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Russland rüstet für die Arktis

Kreml und Generalstab wollen rasch eine schnelle Eingreiftruppe formieren

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Russland bekommt neue Teilstreitkräfte. Die Planung ist nahezu abgeschlossen, wie die Zeitung »Nesawissimaja Gaseta« unter Berufung auf Quellen im Generalstab berichtet.

Das Konzept der neuen militärischen Formation soll schon im Dezember der Nationale Sicherheitsrat unter Vorsitz von Präsident Wladimir Putin absegnen. Gleich danach, so der Befehlshaber der Luftlandetruppen Generaloberst Wladimir Schamanow, werde die Umsetzung beginnen.

Kernstück des Programms ist die Aufstellung einer schnellen Eingreiftruppe. Auf sie drängt Verteidigungsminister Sergej Schoigu seit Amtsantritt vor einem Jahr. Sie soll aus Einheiten der Luftlandetruppen, Infanterie sowie Spezialkommandos gebildet und dem Generalstab direkt unterstellt werden. General Schamanow freue sich laut der in Moskau erscheinenden Zeitung bereits auf ein schlagkräftiges, mobiles Kommando, das adäquat auf Gefahren und Herausforderungen inner- und außerhalb Russlands reagieren könne.

Mit Bedrohungen rechnen Kreml und Generalstab vor allem in der Arktis. Durch den Klimawandel wird nicht nur der Abbau der riesigen Öl- und Gasvorkommen im Eismeer möglich, auf die neben Russland auch andere Pol-Anrainer Anspruch erheben. Zudem hat sich in den vergangenen Jahren die Schifffahrt auf dem inzwischen im Sommer weitgehend eisfreien Nördlichen Seeweg nahezu verzehnfacht. Aus russischer Sicht würden damit die Gefahren unkontrollierter Grenzübertritte im Norden wachsen.

Im Oktober wurde damit begonnen, nach Ende der Sowjetunion 1991 aufgegebene Militärflugplätze und Stützpunkte in der Arktis wieder in Betrieb zu nehmen. Spezialeinheiten trainieren derweil auf der Kola-Halbinsel Nahkampf in Polarnacht und Packeis.

Als eine weitere Problemzone hat Moskau den dünn besiedelten und strukturschwachen Fernen Osten ausgemacht. Hier sieht es eine schleichende chinesische Invasion. Unternehmer und Arbeitsimmigranten sind inzwischen bis nach Westsibirien vorgestoßen.

Russland habe sich das Desaster zu einem Gutteil selbst eingebrockt, rügte der für Rüstung zuständige Vizepremier Dmitri Rogosin. So suggeriere schon die Bezeichnung Ferner Osten Distanz zu Moskau. Das Gebiet sollte in Pazifik-Region umbenannt werden – ihr komme eine Schlüsselrolle »beim Kampf um den Status einer Supermacht« zu. Der Bürgermeister von Wladiwostok, Igor Puschkarjow plädiert sicher erfolglos dafür, die Hauptstadt Russlands an den Pazifik zu verlegen.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 21. November 2013


Was ist mit den Greenpeace-Aktivisten?

Meldungen der Russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti:

Putin: Verhaftete Greenpeace-Aktivisten haben Milde verdient **

Die „Arctic 30“, die nach ihrem versuchten Protest auf einer russischen Ölplattform wegen Rowdytum angeklagt sind, sollten laut dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wegen ihrer edlen Ziele nicht zu hart bestraft werden.

Bei einem Treffen mit russischen Schriftstellern, Herausgebern und Buchkritikern kommentierte Putin die Freilassung von zehn Greenpeace-Aktivisten (einige weitere kommen in nächster Zukunft auf Kaution frei) mit den Worten: „Haben sie edle Ziele verfolgt? Ja. War es richtig von ihnen, auf die Plattform zu klettern? Nein. (…) Aber natürlich sollte der Staat Milde zeigen.“

Ein Greenpeace-Team hatte am 18. September in der Petschorasee die Bohrinsel „Priraslomnaja“ des russischen Ölproduzenten Gazprom Neft Shelf zu erklimmen versucht, um gegen die Ölbohrungen in der ökologisch sensiblen Arktis-Region zu protestieren. Am nächsten Tag stoppten russische Grenzschützer die „Arctic Sunrise“ mit den Aktivisten an Bord und schleppten das Schiff in den Hafen von Murmansk ab.

Die 30 Besatzungsmitglieder waren festgenommen und in Haftanstalten von Murmansk und nahegelegenen Städten untergebracht worden, bevor sie nach St. Petersburg überstellt wurden.

Die Anklage gegen die Umweltschützer lautete zunächst auf Piraterie, worauf in Russland bis zu 15 Jahre Gefängnis steht. Später wurde sie, auf „Rowdytum“ abgeschwächt. Den „Arctic 30“ drohen immer noch bis zu sieben Jahre Haft.

Als Flaggenstaat der „Arctic Sunrise“ haben die Niederlande den Internationalen Seegerichtshof angerufen, um eine Freilassung des Schiffes und der Mannschaft zu erreichen. Am heutigen Freitag tagt der Seegerichtshof erneut zum Fall der „Arctic 30“.

** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 19. November 2013; http://de.ria.ru


„Arctic Sunrise“: Zehn Greenpeace-Aktivisten kommen auf Kaution frei

Vorläufig insgesamt zehn der 30 Besatzungsmitglieder der „Arctic Sunrise” werden gegen Kaution aus der U-Haft entlassen. Den gestern auf freien Fuß gesetzten drei russischen Greenpeace-Aktivisten folgen zumindest sieben ihrer ausländischen Kollegen, meldet die Öko-Organisation via Twitter.

Bei den neuen Freigelassenen handelt es sich um den Italiener Cristian D'Alessandro, den Kanadier Paul Ruzycki, die Argentinier Camila Speziale und Miguel Orzi, den Polen Tomasz Dziemianczuk, den Neuseeländer David Haussmann und die Brasilianerin Ana Paula Alminhana Maciel.

Ein Gericht in Sankt Petersburg hatte am Montag (18. Nov.) mitgeteilt, dass drei der vier Russen unter den „Arctic 30“ (die bei der Greenpeace-Aktion auf der Ölbohrinsel festgenommenen Aktivisten und Mitglieder der Schiffsbesatzung) - der Fotograf Denis Sinjakov, die Greenpeace-Ärztin Jekaterina Saspa und der Umweltschützer Andrej Allakhwerdow - für jeweils zwei Millionen Rubel Kaution (rund 45 500 Euro) freikommen.

Auch für die ausländischen Öko-Aktivisten sind je zwei Millionen Rubel zu hinterlegen – die Kaution ist bis Mitte bzw. Ende nächster Woche fällig, twittert die Umweltschutzorganisation am Dienstag.

Am vergangenen Freitag (15. Nov.) hatte der russische Ermittlungsausschuss angekündigt, die U-Haft für alle 30 Besatzungsmitglieder des Aktionsschiffes „Arctic Sunrise“ um weitere drei Monate zu verlängern. Am Montag entschied das Gericht, dass der Australier Colin Russell bis zum 24. Februar 2014 hinter Gittern bleibt. Ihre Entscheidung begründeten die Ermittler damit, dass sie mehr Zeit für ihre Untersuchungen benötigen. (...)

*** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 19. November 2013; http://de.ria.ru




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