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Im Wortlaut: "Glasklare Position" der Bundesregierung:

Bundesregierung gewährt USA und NATO Überflugs- und Transitrechte für möglichen Militäreinsatz gegen den Irak

"Bundesregierung gewährt USA und NATO Überflugs- und Transitrechte für möglichen Militäreinsatz gegen den Irak": So lautet die Überschrift zum offiziellen Bericht über die Pressekonferenz auf der Bundesregierung am 27. November. Und genau so ist es. Damit leistet die Bundesregierung im Ernstfall Beihilfe zu einem verbotenen, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Da hilft die Beteuerung des Kanzlers wenig: "Wir haben deutlich gemacht, dass wir uns an einer militärischen Aktion nicht beteiligen werden". Der juristisch vorgebildete Kanzler müsste wissen, dass Beihilfe zu einer Straftat ebenfalls eine Straftat ist.
Wir dokumentieren im Folgenden den Bericht, wie er auf der Homepage der Bundesregierung veröffentlicht wurde. Eine weitere Kommentierung erübrigt sich.



Mi, 27.11.2002

Bundesregierung gewährt USA und NATO Überflugs- und Transitrechte für möglichen Militäreinsatz gegen den Irak

Im Falle einer militärischen Intervention gegen den Irak will die Bundesregierung den USA und anderen NATO-Verbündeten Überflugs-, Transit- und Zugangsrechte gewähren. Wichtigstes Ziel bleibt laut Bundeskanzler Schröder aber, dass der Irak die beschlossene UN-Resolution umsetzt, damit ein militärisches Vorgehen vermieden werden kann.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am 27. November 2002 angekündigt, Deutschland werde den Vereinigten Staaten und der NATO im Falle eines militärischen Vorgehens gegen den Irak Überflug-, Bewegungs- und Transitrechte gewähren. Nach einer Unterrichtung der Fraktionsvorsitzenden aller Parteien im Deutschen Bundestag bestätigte der Kanzler vor Journalisten eine entsprechende amerikanische Anfrage, die ähnlich an 51 andere Staaten gegangen sei.

Die Regierung wolle so präzise wie möglich über ihre Pläne berichten, so Schröder, um öffentliche Spekulationen über das Thema zu beenden. Eine deutsche Beteiligung an einer möglichen militärischen Intervention im Irak schloss Schröder erneut aus.

Ziel: Umsetzung der UN-Resolution ohne militärische Intervention

Der Kanzler schickte voran, es sei sehr wichtig, nicht den Eindruck zu erwecken, "als gäbe es nicht mehr die Chance, die Resolution 1441 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ohne militärische Interventionen umzusetzen". Ganz im Gegenteil erwarte die Bundesregierung von der irakischen Führung, dass die Resolution "auf Punkt und Komma umgesetzt" werde, um ein militärisches Vorgehen gegen den Irak zu vermeiden. Die UN-Resolution verpflichtet den Irak, internationalen UN-Inspektoren vollen Zugang zu seinen Rüstungssystemen und dafür in Frage kommenden Produktionsstätten sowie Regierungsgebäuden zu geben.

Es gehe zunächst einmal darum, festzustellen, ob der Irak über Massenvernichtungsmittel verfüge oder nicht - und aus dieser Erkenntnis in einem zweiten Schritt Konsequenzen zu ziehen, so der Bundeskanzler. "Das wollen wir, soweit es irgend geht, ohne militärische Intervention erreichen", erläuterte Schröder die "glasklare Position" der Bundesregierung. Er kritisierte zugleich, dass der zentrale Punkt der UN-Resolution, den Irak mit Druck zur Zulassung internationaler Waffenkontrollen zu bewegen, gelegentlich in den Hintergrund zu treten scheine.

Die Anfrage an Deutschland sei nicht im einzelnen spezifiziert, beziehe sich aber im wesentlichen auf die Nutzung amerikanischer Einrichtungen in Deutschland und "auf Überflug-, Bewegungs- und Zugangsrechte sowie den Transit amerikanischer Truppen in Deutschland und aus Deutschland heraus". Ferner seien ABC-Waffen-Abwehrfähigkeiten und regionale Raketenabwehr angefragt worden, so Schröder. Ebenso "finanzielle und materielle Ressourcen für die Zeit nach einem eventuell notwendigen Wiederaufbau".

"Wir haben deutlich gemacht, dass wir uns an einer militärischen Aktion nicht beteiligen werden," bekräftigte der Bundeskanzler. Dies gelte auch für die ABC-Fuchs-Spürpanzer der Bundeswehr in Kuwait, die dort zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus im Rahmen des Einsatzes "Enduring Freedom" stationiert sind. "Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, von der Mandatierung durch den Deutschen Bundestag abzuweichen", so Schröder. Deutschland werde jedoch den genannten Anfragen der Verbündeten entsprechen und darüber hinaus selbstverständlich den Schutz amerikanischer Einrichtungen in Deutschland gewährleisten.

Flugabwehrraketen und Spürpanzer für Israel

Der israelischen Regierung will Deutschland Luft-Abwehrrakteten des Typs "Patriot" und Fuchs-Spürpanzer zur Abwehr eines von Israel befürchteten Angriffs aus dem Irak zur Verfügung stellen. Zu einer entsprechenden Anfrage Israels erklärte der Bundeskanzler, es handele sich dabei um eine bereits zwei Jahre alte Anfrage, die jetzt erneuert worden sei. "Wir werden mit der israelischen Regierung nun darüber reden, unter welchen Bedingungen im Interesse Israels und der Sicherheit seiner Bürger geholfen werden kann." Dazu sei Deutschland aus moralischen wie historischen Gründen verpflichtet und auch bereit. Schröder betonte die ausschließlich defensive Einsatzmöglichkeit der "Patriot-Raketen", die nicht für Angriffe nutzbar sind.

Vor zwei Tagen hatte die israelische Regierung ihre Anfrage auf die Bereitstellung von Fuchs-Spürpanzern zur Abwehr von ABC-Waffen erweitert, jedoch ebenfalls nicht spezifiziert. Schröder erklärte, es bestünden keine Bedenken gegen die Überlassung dieses ebenfalls rein defensiven Waffensystems. Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich, dass der Bundessicherheitsrat dem zustimmen werde. Die Zustimmung des Bundestages ist für Waffenverkäufe ins Ausland nicht erforderlich.

Quelle: RegierungOnline (www.bundesregierung.de)


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