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Trauer, Wut, Widerstand - Stellungnahmen zum Kriegsbeginn

Teil 1: Erklärungen aus der Friedensbewegung und von Menschenrechtsorganisationen

Im Folgenden dokumentieren wir eine Reihe von Stellungnahmen und Presseerklärungen zum Beginn des Angriffs auf den Irak. Zu Wort kommen folgende Initiativen bzw. Organisationen:
  • "Aktionsbündnis 15. Februar - gegen den Irakkrieg"
  • Bundesausschuss Friedensratschlag
  • Attac
  • IPPNW
  • Ak Darmstädter Signal
  • terre des hommes
  • amnesty international


Aktionsbündnis 15. Februar - gegen den Irakkrieg

Presseerklärung

Am Tag des Kriegsbeginns fordert die Friedensbewegung:
Schluss mit dem Krieg!
Keine deutsche Beteiligung an diesem Krieg!

Die Sprecher des bundesweiten "Aktionsbündnisses 15. Februar - gegen den Irakkrieg" erklären nach Kriegsbeginn:
Die Welt befindet sich im Krieg. Das Völkerrecht wurde gebrochen. Die Vereinten Nationen haben schweren Schaden genommen.

Tausende unschuldige Menschen sind tot oder werden sterben. Abertausenden droht die Zerstörung ihrer Existenzgrundlage. Die Nahostregion kann in ein Chaos gewalttätiger Auseinandersetzungen stürzen. Hass und Ausweglosigkeit werden weiter wachsen.

Eine friedliche Abrüstung des Irak entsprechend der UN-Resolution 1441 wäre möglich gewesen. Die US-Regierung hat den UN-Inspekteuren keine Chance gegeben. Mit Millionen und Abermillionen Menschen, die sich in bisher nicht bekanntem Umfang für den Frieden engagierten, konnte die weltweite Friedensbewegung diesen Krieg nicht verhindern. Das erschüttert uns und stimmt uns traurig. Für die Friedensbewegung wird es darauf ankommen, Resignation und Mutlosigkeit gar nicht erst aufkommen zu lassen. Immerhin haben wir erreicht, dass die Kriegstreiber weitgehend isoliert sind und ihre Lügen über ihre Motive von vielen Menschen durchschaut werden.

Die Friedensbewegung wird überall und bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf hinwirken, diesen Krieg schnellstens zu beenden, damit weitere sinnlose Opfer vermieden werden. Und wir werden darauf hinarbeiten, dass die Regierung der USA die in Vorbereitung befindlichen weiteren Angriffskriege gegen sog. "Schurkenstaaten" aufgibt.

Bei dem nun ohne UN-Mandat beginnenden Krieg handelt es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Ein solcher Krieg ist nach Art. 26 Abs. 1 des Grundgesetzes verboten. Nach § 80 des Strafgesetzbuches, Besonderer Teil (Friedensverrat) wird die Beteiligung an einem solchen Krieg unter Strafe gestellt. Strafanzeigen wegen Verfassungsbruch werden von einzelnen Initiativen vorbereitet bzw. sind bereits eingereicht worden.

Wir haben die Haltung der Bundesregierung gegen den Irakkrieg unterstützt. Wir haben aber auch gesagt, dass dem Nein zum Krieg auch entsprechende Taten folgen müssten. In dieser Situation erwarten wir von der Bundesregierung folgende Maßnahmen:

Sofortiger Rückzug aller Bundeswehreinheiten aus der Krisenregion, von der Türkei bis zum Horn von Afrika! Entzug der Überflug- und Landerechte für am Krieg beteiligte Militärmaschinen! Keine Nutzung der US-Militärbasen auf deutschem Boden für den Irakkrieg! Rückzug der deutschen Soldaten aus den AWACS-Besatzungen!

