Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Dreiteilung gefordert

Der US-Senat beschließt die Umstrukturierung Iraks in eine schiitische, kurdische und sunnitische Region. Die Entscheidung ist ein Versuch der Demokraten, mit den Republikanern eine gemeinsame Generallinie für das besetzte Land zu entwickeln

Von Knut Mellenthin *

Der US-Senat hat am Mittwoch (26. September) einer Resolution zugestimmt, die mit unschuldigen Worten und sachlich nicht ausgearbeitetem Inhalt für eine »Föderalisierung« Iraks plädiert. Gemeint ist, wie sich aus dem politischen Kontext ergibt, nicht weniger als die Dreiteilung Iraks in eine kurdische, eine sunnitische und eine schiitische Region. Bagdad soll einen Sonderstatus als Sitz einer schwachen Zentralregierung bekommen, die im wesentlichen nur noch für die Verteidigung der Landesgrenzen, für die Außenpolitik und für die Verteilung der Einnahmen aus der Erdölproduktion zuständig ist. Der Beschluß bedarf noch der Zustimmung des Abgeordnetenhauses, um rechtskräftig zu werden. Angesichts der klaren Mehrheit der Demokraten dort gilt das aber als unproblematisch.

Die Resolution, genau genommen einer von zahlreichen Zusatzanträgen zum Verteidigungshaushalt, wurde im Senat mit 75 gegen 23 Stimmen angenommen. Für den Vorschlag stimmten 47 Demokraten, zwei meist mit den Demokraten gehende Unabhängige und 26 der 48 republikanischen Senatoren. Mit Nein stimmte als einziger Demokrat Russ Feingold. Er ist einer der 23 demokratischen Senatoren, die im Jahr 2002 gegen das Ermächtigungsgesetz stimmten, mit dem der Kongreß dem Präsidenten grünes Licht für den geplanten Irak-Krieg gab. Feingold ist ein profilierter Vorkämpfer für einen raschen Abzug der US-Truppen aus Irak aufgrund eines klar definierten Zeitplans. Die Republikaner setzten in der Diskussion eine von Senator John Warner, dem ehemaligen Vorsitzenden des Streitkräfteausschusses, eingebrachte Ergänzung des ursprünglichen Antrags durch. Jetzt wird die grundsätzlich befürwortete »Föderalisierung« Iraks ausdrücklich von der Zustimmung seiner Bewohner abhängig gemacht.

Waffe im Konkurrenzkampf

Eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen, aber der wichtigste Initiator des Antrags, der demokratische Senator Joseph Biden, hatte vergessen, diesen Punkt hinreichend klarzustellen. Die Annahme der Resolution ist dennoch in erster Linie ein großer persönlicher Sieg Bidens, der seit der Wahl vom November 2006 wieder den Vorsitz im strategisch wichtigen Außenpolitischen Ausschuß des Senats führt, den er schon von 2001 bis 2003 innehatte. Biden bewirbt sich um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten für 2008 und war zunächst der einzige unter seinen Mitbewerbern sowie überhaupt unter den führenden Demokraten, der für das Konzept der »Föderalisierung« eintrat. Auf seiner Website forderte er in den vergangenen Wochen ständig dazu auf, seine Konkurrenten, insbesondere Hillary Clinton, Barrak Obama und Chris Dodd, mit Telefonaten zu bombardieren, um sie zur Unterstützung seines Antrags zu bewegen. Offensichtlich letztlich mit vollem Erfolg. Allerdings liegt Biden unter anderem beim strategisch wichtigen Einsammeln von Wahlkampfspenden so hoffnungslos weit abgeschlagen hinter Clinton und Obama zurück, daß ihm nicht die geringste Chance eingeräumt wird, im nächsten Jahr von den Demokraten als Präsidentschaftskandidat ins Rennen geschickt zu werden.

Immerhin war es Biden in den vergangenen Wochen gelungen, für seinen Antrag zehn sogenannte Cosponsoren zu gewinnen, darunter auch vier republikanische Senatoren. Prominentester demokratischer Unterstützer war John F. Kerry, der Gegner von George W. Bush bei der Präsidentenwahl 2004. Unter den republikanischen Sponsoren ragte Senator Sam Brownback hervor, ein besonders aggressiver Vertreter der Israel-Lobby und Mitinitiator der meisten Senatsresolutionen gegen Syrien und Iran.

