grad einer Verwicklung des irakischen Regimes in
den internationalen Terrorismus liegt somit deutlich unter dem
zahlreicher anderer Staaten.
Dies ist auch der US-Regierung klar geworden, weshalb dieser Kriegsgrund
inzwischen mehr oder weniger fallengelassen wurde. Interessant ist
hierbei noch zu erwähnen, dass das von der US-Regierung zur Bush-Rede
herausgebrachte Beweispapier, "A Decade of Deception and Defiance" zwar
in der Inhaltsangabe eine irakische Unterstützung des Terrorismus als
Kapitel ausweist, man dieses aber im Haupttext dann vergeblich sucht.
So soll nun der Irak ohne eine Tatbeteiligung an den Anschlägen des 11.
September angegriffen werden. Der ehemalige nationale Sicherheitsberater
Zbigniew Brzezinski betont deshalb auch, die Argumente, die für einen
Angriff auf den Irak sprechen, "können nicht aus dem legalistischen
Grund ignoriert werden, dass 'Beweise' für eine Verwicklung des Irak in
die Anschläge des 11. September nicht vorliegen." Laut US-Regierung
hängen diese Argumente direkt mit dem irakischen Interesse an
Massenvernichtungsmitteln zusammen.
2. Der Irak verfüge über Massenvernichtungsmittel
US-Präsident George W. Bush stellte klar, er sei der Überzeugung, der
Irak verfüge bereits über erhebliche Mengen an
Massenvernichtungsmitteln. Allerdings lieferte er für diese
Anschuldigung keine Beweise. Auch im Fact Sheet "A Decade of Deception
and Defiance" lassen sich solche nicht finden.
Im Gegenteil: Alles was bisher als Beweis vorgebracht wurde, erwies sich
untauglich. So berief sich die US-Regierung auf einen Bericht der
internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), der beweise, dass der Irak an
einem Nuklearprogramm arbeite. Das Dementi eben jener Organisation
folgte aber auf dem Fuße, ein solcher Bericht existiere überhaupt nicht.
Als Gegenzeuge fungiert derzeit der überzeugte Republikaner und
ehemalige Chef der UNO-Waffeninspekteure im Irak, Scott Ritter, der
bestreitet, dass der Irak über Massenvernichtungsmittel verfügt. "Der
Irak stellt keine Gefahr für die USA oder die Welt dar," betont Ritter.
So ist es zumindest fraglich, ob der Irak über chemische beziehungsweise
biologische Kampfstoffe verfügt - Atomwaffen besitzt er nicht.
Trotzdem lässt sich sicherlich ein irakisches Interesse an diesen Waffen
schwer leugnen. Die Bush-Administration schlug Alarm - sich auf einen
Bericht des International Institute for Strategic Studies (IISS)
beziehend, der dies im übrigen gar nicht so aussagte -, der Irak könne
innerhalb eines Jahres an Atomwaffen gelangen. Selbst ein
Regierungsmitglied hielt dem entgegen, das sei zwar richtig, aber nur,
"wenn man ihnen alles liefert außer dem Zünder."
Weder verfügt der Irak über das Know-How, noch über die Materialien, um
Atomwaffen herstellen oder chemische bzw. biologische Kampfstoffe in
großer Anzahl entwickeln zu können - ganz zu schweigen von den
notwendigen Trägersystemen.
Ein konsequentes Engagement für die Rüstungskontrolle würde es dem Irak
auch in Zukunft nahezu unmöglich machen, an Massenvernichtungsmittel zu
gelangen. Gerade die internationale Rüstungskontrolle wird aber von
einem Staat der Welt massiv unterlaufen, den USA.
Die US-Regierung räumte jetzt ein, dass sie über keinerlei "schlagende
Beweise" verfüge, die sie dem US-Kongress vorlegen könne. "Wenn wir auf
den schlagenden Beweis dafür warteten, wäre es zu spät", sagte Rumsfeld.
3. Hussein sei grundsätzlich aggressiv und irrational; es drohten
Angriffe auf Bagdads Nachbarn und die USA. Zusätzlich sei er jederzeit
zum Einsatz seiner Massenvernichtungsmittel bereit
Als Beispiele für Husseins irrational aggressives Verhalten führte Bush
vor allem den 1980 erfolgten irakischen Angriff auf den Iran, sowie die
Besetzung Kuwaits 1990 an. Deshalb sei es sehr wahrscheinlich, dass der
Irak neue Angriffe auf seine Nachbarn unternehmen werde.
