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Millionen Stimmen gegen Atomwaffen

Australien: Kampagne für nukleare Abrüstung bricht Rekorde

Von Neena Bhandari (IPS), Sydney *

Die Australien-Sektion der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) will Druck für die Durchsetzung nuklearer Abrüstung machen. Dafür wirbt sie seit nunmehr fast vier Monaten auf spezielle Art und Weise um Unterstützung.

Das geschieht vorrangig im Internet. Ein 45 Sekunden langer Videoclip zeigt japanische Schulkinder und den 80jährigen Japaner Nakanishi Iwao, einen Überlebenden des US-Atomwaffenangriffs auf Hiroshima, die jeden einzelnen Atomstaat auffordern, die Welt von Kernwaffen zu erlösen. Der Clip hat den längsten Video-Kettenbrief der Welt nach sich gezogen und einen neuen Rekord in der Geschichte interaktiver Online-Kampagnen aufgestellt. Gestartet wurde die Initiative am 6. August 2010 in Hiroshima in Erinnerung an den 65. Jahrestag des Atomwaffenanschlags auf die Stadt und auf Nagasaki drei Tage später. In beiden Städten starben 1945 in wenigen Minuten Hunderttausende Menschen.

»Die Millionen-Stimmen-Kampagne verleiht dem Atomwaffenproblem und der Notwendigkeit, diese Waffen endlich komplett abzurüsten und abzuschaffen, ein Gesicht und eine Stimme«, sagt die ICAN-Kampagnenleiterin Dimity Hawkins. »Die Menschen wollen die nukleare Abrüstung, wissen aber nicht, wie sie es anstellen sollen, damit ihre Botschaft an den richtigen Stellen ankommt. Diese Initiative macht’s möglich«, kommentiert sie optimistisch und hofft vor allem darauf, daß tatsächlich Druck auf die politisch Verantwortlichen entwickelt werden kann.

Wie das ICAN-Australien-Vorstandsmitglied Tim Wright gegenüber dem Analysedienst InDepthNews (IDN) erklärte, »sind Kinder und NGOs besonders engagiert, um die ›Nie-Mehr-Botschaft‹ zu verbreiten«. Wright zufolge kommt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Verdienst zu, der Antiatomwaffendebatte eine besondere Dringlichkeit verliehen zu haben, als er in Hiroshima erklärte, daß der Vertrag zum umfassenden Verbot von Atomtests (CTBT) bis 2012 in Kraft treten müsse und daß die Vision von der Abschaffung der Nuklearwaffen die richtige sei.

Laut Schätzungen lagern derzeit 22 600 Kernwaffen in den weltweiten Waffenarsenalen. »Das ist eine außergewöhnlich hohe Zahl, wenn man bedenkt, wie wenige nötig wären, um ganze Landstriche zu zerstören, Millionen Menschen zu töten und zu vertreiben«, meinte Hawkins. ICAN setze sich für die nukleare Abrüstung auf der Grundlage einer rechtsverbindlichen, verifizierbaren und zeitgebundenen Atomwaffenkonvention ein, die die Entwicklung von Atomwaffen, deren Tests, Herstellung und Verwendung ebenso verbietet wie die Drohung, die mörderischen Bomben einzusetzen. Dabei, so Wright, kommt Australien in der Diskussion zur Abschaffung von Atomwaffen eine wichtige Rolle zu. Immerhin ist der fünfte Kontinent ein wichtiger Uranexporteur, der auch Staaten beliefert, die über Atomwaffen verfügen. Zudem habe sich Australien traditionell bei Verhandlungen über internationale Waffenkontrollmechanismen wie der Anti-Streubomben-Konvention hervorgetan. Allerdings ließ das Engagement in jüngster Zeit deutlich nach. So glänzte Canberra auf der Konferenz zur Revision des UN-Atomwaffensperrvertrags im Mai 2010 mit Abwesenheit.

Die Befürworter der nuklearen Abrüstung haben eine Reihe guter Argumente auf ihrer Seite. Abgesehen davon, daß eine atomwaffenfreie Welt mehr Sicherheit bedeutet, würden im Fall einer nuklearen Abrüstung astronomisch hohe Beträge für den Kampf gegen Hunger, Armut, Trinkwassermangel und vermeidbare Krankheiten bereitstehen. 2008 gaben etwa die USA 52,4 Milliarden Dollar für die Wartung ihrer Atomwaffenarsenale aus, obwohl mehr als 37 Millionen US-Amerikaner in Armut leben und fast 50 Millionen nicht krankenversichert sind.

www.icanw.org/about-ican

* Aus: junge Welt, 29. November 2010


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