Am Ende hatte der angenommene Antrag den offiziellen Namen »Biden-Brownback-Boxer amendment«, wobei »amendment« soviel bedeutet wie Gesetzesergänzung. Barbara Boxer ist eine demokratische Senatorin, Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und öffentliche Arbeiten, die 2002 gegen den Irak-Krieg stimmte und die sich international besonders für die Frauenrechte einsetzt. Auf der Internetseite von Senator Biden läuft die Sache aber hauptsächlich nicht unter dem Namen des Trios, sondern immer noch als »Biden-Gelb-Plan«. Die »Gesetzesergänzung« und der zugrunde liegende Plan verhalten sich zueinander ungefähr wie Spülwasser und Kaffee.

Dabei ist das, was auf Bidens Seiten jetzt als knapp zusammengefaßter »Biden-Gelb-Fünf-Punkte-Plan« zu lesen ist, auch nicht mit dem ursprünglichen Vorschlag identisch, den Biden und Leslie H. Gelb am 1. Mai 2006 an hervorragender Stelle der New York Times veröffentlichten. Um nur einen der wichtigsten Punkte zu nennen: 2006 forderten beide Außenpolitiker den Rückzug der US-Streitkräfte aus dem Irak im Jahre 2008, abgesehen von einer »kleinen, aber effektiven Resttruppe«, deren Stärke Biden auf seinen Seiten an einer Stelle mit »vielleicht 20000« angibt. In der Kurzfassung des »Biden-Gelb-Plans« auf der Website des Senators ist allerdings nur noch verschwommen von einem »verantwortbaren Rückzug der meisten US-Streitkräfte bis 2008« die Rede. Und in der jetzt vom Senat verabschiedeten »Gesetzesergänzung« kommt ein Truppenabzug absolut nicht mehr vor. Das hinderte Biden aber nicht, auf seinen Internetseiten Unterschriften für eine Petition zur Unterstützung seines Antrags zu sammeln, von dem es dort hieß, er rufe auf »zu einer politischen Lösung im Irak, die es erlaubt, die Truppen zu reduzieren, ohne ein Blutbad zu hinterlassen«.

Tarnung der Absichten

Der »Biden-Gelb-Plan« ist seinerseits nur eine stark verwässerte und taktisch verfälschte Version eines Artikels von Gelb, mit dem dieser schon am 25. November 2003, gerade mal acht Monate nach Kriegsbeginn, in der New York Times für eine »Drei-Staaten-Lösung« warb, wie es ganz offen in der Headline hieß. Gelb war zu der Zeit der Präsident des »Council on Foreign Relations«, einem Kreis altgedienter US-Außenpolitiker mit großem Einfluß im Senat.

Die Funktion des »Biden-Brownback-Boxer amendments« ist hauptsächlich die eines politischen Türöffners. Die Resolution ist formal »nicht bindend«, das heißt, sie verpflichtet den Präsidenten zu gar nichts. Sie ist aber auch inhaltlich so seicht und unpräzis gehalten, daß sich daraus keine konkreten Handlungsanleitungen oder wenigstens -vorschläge ergeben. Als wesentlich wird statt dessen in den US-Medien hervorgehoben, daß es sich um den allerersten und einzigen Antrag zum Irak handelt, den die Demokraten bisher mit Hilfe einer ausreichenden Zahl von Republikanern im Senat durchbringen konnten. Dort haben die Demokraten zwar mit Hilfe zweier Unabhängiger eine nicht gerade zuverlässige hauchdünne Mehrheit. Sie benötigen aber 60 der 100 Stimmen, weil die Republikaner sonst jede Abstimmung durch Verfahrenstricks scheitern lassen können.

