Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Gaza: Alliot-Marie attackiert

Unfreundlicher Empfang für französische Außenministerin *

Während ihres ersten Besuchs im Gaza-Streifen ist Frankreichs Außenministerin Michèle Alliot-Marie von aufgebrachten Palästinensern mit Eiern und Schuhen beworfen worden.

Der Grund für die Attacken waren angeblich kritische Äußerungen über die im Gaza-Streifen herrschende radikal-islamische Hamas-Organisation, die der Politikerin in Medienberichten fälschlicherweise zugeschrieben worden waren. Die Demonstranten seien mehrheitlich Angehörige von Hamas-Mitgliedern gewesen, die in Israel langjährige Gefängnisstrafen verbüßten, berichteten Augenzeugen.

Bereits kurz nach der Einreise in den Gaza-Streifen hielt eine Gruppe von Palästinensern den Konvoi der Außenministerin auf. Mehrere Männer legten sich auf die Straße, andere warfen Schuhe oder kletterten auf Fahrzeuge. Polizisten der Hamas lösten die Demonstration auf. Die Proteste gingen weiter, als Alliot-Marie das Al-Quds-Krankenhaus in Gaza besuchte, das mit französischer Hilfe wieder aufgebaut wird.

Unklar ist, ob die angeblich »spontanen Proteste« von der Hamas gesteuert worden sind. Alliot-Marie hatte während ihres Kurzbesuchs wie andere westliche Außenminister zuvor die Hamas-Führung boykottiert. Darüber hinaus hatte sie am Donnerstag – ebenfalls wie andere Amtskollegen – die sofortige Freilassung des im Gaza-Streifen gefangen gehaltenen israelischen Soldaten Gilad Schalit verlangt. Der heute 24-Jährige besitzt die israelische und die französische Staatsbürgerschaft.

Eine Lösung des Nahostkonflikts kann nach Ansicht von US-Außenministerin Hillary Clinton nicht mit Resolutionen im Weltsicherheitsrat erreicht werden. »Wir sehen Aktionen in den Vereinten Nationen oder in anderen Foren nicht als hilfreich an, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen«, sagte Clinton am Donnerstag (Ortszeit) vor Journalisten in Washington. Israelis und Palästinenser sollten ihren Konflikt stattdessen in direkten Verhandlungen lösen, unterstrich die Außenamtschefin.

Die Palästinenser hatten die internationale Gemeinschaft zum Einschreiten gegen Israels Siedlungspolitik aufgefordert. Sie hoffen, dass sich das mächtigste UN-Gremium der Verurteilung der israelischen Siedlungspolitik anschließt. Ein entsprechender Resolutionsentwurf wurde von Libanon als derzeitigem Ratsmitglied formuliert. Die USA sind gegen den Vorstoß, haben aber keine Aussagen darüber gemacht, ob sie ihn mit einem Veto blockieren würden.

Eine israelische Kommission zur Untersuchung des Armeeangriffs auf eine Flottille mit Hilfsgütern für die Palästinenser im Gaza-Streifen will an diesem Sonntag (23. Jan.) ihren ersten Bericht vorlegen. Kommissionssprecher Ofer Lefter sagte, in dem vorläufigen Dokument werde es unter anderem um die Rechtmäßigkeit der von Israel verhängten Seeblockade sowie um die Aktionen der israelischen Armee und der Passagiere an Bord der Schiffe gehen. Der Untersuchungsausschuss befasst sich mit den juristischen Aspekten der Erstürmung des türkischen Frachters »Mavi Marmara«, bei der im Mai 2010 neun Teilnehmer der Aktion getötet worden waren.

* Aus: Neues Deutschland, 22. Januar 2011


Zurück zur Gaza-Seite

Zur Frankreich-Seite

Zurück zur Homepage