Vielfältige Aktionen in allen Städten am heutigen Tag des Beginns des Angriffskrieges haben schon stattgefunden oder werden noch stattfinden. Am Samstag werden in den größeren Städten der Bundesrepublik große Demonstrationen und Kundgebungen durchgeführt. Der Friedensbewegung geht es darum, die politische Meinungsmehrheit gegen den Krieg (80 %) zu einer Handlungsmehrheit zu motivieren. Nicht die Kriegsgegner sind isoliert, sondern die Kriegsbefürworter müssen weiter isoliert werden. Es geht darum, neue Kreise für die aktive Friedensarbeit zu gewinnen. Schüler- und Studenteninitiativen, Kommunalpolitiker, Künstler, Sportler und vor allem Gewerkschafter.

Wichtig bleibt es, den internationalen Charakter der Friedensarbeit zu verstärken. Dazu sollen die bestehenden internationalen Kontakte ausgeweitet werden. Redner aus den USA und europäischen Ländern sind eingeladen. Mit einer zentralen Aktion wird am Samstag, 29. März 2003 entlang der Rhein-Schiene eine internationale Menschenkette gegen den Krieg gebildet werden.

Für das "Aktionsbündnis 15. Februar - gegen den Irakkrieg":

Kathrin Vogler,
Laura von Wimmersperg,
Jens-Peter Steffen,
Peter Strutynski

Bundesausschuss Friedensratschlag

Pressemitteilung
  • "Trauer und Wut"
  • Protestaktionen heute, weitere Demonstrationen am Samstag
  • Aufforderung an Bundesregierung: Kriegsbeteiligung stoppen


Mit "Trauer und Wut", so ein Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlags, reagiert die Friedensbewegung auf den Krieg, den die USA heute morgen mit Luftangriffen auf Bagdad begonnen haben.
Trauer um die Menschen im Irak, die diesem Krieg zum Opfer fallen werden,
Trauer um die Menschen in der Region, die mit neuen Flüchtlingswellen aus dem Irak, möglicherweise sogar mit Vertreibungen aus den Palästinensergebieten zu rechnen haben,
Trauer um den Zustand der internationalen Organisationen und der Weltpolitik, die nicht die Mittel und die Macht haben, einen solchen Angriffskrieg zu verhindern.
Wut über die Arroganz der einzigen Supermacht USA und deren Regierung, die sich über die öffentliche Meinung und die Mahnungen der Regierungen dieser Welt hinwegsetzt,
Wut auch über die politischen Kräfte hier zu Lande, die den USA in blinder Gefolgschaft jeden Völkerrechtsbruch und - so ist zu erwarten - jedes Kriegsverbrechen durchgehen lassen.

Trauer darf nicht zur Resignation, Wut nicht zur Verzweiflung führen. Daher wird die Friedensbewegung die seit Wochen laufenden Friedensaktionen gezielt und dosiert fortsetzen.

Die Empörung über den Angriffskrieg gegen Irak führt am ersten Kriegstag bereits Hunderttausende Menschen in unzähligen Städten Deutschlands zu spontanen Protestveranstaltungen zusammen. Bereits vor Schulbeginn wurden an zahlreichen Schulen Flugblätter verteilt und erste Demonstrationen gestartet. Im Laufe des Vormittags kommt es im ganzen Land zu Schülerstreiks mit anschließenden Demonstrationen. Zwischen 17 und 19 Uhr finden überall an zentralen Plätzen Protestkundgebungen, Mahnwachen und/oder Demonstrationen statt. Nach vorläufigen Übersichten sind mehr als 300 Orte beteiligt. Vielerorts werden Kirchenglocken geläutet und die Menschen zu Friedensgebeten in die Kirchen eingeladen. Der Bundesausschuss Friedensratschlag rechnet damit, dass mehrere hunderttausend Menschen sich an diesen Protesten und Gebeten beteiligen werden.

Der Bundesausschuss Friedenratschlag, der die Haltung der Bundesregierung gegen den Irakkrieg immer begrüßt, immer aber als nicht ausreichend bezeichnet hat, fordert von Berlin nun klare Taten gegen den Krieg. Der Krieg ist ein völkerrechtswideriger Angriffskrieg und auch nach Art. 26 des Grundgesetzes verboten. Dies erfordert von der deutschen Regierung,
  • den USA die Überflugrechte zu entziehen,
  • ihnen die Nutzung der US-Stützpunkte auf deutschem Boden nicht mehr zu gewähren,
  • die deutsche Soldaten aus den AWACS-Besatzungen zurückzuziehen,
  • die deutschen Spürpanzer aus Kuwait zurückzurufen.
Das Nein zum Krieg muss eindeutig sein und darf keine Hintertüren offen lassen. Deutschland darf nicht zur faktischen Kriegspartei werden. Jede direkte oder indirekte Kriegsbeteiligung, jede Kriegsbegünstigung muss gestoppt werden.