Zwar ist jede kriegerische Handlung ein aggressiver Akt. Krieg als
Fortsetzung der Politik ist jedoch nicht nur in Bagdad sondern auch in
Washington und in Berlin salonfähig.
Den damaligen Auseinandersetzungen lagen klare Konflikte zugrunde. 1980
spielte die Furcht des säkularen irakischen Regimes vor der islamischen
Revolution im Iran eine entscheidende Rolle - unter anderem wurde der
Irak in diesem Krieg von den USA massiv unterstützt. Auch bei der
Besetzung Kuwaits lag keine "irrationalen" Handlungsweise vor. Es gab
erhebliche Konflikte mit Kuwait, einerseits drehten sich die
Streitereien um Grenzkonflikte und damit die Kontrolle ölreicher
Gebiete, andererseits schädigte Kuwait durch das Unterlaufen der
OPEC-Förderquoten massiv die ökonomischen Interessen des Iraks. Durch
den achtjährigen Krieg gegen den Iran gingen Bagdad so dringend
benötigte Mittel zur wirtschaftlichen Erholung verloren.
Allgemein bekannt ist inzwischen, dass die damalige US-Regierung Saddam
Hussein grünes Licht für eine Besetzung Kuwaits gab. Seinerzeit erklärte
die US-Botschafterin April Glaspie, die USA hätten keine Position zu
innerarabischen Grenzkonflikten, würden sich also für den Fall einer
irakischen Invasion Kuwaits neutral verhalten. Erst diese Ermutigung
ließ den irakischen Diktator glauben, er handele mit der Billigung
Washingtons. Im Nachhinein wurde klar, dass die Vereinigten Staaten
hiermit eine Falle konstruiert hatten, um eine Legitimation für einen
Angriff auf Bagdad zu erhalten und damit die nach dem Golfkrieg erfolgte
und schon lang angestrebte dauerhafte Truppenpräsenz in der Region zu
erlangen.
Gegen die These, ein Angriff auf die Nachbarn stelle eine unmittelbare
und ständige Gefahr dar, spricht ebenfalls, dass der Irak durch das
Embargo militärisch erheblich geschwächt und damit auch eine derzeit
geringere Bedrohung für seine Nachbarn darstellt. (Indirekt gibt dies
auch Washington zu, indem sie die militärische Schwäche des Irak als
Grund dafür angeben, weshalb für einen Angriff deutlich weniger Soldaten
benötigt würden als noch 1991). US-Admiral Wilson gibt hierzu an "Jahre
der UN-Sanktionen, Embargos und Inspektionen, kombiniert mit US [...]
Militäraktionen haben die militärischen Fähigkeiten des Iraks
signifikant reduziert."
Zusätzlich kam es in der jüngsten Zeit zu Annäherung des Iraks mit
Kuwait (Gespräche über eine Beilegung der Grenzkonflikte), Saudi-Arabien
(Überlegungen zur Einrichtung einer Freihandelszone) und sogar mit dem
Iran (zuletzt im Januar geführte Annäherungsgespräche).
Das stärkste Argument gegen die Gefahr für die Nachbarn ist allerdings,
dass eben diese Nachbarn, die angeblich bedroht sind und von den USA
beschützt werden sollen, allesamt gegen den US-Krieg sind.
Es bleibt der Vorwurf, der Irak setze seine Massenvernichtungsmittel
generell und in jeder Auseinandersetzung ein, was eine nicht
tolerierbare Gefahr für die USA, vor allem aber auch für Israel sei.
Hierfür führt Bush die ohne Zweifel grausamen Giftgasangriffe im
Irankrieg und gegen die kurdischen Bevölkerung an.
Allerdings vergessen die Vereinigten Staaten dabei zu erwähnen, dass
beide mit ihrer Billigung geschahen, Bagdad somit keine Vergeltung
drohte. Kurz nach den Attacken gegen die Kurden unterschrieb die
US-Regierung, anstatt diese Angriffe zu kritisieren, einen Vertrag über
1 Mrd.$ über den Bau einer Chemiewaffenfabrik und erlaubte erstmals den
Export von Viruskulturen in den Irak.