Senator Biden erhebt den Anspruch, mit seinem Föderalisierungskonzept einen »dritten Weg« zwischen den »falschen Alternativen« der Weiter-so-Politik von Bush und den Forderungen aus seiner eigenen Partei und aus der Friedensbewegung nach einem schnellen Truppenabzug gefunden zu haben. So steht es im Kommentar, den er im vorigen Jahr zusammen mit Gelb für die New York Times verfaßte. Es handelt sich, unter anderem, um einen Versuch, die Demokraten gänzlich von der Abzugsthematik wegzusteuern und den Streit mit ­Bush und den Republikanern so zu entschärfen, daß eine gemeinsame Generallinie möglich wird. Biden wird nicht müde, die Föderalisierungsidee auf seinen Webseiten nicht nur als »Leitoption für eine Vorwärtsbewegung im Irak«, sondern sogar als die im Grunde einzige noch praktikable Alternative zur Verewigung der US-Truppenpräsenz oder zu Chaos und Blutbad (nach einem amerikanischen Abzug) anzupreisen. Zum Hauptkritikpunkt an Bush wird auf diese Weise, daß er die staatliche Einheit Iraks zu erhalten versuche und viel zu viel Geduld mit »den Irakern« habe.

Das »Biden-Brownback-Boxer amendment« bezeichnet die »fortwährende Gewalt« zwischen den Bevölkerungsgruppen Iraks als »Bedrohung des Friedens in der Region und in der Welt« sowie für die »langfristigen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten«. Hauptursache der Gewalt sei die Unfähigkeit der Iraker, sich zu einigen. Mit dieser Erklärung kommt Biden einem weit verbreiteten, parteienübergreifenden Bedürfnis der politischen Klasse der USA entgegen, die katastrophalen Ergebnisse von viereinhalb Jahren amerikanischer Besatzungspolitik nicht selbstkritisch zu reflektieren, sondern sie schlicht und simpel den Opfern anzulasten, die angeblich zu einem friedlichen Zusammenleben nicht in der Lage sind. Mit dieser Wendung der Dinge können auch die Republikaner zufrieden sein.

Die wesentlichen Forderungen der »Gesetzesergänzung« sind:
  1. Die USA sollen aktiv eine politische Lösung unterstützen, die auf der Grundlage der irakischen Verfassung zu einem föderalen (bundesstaatlichen) System und zur Schaffung von weitgehend autonomen Regionen führt. Die unter dominantem Einfluß der USA geschriebene irakische Verfassung von 2005 gibt 17 der 18 Provinzen das Recht, sich in beliebigen Kombinationen zu autonomen Regionen zusammenzuschließen. Das gilt jedoch nicht für Bagdad.
  2. Die USA sollen sich dafür einsetzen, daß die internationale Gemeinschaft, einschließlich der Nachbarn Iraks und der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, eine »Föderalisierung« unterstützt. Zu diesem Zweck soll unter anderem eine internationale Konferenz einberufen werden.
  3. Die USA sollen die irakische Regierung drängen, schnell ein Gesetz zu beschließen und anzuwenden, das eine »gerechte Verteilung der Erdöleinnahmen« regelt. Hierzu, ebenso wie zu den anderen zentralen Punkten der »Gesetzesergänzung«, fehlt jede Erläuterung und Präzisierung. Im »Biden-Gelb-Plan« auf den Internetseiten des Senators kann man lesen, daß er sich für die sunnitische Region im Mittelirak einen 20-Prozent-Anteil der Gesamteinnahmen aus der Ölproduk­tion vorstellt. Die wichtigsten Fördergebiete Iraks liegen im kurdischen Norden und im schiitischen Süden. Eine sunnitische Region gilt deshalb ohne Zuschüsse aus den Einnahmen der beiden anderen Regionen als wirtschaftlich nicht lebensfähig. Allerdings wird nicht ausgeschlossen, daß die hauptsächlich von Sunniten bewohnten mittelirakischen Gebiete noch über erhebliche, bisher nicht ausgebeutete und noch nicht einmal erforschte Ölvorkommen verfügen.
»Zeit, daß Irak geht«

Ebenfalls auf der Website von Joseph Biden gibt es unter dem Titel »Iraq: A Way Forward« (Ein Weg nach vorn) auch eine erheblich ausführlichere Fassung des Fünf-Punkte-Plans. Unter anderem bringt der Senator dort ganz nebenbei zur Sprache, daß er sich für Bagdad und für alle anderen ethnisch oder religiös gemischten Städte Iraks »zum Schutz der Minderheiten« eine »internationale Friedenstruppe« wünscht. In dem Text, den er 2006 zusammen mit Gelb für die New York Times schrieb, ging Biden sogar noch etwas weiter: In allen »dichtbesiedelten Gebieten mit gemischten Bevölkerungen« sollen demnach neben internationalen Truppen auch gemischte einheimische Sicherheitskräfte eingesetzt werden.

