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US-Wirtschaftsspionage offengelegt

Geheimdienst NSA spähte Medienberichten zufolge brasilianische Petrobras aus *

Der US-Geheimdienst NSA hat Medienberichten zufolge Brasiliens Ölkonzern Petrobras ausgespäht. Der Name des staatlich kontrollierten Unternehmens tauche in einer Schulungspräsentation der NSA auf, berichtete die Zeitung O Globo am Montag unter Berufung auf eine Reportage des größten brasilianischen Fernsehsenders TV Globo. Es ist das erste Mal, daß ein Wirtschaftsunternehmen konkret als Ziel der National Security Agency (NSA) genannt wurde. Mit den Unterlagen aus dem Mai 2012 bringe die NSA Agenten bei, verschlüsselte Netzwerke auszuspähen. Solche Netzwerke nutzen viele Firmen zur Kommunika­tion. Unklar blieb, welche Informationen abgefischt wurden. Die Medien beriefen sich auf streng geheime Unterlagen der NSA. Sie stammten von dem früheren NSA-Mitarbeiter Edward Snowden.

»Die große Mehrheit der Spionage, die die NSA betreibt, hat nichts mit Terrorismus zu tun«, kommentierte der Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald die neuen Informationen in O Globo. Der US-Amerikaner, der für die britische Zeitung The Guardian arbeitet und in Rio de Janeiro lebt, ist einer der Journalisten, denen Snowden Zugang zu den Geheimunterlagen gab. Er treibt seitdem die Veröffentlichung der Geheimdienstverbrechen voran. Die von Snowden für die Öffentlichkeit gesicherten Dokumente beinhalten laut Greenwald noch »viel mehr Informationen über das Ausspionieren Unschuldiger oder industriel­ler Sachverhalte«. Petrobras war dem Bericht zufolge nicht der einzige Konzern, der in den Unterlagen auftauchte. Google und das Bankensystem SWIFT sind in der Spitzelanleitung ebenfalls erwähnt, daneben auch das französische Außenministerium.

In Brasilien dürften die Berichte für weitere Verstimmung sorgen. Bereits vergangene Woche hatten Globo-Berichte über eine systematische NSA-Ausspähung der Telefonate und des E-Mail-Verkehrs von Staatspräsidentin Dilma Rousseff für erhebliche Irritationen gesorgt. Die brasilianische Regierung verlangte eine offizielle Entschuldigung, zwischenzeitlich war ein für Oktober geplanter Besuch von Rousseff in den USA in Frage gestellt worden. Bei einem Treffen am Rande des G-20-Gipfels im russischen St. Petersburg versprach US-Präsident Barack Obama seiner Amtskollegin schließlich, dem nachgehen zu wollen. Die neuerlichen Anschuldigungen stellen ihn nun bloß. Während Petrobras die Berichte am Montag nicht kommentieren wollte, kündigte Brasiliens Außenminister Luiz Alberto Figueiredo Machado nach Regierungsangaben an, die Spionagevorwürfe in den kommenden Tagen mit der Beraterin für Nationale Sicherheit des Weißen Hauses, Susan Rice, persönlich besprechen zu wollen.

* Aus: junge welt, Dienstag, 10. September 2013


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