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"Privates" Blutbad in der Stadt Mansur

Sicherheitsleute von Blackwater schossen wild in die Menge / Elf Iraker starben

Von Karin Leukefeld *

Die Iraker haben bereits viele üble Erfahrungen mit ausländischen Sicherheitsfirmen machen müssen. Das Blutbad, das Blackwater anrichtete, gehört zu den schlimmsten.

Einen Tag, nachdem Söldner der US-Firma Blackwater elf Iraker getötet haben, hat die irakische Regierung der Firma die Lizenz entzogen und eine Untersuchung eingeleitet. Die Angestellten von Blackwater, die in die Schießerei verwickelt gewesen seien, würden strafrechtlich verfolgt, erklärte Brigadegeneral Abdel Karim Khalaf vom irakischen Innenministerium.

Nach Angaben der US-Botschaft in Bagdad haben die Männer einen Konvoi des USAußenministeriums begleitet, als in Mansur, im Westen Bagdads, eine Mörsergranate in unmittelbarer Nähe eingeschlagen sei. Die Söldner hätten umgehend das Feuer eröffnet und wild um sich geschossen, berichteten Augenzeugen Mitarbeitern der Nachrichtenagentur AFP. Die USBotschaft erklärte, man sei noch dabei, die tatsächlichen Geschehnisse aufzuklären. Es sei unklar, ob Mitarbeiter von Blackwater oder von anderen Sicherheitsfirmen überhaupt strafrechtlich in Irak verfolgt werden könnten.

Innenminister Jawad al-Bolani äußerte sich im Fernsehsender Al Arabia zornig über den Vorfall. Ausländische Firmen »müssen die irakischen Gesetze und das Recht der Iraker auf Unabhängigkeit in ihrem eigenen Land respektieren«, sagte er. »So etwas ist mehr als einmal passiert, wir können doch nicht unseren Mund halten.«

In den vergangenen Jahren haben Iraker leidvolle Erfahrungen mit ausländischen Söldnern gemacht, die nicht nur zum Schutz von internationalen und irakischen Firmen und Politikern eingesetzt werden, sondern auch des US-Militärs. So werden beispielsweise Treibstofftransporte immer von privaten Sicherheitskräften begleitet. »Erst schießen, dann fragen, wenn überhaupt«, laute deren Devise, meint der irakische Bankangestellte Rafid K., der in Bagdad-Karrada wohnt. Die Fahrzeuge der Sicherheitsfirmen seien erkennbar an den Schusswaffen, die aus den Fenstern ragten. Sobald man sie sehe, gehe man lieber aus dem Weg. Nähere sich aus Versehen jemand zu sehr diesen Wagen, werde sofort geschossen.

Nachdem im März 2004 in Falludscha vier Blackwater-Mitarbeiter von einer aufgebrachten Menge getötet und an einer Brücke aufgehängt worden waren, startete die US-Armee ihren ersten großen Angriff auf die Stadt. Blackwater ist nach Auskunft von José Luis Gomez del Prado von den Vereinten Nationen in Bagdad nur eine von 160 Sicherheitsfirmen, die heute in Irak operieren. Del Prado schätzt deren Mitarbeiter auf etwa 40 000. Mehr als 400 der Söldner seien seit 2003 getötet worden.

Der US-Journalist Jeremy Scahill bezeichnet Blackwater als die »mächtigste Söldnerarmee der Welt«. Die »privaten Soldaten« seien direkt nach der Invasion 2003 durch den USBesatzungsverwalter Paul Bremer eingestellt und per Dekret für straffrei erklärt worden. Sie hätten ausdrücklich die Erlaubnis, »tödliche Gewalt« anzuwenden. Blackwater sicherte sich in Irak seit 2003 Aufträge im Wert von 109 Millionen US-Dollar.

* Aus: Neues Deutschland, 19. September 2007

Mörder AG des Tages: Blackwater

Im Zeitalter der »Reformen« werden nicht nur Sozialversicherungen, Verkehrswege, Wasser und Müllabfuhr privatisiert, sondern auch der Krieg. Die US-Firma Blackwater ist eines der größten Unternehmen für »Sicherheit« weltweit. Aus den US-Kriegen seit 1990 zog sie besonderen Nutzen, existiert sie doch in schöner Symbiose mit dem US-Ölindustrie-Konzern Halliburton, der ehedem vom amtierenden US-Vizepräsidenten Cheney geleitet wurde. Wo US-Truppen ein Land durch Massakrieren der Bevölkerung befreien, sind Halliburton und Cheney nicht weit, und Blackwater erledigt das, was die regulären Streitkräfte nicht erledigen können. Allein im Irak hat Blackwater derzeit ungefähr 1000 Söldner sowie eine Hubschrauberflotte und und führt, laut Spiegel Online, als eine von drei Sicherheitsfirmen Aufträge der US-Regierung im Wert von mindestens 800 Millionen US-Dollar aus.

Am Sonntag kostete solch ein Auftrag acht Passanten in Bagdad das Leben, 13 wurden verletzt. Blackwater-Söldner, die offenbar im Auftrag des US-Außenministeriums unterwegs waren, feuerten wahllos auf Menschen, nachdem in der Nähe ihres Konvois Granaten eingeschlagen waren. Die erste Reaktion selbst der irakischen Marionettenregierung war: Es reicht. Sie entzog Blackwater die Lizenz. Am Dienstag war bereits unklar, ob sie das überhaupt durfte. AP meldete: »Blackwater erklärte am Firmensitz im US-Staat North Carolina, noch nicht von der Entscheidung benachrichtigt worden zu sein... Ein Sprecher des amerikanischen Außenministeriums wandte sich gegen voreilige Schlußfolgerungen und sagte, es sei noch nicht sicher, wer für den Zwischenfall verantwortlich gewesen sei.« Die Prognose lautet: Bevor nicht das Renditeziel von Blackwater bzw. das des US-Vizepräsidenten erreicht ist, wird sich das leider nicht klären lassen. (asc)

(junge Welt, 19.09.2007)




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