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Die Zeit wird knapp - "Aktionsfahrplan" der Friedensbewegung gegen den Krieg

Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zur jüngsten Entwicklung im Irakkonflikt

Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag zur jüngsten Entwicklung im Irak-Konflikt.

  • UN-Waffeninspektionen im Irak erfolgreich
  • USA bringen die Welt gegen sich auf
  • Friedensbewegung nutzt die zehn Tage
  • Am 14. März: Arbeitsniederlegungen in Europa
  • Weltweiter Aktionstag am 15. März
  • Tag X (Kriegsbeginn)
Der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Peter Strutynski, erklärt zur drohenden Kriegsgefahr und zu den Aktivitäten der Friedens- und Gewerkschaftsbewegung:

Auch der dritte Bericht des UN-Chefinspekteurs für den Irak, Hans Blix, hat der US-Regierung keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, die Waffeninspektionen für gescheitert zu erklären und einen Krieg zu beginnen. Im Gegenteil: Obwohl Umfang und Tempo der Waffenkontrollen zugenommen haben, konnten keine wirklich ernsthaften Verstöße Iraks gegen die UN-Resolution 1441 (2002) festgestellt werden. Nach Aussagen der Waffeninspekteure hat sich auch die Kooperationsbereitschaft der irakischen Seite beträchtlich erhöht und konnten mit der Zerstörung der Al-Samoud-2-Raketen weitere Fortschritte bei der Entwaffnung des Irak erzielt werden.
Die Friedensbewegung hofft, dass die Inspektionen solange weiter geführt werden können, bis auch die letzten Zweifel darüber ausgeräumt sind, dass der Irak seinen Nachbarn militärisch gefährlich werden könnte. Des Weiteren fordert die Friedensbewegung, dass die Waffeninspektionen im Irak weltweit Schule machen. Das Aufspüren verbotener Waffen - und die Herstellung und der Besitz von Bio- und Chemiewaffen ist durch internationale Konventionen verboten - muss zu einem allgemeinen Prinzip der Vereinten Nationen erhoben und auch in solchen Staaten durchgesetzt werden, die sich solchen Kontrollen bisher verschließen.

Die unnachsichtige Haltung der US-Administration in der Irakfrage stellt eine ernste Gefahr für den Weltfrieden und für den Bestand der Vereinten Nationen dar. Selten zuvor waren die USA so isoliert wie heute. Während die Weltöffentlichkeit, die großen Religionsgemeinschaften, die großen Gewerkschaftsbünde und die meisten Regierungen einen Krieg gegen Irak für falsch, gefährlich und völkerrechtswidrig halten, wollen die USA und eine kleine "Koalition der Willigen" ihren Kriegskurs dem Rest der Welt aufzwingen. Sollte es zum Angriffskrieg gegen den Irak kommen, wird das die Welt in einem dramatischen Ausmaß gegen die USA und ihre Verbündeten aufbringen. Der Angriff richtet sich gleichzeitig gegen die Vereinten Nationen und das in der UN-Charta kodifizierte allgemeine Gewaltverbot.
Die Friedensbewegung ruft zur Verteidigung der Vereinten Nationen und der Prinzipien des Völkerrechts auf. Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats dürfen den Drohungen und Verlockungen der US-Regierung nicht nachgeben, sondern müssen ihre Entscheidung unabhängig von Pressionen treffen können. Nach Artikel 50 bis 52 des "Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge" sind internationale Vereinbarungen nichtig, wenn sie durch "Bestechung" oder "Zwang" zustande kommen.

Die von der US-Administration ins Spiel gebrachte 10-Tages-Frist, innerhalb deren der Irak offengelegt haben soll, was die US-Regierung behauptet, bedeuten eine bedrohliche Zuspitzung der Lage. Dieser Zeitraum muss auch von der weltweiten Friedensbewegung genutzt werden, um den Druck auf Washington und London weiter zu erhöhen und den Kriegstreibern in letzter Minute doch noch in den Arm zu fallen.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag begrüßt in dem Zusammenhang ausdrücklich den Beschluss des Europäischen Gewerkschaftsbundes vom 7. März, als Form des Protestes gegen den drohenden Krieg am 14. März gegen Mittag zu Arbeitsunterbrechungen ("work stoppages") aufzurufen. Die Friedensbewegung hier zu Lande wird überall versuchen, dieser Forderung Nachdruck zu verleihen und den betrieblichen Aktionen zum Erfolg zu verhelfen.

Am 15. März werden in den USA und in Großbritannien wieder Millionen Menschen gegen den Kriegskurs ihrer Regierungen protestieren und auf die Straße gehen. Die Friedensbewegung in Deutschland wird - zusammen mit Friedensbewegungen in ganz Europa und auf anderen Kontinenten - an diesem Tag ihre Solidarität mit den anglo-amerikanischen Antikriegskräften bekunden. Ähnlich wie am 15. Februar, als Millionen von Menschen weltweit gegen den Krieg demonstriert haben, soll auch diesmal die neue "Internationale des Friedens" ihren Friedenswillen bekunden. In Deutschland werden in zahlreichen Städten sowie an US-Militäreinrichtungen Kundgebungen und Aktionen durchgeführt.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag ruft die Friedensbewegung überall im Land dazu auf, solche Aktionen vorzubereiten. Es könnte die letzte Chance sein, den breitesten Protest gegen den Krieg noch vor dessen Beginn zu organisieren.

Die Friedensbewegung muss leider auch einkalkulieren, dass alle Proteste und Anstrengungen der Weltöffentlichkeit, diesen Krieg doch noch zu verhindern, nicht zum gewünschten Erfolg führen. Für diesen Fall werden die Aktivitäten aber keineswegs abnehmen. Es herrscht Einverständnis, dass an dem Tag, an dem der Krieg beginnt, im ganzen Land die Menschen in ihren Orten an jeweils zentralen Plätzen zusammenkommen und ihre Betroffenheit und Wut über den Krieg auszudrücken. Die entsprechenden Aktionen (von der Mahnwache bis zur Demonstration und Kundgebung) finden im Zeitraum von 17 bis 19 Uhr statt. Vereinbart ist auch, dass an dem dem Kriegsbeginn folgenden Samstag Großdemonstrationen und -kundgebungen in allen Regionen Deutschlands stattfinden werden.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag wird im Fall eines Krieges den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, jegliche materielle Unterstützung für den US-Krieg einzustellen (z.B. keine Überflugrechte für US-Militärmaschinen, keine Nutzung der US-Militärbasen auf deutschem Boden für den Krieg). Das Nein der Bundesregierung zum Irakkrieg darf nicht durch die Hintertür zu einem Ja umgemünzt werden.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Kassel (Sprecher)
Kassel, den 10. März 2003


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