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"Flugzeugträger Rheinland-Pfalz" soll ausgebaut werden

US-Militärstandorte in Deutschland werden Drehscheibe für die "Kriege der Zukunft"

Thomas Klein im Gespräch mit Markus Pflüger*

* Markus Pflüger ist Sprecher der AG Frieden Trier und arbeitet mit beim "Netzwerk gegen Militärstandorte und deren Auswirkungen - NEMA";
Thomas Klein ist freier Journalist.


Frage: Am Wochenende (14./15. September 2002) gab es ein Treffen von Bürgerinitiativen und Friedensgruppen, die sich gegen einen Ausbau der in Rheinland-Pfalz gelegenen US-Militärflughäfen in Ramstein und Spangdahlem wenden. Was ist dabei herausgekommen?

Pflüger: Das zurückliegende Treffen war bereits der zweite Termin eines neu gegründeten "Netzwerkes gegen Militärstandorte und deren Auswirkungen". Wir sind dabei uns besser vor Ort zu vernetzen - und wollen ein Diskussion um den Ausbau anstoßen.
Beteiligt an diesem Vorhaben sind Leute, die direkt von den Militärflughäfen betroffen sind, also Vertreter örtlicher Bürgerinitiativen, aber auch Vertreter des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) und von Friedensgruppen.
Hintergrund: Das US-Militär will die US-Air-Base Rhein-Main in Frankfurt räumen, und bis 2006 soll eine Verlegung nach Ramstein und Spangdahlem stattfinden. Diese geplante Verlegung ist gekoppelt an weitreichende Ausbaupläne bei den zwei rheinland-pfälzischen Standorten.

Das heißt, in Spangdahlem und Ramstein werden demnächst größere Baumaßnahmen anstehen?

Wir reden hier von einem riesigen Ausbau. Wir haben Unterlagen, die das Verlegungsprogramm und die Ausschreibungen zu Spangdahlem und Ramstein enthalten. Da wird schnell deutlich: Es geht nicht um irgendwas. Gebaut werden sollen die größten Start- und Landebahnen in Europa. Es geht darum, dass ein zentraler Punkt bei der Kriegsstrategie der USA entstehen soll.

Vom "Flugzeugträger Rheinland-Pfalz" ist allerdings schon in der Vergangenheit, gerade im Zusammenhang mit den Kriegen in den neunziger Jahren, die Rede gewesen. Diese Losung gewinnt jetzt noch an Gewicht?

Genau das. Ramstein und Spangdahlem sollen zukünftig eine ganz erhebliche Bedeutung erlangen. Spangdahlem als zentrale Lagerstätte für Munition und Treibstoff, und Ramstein als Personaldrehkreuz - für die "Kriege der Zukunft".

Steht bei den Anwohnern die persönliche Betroffenheit, z.B. die zu erwartende Lärmbelastung, oder eine politische Ablehnung dieser Pläne im Vordergrund?

Das ist unterschiedlich. Als es bei dem Treffen am Wochenende um die direkten Auswirkungen ging, waren natürlich auch die giftigen Abgase, also die persönliche Betroffenheit der Menschen vor Ort, ein wichtiges Thema. Seit dem Golfkrieg 1991 kommt in den US-Militärmaschinen ein neuer Treibstoff zur Anwendung. Dieser Treibstoff - er heißt JP-8 - ist hochgiftig. Das Besondere an dem neuen Treibstoff ist, dass er weniger leicht explodiert. Die Piloten im Falle eines Absturzes also eine höhere Überlebenschance haben.
Die Abgase stehen jedoch im Verdacht für erheblich ansteigende Krebsraten verantwortlich zu sein. Uns ist natürlich klar, dass dies nur ein Aspekt von vielen ist. Aber er macht deutlich, wie auch vor Ort eine "menschenverachtende Politik" vorangetrieben wird.
Nach einer Statistik, die uns ein Anwohner von Binsfeld, einem keinen Ort neben der Air-Base, am Wochenende vorgelegt hat, ist die Zahl der an Krebs gestorbenen Menschen signifikant hoch. Nach seinen Informationen sind von den zwischen 1990 und 2000 gestorbenen 97 Menschen in seiner Gemeinde fast alle, nämlich 95 an Krebs gestorben. Ein Indiz dafür, dass die Verwendung des hochgiftigen Treibstoffs für die Menschen, die in der Nähe des Flughafens wohnen, tödliche Konsequenzen hat.

Für die Menschen vor Ort - und in Kriegszeiten an weiter gelegenen Orten....

...richtig. Anwohner der Air-Base in Spangdahlem haben bei dem Treffen auch berichtet, dass im NATO-Krieg gegen Jugoslawien täglich zwölf Tarnkappenbomber gestartet sind. Die sind abends um 22 Uhr los und sind morgens zwischen 5 und 6 Uhr wieder zurückgekommen - in Begleitung von zwei F-16-Kampfflugzeugen.
Schon jetzt gibt es in Spangdahlem 92 Flugzeugbunker und 70 Munitionsbunker. Im Falle eines Krieges gegen den Irak ist davon auszugehen, dass von Ramstein, Spangdahlem, und auch der Air-Base Rhein-Main, solange der Ausbau der rheinland-pfälzischen Flugplätze noch nicht stattgefunden hat, US-Militärmaschinen wieder in großer Zahl starten.
Bereits seit geraumer Zeit herrscht dort ein Höhlenlärm berichteten Anwohner - und der steht für eine auf Hochtouren laufende Kriegsvorbereitung.

Gibt es vor diesem Hintergrund schon Pläne, vor Ort Protestaktionen und ähnliches durchzuführen?

Ja, wir sind dabei eine entsprechende Diskussion auch in die Friedensbewegung stärker hinein zu trage. Zurzeit zirkuliert ja auch eine Selbstverpflichtung. Danach erklären bisher schon über tausend Leute, dass sie im Falle eines Krieges gegen den Irak, US-Militäreinrichtungen blockieren wollen.
Und da bietet es sich an, vor dem US-amerikanischen Headquarter in Heidelberg, vor der EUCOM-Zentrale in Stuttgart, aber auch an der US-Air-Base in Frankfurt und den zwei rheinland-pfälzischen Flugplätzen Protestaktionen durch zu führen, die sicher auch bei den Menschen in Anrainergemeinden Unterstützung erfahren wird.

Kontakt: AG Frieden Trier, Tel: 0651 - 9941017, www.AGF-Trier.de


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