Auf Bundesebene war zwischen vielen Friedensorganisationen vereinbart worden, dass am Samstag nach Kriegsbeginn im ganzen Land weitere Großdemonstrationen stattfinden werden. Auch hierzu wird mit einer großen Beteiligung gerechnet.

Kassel, den 20. März, 9.30 Uhr

Attac verurteilt Militärschlag der USA

"Das Recht des Stärkeren"

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der USA und ihrer Vasallen gegen den Irak scharf. Trotz einer internationalen Front gegen den vermeintlichen "Präventivschlag" und weltweitem Widerstand in der Bevölkerung hat sich das Recht des militärisch Stärkeren durchgesetzt. Das Vorgehen der Aggressoren folgt einer zweifelhaften Logik: Nachdem der Irak von den UN-Inspektoren erfolglos nach Massenvernichtungswaffen durchsucht wurde, überrollt nun die amerikanisch-britische Militärmaschinerie das Land.

"Attac sieht den Angriff auf den Irak nur als Anfangsglied einer Kette weiterer "Maßnahmen" der US-Regierung, mal gegen den internationalen Terror, mal zur Entmachtung grausamer Despoten, mal zur Demokratisierung," sagt Barbara Fuchs von der AG Globalisierung und Krieg. "Die austauschbaren Argumente lassen jedoch auf eine ökonomische Motivation schließen." Hinzu kommt, dass die Bush-Regierung mit missionarischer Rhetorik als Erlöser auftritt - "wir werden Anderen den Frieden bringen" - und somit Teile der arabischen Bevölkerung den Krieg gegen den Irak als einen Krieg gegen den Islam betrachten.

In Nordkorea, aber auch in anderen Regionen, setzt die Bush-Regierung hingegen auf Diplomatie. Obwohl Attac die Gräuel Saddam Husseins in keinster Weise entschuldigt, darf in derlei Konfliktsituationen nicht mit zweierlei Maß gemessen werden, um den Eindruck von Ungerechtigkeit in der Weltbevölkerung nicht zu verstärken. Auch im Irak waren die Mittel der Diplomatie, des internationalen Drucks und der Waffeninspektionen noch nicht ausgereizt, wie Chefinspektor Blix bestätigt. Zynisch klingt in dieser Hinsicht die Vorwegnahme von "Kollateralschäden" (Unwort des Jahres 1999), die es auch in diesem Krieg geben wird und über deren Ausmaße man nur spekulieren kann.

ATTAC ruft auf zu Widerstand gegen den Krieg mit Protestkundgebungen, Schüler- und Studentenstreiks, Schweigemärschen, Mahnwachen und zivilem Ungehorsam. Bundesweit sind heute zwischen 17 und 19 Uhr dezentrale Aktionen und Kundgebungen angekündigt. "Gerade jetzt, wo die Friedensbewegung erstarkt ist, gilt es, all unsere Kräft zu mobilisieren und nicht in Apathie zu verfallen", bekräftigt Barbara Fuchs.

Von der Bundesregierung fordert Attac, den Krieg weder logistisch noch finanziell zu unterstützen, den USA und Großbritannien die Überflugrechte zu verweigern, keine Bundeswehrsoldaten für AWACS-Aufklärer bereitzustellen und die deutschen ABC-Spürpanzer aus Kuwait abzuziehen.

Der Vorstand der IPPNW erklärt

Der Krieg gegen den Irak ist völkerrechtswidrig!

Das militärische Vorgehen der USA und ihrer Verbündeter gegen den Irakverstößt ohne legitimierende Sicherheitsratresolution nach Kapitel VII der UN-Charta gegen das Gewaltverbot der UN-Charta und ist damit völkerrechtswidrig.

