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"Der Aggression und dem Bösen durch Gewalt Einhalt gebieten"

Rede von US-Präsident George W. Bush beim Staatsbesuch in London

Im Folgenden dokumentieren wir die Rede von Präsident George W. Bush beim Staatsbesuch in London vom 19. November 2003. Übersetzung: Amerika Dienst.


Vielen Dank. Außenminister Straw und Verteidigungsminister Hoon, Admiral Cobbals und Dr. Chipman, verehrte Gäste, ich möchte mich für das herzliche Willkommen bedanken, das Sie mir und Laura bereitet haben. Ich möchte auch den Veranstaltern dieser Zusammenkunft danken - The Royal United Services Institute und dem Internationalen Institut für Strategische Studien. Es ist uns eine Ehre, in Großbritannien zu sein, und wir übermitteln Ihnen die guten Wünsche des amerikanischen Volkes.

Mir wurde gesagt, dass der letzte bekannte Amerikaner, der London besuchte, in einem Glaskasten über der Themse baumelte. Einige hätten wahrscheinlich gerne ein ähnliches Arrangement für mich getroffen. Ich danke Ihrer Majestät der Königin, dass sie sich für mich verwendet hat. Es ist uns eine Ehre, in ihrem Palast wohnen zu dürfen.

Amerikaner, die nach England reisen, stellen immer mehr Gemeinsamkeiten mit unserem Land als Unterschiede fest. Ich bin erst kurz hier, aber ich habe bereits festgestellt, dass die - mit Enthusiasmus ausgeübte - Tradition der Redefreiheit hier in London sehr lebendig ist. Wir haben sie auch in unserem Land. Auch in Bagdad gibt es jetzt dieses Recht.

Die Briten finden vielleicht auch in den Amerikanern einige vertraute Züge. Manchmal werden wir für den naiven Glauben kritisiert, dass die Freiheit die Welt verändern kann. Wenn das ein Fehler ist, dann begann er mit zu viel Lektüre von John Locke und Adam Smith. Die Amerikaner werden gelegentlich als Moralisten bezeichnet, die häufig in Begriffen wie Gut und Böse sprechen. Diese Begeisterung wurde durch die Beispiele dieses Landes genährt, durch das unermüdliche Mitgefühl von Lord Shaftesbury, den gerechten Mut von Wilberforce und die jahrzehntelange feste Entschlossenheit der Royal Navy, zu kämpfen und den Sklavenhandel zu beenden.

Es wird zu Recht gesagt, die Amerikaner seien ein religiöses Volk. Zum Teil ist das darauf zurückzuführen, dass die Gute-Nachricht-Bibel von Tyndale übersetzt, von Wesley gepredigt und im Beispiel von William Booth gelebt wurde. Manchmal sagt man den Amerikanern sogar puritanische Züge nach - wo die wohl her gekommen sein mögen? Nun, wir können bei den Puritanern beginnen.

Diesem noblen Vermächtnis haben die Amerikaner einige eigene Züge hinzugefügt: den guten Einfluss unserer Einwanderer und den Geist des Aufbruchs. Dennoch steckt in jedem Amerikaner noch ein Stückchen England. Ein Großteil unseres nationalen Charakters kommt von Ihnen, und wir sind froh darüber.

Die geistige Verbundenheit von Generationen ist der Grund für gemeinsame Überzeugungen. Wir glauben an offene, von moralischen Überzeugungen geleitetete Gesellschaften. Wir glauben an private Märkte, denen durch mitfühlende Regierungen ein menschliches Gesicht verliehen wird. Wir glauben an Volkswirtschaften, die Anstrengungen belohnen, Gemeinden, die die Schwachen schützen und die Pflicht von Nationen, die Würde und Rechte aller zu respektieren. Unabhängig davon, ob man diese Ideale in der Grafschaft Durham oder in Westtexas kennen lernt - sie flößen gegenseitigen Respekt ein und inspirieren eine gemeinsame Sache.

