Sechs Tote bei Amoklauf in Finnland
Waffenrecht erneut in der Diskussion *
Ein 43-Jähriger erschoss Silvester in Espoo vor den Toren von Helsinki
seine Exfrau, drei ihrer Arbeitskollegen und eine Kollegin in einem
Supermarkt. Anschließend beging er mit seiner Waffe Selbstmord. Nach dem
vierten Amoklauf binnen sieben Jahren in Finnland sprach sich
Ministerpräsident Matti Vanhanen am Silvesterabend für eine weitere
Verschärfung der Waffengesetze aus.
Am Vormittag war ein schwarz gekleideter Mann in den Supermarkt »Prisma«
eines Einkaufszentrums von Espoo gestürmt. Er feuerte sieben Schüsse aus
einer automatischen Pistole ab und traf drei Männer und eine Frau
tödlich. Unter den Kunden und den Angestellten brach Panik aus. In dem
Chaos gelang dem Täter die Flucht. Hunderte Beamte durchkämmten
daraufhin die Umgebung des Einkaufszentrums und setzten auch einen
Hubschrauber ein. Zeitweise wurde der Zugverkehr durch den nahe
gelegenen Bahnhof Leppävaara gestoppt.
Die Polizei fand die Leiche des 1990 als Flüchtling aus Kosovo nach
Finnland gekommenen Ibrahim Shukpoli schließlich in seiner Wohnung.
Wahrscheinlicher Hintergrund für den Amoklauf ist Eifersucht. Kurz zuvor
hatten die Beamten in einer anderen Wohnung die Leiche einer früheren
Partnerin Shukpolis entdeckt, mit der er 18 Jahre lang liiert gewesen
war. Die Finnin hatte ihn wegen Gewaltanwendung angezeigt, worauf ein
Gericht ihm ein Besuchsverbot für die Frau auferlegte. Sie war in dem
Supermarkt angestellt.
Augenzeugen berichteten, in der Elektroabteilung des Marktes sei Panik
ausgebrochen, als der Amokschütze als erstes Opfer einen Angestellten
mit zwei Kopfschüssen getötet hatte. In der Fleischabteilung feuerte er
weitere Schüsse ab, bevor er fliehen konnte. Augenzeugen bezeichneten
sein Vorgehen als »äußerst zielstrebig«. Für seine Pistole hatte
Shukpoli keinen Waffenschein.
Espoo mit seinen knapp 250 000 Einwohnern ist Sitz der Zentrale des
Nokia-Konzerns. Die große Silvesterfeier im Stadtzentrum wurde abgesagt.
Finnland hat in den vergangenen sieben Jahren vier Amokläufe mit
insgesamt 33 Toten zu beklagen. Im September 2008 tötete in einer
Berufsschule in Kauhajoki ein 22-jähriger Waffennarr neun Mitschüler und
einen Lehrer. Der Täter beging Selbstmord. Ende 2007 hatte ein
18-jähriger Abiturient in einem Schulzentrum der Ortschaft Tuusula sechs
Mitschüler, eine Krankenschwester und die Schulleiterin erschossen.
Anschließend tötete er sich mit einem Kopfschuss. 2002 starben sieben
Menschen, als ein Chemiestudent eine Bombe in einem Einkaufszentrum in
Vantaa detonieren ließ. Auch der Täter kam ums Leben. Nach dem Amoklauf
2008 beschloss der Reichstag eine erste Verschärfung des zuvor betont
liberalen Waffenrechts.
* Aus: Neues Deutschland, 2. Januar 2010
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