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"Folter und Hinrichtungen"

UN-Menschenrechtsrat verurteilt Israel wegen Angriffs auf Gaza-Hilfsflotte

Von Karin Leukefeld *

Der UN-Menschenrechtsrat in Genf hat am Mittwoch (29. Sep.)mit klarer Mehrheit den Bericht einer Untersuchungskommission über den tödlichen Angriff des israelischen Militärs auf die Gaza-Hilfsschiffe am 31. Mai angenommen. Das Dokument wirft Israel »Folter und Hinrichtungen« von Passagieren des Leitschiffs Mavi Marmara vor. Man habe »eindeutige Beweise« gefunden, daß Israel bei der Aktion das humanitäre und das Völkerrecht verletzt habe, heißt es darin. Sechs der neun Getöteten seien Opfer von einem Vorgehen geworden, das »mit Hinrichtungen im Schnellverfahren... übereinstimmt«. Der frühere Chefankläger beim UN-Kriegsverbrechertribunal Sierra Leone, der Brite Desmond de Silva, erklärte, die Beweise reichten für eine Anklage beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag aus. Weil die Mavi Marmara unter Flagge der Komoren gefahren sei, wäre das möglich, denn anders als die Türkei oder Israel erkennt der Inselstaat im Indischen Ozean den Strafgerichtshof an. Israel, das sein Vorgehen gegen die Hilfsschiffe als »Selbstverteidigung« bezeichnet, wies die Entscheidung des UN-Menschenrechtsrats als »voreingenommen« zurück.

Wie schon bei früheren Abstimmungen, die Israel betreffen, zeigte sich erneut ein deutliches Gefälle. Während bis auf wenige Ausnahmen alle Staaten aus Lateinamerika, Afrika, Asien und der arabischen Welt sowie China und Rußland dem Bericht zustimmten, kam die einzige Gegenstimme von den USA. Deren Vertreterin Eileen Donahoe bezeichnete den Bericht als »nicht hilfreich« für die laufenden israelisch-palästinensischen Gespräche. 15 Staaten enthielten sich, darunter sämtliche EU-Staaten. Für diese erklärte der belgische Vertreter Alex van Meeuwen, man bedauere zwar den »Verlust von Leben« und begrüße die »Anstrengungen der Untersuchungskommission«, es wäre aber besser gewesen, die Arbeit der Gruppe einzubeziehen, die von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ins Leben gerufen wurde. Weil es mit dieser keine »ernsthaften Verhandlungen« gegeben habe, werde man sich der Stimme enthalten. An der von Ban Ki Moon nach Bildung der Kommission des UN-Menschenrechtsrates eingesetzten Vierergruppe beteiligt sich auch Israel.

Gerade der »abstoßende und brutale« Angriff der israelischen Kriegsmarine auf die »Free Gaza«-Flottille war für Richard Kuper vom Exekutivrat der »Europäischen Juden für einen gerechten Frieden« Grund dafür, am vergangenen Sonntag das »Jüdische Schiff für Gaza« auf den Weg zu schicken. Der Katamaran »Irene« war mit zehn Passagieren an Bord am Dienstag etwa 20 Seemeilen vor der Küste von Gaza von der israelischen Marine gestoppt und in den Hafen von Aschdod geschleppt worden. »Wir wollten ein öffentliches Zeichen setzen, daß Gewaltfreiheit eine vernünftige und angemessene Art des Widerstandes gegen Unterdrückung ist und daß uns die Gewalt der Israelis nicht abschrecken kann«, sagte Kuper gegenüber jW.

* Aus: junge Welt, 1. Oktober 2010


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