Mehr als ein Sicherheits- und Handelsbündnis vereint Briten und Amerikaner ein Bündnis der Werte. Heute ist dieses alte und erprobte Bündnis sehr stark. Die tiefsten Überzeugungen unserer Nationen bestimmen die Richtung unserer Außenpolitik. Wir schätzen unsere eigenen Bürgerrechte, und deshalb treten wir für die Rechte anderer ein. Wir bekräftigen die von Gott jedem Menschen verliehene Würde, und deshalb veranlassen uns Armut und Unterdrückung, Hunger und Krankheit zu handeln. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien haben eine gemeinsame Aufgabe auf der Welt, die über das Kräftegleichgewicht oder die schlichte Verfolgung von Interessen hinausgeht. Wir streben die Förderung von Freiheit an und den mit dieser Freiheit einhergehenden Frieden. In eben diesen Stunden stehen unsere Nationen für dieses hehre Ziel Seite an Seite in einem fernen Land und bringen Opfer. Die Vereinigten Staaten zollen dem Idealismus und dem Mut der Söhne und Töchter Großbritanniens Tribut.

Der letzte Präsident, der im Buckingham-Palast wohnte, war ohne Zweifel ein Idealist. Bei einem von König George V. 1918 veranstalteten Abendessen gab Woodrow Wilson ein Versprechen; mit typisch amerikanischem Understatement gelobte er, dass Recht und Gesetz die vorherrschenden und kontrollierenden Kräfte auf der Welt werden würden.

Präsident Wilson war mit seinen 14 Punkten für Frieden nach Europa gekommen. Viele beglückwünschten ihn zu seiner Vision; aber einige hatten Zweifel. Nehmen Sie beispielsweise den Ministerpräsidenten von Frankreich. Er beschwerte sich, dass sogar Gott nur 10 Gebote hatte. Das klingt vertraut.

Auf dem Höhepunkt von Wilsons Idealismus war Europa jedoch nur eine kurze Generation von München, Auschwitz und dem Blitzkrieg entfernt. Im Rückblick sehen wir die Gründe dafür. Der Völkerbund, dem sowohl Glaubwürdigkeit als auch Willen fehlten, zerfiel bei der ersten Herausforderung durch die Diktatoren. Die freien Nationen erkannten das offenkundige aggressive Übel nicht, und noch weniger wollten sie sich ihm stellen. Und so gingen die Diktatoren ihren Geschäften nach, schürten Ressentiments und Antisemitismus, brachten Tod über unschuldige Menschen in dieser Stadt und auf der ganzen Welt und erfüllten das letzte Jahrhundert mit Gewalt und Völkermord.

Durch den Weltkrieg und den Kalten Krieg lernten wir, dass Idealismus, wenn er auf dieser Welt irgendetwas Gutes bewirken soll, eines gemeinsamen Ziels und nationaler Stärke bedarf, moralischen Muts und Geduld bei schwierigen Aufgaben. Und jetzt braucht unsere Generation diese Qualitäten.

Am 11. September 2001 hinterließen Terroristen ihre Mordspur in meinem Land und nahmen 67 britischen Staatsbürgern das Leben. Im Verlauf von Monaten und Jahren ist es der natürliche Wunsch des Menschen, sein ruhiges Leben wieder aufzunehmen und diesen Tag hinter sich zu lassen, als ob man von einem schlechten Traum erwacht. Die Hoffnung, die Gefahr sei vorüber, ist beruhigend, verständlich - und sie ist falsch. Die Anschläge, die folgten - in Bali, Jakarta, Casablanca, Bombay, Mombasa, Najef, Jerusalem, Riad, Bagdad und Istanbul - waren kein Traum. Sie waren Teil des globalen Feldzugs terroristischer Netzwerke, alle einzuschüchtern und zu demoralisieren, die sich ihnen widersetzen.

Diese Terroristen nehmen sich die Unschuldigen zum Ziel, und sie töten tausende. Wenn sie die Waffen erhalten, deren Besitz sie anstreben, würden sie Millionen töten, und sie wären noch nicht fertig. Die größte Bedrohung unseres Zeitalters sind atomare, chemische oder biologische Waffen in den Händen von Terroristen und den Diktatoren, die ihnen helfen. Das Böse ist offenkundig. Die Gefahr erhöht sich nur, wenn wir sie leugnen. Den großen Demokratien fällt erneut goße Verantwortung zu. Wir werden uns diesen Bedrohungen mit offenen Augen stellen, und wir werden sie bewältigen.

