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Streit um die Ölmetropole Kirkuk

Im kurdischen Nordirak wird am Samstag ein neues Parlament gewählt

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

In den drei kurdischen Autonomieprovinzen im Nordirak wird am morgigen Samstag (25. Juli) ein neues Parlament gewählt. Etwa 2,5 Millionen Stimmberechtigte in den Provinzen Dohuk, Erbil und Suleymania können 111 Abgeordnete für das kurdische Regionalparlament wählen. Fünf Sitze sind für Turkmenen, fünf für Assyrer und ein Sitz für Armenier reserviert. Eine Quote sorgt dafür, daß mindestens 30 Sitze Frauen vorbehalten sind. Etwa 500 Kandidaten sind im Rennen, gewählt werden allerdings Listen, nicht einzelne Abgeordnete. Erstmals soll der kurdische Präsident direkt gewählt werden. Es ist die dritte Wahl in den kurdischen Provinzen des Nordirak seit 1991. Zuletzt erhielten die beiden großen Parteien, Demokratische Partei Kurdistans (KDP, Vorsitzender Mahmud Barzani) und Patriotische Partei Kurdistans (PUK, Vorsitzender Dschalal Talabani) 104 Abgeordnetensitze. Inzwischen ist die politische Konkurrenz stärker geworden. 24 politische Gruppen treten an. Für einige Verwunderung sorgt ein Bündnis, in dem sich zwei islamistische Parteien (Islamische Union Kurdistans und die Islamische Gruppe Kurdistans) mit zwei linken Parteien (Demokratische Sozialistische Partei Kurdistans und Unabhängige Arbeiterpartei Kurdistans) zusammengeschlossen haben.

Für die ansonsten traditionell bipolare politische Landschaft des kurdischen Nordirak ist vor allem die neue politische Formation »Liste für den Wandel « von großer Bedeutung. Dabei handelt es sich um eine Abspaltung der PUK um den legendären Peschmergaführer Nawshirwan Mustafa. Dieser war Ende 2006 von seinem Posten im Zentralkomitee der PUK zurückgetreten, in dem er 30 Jahre vertreten war. In Zeitung, Funk und Fernsehen des der Liste nahestehenden Medienzentrums »Al Woosha« werden vor allem Korruption und Selbstbedienungsmentalität der politischen Elite und die Versorgungspolitik für deren Klientel kritisiert.

KDP und PUK haben den Markt unter sich aufgeteilt: So werden die beiden wichtigsten Mobiltelefonanbieter von der Bevölkerung als die »grüne« und die »gelbe« Leitung bezeichnet. Grün ist die Farbe der PUK, Gelb ist die Farbe der KDP.

Für Unruhe sorgt weiterhin die konfrontative Politik der kurdischen Regionalregierung gegenüber Bagdad, vor allem bei der Frage, wer künftig über die Ölmetropole Kirkuk bestimmen soll. Eine eigene kurdische Verfassung, die kürzlich von der regierenden Allianz aus PUK und KDP im Parlament verabschiedet wurde, stößt in Bagdad auf scharfe Kritik. »Kirkuk ist ebenso kurdisch, wie Erbil, Suleimania und Dohuk«, beharrt dagegen der kurdische Präsident Barzani auf dem Anspruch, Kirkuk in die kurdischen Gebiete einzugliedern. Bei den Wahlen am 25. Juli soll auch über die kurdische Verfassung abgestimmt werden. Darin wird Kirkuk den Kurden zugesprochen.

Die Führung der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in den nordirakischen Kandilbergen wird von der kurdischen Regionalregierung offiziell geächtet und hält sich aus den Wahlen heraus.

* Aus: junge Welt, 24. Juli 2009


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