Was der Biden-Plan tatsächlich konkret bedeuten soll, ist angesichts der teils fehlenden, teils widersprüchlichen konkreten Aussagen schwer festzustellen. Auf seinen Internetseiten zitiert der Senator zahlreiche Politiker, die seinem Plan angeblich zustimmen, darunter die früheren Außenminister Madeleine Albright, James Baker und Henry Kissinger sowie der einflußreiche republikanische Senator Richard Lugar und sogar, ganz erstaunlich, der Orientalist Juan Cole, der ein scharfer Kritiker der amerikanischen Nah- und Mittelostpolitik ist. Man muß allerdings nur die auf der Website dokumentierten Zitate lesen, um zu sehen, daß die Vorstellungen weit auseinandergehen. Neben Befürwortern regionaler Autonomie stehen andere Stimmen, die sich explizit und ohne Umschweife für eine Teilung Iraks in drei Staaten aussprechen. Das steht aber im Gegensatz zur Selbstdarstellung Bidens, der auf seinen Seiten ständig beteuert, sein Vorschlag ziele nicht auf Teilung (partition) Iraks, sondern sei ganz im Gegenteil die einzige Möglichkeit, um die staatliche Einheit des Landes zu retten.

»Balkanisierung« arabischer Staaten

Ganz anders wird Bidens Vorstoß von einem der führenden Kolumnisten der Washington Post, Richard Cohen, interpretiert. Er erwähnte am 25. September die Auflösung Jugoslawiens und kommentierte lässig: »Länder kommen, Länder gehen. Es ist Zeit, oder etwa nicht?, daß Irak geht.« Der US-Regierung empfahl er, »sich auf die Realität einzulassen und eine Teilung des Landes zu unterstützen«. Einmal dabei, regte der Kolumnist auch noch die Auflösung Belgiens an. Cohen steht übrigens als Liberaler den Demokraten weit näher als den Republikanern, hat sich von einem anfänglichen Befürworter des Irak-Krieges zu einem scharfen Kritiker entwickelt.

Cohen unterläuft in seinem Kommentar ein bezeichnender Fehler: Er behauptet, der »Biden-Gelb-Plan« sei schon vor vier Jahren lanciert worden. Offenbar hat er dabei an den Artikel von Gelb zur »Drei-Staaten-Lösung« gedacht, der tatsächlich schon im November 2003 in der New York Times erschien, aber sehr viel radikaler war als die weichgespülte Version, die jetzt unter dem Namen Bidens läuft. Gelb forderte vor vier Jahren, die US-Regierung solle »so nahe wie möglich entlang der ethnischen Linien« einen kurdischen und einen schiitischen Staat schaffen. Die Sunniten solle man zunächst sich selbst überlassen, und zwar ohne sie an den Erdöleinnahmen zu beteiligen. Faktisch sollten sie auf diese Weise ausgehungert und in die Knie gezwungen werden, während Kurden und Schiiten nach Gelbs Vorstellung Milliarden Dollar Wiederaufbauhilfe bekommen sollten. Außerdem sollten die USA ihre Streitkräfte in den sunnitischen Gebieten abbauen und es der UNO überlassen, dort für Ordnung zu sorgen.

