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USA lagern den Krieg an die Söldner aus

Nach dem Abzug der Kampftruppen übernehmen private Sicherheitsunternehmen viele Aufgaben im Irak

Von Karin Leukefeld *

Nach dem Rückzug der US-Kampftruppen aus dem Irak sollen private US-Sicherheitsunternehmen die Lücke füllen. Nach Auskunft von US-Außenamtssprecher Philip Crowly könnte sich die Zahl dieser Söldner auf 7000 erhöhen, doppelt so viele, wie sich derzeit schon im Irak für die Sicherheit von US-Offiziellen verdingt haben. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte zuvor erklärt, die entsprechende Personalstärke der US-Botschaft im Irak von etwa 2700 werde sich verdreifachen. Neben der Begleitung von Personal des US-Außenministeriums oder der US-Entwicklungshilfe (USAID) sollen die privaten Sicherheitskräfte die Botschaft und fünf weitere US-Basen beschützen, mit Radarsystemen vor möglichem Raketenbeschuß warnen, am Straßenrand vergrabene Sprengsätze finden und Überwachungsdrohnen fernsteuern. Vorgesehen ist auch die Aufstellung einer »schnellen Reaktionstruppe«, die »in Not« geratene Personen retten soll. Gemeint ist damit nach Auskunft der amerikanischen »Kommission für Unternehmen im Krieg in Irak und Afghanistan«, daß beispielsweise US-Ausbilder der irakischen Armee im Falle eines Angriffs evakuiert werden können. Insgesamt hatten die US-Kampftruppen bisher 1200 verschiedenen Aufgaben zu erfüllen, die nun von privaten Sicherheitskräften oder Irakern übernommen werden müssen oder gar nicht mehr ausgeführt werden.

Solange »der Irak so ein gefährlicher Ort ist«, sei die zusätzliche Bewachung nötig, sagte Crowley. Um dem zukünftigen US-Engagements einen zivilen Anstrich zu geben, wird fortan das US-Außenministerium anstelle des Pentagon für alle Einsätze federführend sein. Die Kosten werden auf bis zu drei Milliarden US-Dollar im Jahr beziffert. Dieses Geld fließt zum Beispiel in 60 minensichere Fahrzeuge, die den gepanzerten Fuhrpark der US-Botschaft in Bagdad auf 1320 Fahrzeuge vergrößern sollen. Das bislang einzige Flugzeug wird durch drei weitere ergänzt. Die Hubschrauberflotte wird von 17 auf 29 vergrößert. Alle diese Fahrzeuge sollen von privaten Sicherheitskräften gesteuert werden.

Das von der US-Botschaft in Bagdad besetzte Grundstück ist größer als der Vatikanstaat. Von dort kontrollierte »Wiederaufbauteams« (PRT) arbeiten in 16 irakischen Provinzen. Ein Kommentar der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti über den US-Truppenabzug aus dem Irak stellte deshalb die Frage, ob die US-Amerikaner den Krieg im Irak beendet oder lediglich an private Sicherheitsfirmen »ausgelagert« hätten.

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums arbeiteten im März 2010 rund 95000 ausländische Angestellte für die US-Truppen im Irak, 11610 von ihnen wurden als »private Sicherheitskräfte« bezeichnet, von denen wiederum 1207 US-Bürger sind, darunter viele ehemalige Soldaten. Die Webseite »Iraq Body Count«, die seit Kriegsbeginn die Toten im Irak zählt, hat bisher 467 getöteten ausländische Söldner und Angestellte gezählt.

* Aus: junge Welt, 23. August 2010


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