Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Trainer für Bagdad

NATO schließt Abkommen mit Irak: Militärisches Ausbildungsprogramm für Armee und Sicherheitskräfte vereinbart

Von Karin Leukefeld *

Mit einem offiziellen Abkommen haben am Wochenende die NATO und die Regierung des Irak ihren militärischen Schulterschluß weiter gefestigt. Der Vertrag, der vom irakischen Verteidigungsminister Abdulkader Mohammad Jassim Al-Mafrji und dem stellvertretenden NATO-Generalsekretär Claudio Bisogniero unterzeichnet wurde, sieht eine enge Zusammenarbeit bei der Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte vor. Man habe sich verpflichtet, partnerschaftlich mit dem Irak zusammenzuarbeiten, hieß es in der knappen Erklärung der NATO. Man werde Irak »beim Wiederaufbau und der Stärkung von Regierungsstrukturen« unterstützen. NATO auf Jahre im Land In Übereinstimmung mit Resolution 1546 des UN-Sicherheitsrates bildet die NATO -- nicht nur die offiziell an der Besatzung beteiligten Staaten -- seit 2004 »auf strategischer Ebene« irakische Offiziere aus. NTM-I (NATO Training Mission-Iraq) umfaßt neben der Ausbildung auch die Schenkung von Ausrüstung, heißt es in der offiziellen Beschreibung der Aufgabe. 2007 wurde das Training auf den Aufbau einer Nationalpolizei ausgeweitet, einem Mittelding zwischen Polizei und Militär.

Ende 2008 kamen die Ausbildung von Marine- und Luftwaffenoffizieren hinzu und die Hilfestellung bei der Grenzsicherung sowie bei der Reformierung und dem Aufbau militärischer Institutionen. Nach NATO-Angaben beteiligen sich alle Mitgliedsländer an der Mission, mit Einsätzen im Irak oder Ausbildungsangeboten außerhalb. Der nun unterzeichnete Vertrag dürfte ein weiterer Schritt hin zu einem beabsichtigten langfristigen Rahmenabkommen zwischen Irak und der NATO sein, womit das westliche Militärbündnis seinen Einflußbereich im Mittleren Osten deutlich ausbauen kann.

Der stellvertretende irakische Innenminister Ahmed Ali Al-Khafaji hat derweil den Nachbarstaaten vorgeworfen, die gemeinsamen Grenzen nicht genügend zu sichern. Aufständische, Waffen und Drogen könnten ungehindert in den Irak transportiert werden, das sei »kein Sicherheits-, sondern ein politisches Problem«. Al-Khafaji, der für die 3 600 Kilometer langen Außengrenzen zuständig ist, berichtete, daß Irak auf etwa 160 Kilometer entlang der westlichen Wüstenprovinz An Anbar an einem drei Meter tiefen und drei Meter breiten Graben baut, um illegale Übertritte aus Syrien zu verhindern. Die bisher 42 000 Mann starken Grenztruppen reichten nicht aus, so Khafaji, die Zahl müßte verdoppelt werden. Die rund 610 Beobachtungsposten sollen ebenfalls aufgestockt werden.

Reparation aufheben Allein Kuwait wurde ausdrücklich gute Grenzsicherung bescheinigt. Die 240 Kilometer lange Trennlinie zwischen Irak und Kuwait verläuft weite Strekken über den reichen Ölfeldern von Al- Rumailia. 2006 einigten sich Kuwait und Irak auf eine gemeinsame Markierung, Kuwait errichtete einen Grenzzaun. Die Seeseite des Schatt Al- Arab blieb allerdings ausgenommen. Wegen der völkerrechtswidrigen Invasion Iraks nach Kuwait 1990 muß Irak noch 25,5 Milliarden US-Dollar Reparationszahlungen an das Emirat leisten, zusätzlich zu den 27,1 Milliarden US-Dollar, die es bis April 2009 bereits gezahlt hat.

Kuwait besteht auf der Summe, während der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki bei seinem Besuch in den USA kürzlich erneut an die Vereinten Nationen appellierte, die Sanktionen gegen sein Land aufzuheben. Der irakische Parlamentssprecher Iyad Al-Samarai hat derweil vorgeschlagen, Kuwait solle nicht auf der Rückzahlung beharren, sondern besser in Höhe der noch ausstehenden Summe in die irakische Wirtschaft investieren. Das liege im Interesse beider Staaten.

* Aus: junge Welt, 28. Juli 2009


Zurück zur Irak-Seite

Zur NATO-Seite

Zurück zur Homepage