Gelbs Artikel von 2003 macht deutlich, daß es zumindest bei den von ihm propagierten Teilungsplänen nicht um einen Reflex auf die Gewalt zwischen den irakischen Bevölkerungsgruppen geht, die damals noch keine nennenswerte Rolle spielte. Gleiches gilt für den Artikel »Drei Iraks sind besser als einer« von Shlomo Avineri, Politikprofessor an der Hebräischen Universität Jerusalem, der am 23. Oktober 2003 in der Jerusalem Post veröffentlicht wurde. Auch Avineri berief sich dabei auf die Vorbilder Jugoslawien und Sowjetunion.

Der Erfinder dieser Idee ist Avineri jedoch auch nicht. David Wurmser, derzeit Nahostberater von Vizepräsident Dick Cheney, hatte schon in seinem 1999 erschienenen Buch »Tyranny's Ally: America's Failure to Defeat Saddam Hussein« (Verbündeter der Tyrannei. Amerikas Versagen, Saddam Hussein zu besiegen) die Dreiteilung Iraks gefordert. Wurmser gehörte 1996 zu der vom Neocon-Vordenker Richard Perle geleiteten Arbeitsgruppe, die unter dem Titel »A Clean Break« (Ein klarer Bruch) ein außenpolitisches Konzept für den neuen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vom rechten Flügel des Likud entwickelte. Darin ging es zwar nicht um die Teilung Iraks, wohl aber um die Zerlegung Syriens in seine ethnischen und religiösen Komponenten.

Schon im Februar 1982 war in der israelischen Zeitschrift Kivunim ein Aufsatz des Nahost-Experten Oded Yinon erschienen, der unter der Überschrift »Eine Strategie für Israel in den 80er Jahren« die Aufsplitterung der meisten arabischen Staaten befürwortete. Die moslemische arabische Welt sei nur ein Kartenhaus, das von den Kolonalmächten Britannien und Frankreich im 19. Jahrhundert errichtet wurde. »Revolutionäre Veränderungen« seien unvermeidlich, weil »jeder arabische Moslemstaat heutzutage vor der ethnischen gesellschaftlichen Zerstörung von innen« stehe. Yinon nannte als Teilungskandidaten konkret Ägypten (»jetzt schon eine Leiche«), Algerien, Syrien, Libanon, sämtliche Staaten der arabischen Halbinsel, Jordanien, Iran, Aghanistan, die Türkei, Pakistan – und eben auch Irak. »Libanons totale Auflösung in fünf Provinzen dient als Vorbild für die gesamte arabische Welt«, schrieb Yinon vier Monate vor dem Einmarsch der israelischen Armee in den Libanon. »Die Auflösung Syriens und später auch Iraks in ethnisch oder religiös einheitliche Gebiete wie im Libanon ist langfristig Israels Hauptziel an der Ostfront.«

Heute werden die Vorschläge von Biden und zahlreichen anderen zur Auflösung Iraks in der Regel als alternativlose Antworten auf eine unerwartet eingetretene, bei Kriegsbeginn nicht vorhersehbare Zwangslage dargestellt. Inzwischen ist jedoch bekannt, daß Bush schon im Januar 2003, also vor Kriegsbeginn, zwei Geheimberichte vorlagen. Sie »sagten voraus, daß eine amerikanisch geführte Invasion Iraks die Unterstützung für den politischen Islam verstärken würde und daß sie zu einer tief gespaltenen irakischen Gesellschaft mit der Tendenz zu gewalttätigen inneren Konflikten führen würde«, wie die New York Times am 13. Oktober 2005 den Inhalt der Papiere zusammenfaßte. Es handelte sich dabei um Analysen des National Intelligence Council, des wichtigsten Gremiums für die Kommunikation zwischen Geheimdiensten und Regierung. Die US-Besatzungspolitik hat alles getan, um das voraussehbare Chaos noch zu verschärfen, angefangen bei der vollständigen Zerschlagung sämtlicher staatlicher Strukturen. Daß die geplante Auflösung Iraks noch einmal riesige »ethnische Säuberungen« auslösen würde, zusätzlich zu jetzt schon zwei Millionen Flüchtlingen im Ausland und noch einmal rund ebenso vielen im Irak selbst, steht freilich nicht auf den Webseiten von Senator Biden.

* Aus: junge Welt, 28. September 2007


Zurück zur Irak-Seite

Zur USA-Seite

Zurück zur Homepage