Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Kopenhagen beansprucht den Nordpol

Neue Arktis-Strategie der Regierung *

Dänemark will einem Bericht zufolge Besitzansprüche auf den Nordpol anmelden. Wie die dänische Internetzeitung »Information« am Dienstag unter Berufung auf ein Strategiepapier des dänischen Außenministeriums berichtete, will das Land bis 2014 offiziell Anspruch auf fünf Gebiete des Kontinentalsockels rund um die bereits zu Dänemark gehörenden Färöer-Inseln und Grönland erheben, darunter auch auf den Nordpol. Damit würde Dänemark neuer Ärger mit Russland, den USA, Kanada und Norwegen drohen. Die fünf Länder streiten um Zugang zu frei werdenden Rohstoffvorkommen durch das Schmelzen der Eisdecke über dem arktischen Meer.

Erst vergangene Woche hatten die Außenminister von acht Anrainerstaaten der Arktis in der grönländischen Hauptstadt Nuuk über die Erschließung der Ressourcen im Nordpolarmeer beraten. Unter dem Eis werden rund 90 Millionen Barrel Öl und fast ein Drittel der unentdeckten Erdgasvorkommen vermutet. Nach internationalem Recht steht jedem der fünf Anrainerstaaten bislang eine 200-Seemeilen-Zone vor der Küste zur ausschließlichen wirtschaftlichen Nutzung zu. Unter dem Nordpol selbst werden zwar vergleichsweise wenig Rohstoffe vermutet, offenbar hat er für die Anrainer aber hohen symbolischen Wert. Russland verankerte 2007 seine Fahne in 4000 Metern Tiefe im Boden des Polarmeeres.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Mai 2011


Wettlauf zum Nordpol

Von René Heilig **

Haben Sie diese Woche schon KNR gehört? Nein? Klar, Grönlands Rundfunk ist hierzulande auch nicht so verbreitet. Und so wurde die Meldung, dass der Nordpol demnächst zu Dänemark gehören soll, in unseren Regionen bislang noch nicht so richtig empfangen. Die Regierung in Kopenhagen wird im Rahmen der »Reichsgemeinschaft« mit dem autonomen Grönland Anspruch auf den Nordpol erheben. Gleichzeitig soll der Autonomieregierung Grönlands die Entscheidungsgewalt für die Ausbeutung der Bodenschätze übertragen werden.

Da sind wir beim Kern. Das Eis weicht der (un-)menschlichen Klimaoffensive, Bodenschätze – Gas, Öl Kohle, Eisen, Silber, Gold und Zink – lassen sich leichter erreichen. Dänemark will, dass beim Bohren die größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Doch das wiegt die »Großmachtinteressen« unseres kleinen Nachbarn nicht auf. Nicht nur, weil sich auch die anderen vier Anrainer sowie Kraftprotze wie China am Wettlauf zum Pol beteiligen. Was immer im Arktischen Rat beredet wird – sie alle entwickeln dabei eiskalte Gelüste. Die USA und Russland lassen U-Boote Macht demonstrieren, Kanada hat seine Grenzen schon 1920 zum Pol gestreckt, Norwegen baut eisgängige Kriegsschiffe. Absurd: Gerade weil es heftig taut, wächst die Gefahr eines neuen Kalten Krieges.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Mai 2011

Weitere Meldungen zur Arktis aus Russland

Arktischer Rat beim Oberhaus soll exekutive Funktionen haben - Mironow

Der arktische Expertenrat beim Föderationsrat Russlands soll künftig mit exekutiven Funktionen ausgestattet werden.

Das sagte der Vorsitzende des Föderationsrates, Sergej Mironow, am Dienstag (17. Mai) in St. Petersburg. Der arktische Rat solle Aktivitäten zuständiger Ministerien und Ämter koordinieren, die sich mit Problemen der Arktis befassen. "Zuerst versuchen wir, diese Aktivitäten auf legislativer Ebene abzustimmen… Aber ich hoffe sehr darauf, dass unser Gremium künftig zu einem Exekutivorgan wird", sagte der Oberhauschef bei einem Treffen mit Studenten und Dozenten der St. Petersburger Bergbau-Universität.

Zuvor hatte Mironow mehrmals darauf hingewiesen, dass in der Politik Russlands in der Arktis ein einheitliches Herangehen fehlt und es kein einheitliches (Koordinierungs-)Zentrum gibt. Zudem müssten "arktische" Gesetze Russlands schon längst erneuert werden.

