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"Auf meinen Befehl hin kämpfen gute Frauen und Männer an der Front im Irak gegen die Terroristen"

Eingangsstatement des US-Präsidenten George W. Bush bei einer Pressekonferenz zum Thema Irak

Im Folgenden dokumentieren wir die unwesentlich gekürzte Eingangserklärung von US-Präsident George W. Bush auf einer Pressekonferenz zum Thema Irak im Weißen Haus vom 12. Juli 2007.
Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.



George W. Bush:

Bevor ich Ihre Fragen beantworte, möchte ich den Amerikanern heute einen Statusbericht zur Situation im Irak geben. Seitdem die Vereinigten Staaten die Militäroperationen im Irak begonnen haben, gab es in dem Konflikt dort vier grundsätzliche Phasen. Die erste Phase bestand in der Befreiung des Iraks von Saddam Hussein. Die zweite Phase war die Rückgabe der Souveränität an die Iraker und das Abhalten freier Wahlen. Die dritte Phase bestand in der tragischen Eskalation konfessionell motivierter Gewalt, ausgelöst durch den Bombenanschlag auf die Goldene Moschee in Samarra.

Wir sind jetzt am Anfang einer vierten Phase: der Stationierung von Truppenverstärkungen und dem Beginn neuer Operationen, um den Irakern zu helfen, Sicherheit für ihre Bevölkerung zu gewährleisten. Ich werde Ihnen erklären, warum der Erfolg dieser neuen Strategie so wichtig für den Schutz der Amerikaner und die Rückkehr unserer Truppen ist, ein Ziel, das alle Amerikaner teilen. Ich möchte Ihnen Informationen zu dem Bericht geben, den wir dem Kongress vorlegen. Ich werde erörtern, warum eine Truppenreduzierung, die nicht an den Erfolg unserer Einsätze geknüpft ist, eine Katastrophe wäre.

Als Präsident ist meine höchste Verantwortung, für die Sicherheit der Amerikaner zu sorgen. Auf meinen Befehl hin kämpfen deshalb gute Frauen und Männer an der Front im Irak gegen die Terroristen. Ich habe unseren Soldaten im Irak klare Ziele vorgegeben. Während sie ihr Leben für diese Ziele riskieren, müssen sie wissen, dass sie die unerschütterliche Unterstützung des Oberbefehlshabers haben, und die haben sie. Und ihr Feind muss wissen, dass die Vereinigten Staaten nicht aufgeben werden. Wenn ich also mit den Amerikanern über den Irak spreche, betone ich oft, wie wichtig es ist, dass wir entschlossen bleiben und unsere Ziele erreichen.

Als Folge wird die Debatte über den Irak oftmals als Meinungsverschiedenheit zwischen jenen geführt, die unsere Truppen im Irak lassen wollen, und denjenigen, die sie nach Hause holen wollen. Das ist nicht die eigentliche Debatte. Ich kenne niemanden, der sich nicht dem Tag entgegensehnt, an dem unsere mutigen Soldatinnen und Soldaten zurückkehren können.

In meinem Bericht zur Lage der Nation im Januar habe ich es folgendermaßen formuliert: Wenn wir zu diesem wichtigen Zeitpunkt unsere Unterstützung aufstocken, können wir schneller den Tag erreichen, an dem wir beginnen können, unsere Truppen nach Hause zu holen. Die eigentliche Debatte über den Irak findet zwischen jenen statt, die der Meinung sind, dass der Kampf schon verloren oder nicht den Preis wert ist, und jenen, die der Meinung sind, dass der Kampf gewonnen werden kann und der Preis einer Niederlage weitaus größer wäre, wie schwierig die Situation auch sein mag.

Ich bin der Meinung, dass wir im Irak erfolgreich sein können, und ich weiß, dass wir das sein müssen. Wir arbeiten also darauf hin, die Al Kaida und andere Extremisten zu besiegen und die Entstehung einer irakischen Regierung zu unterstützen, die ihre Bürger beschützen, grundlegende Dienste bereitstellen und ein Verbündeter im Krieg gegen Extremisten und Radikale sein kann. Dadurch werden wir die Bedingungen schaffen, die es ermöglichen, dass unsere Truppen nach und nach abgezogen werden können, während wir gleichzeitig unser langfristiges nationales Interesse im Irak und der Region sichern.

Wenn wir anfangen, unsere Truppenstärke im Irak zu verringern, wird der Grund dafür sein, dass unsere militärischen Befehlshaber sagen, dass es die Bedingungen vor Ort zulassen, und nicht, weil die Meinungsforscher sagen, das sei gute Politik. Die von mir im Januar angekündigte Strategie hat zum Ziel, die Initiative zu ergreifen und diese Bedingungen zu schaffen. Sie ist darauf ausgerichtet, den Irakern zu helfen, ihre Regierung zu stärken, sodass sie sogar inmitten von Gewalt funktionsfähig ist. Sie hat zum Ziel, den irakischen Politikern Raum zu schaffen, den schwierigen Prozess der nationalen Aussöhnung zu beginnen, der für dauerhafte Sicherheit und Stabilität unerlässlich ist. Die Strategie konzentriert sich darauf, einen anhaltenden militärischen Druck auszuüben, um die Terrornetzwerke in Bagdad und der Umgebung auszuschalten. Im Rahmen dieser Strategie haben wir uns auch dazu verpflichtet, diplomatische Wege zur Stärkung der regionalen und internationalen Unterstützung für die demokratische Regierung im Irak zu nutzen.