Frieden und Sicherheit freier Nationen ruhen jetzt auf drei Pfeilern: Erstens müssen internationale Organisationen den unsere Welt konfrontierenden Gefahren gewachsen sein - von der Hilfe für scheiternde Staaten bis zum Widerstand gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen.

Wie 11 Präsidenten vor mir glaube ich an die internationalen Institutionen und Bündnisse, zu deren Entstehen die Vereinigten Staaten beitrugen und bei deren Führung sie mitwirken. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien haben hart gearbeitet, um die Vereinten Nationen zu dem zu machen, was sie sein sollen - ein effektives Instrument unserer kollektiven Sicherheit. In den vergangenen Monaten haben wir drei zusätzliche Resolutionen zum Irak beantragt und erhalten - die Resolutionen 1441, 1483 und 1511 - eben weil die globale Gefahr des Terrors eine globale Antwort erfordert. Die Vereinten Nationen haben keinen besseren Fürsprecher als Ihren Premierminister, der zu jeder Zeit ihre Ideale verfochten und an ihre Autorität appelliert hat. Er versteht auch, dass die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen von der Bereitschaft abhängt, Wort zu halten und zu handeln, wenn Handeln erforderlich ist.

Die Vereinigten Staaten und Großbritannien haben alles in ihrer Macht Stehende getan und werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Vereinten Nationen davon abzuhalten, sich feierlich in ihre eigene Irrelevanz und das Schicksal des Völkerbunds zu ergeben. Es reicht nicht aus, den Gefahren der Welt mit Resolutionen zu begegnen; wir müssen ihnen mit Entschlossenheit begegnen.

Ebenso wie im letzten Jahrhundert können Nationen in diesem Jahrhundert gemeinsam mehr erreichen als im Alleingang. Seit 54 Jahren stehen die Vereinigten Staaten Seite an Seite mit ihren Partnern in der NATO, der effektivsten multilateralen Institution der Geschichte. Wir sind diesem großartigen demokratischen Bündnis verpflichtet, und wir sind der Überzeugung, dass es den Willen und die Kapazitäten zum Handeln in den außereuropäischen Ländern haben muss, in denen Bedrohungen auftreten.

Meine Nation begrüßt die wachsende Einheit Europas, und die Welt benötigt die Vereinigten Staaten und die Europäische Union, um auf das gemeinsame Ziel der Förderung von Sicherheit und Gerechtigkeit hinzuarbeiten. Die Vereinigten Staaten arbeiten mit vier anderen Nationen zusammen, um den von Nordkorea verursachten Gefahren zu begegnen. Die Vereinigten Staaten vertreten die Auffassung, dass die IAEO (Internationale Atomenergie-Organisation) ihren Zweck erfüllen und den Iran zur Einhaltung seiner Verpflichtungen veranlassen muss.

Unsere erste Wahl und unsere beständige Praxis ist die Zusammenarbeit mit anderen verantwortungsbewussten Regierungen. Wir verstehen auch, dass der Erfolg des Multilateralismus nicht nur an der Einhaltung formaler Kriterien, der Ordentlichkeit des Verfahrens gemessen wird, sondern auch an den von uns erzielten Ergebnissen bei der Bewahrung der Sicherheit unserer Nationen.

Der zweite Pfeiler von Frieden und Sicherheit in unserer Welt ist die Bereitschaft freier Nationen, der Aggression und dem Bösen durch Gewalt Einhalt zu gebieten, wenn alle anderen Mittel erschöpft sind. In jeder Generation gibt es prinzipielle Einwände gegen den Einsatz von Gewalt, und ich weiß die guten Absichten zu schätzen.