Zudem können weder die bisherige UN-Resolution 678 vom November 1990, die bewaffnete Gewalt zur Befreiung Kuwaits sanktionierte, noch die Waffenstillstandsresolution 687 vom April 1991, noch Resolution 1441 vom November 2002 zur Legitimation des Angriffskrieges auf den Irak herangezogen werden.

Schon gar nicht kann die Berufung auf Artikel 51 der UN-Charta, der das Recht auf Selbstverteidigung "im Falle eines bewaffneten Angriffs" erklärt, den Krieg rechtfertigen. Deutschland und die deutsche Regierung sind nach Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes an "Recht und Gesetz" und durch Artikel 25 "an die allgemeinen Regeln des Völkerrechts" gebunden.

Ein illegitimer militärischer Angriff der USA und Großbritanniens gegen den Irak ist daher zugleich als unzulässiger Angriffskrieg im Sinne des Grundgesetzes einzustufen. Daran darf sich die Bundesrepublik Deutschland laut Artikel 26 des Grundgesetzes in keiner Weise beteiligen. Das gilt sowohl für die Überflugrechte und die Nutzung der US-Basen in Deutschland als auch für eine Beteiligung an AWACS-Flügen, soweit diese kriegsrelevant sind. Es betrifft aber auch das deutsche Abstimmungsverhalten in Nato-Gremien und die Unterstützung von Bündnispartnern.
Das Grundgesetz verbietet unter Strafandrohung die Androhung, Vorbereitung und Beteiligung an einem Angriffskrieg. Völkerrechtliche Verträge, die die Unterstützung eines Angriffskrieges verlangen, sind nichtig. Auch der Nato-Vertrag und die Stationierungsabkommen erkennen den Vorrang der UN-Charta an. Zudem kann laut Artikel 11 des Nato-Vertrages kein Land gezwungen werden, gegen sein eigenes Verfassungsrecht zu verstoßen.

Der Vorstand der IPPNW fordert daher die Bundesregierung auf
  • in der UN-Generalversammlung darauf hinzuwirken, das Verhalten der USA und ihrer Verbündeter einer gerichtlichen Prüfung durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu unterziehen,
  • den USA und ihren Verbündeten keine Überflugrechte zu gewähren, die Nutzung ihrer Militärbasen auf deutschen Boden zur Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges zu untersagen und,
  • sich in bündnispolitischen Zusammenhängen verfassungskonform zu verhalten,
  • die Fuchs-Spürpanzer aus Kuwait und die Flottenverbände vor dem Horn von Afrika zurückzuordern.
Der Vorstand der IPPNW ruft die Mitglieder der IPPNW dazu auf, ihren Widerstand gegen den Irakkrieg in allen geeigneten gewaltfreien Formen noch zu steigern. Die IPPNW unterstützt die Kampagne "resist".

Berlin, der 20.März 2003

Soldaten verurteilen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Irak.

Die über 100 aktiven und ehemaligen Offiziere und Unteroffiziere des Ak DARMSTÄDTER SIGNAL (Ak DS) verurteilen den von den Vereinigten Staaten und Großbritannien ohne UN-Mandat geführten Angriffskrieg gegen Irak! Wir sind erleichtert, dass die Bundes- regierung diesen Krieg von Anfang an abgelehnt hat und deutschen Soldaten nicht auferlegt, an einem völkerrechtswidrigen - und völlig unnötigen - Angriffskrieg teilzunehmen!