Alle diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Rolle der Vereinigten Staaten im Irak weiter einzuschränken. Das ist das Ziel, das von der überparteilichen Iraq Study Group skizziert wurde. Es ist das gemeinsame Ziel der Iraker und der Koalitionspartner. Es ist das Ziel von Botschafter Crocker und General Petraeus sowie unserer Soldaten, die schwer arbeiten, um es in die Tat umzusetzen.

Unsere oberste Priorität ist es, den Irakern zu helfen, ihre Bevölkerung zu schützen. Daher haben wir in und um Bagdad eine Offensive zur Verfolgung von Extremisten begonnen, um den irakischen Truppen mehr Zeit für ihre Entwicklung zu verschaffen, das alltägliche Leben zu erleichtern und die Verankerung der Zivilgesellschaft in den Gemeinden und Stadtvierteln im ganzen Land zu unterstützen. Wir unterstützen die Erhöhung der Truppenstärke, der Fähigkeiten und der Effektivität der irakischen Sicherheitskräfte, damit die Iraker die Verteidigung ihres eigenen Landes übernehmen können. Wir unterstützen die Iraker bei der Befreiung ihrer Stadtviertel von Extremisten. Heute kämpfen in der Provinz Anbar sunnitische Stämme, die in der Vergangenheit an der Seite der Al Kaida gegen unsere Koalition kämpften, an der Seite der Koalition gegen die Al Kaida. Wir versuchen nun, den Erfolg in der Provinz Anbar und anderen Teilen des Landes zu wiederholen.

Vor zwei Monaten legte der Kongress im Nachtragshaushalt zur Finanzierung unserer Soldaten 18 Zielvorgaben zur Bewertung des Fortschritts der irakischen Regierung fest. Darin wird ein vollständiger Bericht an den Kongress bis zum 15. September gefordert. Heute hat meine Regierung dem Kongress einen Zwischenbericht vorgelegt, in dem wir bewerten müssen – und ich zitiere das Gesetz – "ob zufrieden stellende Fortschritte in Richtung dieser Zielvorgaben erreicht wurden oder nicht".

Von den 18 Zielvorgaben, die wir für den Kongress bewerten, können wir in acht Bereichen über zufrieden stellende Fortschritte berichten. So stellten die Iraker beispielsweise drei versprochene Brigaden für Operationen in und um Bagdad zur Verfügung. Darüber hinaus investiert die irakische Regierung fast 7,3 Milliarden Dollar aus ihren eigenen finanziellen Mitteln in die Schulung, Ausrüstung und Modernisierung ihrer Streitkräfte. Auf acht anderen Gebieten müssen die Iraker noch viel mehr tun. So haben sie beispielsweise noch nicht genug für die Vorbereitung von lokalen Wahlen getan oder die Verabschiedung eines Gesetzes über die Aufteilung der Öleinnahmen. In zwei weiteren Bereichen waren die Fortschritte zu unterschiedlich, um in die eine oder andere Richtung bewertet zu werden.

Diejenigen, die davon überzeugt sind, dass der Krieg im Irak verloren ist, werden wahrscheinlich auf die nicht zufrieden stellende Leistung bei einigen politischen Zielvorgaben hinweisen. Diejenigen von uns, die glauben, dass der Krieg im Irak gewonnen werden kann und muss, sehen die zufrieden stellende Leistung bei diversen sicherheitsrelevanten Zielvorgaben als Grund für Optimismus. Unsere Strategie basiert auf der Prämisse, dass Fortschritte im Bereich der Sicherheit den Weg für politische Fortschritte ebnen. Daher ist es nicht überraschend, dass die politischen Fortschritte hinter denen im Bereich der Sicherheit hinterherhinken. Wirtschaftliche Entwicklungsfonds sind für diesen politischen Fortschritt der Iraker entscheidend. Heute übe ich das mir vom Kongress übertragene Recht zur Ausnahmegenehmigung aus, um einen erheblichen Anteil dieser Gelder freizusetzen.

Unter dem Strich ergibt sich Folgendes: Es handelt sich hier um einen vorläufigen Bericht, der weniger als einen Monat nach Ankunft der letzten Truppenverstärkungen im Irak erstellt wurde. Im September werden General Petraeus und Botschafter Crocker, wie vom Kongress gefordert, nach Washington zurückkehren, um eine umfassendere Bewertung abzugeben. Bis dahin hoffen wir, dass wir über weitere Verbesserungen in den Bereichen, in denen wir bereits Fortschritte sehen, berichten können, sowie über erste Verbesserungen in den Bereichen, in denen es bisher keine Fortschritte gab. Wir werden dann auch ein klareres Bild von der Wirkung der neuen Strategie haben und besser in der Lage sein zu beurteilen, wo weitere Anpassungen erforderlich sind.