Die Machthaber werden jedoch nicht nur anhand guter Absichten beurteilt. Das Volk hat uns die Pflicht zu seiner Verteidigung auferlegt. Und diese Pflicht erfordert manchmal, gewalttätige Menschen mit Gewalt zurückzuhalten. In manchen Fällen ist der richtig bemessene Einsatz von Gewalt alles, was uns vor einer von Gewalt regierten chaotischen Welt schützt.

Die meisten Menschen im friedlichen Westen haben keine lebendige Erinnerung an eine solche Welt. In manchen Ländern sind diese Erinnerungen jedoch frisch: Die Opfer der ethnischen Säuberungen auf dem Balkan und diejenigen, die die Vergewaltiger und Todesschwadrone überlebten, hatten wenig Bedenken, als die NATO Gewalt einsetzte, um diesen Verbrechen ein Ende zu bereiten. Die afghanischen Frauen - in ihren Häusern gefangen, auf offener Straße geschlagen und als öffentliches Spektakel hingerichtet - machten uns keine Vorwürfe wegen der Verjagung der Taliban. Diejenigen, die in der von der irakischen Baath-Partei geschaffenen Hölle schmoren mussten, mit ihren prunkvollem Palästen und ihren Folterkammern, mit ihren riesigen Statuen und ihren Massengräbern, vermissen ihren flüchtigen Diktator nicht. Sie haben seinen Sturz bejubelt.

In allen diesen Fällen gingen der Militäraktion diplomatische Initiativen, Verhandlungen und Ultimaten voraus, und letzte Chancen bis zum letzten Moment. Im Irak wurde dem Diktator Jahr um Jahr die Chance eingeräumt, Rechenschaft über seine Waffenprogramme abzulegen und den Albtraum für sein Volk zu beenden. Jetzt wurden die Resolutionen durchgesetzt, denen er getrotzt hatte.

Und wer wird sagen, dass es dem Irak besser gegangen sei, als Saddam Hussein herumstolzierte und tötete, oder dass die Welt sicherer gewesen sei, als er an der Macht war? Wer bezweifelt, dass Afghanistan eine gerechtere und weniger gefährliche Gesellschaft ist ohne Mullah Omar, der Gastgeber für Terroristen aus der ganzen Welt spielt? Und auch Europa geht es offensichtlich besser ohne Milosevic, der für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird statt weitere zu begehen.

Manche sagen, dass diejenigen, die in der Nähe einer Polizeiwache leben, es schwer finden, an den Sieg der Gewalt zu glauben, ebenso wie freie Völker versucht sein könnten, die geordneten Gesellschaften als selbstverständlich hinzunehmen, die wir kennen gelernt haben. Die friedliche Vereinigung Europas ist eine der größten Errungenschaften der letzten 50 Jahre. Und weil die europäischen Länder Differenzen jetzt durch Verhandlungen und Konsens beilegen, geht man manchmal davon aus, dass die ganze Welt auf diese Weise funktioniert. Wir sollten jedoch nie vergessen, wie die Einheit Europas erlangt wurde - durch alliierte Befreiungsarmeen und die Verteidigungsstreitmacht der NATO. Und wir sollten nie vergessen, dass jenseits von Europas Grenzen, in einer Welt, in der Unterdrückung und Gewalt sehr real sind, die Befreiung immer noch ein moralisches Ziel ist, und Freiheit und Sicherheit immer noch Verteidiger benötigen.

Der dritte Pfeiler der Sicherheit ist unsere Verpflichtung zur globalen Verbreitung von Demokratie sowie der mit ihr einhergehenden Hoffnung und des Fortschritts als Alternative zu Instabilität, Hass und Terror. Wir können zur Gewährleistung langfristiger Sicherheit nicht ausschließlich auf militärische Macht zurückgreifen. Dauerhafter Frieden wird erlangt, wenn Gerechtigkeit und Demokratie vorankommen.

In demokratischen und erfolgreichen Gesellschaften geloben Männer und Frauen nicht Missgünstigen und Mördern die Treue, sondern nehmen einen Sinneswandel vor und arbeiten auf ein besseres Leben hin. Und demokratische Regierungen beherbergen keine Terroristencamps oder greifen ihre friedlichen Nachbarn an; sie respektieren die Wünsche und die Würde ihres Volkes. In unserem Konflikt mit Terror und Tyrannei haben wir einen einzigartigen Vorteil, eine Macht, der man nicht widerstehen kann - und das ist die Anziehungskraft der Freiheit für die gesamte Menschheit.