Der arktische Rat war 2010 ins Leben gerufen worden. Zum Gremium gehören Vertreter mehrerer Ministerien und Ämter, der Verwaltungen nördlicher Regionen Russlands, Wissenschaftler, Experten der Kriegsmarine und Parlamentarier.

Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 17. Mai 2011


Arktis im Visier: Chinas Aktivitäten stoßen auf Argwohn in Russland - „Wsgljad“

Der Oberbefehlshaber der russischen Marine, Wladimir Wyssozki, hat davor gewarnt, dass sich Nicht-Anrainer in den Kampf um die Arktis einschalten, schreibt die Zeitung „Wsgljad“ am Dienstag.

Als einen „Fremdling“ am Nordpol bezeichnete Wyssozki China, das zum „ernstzunehmenden Partner“ mit einer problematischen Einstellung wird. Die Arktis ist für China nicht nur als Rohstoffquelle, sondern auch als alternativer Handelsweg nach Europa attraktiv.

Der Admiral sagte, dass Russland nach wie vor um die Arktis wetteifern wolle. China soll sich in letzter Zeit verstärkt Gedanken um die Arktis gemacht haben. Der Oberbefehlshaber der russischen Flotte fügte hinzu, dass Länder, die nicht Mitglieder des Arktischen Rates sind, stark für ihre Interessen werben. Zu ihnen gehöre China, das mit Norwegen Abkommen zur Erschließung der Arktis abgeschlossen hat. Ihm zufolge muss Russland „eine ausgewogene Position aufbauen, dabei aber nicht im Geringsten von seinen Interessen abweichen“.

Der Arktische Rat entstand 1996 auf Finnlands Initiative. Zu der internationalen Organisation gehören acht Anrainer der Arktis: Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland und die USA. Großbritannien, Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Polen und Spanien haben einen Beobachterstatus. China, Italien und Südkorea genießen den Status von zeitweiligen Beobachtern.

Auch Experten des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstituts (Stockholm International Peace Research Institute – SIPRI) stellen fest, dass Peking sich immer stärker für die Arktis interessiert. In diesem Frühjahr veröffentlichten sie einen Bericht mit der Hypothese, dass die Arktis zu Chinas geopolitischem Interessengebiet wird.

Grund dafür ist, dass die chinesische Wirtschaft stark vom Außenhandel abhängt. Deswegen sucht China nach Möglichkeiten für die Verkürzung der Transportwege. Wenn sich die Prognosen, im Sommer die Arktis passieren zu können, bewahrheiten, will China die neuen Möglichkeiten nicht außer Acht lassen. Die Chinesen geben immer mehr Geld für die Polarforschung aus. Nach Meinung der SIPRI-Experten ist China auch auf die Bodenschätze in der Arktis heiß.

Laut Expertenschätzungen können die Vorräte des Arktis-Schelfs 75 Prozent aller Kohlenwasserstoffvorräte der Erde ausmachen. Allein das Shtockman-Vorkommen soll vier Billionen Kubikmeter Gas bergen. In der Region sind auch die Vorkommen Russanowskoje, Leningradskoje und andere erkundet worden.

Wyssozki sagte außerdem, dass es in der Arktis bislang keine festen Beziehungen, keine offenen Gegner und keine klaren Verbündeten gebe. Die meisten Probleme fpr Moskau könnten seiner Meinung nach mit Staaten entstehen, die traditionell nicht zum Arktischen Rat gehören. Deswegen müssen alle staatlichen Interessen unter der Schirmherrschaft einer verantwortungsbewussten Organisation zusammengefasst werden.

Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 5. Oktober 2010


Russland plant keine Militarisierung der Arktis - Diplomat

MOSKAU, 20. September (RIA Novosti). Russland hat keine Militarisierung der Arktis vor und will keine Arktis-Trupen bilden. Das erklärte Russlands Sonderbotschafter Anton Wassiljew, Russlands Vertreter im Arktischen Rat, am Montag auf einer Pressekonferenz in RIA Novosti, die dem internationalen Forum „Arktis – Territorium des Dialogs“ gewidmet war.

„Wir haben speziell betont, dass eine Bildung von Arktis-Truppen nicht zu Russlands Plänen gehört“, sagte der Diplomat. „Wir wollen wirklich die materiell-technische Basis der Kräfte festigen, die für die Sicherheit der Hochseeschifffahrt in der Arktis zuständig sind.“ Russland wolle das Überwachungssystem in der Arktis verbessern, „das Gerede von einer Militarisierung der Arktis haben aber mit der Realität nichts zu tun“.

