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Paris sucht "Partner" für Strafaktion gegen Syrien

Frankreichs Präsident Hollande hält an seiner Haltung fest, wagt aber keinen Alleingang

Von Ralf Klingsieck, Paris *

Frankreichs Präsident François Hollande lässt weiter keinen Zweifel daran, dass er einen militärischen Angriff auf Syrien für angeraten hält. Ein Alleingang ist ihm freilich zu riskant.

Die Botschaft aus dem Elysée lässt keinen Interpretationsspielraum: Präsident François Hollande ist »mehr denn je« entschlossen, das Assad-Regime für den Giftgasangriff gegen die eigene Bevölkerung militärisch zu »strafen«. Das bekräftigte Hollande auf einer Pressekonferenz in seinem Amtssitz. Doch dass er sich nach dem Aufschub der Entscheidung durch US-Präsident Barack Obama damit alleingelassen fand, hat ihn doch zum taktischen Einlenken veranlasst. Jetzt will er vor einer militärischen Aktion, die »nur durch mehrere Staaten gemeinsam und nicht durch ein Land allein« erfolgen könne, eine gemeinsame Position der europäischen Staaten suchen und sie mit den USA abstimmen. Hollande erhofft sich einiges vom G20-Gipfel in Petersburg. Der sei eine gute Gelegenheit für eine internationale Abstimmung. Neu ist in diesem Zusammenhang auch seine Ankündigung, dass man sich um eine Annäherung der Positionen mit Russland und China bemühen will, um die Blockade im UN-Sicherheitsrat zu überwinden.

All dies hat am Mittwochnachmittag in einer kurzfristig anberaumten Parlamentsdebatte über die Lage um Syrien auch Premierminister Jean-Marc Ayrault betont. Er gab vor der Nationalversammlung eine Regierungserklärung ab, die zur selben Stunde auch vor dem Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, durch Außenminister Laurent Fabius verlesen wurde. Anschließend gab es eine bewegte Debatte, aber keine Abstimmung, obwohl dies von der Mehrheit der Abgeordneten aller Parteien außer der sozialistischen Partei (PS) von Hollande gefordert wurde. Die Verfassung sieht für den Fall eines militärischen Engagements des Landes kein Votum des Parlaments, sondern nur dessen Informierung innerhalb weniger Tage nach Aufnahme der Kriegshandlungen vor. Im Fall Syrien soll aber eine Ausnahme gemacht und »später« im Parlament abgestimmt werden, erklärte der Premier. Außerdem wird es – voraussichtlich gleich nach der Entscheidung des US-Kongresses – eine Ansprache von Präsident François Hollande an die Franzosen geben, in der er das militärische Engagement des Landes erklären will. An der Schuld des Regimes in Damaskus besteht nach Überzeugung der Regierung kein Zweifel. Der Premier verwies in diesem Zusammenhang auf Berichte der Geheimdienste, die Vertretern aller im Parlament vertretenen Parteien vorgelegt wurden.

Trotzdem gab es in der nachfolgenden Parlamentsdebatte nicht nur Zustimmung, sondern auch viel Kritik und Zweifel. Die Kommunistische Partei mahnte an, dass vor einem militärischen Engagement, das zu einem unkalkulierbaren Abenteuer werden könne, alle Möglichkeiten zur Suche nach politischen Lösungen ausgeschöpft werden müssen. Die rechts-oppositionelle UMP verwies auf Umfragen, wonach zwei Drittel der Franzosen einen Angriff auf Syrien ablehnen, weil sie dort keine französischen Interessen gefährdet sehen. Zudem befürchten sie durch einen Krieg eine wachsende Gefahr durch den militanten Islamismus und rechnen mit terroristischen Racheakten. Hollande lässt sich davon nicht beirren.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 5. September 2013


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