Als globale Mächte dienen unsere beiden Nationen der Sache der Freiheit in vielfältiger Weise und an vielen Orten. Indem wir Entwicklung fördern und Hunger sowie AIDS und andere Krankheiten bekämpfen, erfüllen wir unsere moralische Pflicht und ermutigen Stabilität und den Aufbau einer solideren Grundlage für demokratische Institutionen. Indem wir in Burma, im Sudan und in Simbabwe auf Gerechtigkeit hinarbeiten, geben wir leidenden Menschen Hoffnung und verbessern die Chancen für Stabilität und Fortschritt. Indem wir den Handel ausweiten, fördern wir Wohlstand und die Gewohnheiten der Freiheit. Und indem wir die Freiheit in der gesamten Region des Nahen Ostens voranbringen, beenden wir einen Zyklus von Diktatur und Radikalismus, der Millionen Menschen ins Elend stürzt und Gefahren für unser eigenes Volk birgt. In dieser Region könnte nicht mehr auf dem Spiel stehen. Wenn der Nahe Osten ein Ort bleibt, an dem die Freiheit nicht gedeiht, wird er ein Ort der Stagnation, der Wut und des Exports von Gewalt bleiben. Wie wir in den Ruinen der Twin Towers gesehen haben, kann keine noch so große Entfernung auf der Landkarte unser Leben und unsere Lebensweise schützen. Wenn die gesamte Region des Nahen Ostens sich der demokratischen Revolution anschließt, die einen Großteil der Welt erfasst hat, wird das Leben von Millionen Menschen in dieser Region besser, und der Trend zu Konflikten und Angst wird im Keim erstickt.

Solche geschichtlichen Veränderungen vollziehen sich nicht schnell. Aufgrund unserer eigenen demokratischen Entwicklung - der Tatsache, dass sie schrittweise und manchmal turbulent erfolgte - müssen wir Geduld mit anderen haben. Und die Länder des Nahen Ostens haben noch einen weiten Weg vor sich.

Arabische Wissenschaftler sprechen von einem Freiheitsdefizit, das ganze Nationen vom Fortschritt unserer Zeit trennt. Die Grundelemente des gesellschaftlichen und materiellen Fortschritts - Beschränkung der Regierungsgewalt, Gleichheit vor dem Gesetz, religiöse und wirtschaftliche Freiheit, politische Beteiligung, Pressefreiheit und Achtung der Rechte der Frau - sind in der gesamten Region selten. Aber das beginnt sich zu ändern. In einem weiten Reformbogen von Marokko über Jordanien bis nach Katar sehen wir Wahlen, einen neuen Schutz für Frauen und erste Anzeichen eines politischen Pluralismus. Viele Regierungen erkennen, dass Theokratie und Diktatur nicht zu nationaler Größe führen; sie enden in nationalem Ruin. Sie stellen ebenso wie andere fest, dass nationaler Fortschritt und Würde erlangt werden, wenn die Regierung gerecht und das Volk frei ist.

Der demokratische Fortschritt im Nahen Osten wurde nicht vom Ausland aufgezwungen, und das wird auch nicht mit den größeren Fortschritten der Fall sein, auf die wir hoffen. Die Freiheit muss per definitionem selbst gewählt und von denen verteidigt werden, die sie gewählt haben. Unsere Aufgabe als freie Nationen ist, uns den Reformen anzuschließen, wo immer sie stattfinden.

