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Nkurunziza will bleiben

Burundi: Opposition boykottiert Präsidentschaftswahl. Sieg des Amtsinhabers erwartet

Von Simon Loidl *

Am heutigen Dienstag finden in Burundi die zunächst für den 15. Juli geplanten Präsidentschaftswahlen statt. Wie zuvor die Abstimmung über ein neues Parlament wurde auch jene über das höchste Amt aufgrund der anhaltenden Proteste in dem ostafrikanischen Staat verschoben. Der formale Ausgang der heutigen Abstimmung steht nach Ansicht aller Beobachter bereits fest. Auch aufgrund der Boykottaufrufe durch die Opposition dürfte der seit zehn Jahren amtierende Präsident Pierre Nkurunziza erneut im Amt bestätigt werden. Bereits bei der Anfang Juli abgehaltenen Parlamentswahl konnte sich Nkurunzizas Partei »Nationalrat zur Verteidigung der Demokratie – Kräfte zur Verteidigung der Demokratie« (CNDD-FDD) erneut eine Mehrheit sichern. Auch diese Wahl war von den maßgeblichen Oppositionskräften boykottiert worden.

Am Wochenende zogen sich drei Kandidaten aus dem Präsidentschaftsrennen zurück. In einem Brief an die Wahlkommission schrieben die früheren Präsidenten Domitien Ndayizeye, Sylvestre Ntibantunganya und der Exparlamentspräsident Jean Minani laut Agenturmeldungen, dass die Abstimmung in dem derzeitigen Klima nicht frei und fair ablaufen könne. Ein Sprecher der Wahlkommission wies jedoch darauf hin, dass die Stimmzettel bereits mit den Namen der drei gedruckt und ausgeliefert seien.

Der zu erwartende Sieg Nkurunzizas dürfte die Krise im Land weiter verschärfen. Seit dem Frühjahr halten Proteste gegen eine nochmalige Kandidatur des Präsidenten an. Dieser hat bereits zwei Amtszeiten hinter sich und hätte nach Ansicht der Opposition verfassungsgemäß nicht erneut kandidieren dürfen. Das Regierungslager hingegen argumentiert, dass Nkurunziza 2005 durch das Parlament eingesetzt wurde und somit erst 2010 zum ersten Mal regulär ins Amt gewählt worden sei. Deshalb sei auch seine jetzige Kandidatur verfassungskonform. Das burundische Verfassungsgericht bestätigte diese Sichtweise.

Die Sicherheitskräfte des Landes gingen mit Gewalt gegen die Proteste vor. Dabei wurden in den vergangenen Monaten mindestens 77 Menschen getötet und Hunderte verletzt. Im Mai versuchten Militärangehörige unter der Führung des früheren Geheimdienstchefs Godefroid Niyombare, den Präsidenten zu stürzen. Der Putschversuch wurde allerdings von loyalen Armee-Einheiten zurückgeschlagen. Mehrere hochrangige Vertreter der Regierungspartei haben danach das Land verlassen. Laut den Vereinten Nationen sind zudem bereits knapp 150.000 Menschen in die Nachbarstaaten Burundis geflohen. Mit Blick auf die ethnische Zusammensetzung der burundischen Bevölkerung warnten Kommentatoren bereits vor einer Eskalation der Gewalt und vor einem ruandischen Szenario. In dem nördlichen Nachbarland Burundis fand 1994 nach jahrzehntelangen politischen und ethnischen Auseinandersetzungen zwischen den Bevölkerungsgruppen der Hutu und der Tutsi ein Genozid statt, bei dem bis zu einer Million Menschen getötet wurden. Auch in Burundi stellen Hutu und Tutsi die Bevölkerungsmehrheit. Bei den aktuellen Auseinandersetzungen spielt die ethnische Zugehörigkeit allerdings nur eine untergeordnete Rolle.

Vereinte Nationen, Afrikanische Union und Ostafrikanische Gemeinschaft haben während der vergangenen Monate wiederholt versucht, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Zuletzt verhandelten Vertreter von Regierung und Opposition in der Hauptstadt Bujumbura unter Vermittlung Ugandas, am Sonntag brach die Staatsführung die Gespräche jedoch ohne Ergebnis ab. Unterdessen nutzen Beobachter die Krise, um einem Eingreifen des Westens das Wort zu reden. Zuletzt forderte eine Kommentatorin der Deutschen Welle offen eine militärische Intervention der »internationalen Gemeinschaft«. Diese dürfe »nicht tatenlos zusehen«. Wenn ein Staat die »Schutzverantwortung« gegenüber der eigenen Bevölkerung nicht wahrnehme, dann könne »die internationale Gemeinschaft diese Verantwortung übernehmen und militärisch intervenieren«.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 21. Juli 2015


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