Wir sind besorgt besonders um die Sicherheit unserer Kameraden in Afghanistan und in Kuweit und hoffen, dass die zu erwartende Zunahme des weltweiten Terrors den humanitären Friedenseinsatz in und um Kabul nicht behindert. Um Verwicklungen deutscher Soldaten in diesen Krieg auszuschließen, fordern wir,
  1. deutsche Soldaten aus den AWACS-Maschinen im Luftraum des Südostens der Türkei abzuziehen. Diese NATO-AWACS-Maschinen werden auch nicht mehr benötigt, weil bereits jetzt AWACS-Maschinen der US-Luftwaffe im selben Luftraum zur Luftraum- überwachung und zur Kampfführung eingesetzt werden.
  2. die ABC-Spürpanzer in Kuweit und die Marineeinheiten von der Ostküste Afrikas zurückzubeordern, da sie der Terrorismusbekämpfung ohnehin nicht dienen, aber in den Irakkrieg hineingezogen werden könnten.
  3. die Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten zum Schutz amerikanischer Militär- einrichtungen sofort zu beenden. Wer rechtswidrig Krieg führt, muss sich gegen die daraus zusätzlich erwachsenden Sicherheitsprobleme selbst schützen!
Wir bestärken die Bundesregierung in ihrer Politik, den notwendigen, schwierigen Prozess europäischer Einheit fortzusetzen und alles zu tun, um den Einfluss der UNO zu stärken.

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die UNO bei der humanitären Hilfe in der irakischen Kriegszone unterstützt. Mit Nachdruck fordern wir, die Reparatur der materiellen Schäden im Irak denen zu überlassen, die diese Schäden rechtswidrig herbeibomben!

Zum Irak-Krieg erklärt die US-Regierung: „Das diplomatische Fenster hat sich geschlossen.“ Wir Soldaten stellen dazu fest: „Die Schleusen der politischen Unvernunft sind weit geöffnet; politischer Schaden, rechtswidrige Militärgewalt und viel Blut von Unschuldigen strömen aus. Die US-Regierung hat die Prüfung nicht bestanden, sich als einzige militärische Weltmacht internationalem Recht unterzuordnen!“ Wir wiederholen unsere grundsätzliche Position: „Frieden mit Waffen erzwingen zu wollen ist eine gefährliche Illusion!“

20. März 2003

terre des hommes verurteilt Krieg gegen den Irak

Keine Beteiligung an Hilfsmassnahmen unter Aufsicht der Kriegsparteien

Osnabrueck, 20. Maerz 2003 - Das entwicklungspolitische Kinderhilfswerk terre des hommes verurteilt den Krieg gegen den Irak als Niederlage der Humanitaet und der politischen Vernunft.
“Der nun begonnene Krieg entzieht jeglicher politischen Loesung des Irak-Konflikts die Grundlage. Offenbar wird militaerische Gewalt zu einem akzeptablen Prinzip der Austragung von Konflikten.
Die Opfer dieses Prinzips sind die Zivilisten, die Hauptleidtragenden jeden Krieges”, so Wolf-Christian Ramm, Pressesprecher von terre des hommes. Es sei deprimierend, so Ramm, dass die weltweit geaeusserte millionenfache Ablehnung dieses Krieges die USA und ihre Verbuendeten nicht von ihrem Kurs abgebracht haetten. terre des hommes appelliert an die Nachbarlaender des Irak, gemaess den Richtlinien der Genfer Konvention ihre Grenzen fuer die Fluechtlinge zu oeffnen.

Im Unterschied zu anderen Hilfsorganisationen wird terre des hommes Deutschland keine Projekte im Irak oder den angrenzenden Regionen aufbauen. “Wir verfuegen dort nicht ueber Strukturen und Partner, mit denen wir Hilfsmassnahmen durchfuehren koennten. Damit entfaellt fuer uns die Voraussetzung, schnell und unbuerokratisch qualifizierte Hilfe zu leisten. Angesichts dieser Tatsache empfaenden wir eigene Spendenaufrufe als unserioes”, so Wolf-Christian Ramm. terre des hommes kritisiert die informelle Arbeitsteilung zwischen dem US-dominierten Militaer und den in der Region taetigen humanitaeren Organisationen. “Als unabhaengiges Hilfswerk halten wir es fuer problematisch, wenn humanitaere Organisationen unter der Aufsicht einer Kriegspartei eine Rolle bei der Betreuung der Kriegsopfer und beim Wiederaufbau des Landes zugewiesen bekommen”, so Ramm weiter.Die Hilfe fuer Kinder in Kriegen und bewaffneten Konflikten ist und bleibt ein Arbeitsschwerpunkt von terre des hommes. terre des hommes foerdert in Kolumbien, Burma oder Indonesien zahlreiche Projekte, die darauf abzielen, Kindern und Jugendlichen in einer Atmosphaere von Gewalt und Buergerkrieg eine Zukunft zu bieten.