Die vielleicht hilfreichste Veränderung, die wir vornehmen können, ist eine Veränderung unserer Denkweise. Im Westen herrscht eine gewisse Skepsis bezüglich der Fähigkeit oder sogar nur des Wunsches der Völker im Nahen Osten, sich selbst zu regieren. Uns wird gesagt, der Islam stünde irgendwie nicht im Einklang mit einer demokratischen Kultur. Dennoch sind heute mehr als die Hälfte der Muslime der Welt mündige Bürger in demokratischen Gesellschaften. Uns wird nahe gelegt, dass die Armen in ihrem täglichen Überlebenskampf wenig an Selbstverwaltung interessiert sind. Dennoch brauchen gerade die Armen die Macht der Demokratie, um sich gegen korrupte Eliten zu verteidigen.

Die Völker im Nahen Osten haben eine Hochkultur gemein, eine Religion der persönlichen Verantwortung und ein ebenso starkes Bedürfnis nach Freiheit wie wir. Es ist nicht realistisch anzunehmen, dass ein Fünftel der Menschheit ungeeignet für die Freiheit ist - es ist pessimistisch und herablassend, und das sollten wir uns nicht zu eigen machen.

Wir müssen Jahrzehnte einer gescheiterten Politik im Nahen Osten hinter uns lassen. In der Vergangenheit waren Ihre Nation und meine bereit, sich auf einen Handel einzulassen und Unterdrückung zu Gunsten von Stabilität zu tolerieren. Seit langem bestehende Verbindungen verleiteten uns oft, über die Fehler der örtlichen Eliten hinwegzusehen. Dieser Handel wird jedoch weder Stabilität noch Sicherheit für uns herbeiführen. Er spielte nur auf Zeit, während die Probleme schwelten und Ideologien der Gewalt sich verfestigten.

Wie die jüngste Geschichte zeigt, können wir nicht die Augen vor der Unterdrückung verschließen, nur weil die Unterdrückung nicht in unserem eigenen Hinterhof erfolgt. Wir dürfen nicht länger denken, Tyrannei sei gütig, nur weil sie vorübergehend praktisch ist. Tyrannei ist nie gütig zu ihren Opfern, und unsere großen Demokratien sollten sich der Tyrannei widersetzen, wo immer sie existiert.

Jetzt verfolgen wir einen anderen Kurs, eine nach vorne gerichtete Strategie der Freiheit im Nahen Osten. Wir werden konsequent die Feinde der Reform herausfordern und den Verbündeten des Terrors entgegentreten. Wir werden von unseren Freunden in der Region einen höheren Standard erwarten, und wir werden unsere Verantwortung in Afghanistan und im Irak erfüllen, indem wir die von uns begonnene Arbeit der Einführung von Demokratie vollenden.

In Ihrem Land und in meinem gab es gutgläubige Meinungsverschiedenheiten über Kurs und Zeitpunkt des Militäreinsatzes im Irak. Was immer vorher war - jetzt haben wir nur zwei Optionen: unser Wort zu halten oder unser Wort zu brechen. Das Scheitern der Demokratie im Irak würde das irakische Volk wieder ins Elend stürzen und das Land den Terroristen ausliefern, die uns zerstören wollen. Aber die Demokratie wird im Irak Erfolg haben, weil unser Wille stark ist, weil man sich auf unser Wort verlassen kann und weil das irakische Volk seine Freiheit nicht aufgeben wird.

Seit der Befreiung des Irak haben wir Veränderungen in dem Land gesehen, die vor einem Jahr kaum vorstellbar gewesen wären. Eine neue irakische Polizei schützt die Menschen, statt sie zu schikanieren. Über 150 irakische Zeitungen sind jetzt im Umlauf, drucken, was sie möchten und nicht, was ihnen befohlen wird. Die Schulen sind geöffnet, und die Lehrbücher enthalten keine Propaganda mehr. Die Krankenhäuser funktionieren und sind gut ausgerüstet. Der Irak hat eine neue Währung, das erste Bataillon einer neuen Armee, repräsentative kommunale Regierungen und einen Regierungsrat mit einem drängenden Zeitplan für die Erlangung der nationalen Souveränität. Das sind beträchtliche Fortschritte. Und sie vollzogen sich in vieler Hinsicht schneller als ähnliche Bestrebungen in Deutschland und Japan nach den Zweiten Weltkrieg.

