Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Untersuchungshaft nach Festnahmen

Dänemark: Ermittlungen wegen Terrorplan *

Die in Dänemark gefassten mutmaßlichen Terroristen haben alle Vorwürfe zurückgewiesen. Trotzdem verhängte am Donnerstag ein Haftrichter in Glostrup bei Kopenhagen vier Wochen Untersuchungshaft gegen drei der insgesamt fünf Verdächtigen.

Die dänischen Ermittler sind davon überzeugt, dass ein Blutbad in der Kopenhagener Redaktion der Zeitung »Jyllands-Posten« angerichtet werden sollte, die 2005 die umstrittenen Mohammed-Karikaturen gedruckt und damit Protest in der islamischen Welt ausgelöst hatte.

Eine Verbindung nach Deutschland ist bislang nicht erkennbar, aber auch hierzulande ist die Terrorgefahr nach Überzeugung der Bundesregierung noch nicht gebannt. »An der Sicherheitslage in Deutschland hat sich nichts verändert«, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums.

In Dänemark wurden drei der insgesamt fünf Tatverdächtigen am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt. Staatsanwalt Lykke Sorensen sagte, die Männer seien des Terrorismus und des Verstoßes gegen das Waffengesetz verdächtig. Er verwies darauf, dass die Polizei bei ihnen eine Maschinenpistole und eine Handfeuerwaffe gefunden habe. Nach Einschätzung des dänischen Geheimdienstes PET wollten die Männer in der Zeitungsredaktion so viele Menschen wie möglich töten.

Weitere Angaben zur Sache machten die Verdächtigen vor Gericht nicht. Die drei lebten in Schweden und waren auf dem Weg nach Kopenhagen gefasst worden. Einer war in Tunesien geboren worden, einer in Irak, der dritte ist ein schwedischer Staatsbürger mit unbekanntem ethnischen Hintergrund. Gegen einen vierten in Dänemark Festgenommenen, einen irakischen Asylbewerber, hatte der Geheimdienst PET keine Haft beantragt. Sprengstoffexperten hätten in der Nacht zu Donnerstag seine Wohnung durchsucht und ein verdächtiges Paket sichergestellt, das sich als harmlos erwiesen habe. Der Mann bleibe aber verdächtig, teilte der Geheimdienst mit. Unklar war zunächst, ob der Mann am Donnerstag noch auf freien Fuß kommen sollte.

Ein fünfter Verdächtiger, der in Schweden festgenommen worden war, sollte dort vor Gericht angehört werden. Auf dem Profilbild seiner Facebook-Seite sei der in Tunesien geborene Mann als Krieger mit Schild und Schwert zu sehen, schrieb die Tageszeitung »Expressen«.

Die Behörden in Dänemark und Schweden prüfen nun, ob es eine Verbindung zu den Terrorplänen gegen »Jyllands-Posten« gibt, die bereits im Oktober 2009 aufgeflogen waren. Man könne einen Zusammenhang »bestimmt nicht ausschließen«, erklärte PET-Chef Jakob Scharf.

In den USA wurde damals der pakistanischstämmige US-Bürger David Headly gefasst, der auch an der Vorbereitung eines Attentat auf die Redaktion beteiligt gewesen sein soll. In der Untersuchungshaft gab er zu, dass er an der Vorbereitung der Terroranschläge Ende 2008 im indischen Mumbai mitgewirkt hatte.

Headley soll laut »Spiegel online« ein Mittelsmann des Pakistaners Mohammad Ilyas Kashmiri sein, der als einer der weltweit gefährlichsten Hintermänner des internationalen Terrorismus gilt. Deutsche Sicherheitsbehörden befürchten, dass er Terroristen auch für Anschläge in Deutschland rekrutiert haben könnte.

* Aus: Neues Deutschland, 31. Dezember 2010


US-Agent wieder unter Verdacht

Kopenhagen: Welche Rolle spielte David Headley in Sachen Jyllands-Posten?

Von Knut Mellenthin **


War der US-amerikanische Agent David Headley in den angeblich geplanten Anschlag gegen die Kopenhagener Tageszeitung Jyllands-Posten verwickelt? Nach der Festnahme von zunächst fünf »Terrorverdächtigen« wollte der Chef des dänischen Geheimdienstes PET, Jakob Scharf, diese Möglichkeit nicht ausschließen.

Drei Männer arabischer Herkunft waren am Mittwoch in Kopenhagen verhaftet worden, nachdem sie mit dem Auto aus Schweden eingereist waren. Ebenfalls in Gewahrsam genommen, wurden ein schwedischer Staatsbürger tunesischer Abstammung in Stockholm und ein Asylbewerber aus dem Irak in einem Vorort von Kopenhagen. Gegen vier von ihnen wurden am Donnerstag Haftbefehle erlassen. Der Iraker kam frei. Die Männer waren angeblich schon seit Monaten von den Geheimdiensten Dänemarks und Schwedens gemeinsam observiert worden.

Den Inhaftierten wird vorgeworfen, sie hätten das Pressehaus, in dem die Redaktionen der Jyllands-Posten und der eher liberalen Tageszeitung Politiken ihren Sitz haben, überfallen wollen. Angeblich sei ein »Blutbad im Mumbai-Stil« geplant gewesen. In dieser indischen Stadt hatten zehn Bewaffnete im November 2008 über 160 Menschen getötet.

Angesichts der Tatsache, daß bei den Festnahmen und Hausdurchsuchungen nur eine einzige Maschinenpistole gefunden wurde, mutet der Vergleich mit dem Mumbai-Massaker nicht überzeugend an. Eine Verbindung zwischen den Ereignissen stellt indessen jener David Headley dar, der jahrelang als Agent der US-amerikanischen Drogenbehörde DEA und möglicherweise auch der CIA gearbeitet hat. Headley, der seit Oktober 2009 in Haft ist, kundschaftete nach eigenem Eingeständnis bei mehreren Besuchen in der indischen Hafenstadt die Angriffsziele aus und filmte sie.

Aus seinen Aussagen geht außerdem hervor, daß er im Januar und Juli 2009 nach Kopenhagen und Aarhus reiste, um dort unter einem Vorwand die Büros der Jyllands-Posten aufzusuchen und Informationen für mögliche Anschläge zu sammeln. Daneben reiste er auch nach Schweden und Großbritannien, um Teilnehmer dafür zu rekrutieren. Die konservative, einwandererfeindliche Zeitung gilt als gefährdet, seit sie im September 2005 die »Mohammed-Karikaturen« veröffentlichte.

Durch Artikel unabhängiger Journalisten in der Washington Post wurde vor wenigen Monaten bekannt, daß die US-Bundespolizei FBI jahrelang die detaillierten Hinweise von mindestens fünf Personen auf Headleys enge Beziehungen zu pakistanischen Terroristen ignoriert hatte. Erst der britische Geheimdienst, der Headley im Zusammenhang mit dem geplanten Anschlag gegen die Jyllands-Posten auf die Spur gekommen war, veranlaßte schließlich im Oktober 2009 seine Festnahme auf dem Flughafen von Chicago.

** Aus: junge Welt, 31. Dezember 2010


Zurück zur Dänemark-Seite

Zur Terrorismus-Seite

Zurück zur Homepage