Auch die Angriffe gegen iranische Soldaten geschah mit Wissen und
expliziter Billigung der USA. Walter Lang, damals hoher
Geheimdienstmitarbeiter gibt an: "Die irakische Anwendung von Gas auf
dem Schlachtfeld, war keine Angelegenheit größerer strategischer Bedenken."
Die Anwendung von Massenvernichtungsmittel geschah also mit
Unterstützung der USA.
Bleibt der Vorwurf, da Hussein in Israel und inzwischen in den USA seine
Hauptfeinde sieht, könnte seine bewiesene Bereitschaft, gefährliche
Kampfstoffe einzusetzen, für beide Länder zu schrecklichen Verlusten führen.
Wenn sich allerdings der irakische Diktator in einer Sache als überaus
rational handelnd erwiesen hat, dann darin, alles zu tun, um an der
Macht zu bleiben. Im Gegenzug bedeutet dies auch Schritte nicht zu
ergreifen, die zur eigenen Vernichtung führen werden. Angriffe auf
Israel oder die USA wären mit Sicherheit gleichbedeutend mit der
Vernichtung Husseins durch eines der beiden Länder.
Eben diese Überlegung hielt ihn bereits 1991 von einem solchen Schritt
ab. Selbst Brzezinski merkt hierzu an: "Die häufig zitierte, im
wesentlichen aber demagogische Formel, dass Saddam Hussein seine
Massenvernichtungsmittel (Gas) gegen sein eigenes Volk benutzte,
ignoriert die Tatsache, dass er solche Waffen 1991 weder gegen
US-Truppen noch Israel, die beide die Fähigkeit zur Vergeltung besaßen,
benutzte." Benjamin Netanyahu, 1998 zum Zeitpunkt der US-Angriffe auf
den Irak israelischer Ministerpräsident, hat nun mitgeteilt, dass Saddam
Hussein ihm vor vier Jahren eine Nicht-Angriffsgarantie gegeben habe.
Im Gegenzug lässt sich feststellen, dass die ständigen
Interventionsdrohungen gegen Bagdad, für Hussein weiterhin eine
Hauptmotivation darstellen, an Massenvernichtungsmittel zu gelangen, um
sich vor solchen Angriffen zu schützen.
Ein Sachverständiger machte bei einer Anhörung vor dem US-Kongress
deutlich, dass Hussein der festen Überzeugung sei, nur seine damals noch
vorhandenen Massenvernichtungspotenziale hätten die USA 1991 von einer
Invasion abgehalten. Er sieht also in der abschreckende Wirkung dieser
Waffen, nicht deren offensivem Einsatz gegen die USA, deren eigentlichen
Wert.
4. Eine mögliche Weitergabe von Massenvernichtungsmitteln an
terroristische Gruppen
Die Anschläge des 11. September hätten allen vor Augen geführt, welche
Gefahr von Terrorgruppen ausgehe, falls diese über
Massenvernichtungsmitteln verfügen. Aufgrund seiner Bereitschaft, den
Vereinigten Staaten Schaden zuzufügen und seine Kampfstoffe an
Terrorgruppen weiterzugeben, stelle der Irak eine nicht mehr
tolerierbare Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten dar, so
die Anklage der US-Regierung. Bush formulierte dies am 12. September
folgendermaßen: "Mit jedem Schritt, den das irakische Regime zur
Beschaffung und zum Einsatz der schrecklichsten aller Waffen unternimmt,
verringern sich unsere Optionen, diesem Regime entgegenzutreten. Sollte
ein ermutigtes Regime diese Waffen verbündeten Terroristen zur Verfügung
stellen, wären die Anschläge des 11. September nur der Auftakt für weit
größere Gräueltaten." Ähnliches war auch von Vizepräsident Dick Cheney
zu vernehmen: "Alte Sicherheitsdoktrinen gelten nicht mehr. Eindämmung
ist nicht möglich, wenn Diktatoren Massenvernichtungsmittel erwerben und
bereit sind diese mit Terroristen zu teilen, die beabsichtigen den
Vereinigten Staaten katastrophale Verluste zuzufügen."
Dies stellt das zentrale Legitimationskonstrukt der US-Regierung dar.
Angriffe auf den Irak, ohne vorhergehende Aggression würden sich aus dem
Grund legitimieren, da man nur so Attacken von über
Massenvernichtungsmittel verfügenden Terroristen verhindern könne. Dies
legitimiere, so Bush in seiner Junirede in West Point, auch das Führen
von Präventivkriegen - von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld als
"defensive Interventionen" bezeichnet.