Dennoch ist die Gewalt, die wir heute im Irak erleben, gravierend. Sie kommt von Anhängern der Baath-Partei und des Islamischen Heiligen Kriegs aus anderen Ländern sowie von Terroristen, die sich von der Aussicht angezogen fühlen, das Blut Unschuldiger zu vergießen. Es liegt im Wesen des Terrorismus und in der Grausamkeit einiger weniger, vielen Menschen mit Verlust Leid zuzufügen. Die Streitkräfte unserer beiden Länder mussten von unseren Bürgern schmerzlich empfundene Verluste hinnehmen. Einige Familien leben jetzt mit der Last großen Kummers. Wir können ihnen den Schmerz nicht nehmen. Aber diese Familien müssen wissen, dass sie nicht allein sind. Wir beten für ihre Stärke; wir beten für ihren Trost; und wir werden nie den Mut der von ihnen Geliebten vergessen.

Die Terroristen verfolgen ein Ziel, eine Strategie mit ihrer Grausamkeit. Sie sehen den Aufstieg der Demokratie im Irak als mächtige Bedrohung ihrer Ambitionen. In diesem Fall haben sie Recht. Sie denken, ihre Terroranschläge gegen unsere Koalition, gegen Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen und gegen unschuldige Iraker veranlasse uns, zurückzuweichen und uns zurückzuziehen. In diesem Fall haben sie Unrecht.

Wir sind nicht hunderte von Kilometern ins Zentrum des Irak vorgedrungen, zahlen den bitteren Blutzoll und befreien 25 Millionen Menschen, nur um vor einer Bande von Schergen und Mördern zurückzuweichen. Wir werden dem irakischen Volk beim Aufbau eines friedlichen und demokratischen Landes im Zentrum des Nahen Ostens behilflich sein. Und damit werden wir unser Volk gegen Gefahren schützen.

Die offensive Strategie der Freiheit muss auch auf den arabisch-israelischen Konflikt angewandt werden. Es ist eine schwierige Zeit in einem Teil der Welt, der viele Schwierigkeiten kennt. Dennoch ist und bleibt unser Engagement entschlossen. Wir streben Gerechtigkeit und Würde an. Wir streben einen lebensfähigen, unabhängigen Staat für das palästinensische Volk an, das zu lange von anderen betrogen wurde. Wir streben Sicherheit und die Anerkennung des Staates Israel an, der schon zu lange im Schatten willkürlicher Morde lebt. Das sind an sich schon wertvolle Ziele, und durch ihre Verwirklichung werden wir auch eine Möglichkeit und Entschuldigung für Hass und Gewalt in der gesamten Region des Nahen Ostens beseitigen.

Bei der Erlangung von Frieden im Heiligen Land geht es nicht nur um das Ziehen von Grenzen. Während wir die Einzelheiten des Friedens aushandeln, müssen wir zum Kern der Sache vordringen - der Notwendigkeit für eine lebensfähige palästinensische Demokratie. Frieden wird nicht von den palästinensischen Herrschern erlangt, die die Opposition einschüchtern, Korruption tolerieren, von ihr profitieren und Verbindungen zu Terrorgruppen unterhalten. Das sind die Methoden der alten Eliten, die immer wieder ihr Eigeninteresse über die Interessen der Menschen stellten, denen zu dienen sie vorgeben. Das seit langem leidende palästinensische Volk hat es besser verdient. Die Palästinenser verdienen wirkliche Politiker, die in der Lage sind, einen palästinensischen Staat zu bilden und zu regieren.

Selbst nach den Rückschlägen und Frustrationen der letzten Monate können guter Wille und harte Arbeit zur Schaffung eines palästinensischen Staats und zu Sicherheit für Israel führen. Die Regierung eines neuen palästinensischen Staats sollte sich friedliche Mittel zu eigen machen, um die Rechte ihrer Bürger zu erlangen und die reformierten Institutionen einer stabilen Demokratie zu schaffen.

Israel sollte den Bau der Siedlungen einstellen, nicht genehmigte Außenposten abbauen, die tägliche Demütigung des palästinensischen Volks beenden und den abschließenden Verhandlungen nicht mit der Errichtung von Mauern und Zäunen vorgreifen.

