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US-General: BND "extrem wichtig"

Deutschland unterstützte Angriff auf Irak - Steinmeiers Verteidigungsfront nun sturmreif?

Von René Heilig *

Die schwarz-rote Bundesregierung wird von einer Lüge eingeholt, die sie von der vorangegangenen rot-grünen ererbt hat. Sie lautet: Deutschland hat sich weder »direkt« noch »indirekt« an dem völkerrechtswidrigen Krieg der USA gegen Irak beteiligt.

Wenn Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der aktuelle SPD-Kanzlerkandidat und unter Rot-Grün Gerhard Schröders geheimdienstverantwortlicher Chef des Kanzleramtes, am Donnerstag wieder vor dem sogenannten BND-Untersuchungsausschuss aussagen wird, muss er nicht nur gegen misstrauische Abgeordnete der Opposition ankämpfen. Indirekt hat er auch gestandene US-Militärs wie General a.D. Marks gegen sich.

James Marks (55) bestätigte im »Spiegel«-Interview, was Insider längst wissen, jedoch kaum beweisen können, weil es von der Regierung und der SPD noch immer bestritten wird. Nämlich, dass die Meldungen der zwei während des US-Überfalls auf Irak in der Hauptstadt Bagdad installierten Agenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) »extrem wichtig und wertvoll« waren. Für die Angreifer. Marks, 2003 der Chef der Heeresaufklärung im US-Hauptquartier von Doha, sagt: »Wir haben den Informationen aus Deutschland stärker vertraut als denen der CIA.« Man sei den BND-Leuten mit Decknamen Reiner Mahner und Volker Heinster, die als erfahrene Bundeswehr-Experten »während des Krieges in Bagdad ausgeharrt haben und ihr Leben riskierten, tiefsten Dank schuldig«. Der geht über die »Meritorious-Service-Medal« hinaus, die die Bagdader BND-Agenten und der Verbindungsmann des deutschen Geheimdienstes im US-Hauptquartier erhalten haben. »Mit ihrer Arbeit haben sie amerikanische Leben gerettet, daran gibt es für mich keinen Zweifel«, sagt General Marks und erinnert sich an Aufklärungsmeldungen samt Fotos, die zumindest angetan waren, eigene Nachforschungen der US-Militärs anzustellen.

Dass die Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) und Josef Fischer (Grüne) entgegen ihren fast pazifistischen Wahlkampfbeteuerungen aktiv den Angriff auf Irak unterstützt hat, ist vielfach belegbar. So bestätigt der ehemalige BND-Abteilungsleiter und Bundeswehrgeneral Ludwig Mundt: Die Bundesregierung »hatte an Meldungen aus Irak das größte Interesse, das ich je erlebt habe«. Und: Der Einsatz habe »allerhöchste Auftragspriorität« genossen.

»Die jüngsten Aussagen übertreffen bei weitem das, was wir bislang ans Tageslicht bringen konnten« kommentiert Norman Paech, Obmann der LINKEN im Untersuchungsausschuss. FDP-Kollege Max Stadler folgt ihm in der Einschätzung und ergänzt: »Mir wäre es freilich lieber, wenn man Zeugen direkt befragen könnte, statt auf die Arbeit von Medien angewiesen zu sein.« Doch derartige Versuche seien bislang immer gescheitert. Er würde es begrüßen, wenn der US-General Marks dem Ausschuss zur Verfügung stehen würde. Insgesamt versteht Stadler aber nicht, warum man die Arbeit der BND-Agenten »so herunter spielt«. Immerhin habe Deutschland den US-Krieg ja auch durch Gewährung von Überflugrechten und zahlreiche logistische Dienstleistungen unterstützt.

* Aus: Neues Deutschland, 15. Dezember 2008


Auszug aus einem Bericht von SPIEGLE-online

(...) Laut SPIEGEL-Informationen transferierte das BND-Duo insgesamt rund 130 Berichte samt Fotos und GPS-Daten über eine gesicherte Satellitenleitung in ihre deutsche Zentrale nach Pullach. Sie meldeten Sandsackstellungen, MG-Nester und baten, nachdem sie die Stellungen irakischer Truppen in der Nähe ihres eigenen Standorts gemeldet hatten, dringend darum, "dass man zur Bekämpfung dieser Truppen doch bitte Special Forces einsetzen möge und keine Raketen und erst recht keine Artillerie".

Anders als sie bis heute beteuern, wussten die beiden also offenbar genau, an wen ihre Berichte weitergereicht wurden. Über den Einsatz von Special Forces und Raketen entschied ausschließlich Centcom, das amerikanische Hauptquartier.

An Tag neun des Krieges meldeten die beiden: "Offiziersclub der Luftwaffe schwer getroffen, allerdings richten sich in den Trümmern Soldaten zur Verteidigung ein." Die Meldung ging am selben Tag noch nach Katar. Kurz darauf visierten die Amerikaner das Ziel erneut an, jedenfalls berichtete das "Sondereinsatzteam" (SET) am 1. April, der Offiziersclub der Luftwaffe sei "erneut getroffen und dem Erdboden gleichgemacht" worden. Auch dieser Schadensbericht ging am selben Tag um 11.28 Uhr weiter an Centcom. (...)

Quelle: BND versorgte US-Militärs mit entscheidenden Informationen zur Kriegsführung. In: SPIEGEL online, 13. Dezember 2008



»Helden« und Heuchler

Von René Heilig **

Man habe den BND-Informationen mehr vertraut als denen der CIA, sagt ein US-General, der seinen Soldaten den Weg nach Bagdad bahnen half. Er nennt die beiden BND-Leute, die in Saddams Hauptstadt für Bushs Truppen spionierten und von den USA ausgezeichnet wurden, »Helden«.

Halten wir uns nicht an Begriffen auf. Die wirken ohnehin hohl, wenn man weiß, dass die beiden BND-Spione auch hierzulande geehrt werden sollten, das Bundesverdienstkreuz jedoch nicht erhielten, weil das die politische Lage verkompliziert hätte. Doch was ist daran kompliziert? Die Regierung unter Schröder und Fischer spielte sich in Sachen Irak als Friedensmacht auf und unterstützten insgeheim Bush und seine Krieger, als die mal wieder versuchten, die politisch-ökonomische Weltkarte zu verändern.. »Deutschland« wollte mal wieder nicht abseits stehen, wenn Beute verteilt wird.

Man mag solche Heuchelei widerlich finden und Untersuchungsausschüsse einsetzen. Konsequenzen? Die, die weiter Nebelschwanden über ihre Irak-Kriegs-Beihilfe, ihr Wissen über Gefangenenflüge und Verschleppungen treiben, sind -- wie Steinmeier -- im Aufwärtstrend oder dürfen -- wie Schröder und Fischer -- Legenden stricken. Die dann brave Untertanen unterm Christbaum voller Unschuld lesen.

** Aus: Neues Deutschland, 15. Dezember 2008 (Kommentar)


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