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Dietrich Bonhoeffer Verein (dbv) fordert Frieden und Beachtung des Völkerrechts

Appell an die Christen in Europa

Im Folgenden dokumentieren wir die jüngste Pressemitteilung des Dietrich Bonhoeffer Vereins (dbv) vom 20.01.2003.

Wir appellieren an alle verantwortungsbewussten Menschen in den christlichen Kirchen und in deutschen Parlamenten und Regierungen auf der Ebene des Bundes und der Länder, sich mit deutlichem Widerspruch von den Kriegsvorbereitungen der USA zu distanzieren.

1.Der Aufmarsch amerikanischer Truppen zur Vorbereitung eines Krieges gegen den Irak zeigt, dass die Supermacht USA sich auf einen baldigen Krieg vorbereitet. Dem steht das Völkerrecht, die Autorität des UNO-Sicherheitsrats und der christliche Glaube entgegen.

Die Resolution 1441 des Sicherheitsrats vom 8. November 2002 deckt keinen Krieg der USA gegen den Irak - ganz im Gegensatz zu dem, was Außenminister Fischer öffentlich behauptete. Es heißt dort nach Hinweisen auf frühere Beschlüsse und auf die jetzt notwendigen Inspektionen: (Der Sicherheitsrat) "beschließt, sofort nach Eingang eines Berichts (der Inspektoren) zusammenzutreten, um über die Situation ... zu beraten, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu sichern." Der Schlusssatz dieser Resolution sagt, dass der "Sicherheitsrat beschließt, mit der Angelegenheit befasst zu bleiben." Dies bedeutet zugleich, dass der Sicherheitsrat gem. Kapitel VII der UN-Charta keine militärischen Sanktionen beschlossen oder autorisiert hat, sondern eine erneute Beratung vor Kriegsbeginn gefordert hat.

Etwaige Angriffshandlungen der USA im Irak sind keinesfalls durch das Selbstverteidigungsrecht gem. Art. 51 der UN-Charta gedeckt. Sie wären ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht und würden umgekehrt den Irak und andere ihm zur Hilfe eilende Staaten berechtigen, dieses Selbstverteidigungsrecht - und die Hilfe des Sicherheitsrates - in Anspruch zu nehmen.

Der christliche Glaube ermutigt dazu, nicht mit dem Bösen zu wetteifern (Mt 5,39), sondern es durch das Gute zu überwinden (Röm 12,21).

2. Der Weltkirchenrat (ÖRK) hat in seinem Beschluss vom 2. September 2002 mit Worten, die auch in Deutschland Beachtung verdienen, die drohenden Militäraktionen der USA verurteilt: "Tief betroffen und alarmiert von den Bemühungen der US Regierung um eine neue Militäraktion... teilt das Zentralkomitee des Weltkirchenrats die Ängste und Sorgen der Kirchen im Mittleren Osten...und fordert die internationale Gemeinschaft auf zum Widerstand gegen den Druck, sich vorauseilenden militärischen Schlägen gegen einen souveränen Staat unter dem Vorwand des Krieges gegen den Terrorismus anzuschließen." Abschließend appellierte der ÖRK an alle Mitgliedskirchen und ökumenischen Partner, bei ihren Regierungen durchzusetzen, dass die tieferen Ursachen des Konflikts angesprochen werden und die schreckliche humanitäre Krise im Irak beendet wird.

3. Auf diese rechtlichen und humanitären Fragen angesprochen, haben sich evangelische Landeskirchen und die Deutsche Bischofskonferenz geäußert. Wir fordern alle Kirchen dazu auf in der Haltung der Ablehnung eines Irak-Krieges fest zu bleiben und sich dem Versuch, durch Umdeutung der Resolution des UN-Sicherheitsrates 1441 das Völkerrecht weiter auszuhöhlen, zu widersetzen.

Der Dietrich Bonhoeffer Verein (dbv) appelliert an die Christen in Europa, sich für den Frieden einzusetzen - in der Tradition Dietrich Bonhoeffers, der schon 1934 in Fanö den Christen aller Konfessionen sagte, dass es "für sie in aller Angst und Bedrängnis des Gewissens keine Ausflucht vor dem Gebot Christi gibt, dass Friede sein soll." Der Einsatz für den Frieden muss vor allem in deutlichen Stellungnahmen gegenüber Politikern aller Parteien bestehen, dass der von den USA jetzt vorbereitete Krieg gegen den Irak dem Frieden in Christus widerspricht und darüber hinaus völkerrechtswidrig ist. Dies letzte bedeutet zugleich, dass alle Handlungen, die durch Bombardierung oder durch Militäreinsatz am Boden sich gegen die Zivilbevölkerung richten, völkerrechtswidrig und damit Kriegsverbrechen sind. Die Genfer Konventionen und Zusatzprotokolle haben klare Regelungen für die Schonung der Zivilbevölkerung bei jedem Krieg festgelegt, sodass jede Zuwiderhandlung rechtswidrig ist Wir übersenden diesen Beschluss an alle evangelischen Landeskirchen in Deutschland und bitten um ausdrückliche Stellungnahme - jedes Schweigen würden wir als widerspruchslose Hinnahme des jetzt drohenden Krieges ansehen. Wir übersenden den Beschluss außerdem an das Auswärtige Amt und an die Fraktionen im Bundestag. Auch dort bitten wir um Stellungnahme zu unserer Erklärung. Wir beabsichtigen, Mitte Februar mit einer Presseerklärung das Ergebnis unserer Bitte um Stellungnahmen publik zu machen.

Für den Dietrich Bonhoeffer Verein (dbv):
Dr. Karl Martin, Dr. Matthias Engelke, Dr. Wolfram Rohde-Liebenau


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