Das von der Russischen Georgraphischen Gesellschaft veranstaltete Forum findet am 22. und 23. September in Moskau statt. Seine Hauptthemen sind die heutigen Probleme der Arktis unter dem Gesichtspunkt der nationalen Interessen und des internationalen Dialogs sowie der Umweltschutz und die Erschließung von Naturressourcen der Arktis.

Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 20. September 2010


Moskau bekräftigt Ablehnung gegen Nato-Präsenz in Arktis

Nach Präsident Dmitri Medwedew hat nun auch der russische Außenminister Sergej Lawrow die Nato vor aktivem Engagement in der Arktis gewarnt.

„Es wäre aus meiner Sicht falsch, wenn sich die Nato das Entscheidungsrecht in der Arktis vorbehalten würde… Wir sehen nicht, welchen Nutzen die Nato in der Arktis bringen könnte“, so Lawrow am Donnerstag bei einem Treffen mit seinem kanadischen Amtskollegen Lawrence Cannon in Moskau.

Am Mittwoch hatte auch Russlands Präsident Dmitri Medwedew vor einer „Eskalation des Nato-Präsenz in der arktischen Region“ gewarnt: „In der Arktis können wir ohne Nato auskommen, denn das ist der Teil unserer gemeinsamen Naturressourcen, der streng gesagt mit militärischen Aufgaben nichts zu tun hat“.

Nun sagte Lawrow weiter: „Die arktischen Länder haben bestätigt, dass alle möglichen Probleme politisch und völkerrechtlich aufgrund der UN-Seerechtskonvention gelöst werden müssen“.

Cannon teilte mit, Kanada wolle nachweisen, dass der ozeanische Lomonossow-Bergrücken ihm gehöre. Lawrow betonte, alles müsse sich auf „wissenschaftlich nachweisbare Daten“ stützen. Im Jahr 2007 hatte eine russische Forschungsmission Grundproben im Nordpolarmeer entnommen, um zu beweisen, dass der Lomonossow- und der Mendelejew-Rücken eine unterseeische Fortsetzung der eurasischen Landmasse seien.

Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 16. September 2010



BP scheitert an Rosneft

Russische Oligarcheninteressen verhindern gemeinsame Ölbohrungen in Arktis **

Der britische Ölriese BP ist mit seinen Ambitionen gescheitert, die riesigen Ölvorkommen in der russischen Arktis zu erschließen. Der Staatskonzern Rosneft gab seine Pläne für eine Partnerschaft mit BP nach langen Verhandlungen auf, wie die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag (17. Mai) aus Rosneft-Kreisen erfuhr. Das russische Unternehmen sucht demnach jetzt nach einem anderen westlichen Kompagnon.

Die geplante Allianz zwischen BP und Rosneft hatte Rußlands Ministerpräsident Wladimir Putin Anfang des Jahres verkündet. Gemeinsam wollten die Unternehmen nach Öl in der Karasee suchen. Rosneft kann theoretisch über die dortigen Ölreserven verfügen, die zu den größten unerschlossenen Vorkommen gehören. Praktisch fehlen dem Konzern aber die Technik und das Wissen, um das Öl auch zu fördern.

Das Problem: BP ist in Rußland bereits seit langem mit dem Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP aktiv, an dem der britische Konzern und eine Gruppe russischer Oligarchen jeweils die Hälfte halten. Diese Milliardäre, die sich zu der Investorengruppe AAR zusammengeschlossen haben, wehrten sich gegen die neue Abmachung von BP. Sie verhinderten die Vereinbarung gerichtlich – und ließen sich nun offenbar auch nicht von BP und Rosneft aus TNK-BP herauskaufen, wie es die beiden Konzerne geplant hatten.

Dieser langwierige Widerstand habe den russischen Staatskonzern nun dazu bewogen, das Projekt aufzugeben, sagte ein Verantwortlicher AFP. Deshalb suche Rosneft nach neuen Partnern, um das arktische Öl zu erschließen. An einer Zusammenarbeit hatten bereits der US-Konzern ExxonMobil und das niederländisch-britische Ölmulti Royal Dutch Shell Interesse angemeldet.

BP und AAR wurden von der Absage offenbar überrascht: Die Nachricht von dem Ausstieg von Rosneft kam nur wenige Augenblicke, bevor sie eine anscheinend längerfristig vorbereitete Mitteilung veröffentlichen wollten. Darin erklärte AAR-Teilhaber Michail Fridman, BP, AAR und Rosneft diskutierten weiter über eine Zusammenarbeit. (AFP/jW)

** Aus: junge Welt, 18. Mai 2011


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