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Neue Flottille für Gaza

Ende des Monats werden 15 Schiffe versuchen, Israels Blockade mit Solidaritätsgütern zu durchbrechen. Weitere Soli-Aktion am 8. Juli

Von Peter Wolter *

Israel steckt in der Klemme: Erst fegte die ägyptische Revolution seinen Freund Hosni Mubarak hinweg, dann einigten sich die Palästinenser-Parteien Hamas und Fatah wieder auf eine gemeinsame Regierung. Und schließlich öffneten die Ägypter den Grenzübergang Rafah zum blockierten Gazastreifen, dem größen Freiluftgefängnis der Welt.

Jetzt droht der Regierung in Tel Aviv weiteres Ungemach: Ende des Monats soll eine neue Solidaritätsflottille mit dringend benötigten Hilfsgütern von See aus die Blockade des Gazastreifens durchbrechen. Vor einem Jahr hatte ein ähnlicher Versuch böse geendet: Israelische Soldaten kaperten in internationalen Gewässern alle beteiligten Schiffe, neun Aktivisten wurden auf der »Mavi Marmara« erscahossen, zahlreiche andere verwundet. Die rund 700 Teilnehmer der Solidaritätsaktion wurden mit Kabelbindern gefesselt, nach Israel geschafft und des Landes verwiesen. Darunter waren Prominente aus aller Welt: Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, der schwedische Schriftsteller Henning Mankell, Parlamentarier aus mehreren Ländern. Völkerrechtlich gesehen war der Überfall ein Piratenakt – unter dem Strich geriet er zu einem Desaster für den internationalen Ruf Israels.

Die neue Flottille, die zur Zeit von mehr als 20 Organisationen aus aller Welt zusammengestellt wird, soll dieses Mal nicht sechs, sondern bis zu 15 Schiffe umfassen. Von einem Treffpunkt vor der griechischen Küste aus werden sie erneut versuchen, die Seeblockade zum Gazastreifen zu durchbrechen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß Israel auch dieses Mal die Schiffe zu kapern versucht. Um eine Eskalation wie vor einem Jahr zu vermeiden, wollen die Organisatoren alle Teilnehmer einige Tage vor dem Auslaufen zusammenrufen, um ihnen einzuschärfen, wie sie sich bei einem Überfall verhalten sollen. Beteiligt sind Aktivisten aus den USA, Australien, Kanada, Dänemark, arabischen Staaten und vielen anderen Ländern.

Auch unter deutscher Flagge soll ein Schiff dabei sein: Eine 34 Meter lange Motoryacht, die kürzlich im britischen Manchester erworben wurde und von Hamburg aus in See stechen soll. Ihr 620-PS-Diesel erlaubt nur eine Geschwindigkeit von zwölf Knoten – das Schiff muß also gut zehn Tag eher auslaufen, um den Flottillen-Treffpunkt rechtzeitig zu erreichen. Von Hamburg aus sind es immerhin rund 3000 Seemeilen.

Am 8. Juli ist eine weitere Solidaritätsaktion geplant: An diesem Tag werden Hunderte Männer und Frauen aus aller Welt versuchen, über den israelischen Flughafen Ben Gurion nach Palästina einzureisen – auf Einladung der palästinensischen Zivilgesellschaft, die durch Organisationen wie »Open Bethlehem«, »Bil´in Popular Resistance Committee«, »Youth Against Settlements« und das »Alternative Information Center« repräsentiert wird.

»Beim Fly-In Hunderter Internationaler am 8. Juli nach Palästina geht es wie bei der Gaza-Freedom-Flottille darum, das illegitime Grenz- und Blockaderegime Israels aktiv in Frage zu stellen«, erklärte Sophia Deeg, eine der Organisatorinnen für die deutschen Teilnehmer dieses Protestes, gegenüber junge Welt.

»Willkommen in Palästina« heißt diese gewaltlose Aktion – wobei abzuwarten ist, wie viele Aktivisten es tatsächlich schaffen, dorthin zu kommen.

* Aus: junge Welt, 9. Juni 2011


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