amnesty international

Angriff auf den Irak
Krieg bedroht die Menschenrechte von Millionen von Irakern


Berlin, 20. März 2003 - Der Angriff auf den Irak ohne Mandat der Vereinten Nationen bricht nach Auffassung von amnesty international (ai) geltendes Völkerrecht. "Der Krieg verstößt gegen die UN-Charta, die das Verhältnis der Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs regelt. Das universelle Gewaltverbot ist das Fundament dieser Völkerrechtsordnung", sagte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin der deutschen Sektion von ai. "Die völkerrechtlichen Grundlagen einzuhalten und weiterzuentwickeln ist entscheidend für den Menschenrechtsschutz. Dass die Weltführungsmacht diese Völkerrechtsordnung verletzt, die sie selbst maßgeblich auf den Weg brachte, wiegt besonders schwer", sagte Lochbihler.

ai fordert jetzt alle kriegführenden Parteien auf, das humanitäre Völkerrecht der Genfer Konventionen strikt einzuhalten. "Vor allem anderen muss die Zivilbevölkerung geschützt werden", sagte Lochbihler. "Es besteht die große Gefahr, dass Zehntausende von Zivilisten durch den Gebrauch wahllos wirkender oder verbotener Waffen ums Leben kommen werden." ai fordert die Kriegsparteien auf, derartige Waffensysteme nicht einzusetzen. Dazu zählen Nuklearwaffen, biologische und chemische Waffen sowie Streubomben und Anti-Personenminen. ai hat die Regierungen der EU-Staaten aufgerufen, sich für ein bedingungsloses Einsatzverbot derartiger Waffen einzusetzen.

Sobald die Situation es erlaube, müssen die Vereinten Nationen Menschenrechtsbeobachter in den Irak entsenden, sagte ai-Generalsekretärin Lochbihler. Die Vorbereitungen müssten sofort beginnen. Die Beobachter müssen freie Hand haben, jegliche Menschenrechtsverletzung zu untersuchen, unabhängig davon, welche Macht das irakische Territorium oder den betreffenden Teil kontrolliere. "Inländische wie ausländische Mächte müssen wissen, dass sie für etwaige Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden können", sagte Lochbihler.

ai befürchtet, dass viele Zivilisten an den Folgen von Flucht, Krankheiten und einer katastrophalen Versorgungslage sterben werden. Über die Hälfte der Bevölkerung hängt derzeit von staatlichen Lebensmittelrationen ab. "Wenn Straßen und Brücken zerstört sind, die Stromversorgung zusammenbricht, Benzin ausbleibt und Trinkwasser knapp wird, kann der irakische Staat diese Menschen nicht mehr mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgen", sagte Lochbihler. Einem vertraulichen UN-Szenario zufolge sind im Kriegsfall 1,3 Millionen irakische Kinder unter fünf Jahren vom Tod durch Unterernährung bedroht. Insgesamt schätzt die UN, dass der Krieg über fünf Millionen Menschen in Hunger, Unterernährung und Epidemien stürzen wird.

Es ist mit Hunderttausenden von Flüchtlingen - sowohl innerhalb des Landes wie an die Grenzen zu den Nachbarstaaten - zu rechnen. ai fordert alle Nachbarstaaten auf, ihre Grenzen zu öffnen und die Flüchtlinge auf ihrem Territorium angemessen zu versorgen. Die internationale Gemeinschaft muss diese Staaten dabei finanziell und logistisch unterstützen. Hilfsorganisationen müssen freien Zugang zu den Krisengebieten haben.

Auch im Krieg müssen die Menschenrechte gelten. In vielen Ländern ist aber bereits die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt worden, wenn Menschen ihre Sorge um den Krieg geäußert haben. Staaten - Beispiele sind Ägypten und Syrien - haben Demonstrationen unterdrückt, politische Oppositionelle und Journalisten verhaftet. "Wir müssen uns jeder Aufweichung von Menschenrechtsstandards entgegenstellen", sagte Barbara Lochbihler.


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