Sicherheitsrat bestätigt Ende des UN-Mandats in Irak
Streit im Bagdader Parlament um ausländische Truppen
Von Karin Leukefeld *
Einstimmig hat der UN-Sicherheitsrat nach fast sechs Jahren das Ende des
UN-Mandats für Irak beschlossen. Die 15 Mitglieder des Gremiums folgten
damit einem Antrag der USA und Großbritanniens.
Der irakische Außenminister Hosjar Sebari zeigte sich jetzt in New York
hoch erfreut und erklärte, die
Entscheidung des UN-Sicherheitsrates markiere einen »Wendepunkt und das Ende einer wichtigen Ära« für sein Land. Unklar ist allerdings, wie Irak mit den noch verbliebenen ausländischen Truppen verfahren wird, die - anders als die USA - kein bilaterales Abkommen abgeschlossen haben.
Großbritannien hat noch 4100 Soldaten im südirakischen Basra, die
allerdings bis Mitte 2009 abgezogenen werden sollen. Lediglich 400
Soldaten werden mit Zustimmung der irakischen Regierung bleiben, um
Sicherheitsaufgaben für britische Diplomaten zu übernehmen und bei der
Ausbildung der irakischen Armee zu helfen. Australien hat noch 1000
Soldaten stationiert, Rumänien 500, El Salvador 200 und Estland 40.
Japan hatte seine militärische Unterstützung für die ausländische
Truppenpräsenz ebenso wie Südkorea bereits Mitte Dezember für beendet
erklärt.
Dem irakischen Parlament wurde nun Anfang der Woche eine Gesetzesvorlage
zur Abstimmung vorgelegt, die den Abzug dieser Soldaten bis Mitte 2009
regeln soll. Ebenso wie das bilaterale Abkommen und Truppenstatut SOFA
zwischen den USA und Irak ist auch diese Gesetzesvorlage im Parlament
umstritten. Während die Abgeordneten der oppositionellen Sadr-Bewegung
aus grundsätzlichen Gründen wie bei den US-Soldaten auch für die anderen
den sofortigen Abzug nach Ablauf des UN-Mandats fordern, wollen andere
Abgeordnete, dass mit den jeweiligen Staaten ebenso »strikte
Vereinbarungen« getroffen werden wie mit Washington. Der Status fremder
Truppen im eigenen Land könne nicht per Gesetz, sondern müsse durch
bilaterale Abkommen geregelt werden, so die Kritik.
Die Parlamentsdebatte am Montag (22. Dez.) verlief dann jedoch aus einem anderen
Grund turbulent. Abgeordnete der Sadr-Bewegung brachten einen
Dringlichkeitsantrag ein und forderten, statt über die Gesetzesvorlage
zunächst über die Festnahme des irakischen Journalisten Muntader
al-Saidi zu diskutieren. Al-Saidi hatte am Wochenende mit dem Wurf
seiner Schuhe auf US-Präsident George W. Bush bei einer Pressekonferenz
die Herzen seiner irakischen Mitbürger erobert und Weltruhm erlangt.
Berichten seiner Angehörigen zufolge war er nach der Festnahme
geschlagen und misshandelt worden. Bei dem Verfahren, das am
Neujahrsabend beginnen soll, drohen ihm 15 Jahre Haft.
Parlamentssprecher Mahmud Mashhadani, bekannt für seine cholerischen
Anfälle und Beleidigungen gegenüber Abgeordneten, verlor offenbar die
Beherrschung über den Antrag der oppositionellen Parlamentarier und
beschimpfte sie laut Ohrenzeugen, als »Hundesöhne«. Wegen seines
ungebührlichen Verhaltens hatten zuvor schon 54 Abgeordnete per Antrag
eine Debatte über die Absetzung des Parlamentssprechers gefordert. Der
reagierte wie gewohnt ungehalten und fuhr einen der Antragsteller, einen
Kurden, an: »Nicht Sie bestimmen mein Schicksal hier in Bagdad, gehen
Sie zurück nach Erbil!« Man werde solange nicht über den Status der
anderen ausländischen Truppen diskutieren, solange »das Thema Mashhadani
nicht gelöst ist«, erklärte der Führer der Nationalen Irakischen Liste
im Parlament, Scheich Jamal al-Butikh. Er machte gleichwohl klar, dass
der Abzug der ausländischen Truppen noch rechtzeitig vor Jahresende
geregelt werde.
* Aus: Neues Deutschland, 24. Dezember 2008
Zurück zur Irak-Seite
Zurück zur Homepage