Die arabischen Staaten sollten die Hetztiraden in ihren Medien beenden, die öffentlichen und privaten Mittel zur Finanzierung des Terrorismus kürzen und normale Beziehungen zu Israel herstellen.

Die Staatsmänner Europas sollten jedem palästinensischen Herrscher ihr Wohlwollen und ihre Unterstützung entziehen, der sein Volk enttäuscht und seine Sache verrät. Die europäischen Politiker - und alle Politiker - sollten entschieden dem Antisemitismus entgegentreten, der öffentliche Diskussionen über die Zukunft des Nahen Ostens vergiftet.

Meine Damen und Herren, vor uns liegen große Aufgaben, die unser atlantisches Bündnis so wichtig machen, wie es seit jeher war. Wir werden die Stärke und Effektivität internationaler Institutionen fördern. Wir werden zur Verteidigung der Freiheit gegebenenfalls Gewalt einsetzen. Und wir werden in jedem Teil der Welt das Vorbild der Demokratie schaffen. Auf der Grundlage dieser drei Pfeiler werden wir Frieden und Sicherheit für alle freien Nationen in einer Zeit der Gefahr schaffen.

Unser aus Überzeugungen und Macht geschmiedetes Bündnis hat viel Gutes hervorgebracht. Bei unserem weiteren Vorgehen hängt jetzt viel von der Stärke dieses Bündnisses ab. Die Vereinigten Staaten haben in London immer starke Partner gefunden, Staatsmänner mit gutem Urteilsvermögen, offenem Rat und Rückgrat in schwierigen Zeiten. Alle diese Qualitäten haben ich in Ihrem Premierminister gefunden, dem ich meinen Respekt und meinen tief empfundenen Dank entbiete.

Die Bande zwischen unsere Nationen sind jedoch tiefer als die Beziehungen zwischen Staatsmännern. Diese Bande überdauern, weil sie durch unsere gemeinsamen Erfahrungen, Pflichten und Nöte geschaffen wurden. In der Erinnerung unserer Bürger wird stets eine Erfahrung lebendig sein, ein zentrales Ereignis, das die Freundschaft zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten besiegelte: Die Ankunft von über 1,5 Millionen amerikanischen Soldaten und Fliegern in den vierziger Jahren in Großbritannien war ein Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg. Viele Engländer haben damals zum ersten Mal außer im Film einen Amerikaner aus der Nähe gesehen. Einige der heute Anwesenden erinnern sich vielleicht noch an die "freundliche Invasion. Unsere Burschen waren gewöhnungsbedürftig. Man sagte ihnen einiges nach - zusätzlich dazu, überbezahlt in Übersee zu sein.

Bei einer Versammlung in Nordlondon vor einigen Jahren sagte ein amerikanischer Pilot, der sich nach seinem Militärdienst in England niedergelassen hatte: "Nun, ich bin immer noch hier und wahrscheinlich überbezahlt. Zwei von drei Dingen ist also gar nicht schlecht.

In diesen Kriegszeiten gewöhnten sich die Engländer an die Amerikaner. Sie hießen die Soldaten und Flieger in ihren Dörfern und Häusern willkommen und fingen an, sie "unsere Jungs" zu nennen. 70.000 dieser Jungs trugen das Ihre zur Festigung unserer besonderen Beziehungen bei. Sie kamen mit englischen Bräuten nach Hause zurück.

Auch die Amerikaner bekamen ein bestimmtes Bild von England. Wir sahen eine von allen Seiten bedrohte Insel, einen nicht wankenden Staatsmann und ein Land mit festem Charakter. Das hat sich nicht geändert. Die Briten sind der Wunschpartner, wenn man harte Arbeit vor sich hat. Die Männer und Frauen dieses Königreichs sind freundlich und unerschütterlich, großzügig und mutig. Und Amerika hat Glück, dieses Land seinen engsten Freund auf der Welt nennen zu können.

Möge Gott Sie alle segnen.

Hier geht es zum Originaltext: Bush Vows to Stay in Iraq Until Democracy Established


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