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Alter Blackwater-Wein in neuen Xe-Schläuchen

Söldnerfirma bleibt mit neuem Namen in Irak

Von Karin Leukefeld *

Anders als ursprünglich vereinbart, wird die US-amerikanische Sicherheitsfirma Blackwater Irak nicht Mitte Mai verlassen. Das Unternehmen, das Anfang 2009 aus Imagegründen seinen Namen in »Xe« (sprich Zee) geändert hat, sollte eigentlich durch »Triple Canopy« ersetzt werden.

Die Regierung in Bagdad hatte Blackwater/Xe bereits Anfang 2008 eine Verlängerung der Arbeitserlaubnis verweigert. Doch nun heißt es im Washingtoner Außenministerium, dass »Xe« weiter in Irak bleiben und im Süden des Landes eingesetzt werden soll. Die Hubschrauber-Staffel des Sicherheitsunternehmens, die USA-Offizielle transportiert und Konvois schützt, soll mindestens bis September 2009 aktiv bleiben. Doch auch wenn ein neues Unternehmen den Vertrag übernehmen sollte, würde es vermutlich dieselben Leute einstellen, meint Alan Chvotkin vom »Professional Services Council«, der zentralen Personalvermittlungsstelle der USA-Regierung. Für »Triple Canopy« sei es »logisch«, Leute einzustellen, »die ausgebildet sind und sich auskennen« in Irak, und das seien eben Leute, »die schon für Blackwater gearbeitet haben«.

Hussein Jabbar, ein irakischer Rechtsanwalt, der bei einem Einsatz von Blackwater am 16. September 2007 auf dem Nisour-Platz in Bagdad schwer verletzt wurde, äußert sich angesichts des verzögerten Abzugs empört. »Die Leute von Blackwater sind Söldner, und die Regierung weiß das sehr genau«, meinte er und wirft Bagdad vor, nicht entschieden genug gegen das Unternehmen vorzugehen. Jabbar trägt noch immer Splitter im Körper nach dem Massaker, bei dem 14 Iraker getötet und 20 weitere teilweise schwer verletzt worden waren. Ein Blackwater-Kommando hatte damals versucht, den Nisour-Platz für die Durchfahrt eines US-amerikanischen Diplomatenkonvois zu sperren. Ohne Vorwarnung hatten die Männer wild um sich geschossen, angeblich, weil sie von Aufständischen bedroht worden seien.

Diese Darstellung stellte sich schnell als falsch heraus. Auf dem Platz, der nach dem Einsatz ein Bild der Verwüstung bot, lagen ausschließlich zivile Tote und Verletzte. Darunter auch der 78-jährige Vater des Elektrikers Khalid Ibrahim (40), der mit anderen Hinterbliebenen einen Prozess gegen die verantwortlichen Sicherheitskräfte anstrengte. »Diese Mörder müssen für ihr Verbrechen gegen unschuldige Zivilisten büßen«, sagte Ibrahim dem britischen »Guardian« anlässlich der Anklageeröffnung gegen sechs Blackwater-Mitarbeiter im Dezember 2008. Alle Angeklagten sind ehemalige US-Soldaten, vier von ihnen dienten bei der Eliteeinheit Marines.

Unklar ist, welches Recht für die Blackwater-Angestellten gilt. Obwohl sie de facto Aufgaben des Washingtoner Militärs in Irak ausführten, unterstehen sie als private Sicherheitskräfte nicht der militärischen Gerichtsbarkeit. Das zivile USA-Strafrecht sei ebenfalls nicht auf sie anzuwenden, argumentiert die Verteidigung, da das Unternehmen einen Vertrag mit dem Außenministerium für einen Auslandseinsatz gehabt habe.

Die irakische Regierung wollte die Männer ursprünglich vor ein irakisches Gericht stellen, was allerdings die Washingtoner Administration verhinderte. Inzwischen kümmere sich die irakische Regierung überhaupt nicht mehr um die Rechte der Opfer vom Nisour-Platz, meint der Lehrer Samir Hobi, der bei der Schießerei vor zwei Jahren ebenfalls verletzt wurde. »Niemand interessiert sich überhaupt noch für den Fall.«

Anfang 2008 hatte die irakische Regierung noch erklärt, jede ausländische Sicherheitsfirma müsse nach dem Ende ihrer Vertragszeit das Land verlassen, es sei denn, sie hätte eine Sondergenehmigung. Ob Blackwater/Xe eine solche Genehmigung besitzt, ist unklar. Loren Thompson, Verteidigungsexperte vom Lexington Institut in Arlington, weist darauf hin, dass innenpolitische Macht und die Souveränität einer Regierung erforderlich wären, um ein Verbot von Sicherheitsfirmen wie Blackwater/Xe in Irak durchzusetzen: »Seien wir ehrlich: Sie sind noch nicht ganz ihre eigenen Herren.«

* Aus: Neues Deutschland, 27. April 2009


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