Ich werde mich auf die Empfehlungen von General Petraeus bezüglich der angemessenen Truppenstärke im Irak verlassen. Ich werde die Empfehlungen mit dem Verteidigungsminister und den Vereinigten Stabschefs erörtern. Ich werde die Konsultationen mit Mitgliedern des US-Kongresses auf beiden Seiten des Gangs fortsetzen, und dann werde ich eine Entscheidung treffen.

Ich weiß, dass einige in Washington wollen, dass wir jetzt mit dem Rückzug aus dem Irak beginnen. Es währe gefährlich für den Irak, die ganze Region und die Vereinigten Staaten, mit einem Abzug zu beginnen, bevor unsere Befehlshaber uns sagen, dass wir dazu bereit sind. Das würde bedeuten, dass wir die Zukunft des Irak der Al Kaida überlassen. Das würde bedeuten, dass wir Morde in erschreckendem Ausmaß riskieren würden. Es würde bedeuten, dass wir den Terroristen erlauben würden, im Irak einen Zufluchtsort aufzubauen, um den zu ersetzen, den sie in Afghanistan verloren haben. Ein Abzug würde die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass amerikanische Soldaten zu einem späteren Zeitpunkt in den Irak zurückkehren müssen, um sich einem noch gefährlicheren Feind entgegenzustellen.

Der Krieg im Irak ist Teil eines umfassenderen Konflikts, der sich in der Region entwickelt. Das gleiche Regime in Iran, das Atomwaffen anstrebt und droht, Israel von der Landkarte zu tilgen, liefert raffinierte improvisierte Sprengsätze an Extremisten im Irak, die sie verwenden, um amerikanische Soldaten zu töten. Die gleichen Hisbollah-Terroristen, die im Libanon einen Krieg gegen die Kräfte der Demokratie führen, bilden Extremisten aus, damit diese das gleiche gegen die Koalitionsstreitkräfte im Irak tun. Das gleiche syrische Regime, dass den islamischen Dschihad und die Hamas unterstützt, und ihnen einen Zufluchtsort bietet, hat die Schließung des Flughafens in Damaskus für Selbstmordattentäter, die in den Irak ausreisen wollen, abgelehnt. Alle diese extremistischen Gruppen würden durch einen vorschnellen amerikanischen Rückzug ermutigt, der unsere Freunde und Verbündeten in der Region hingegen verwirren und beunruhigen würde.

Im gesamten Nahen Osten haben die Nationen ein Interesse an einem stabilen Irak. Um unsere Interessen zu schützen und unser Engagement gegenüber unseren Freunden in der Region zu zeigen, verstärken wir unsere Militärpräsenz, verbessern wir unsere bilaterale sicherheitspolitische Zusammenarbeit und unterstützen diejenigen, die gegen Extremisten im gesamten Nahen Osten kämpfen. Zur Erhöhung der regionalen und internationalen Unterstützung für die demokratische Regierung im Irak nutzen wir darüber hinaus auch die Mittel der Diplomatie.

Anfang August werde ich Verteidigungsminister Gates und Außenministerin Rice in die Region schicken. Sie werden sich mit unseren Verbündeten treffen, unsere Verpflichtung gegenüber dem internationalen Pakt von Scharm el Scheich untermauern und unseren Freunden versichern, dass der Nahe Osten von bedeutender strategischer Priorität für die Vereinigten Staaten bleibt.

Es gibt eine Annäherung in den Zielen der irakischen Führung, unserer Partner und unserer Freunde in der Region und dem was meine Regierung, die Iraq Study Group und andere in unserem Land formuliert haben. Die Iraker wollen nicht, dass amerikanische Truppen für immer in ihren Städten patrouillieren, genau so wenig wie die Bürger in den Vereinigten Staaten. Wir müssen aber sicherstellen, dass die Terroristen und Extremisten nicht in der Lage sind, die Kontrolle zu übernehmen, wenn sich die amerikanischen Streitkräfte zurückziehen.

Die Strategie, die General Petraeus und die von ihm befehligten Soldaten umsetzen, ist der beste Weg, um genau das zu erreichen. Daher fordere ich den Kongress auf, ihnen die Zeit und Ressourcen zu geben, die sie benötigen. Die amerikanischen Soldatinnen und Soldaten haben im Irak erhebliche Opfer gebracht. Sie haben Großartiges erreicht, und der beste Weg, sie nach Hause zu bringen, ist zu gewährleisten, dass unsere neue Strategie Erfolg hat.

Originaltext: Press Conference by the President
siehe: http://www.whitehouse.gov/news/releases/2007/07/20070712-5.html



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