Pentagon arbeitet bereits an Irak-Rückzugsplänen
Suche nach Konzepten für den Fall des Scheiterns der "neuen Strategie"
Das US-Verteidigungsministerium hat einen Zeitungsbericht bestätigt, demzufolge das Pentagon an
einer Rückzugsstrategie aus Irak arbeitet.
Washington (AFP/ND). Es wäre »verantwortungslos«, wenn die USA nicht über einen Rückzugsplan
beraten würden, sollte die geplante Truppenaufstockung die Gewalt nicht eindämmen können,
zitierte der Sprecher des Weißen Hauses, Gordon Johndroe, am Montag US-Verteidigungsminister
Robert Gates. Dieser habe erst in der vergangenen Woche betont, es sei fahrlässig, nicht über
verschiedene Ausgangsmöglichkeiten des Einsatzes in Irak nachzudenken.
Die Zeitung »The Los Angeles Times« hatte zuvor unter Berufung auf Militärvertreter und Mitarbeiter
des Pentagons berichtet, die Rückzugspläne sollten wirksam werden, wenn die von US-Präsident
George Bush im Januar verkündete Sicherheitsstrategie nicht erfolgreich sei oder vom Kongress
behinderte werde. In der Region gebe es eine Abneigung gegen die Präsenz von ausländischen
Kräften, zitierte die Zeitung einen hochrangigen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Die Zeit
zum Handeln sei relativ kurz bemessen.
Die neue Strategie orientiere sich an den Erfahrungen der USA in dem lateinamerikanischen Land El
Salvador in den 80er Jahren, hieß es. Im Bürgerkrieg in El Salvador hatten die USA 55 Spezialkräfte
eingesetzt, die die Armee in ihrem Kampf gegen die Rebellen berieten. Nach Ansicht von Historikern
gelang es, die Armee El Salvadors zu professionalisieren, ohne dass die USA sich mit einem
massiven Militäraufgebot engagieren mussten.
Die Rückzugsstrategie würde den Empfehlungen der Baker-Kommission entsprechen, die sich für
einen teilweisen Rückzug aus Irak ausgesprochen hatte. Bush hatte Ende Januar seine neue Irak-
Strategie vorgestellt, die eine Aufstockung der etwa 141 000 US-Soldaten in Irak um weitere 21 500
vorsieht.
Iraks Präsident Dschalal Talabani warnte vor einem schnellen Abzug der US-Truppen. Die
Regierung befürchte »offen gestanden«, dass kurdische und schiitische Milizen die Kontrolle
übernehmen würden, wenn die US-Soldaten das Land demnächst verlassen würden, sagte Talabani
der jordanischen Zeitung »Al-Rai«. »Hunderttausende ausgebildeter Kurden und Schiiten stehen
bereit und wären in der Lage, den gesamten Irak zu übernehmen«, so Talabani. Daher wäre ein USAbzug
nicht »im Interesse des Landes«, solange nicht eine »wirkliche irakische Streitkraft unter
Beteiligung aller Teile des Volkes« bereitstehe.
In Bagdads Innenstadt wurden zwei Zivilisten getötet, als Unbekannte im Stadtteil Karrade eine
Katjuscha-Rakete abfeuerten. Im Bezirk Al-Wasirija kamen nach einem Bericht des arabischen
Senders Al-Dschasira zwei Menschen ums Leben, als dort eine Bombe am Straßenrand explodierte.
Im Osten Bagdads starben laut dem Sender drei Polizisten, als bewaffnete Männer das Feuer auf
sie eröffneten.
Nach dem schweren Doppel-Selbstmordanschlag auf schiitische Pilger in der irakischen Stadt Hilla
haben irakische und US-Soldaten sieben Verdächtige festgenommen. Auf einen Tipp hin seien die
Aufständischen vor zwei Tagen bei einer Razzia in einer Eisfabrik von Hilla ergriffen worden, teilte
die US-Armee am Dienstag mit. Die Soldaten hätten auch Waffen und Munition in dem Gebäude
gefunden. Zwei Selbstmordattentäter hatten sich am 6. März inmitten einer Gruppe von schiitischen
Pilgern in Hilla in die Luft gesprengt. 120 Menschen kamen ums Leben. Die Gläubigen waren auf
dem Weg nach Kerbela, wo am vergangenen Wochenende Millionen Schiiten des von ihnen
verehrten Märtyrers Imam Hussein gedachten.
* Aus: Neues Deutschland, 14. März 2007
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