Der bloße Versuch an Massenvernichtungsmittel zu gelangen, so die
US-Argumentation, stellt in der Welt nach dem 11. September eine so
große Gefahr dar, dass dies auch Präventivangriffe rechtfertigt, wie
US-Senator John McCain versichert: "Diktatoren, die [...]
Massenvernichtungs-Waffen bauen, sind unterrichtet, dass ein solches
Verhalten, schon für sich selbst, ein Kriegsgrund ist."
Allerdings halten nicht einmal die US-Geheimdienste dieses Szenario für
plausibel, wie ein Zitat aus der International Herald Tribune (IHT)
belegt: "Die CIA hat keine Beweise, dass der Irak innerhalb fast eines
Jahrzehntes in terroristische Operationen gegen die USA verwickelt war
und die Spionageagentur ist ebenfalls davon überzeugt, dass Hussein
keine chemischen oder biologischen Waffen an Al-Qaida oder ähnliche
terroristische Gruppen geliefert hat."
Wie oben erwähnt, verfügt der Irak ohnehin über keine Kontakte zu
Terrorgruppen, die die USA zum Ziel haben. Zudem ist es sehr
wahrscheinlich, dass die US-Geheimdienste eine Weitergabe bemerken
würden. Saddam Hussein wird wohl kaum durch solche Handlungen den
Vereinigten Staaten den krampfhaft gesuchten Grund liefern, ihn zu stürzen.
C. Der Krieg ist beschlossen - unabhängig von den Inspektionen
Etwaige Versuche des Iraks, gefährliche Kampfstoffe an Terroristen
weiterzugeben scheiden somit als eigentlicher Kriegsgrund aus. So wird
klar, dass es nicht um die irakischen Versuche geht, an
Massenvernichtungsmittel zu gelangen. Wenn dies tatsächlich der Fall
wäre, hätte die Installation eines UN-Inspektionsregime absolute Priorität.
Dies ist aber für die US-Regierung eindeutig nicht der Fall.
Ankündigungen, die Schwelle so hoch zu legen, dass der Irak kaum
einwilligen kann, bestätigen dies ebenso, wie Aussagen, die jetzt
erfolgte Einwilligung des Iraks in ein erneutes Kontrollregime stelle
eine Art Super-GAU dar. Peter Rudolf von der Stiftung Wissenschaft und
Politik meint hierzu: "Der Forderung nach neuen
Rüstungskontrollinspektionen lag innerhalb der Administration die
Einschätzung zugrunde, das Risiko sei gering, dass Saddam Hussein
nachgeben werde. Trifft die Einschätzung eines nicht namentlich
genannten 'außenpolitischen Top-Beraters im Senat' zu, dann ist ein
mögliches Eingehen der irakischen Führung auf die Bedingungen eine der
großen Sorgen im Weißen Haus. [...] Doch selbst wenn der Irak die
striktesten Bedingungen erfüllen sollte - bei der Durchführung der
Inspektionen wären gewiss irakische Blockaden zu erwarten. Ein 'hoher
Regierungsoffizieller' drückte diese Hoffnung so aus: 'selbst wenn
Inspektoren hineingehen, das erste Mal, wenn sie ausgeschlossen werden,
dass ist alle Rechtfertigung [für einen Krieg] die wir benötigen.'"
Falls es nicht gelingt, die Forderungen so hoch zu schrauben, dass
Hussein die Inspektoren ausschließt, ist zu erwarten, dass Washington
einen Zwischenfall provozieren oder inszenieren wird, der dann die
Legitimation zum Angriff - nun unter UNO-Mandat - geben soll.
John Bolton, Staatssekretär für Rüstungskontrolle und internationale
Sicherheit im US-Außenministerium, stellt die Ziele der US-Regierung
klar: "Unsere Politik [...] drängt auf einen Regimewechsel in Bagdad und
diese Politik wird nicht geändert werden, ob Inspektoren hineingehen
oder nicht."
Ähnliche Aussagen von Außenminister Colin Powell und Dick Cheney machen
klar, dass es sich bei den derzeitigen Verhandlungen nur um ein
taktisches Manöver der US-Regierung handelt, um die UNO an Bord zu
bekommen und sich somit internationale Legitimität für ihren
Angriffskrieg zu verschaffen.
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