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Treffen "sich reckender Riesen"

Außenminister Indiens, Chinas und Russlands berieten in Bangalore weitere Kooperation

Von Hilmar König, Delhi *

Die Außenminister Indiens, Chinas und Russlands trafen sich am Dienstag (27. Okt.) im südindischen Bangalore zu Beratungen über trilaterale, regionale und globale Fragen. Es habe sich um ein »produktives« Gespräch gehandelt, hieß es nach Ende der Begegnung.

Es war bereits die neunte Beratungsrunde zwischen den Außenministern der drei Staaten. Inzwischen ist es zu einem etablierten Gremium geworden, das die Bezeichnung »RIC-Format« trägt und einen gemeinsamen Standpunkt zu internationalen Fragen formuliert.

So auch diesmal. Im Abschlusskommuniqué heißt es, der indische Außenminister Somanahalli Mallaiah Krishna und seine Amtskollegen Sergej Lawrow und Yang Jiechi aus Russland und China hätten die Notwendigkeit unterstrichen, in den globalen Wirtschaftsstrukturen eine ausbalancierte Repräsentation von Schwellen- und Entwicklungsländern sowie von aufstrebenden Märkten zu gewährleisten. Ziel der Strukturreformen der internationalen Finanzinstitutionen müsse eine gerechte Verteilung der Stimmen zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern sein.

Die drei »sich reckenden Riesen«, die 39 Prozent der Weltbevölkerung stellen, schrieb eine indische Nachrichtenagentur, vereinbarten zudem, im Kampf gegen den Terrorismus, der von Afghanistan und Pakistan ausgehe, enger zusammenzuarbeiten und sich bei internationalen Diskussionen zu Fragen der UNO-Strukturreformen, des Welthandels, der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, der Energiesicherheit sowie des Klimawandels abzustimmen. Sie wollen ihre trilaterale Kooperation unter anderem auf den Gebieten Gesundheit, Agrarwirtschaft, Katastrophenschutz und Infrastruktur vertiefen.

Auf einer Pressekonferenz betonte Minister Krishna die Bemühungen um »koordinierte Aktionen gegen Terrorismus und transnationale Verbrechen«. Yang verlangte eine »gerechtere Weltordnung und mehr Demokratie in den internationalen Beziehungen«. Lawrow stellte fest, dass die drei Forumspartner »übereinstimmende Auffassungen zu diplomatischen Methoden bei der Regelung der Situation auf der koreanischen Halbinsel und des Nuklearprogramms Irans haben«.

Die hiesigen Medien hatten vor allem darauf geachtet, ob der harsche Wortwechsel der letzten Wochen zwischen der indischen und der chinesischen Seite über einige bilaterale Fragen sich auf dem Bangalore-Treffen reflektieren würden. Bei dem Propagandagefecht ging es unter anderem um den nordöstlichen indischen Unionsstaat Arunachal Pradesh, von dem China einige Teile als tibetisches Gebiet beansprucht. So protestierte Peking gegen den Besuch von Premier Manmohan Singh am Vorabend von Wahlen in Arunachal Pradesh und gegen die beabsichtigte Visite des Dalai Lama, des tibetischen buddhistischen Oberhauptes. Inzwischen glätteten sich nach einem Treffen am vorigen Wochenende zwischen Premier Singh und seinem chinesischen Amtskollegen Wen Jiabao am Rande des 15. ASEAN-Gipfels in Thailand die Wogen. Beide Regierungschefs versicherten, die freundschaftlichen Beziehungen zu entwickeln und Probleme, vor allem den Grenzdisput, durch Verhandlungen beizulegen. An diese Vorgaben hielten sich auch die Außenminister in Bangalore.

Minister Lawrow äußerte, das »RIC-Format« sei inzwischen ein »wichtiger Faktor beim Aufbau einer multipolaren Weltstruktur geworden«. Er hatte sich erst am 21. Oktober mit Außenminister Krishna in Moskau zur 15. Sitzung der bilateralen Regierungskommission getroffen. Diese diente auch der Vorbereitung des Staatsbesuchs von Premier Singh Ende des Jahres in Russland.

* Aus: Neues Deutschland, 28. Oktober 2009


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