"Treue Askari"
Deutsche Kolonialsoldaten in Afrika
Von Ulrich van der Heyden *
In den letzten Jahren sind bereits einige Bücher über afrikanische
Soldaten in europäischen Diensten, sei es in der Kolonialzeit oder
während des Zweiten Weltkrieges, erschienen. Selbst ein Buch über die
Askari wurde kürzlich publiziert. Umso mehr wundert es, daß nun noch ein
Buch zu dieser Thematik auf dem Büchermarkt erscheint, denn der
vorliegende Band »Schwarze deutsche Kolonialsoldaten« der Frankfurter
Afrikahistorikerin Stefanie Michels behandelt ebenfalls die Askari, ohne
dies im Titel auszuweisen. Die »schwarzen« deutschen Kolonialsoldaten,
für die die Bezeichnung »Söldner« wohl angebracht scheint, waren
spätestens nach dem Verlust der Kolonien nach dem Ersten Weltkrieg
weithin als »treue Askari« bekannt und wurden zur Zeit des
Kolonialrevisionismus in vielfältiger Weise stilisiert.
Ihre zentrale Funktion in der Repräsentation kolonialer Ordnung und
deren ständige Bedrohung wird in dem vorliegenden Buch an einer Vielzahl
von Text- und Bilddokumenten aufgezeigt. Deutlich wird herausgearbeitet,
daß die afrikanischen Kolonialsoldaten, die auf deutscher Seite standen
und von den Deutschen bezahlt wurden, die Träger kolonialer Gewalt waren
und damit die Basis der deutsch-kolonialen Machtausübung bildeten. In
globalgeschichtlicher Perspektive werden sowohl die kosmopolitischen
Vorgeschichten der Kolonialsöldner sowie Aneignungs- und
Umdeutungsprozesse in Afrika bis ins 21. Jahrhundert verfolgt und so
etablierte Wahrnehmungsregime dekonstruiert.
Neben der theoretischen Verarbeitung der Thematik werden auch
biographische Daten von Betroffenen geliefert. So interessant das
Eingehen auf die Lebensläufe der Afrikaner ist, so schwierig ist es
zuweilen, den theoretischen Schlußfolgerungen der Autorin zu folgen.
Dies trifft auch oder insbesondere auf die Bildunterschriften zu. So
fragt man sich, wie der Autorin die Idee einer »homoerotischen
Inszenierung« kommt, wenn das dazugehörige Foto »badende Askari« zeigt
oder eine Europäerin angeblich in »weiß-bourgeoiser Weiblichkeit
gekleidet« dargestellt ist oder jene Passage, wo »private Abbildungen«
eines Unteroffiziers gezeigt werden, die, so »bezeichnenderweise... zur
damaligen Zeit unveröffentlicht« blieben. Was, wenn diese überhaupt
nicht zur Veröffentlichung vorgesehen waren?
Fragwürdig ist ebenso, ob eine Postkarte mit einer Reihe kniender
Soldaten (Askaris) und einem stehenden Unteroffizier »klare
schwarz-weiß-Hierarchien« zeigt und nicht eher allgemeine militärische
Hierarchien.
Trotz dieser kritischen Anmerkung ist das Buch wärmstens zu empfehlen,
geht es doch auf eine in der deutschen Kolonialgeschichtsschreibung
wenig behandelte Problematik ein und füllt so manche Lücke darin. Bei
der Bibliographie hätte ein wenig mehr Akribie nützlich sein können. So
sind einige bibliographische Angaben unvollständig und im
Quellenverzeichnis werden zwar die Archivsignaturen aufgeführt, aber
nicht die Archive genannt.
Stefanie Michels: Schwarze deutsche Kolonialsoldaten - Mehrdeutige
Präsentationsräume und früher Kosmopolitismus in Afrika. transcript
Verlag, Bielefeld 2009, 262 Seiten, 28,80 Euro
* Aus: junge Welt, 10. August 2009
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