UN-Komitee nahm 45 Namen von Terror-Sanktionsliste
Unter österreichischem Vorsitz - Seit 1999 Strafmaßnahmen gegen Taliban und Al-Kaida - Afghanische Regierung betreibt Versöhnungspolitik
Ein UNO-Komitee unter österreichischem Vorsitz hat am
Montag (Ortszeit) 45 Einzelpersonen bzw. Gruppen, die wegen Verbindungen
zu den radikal-islamischen Taliban oder dem Terrornetzwerk Al-Kaida mit
Sanktionen belegt waren, von einer entsprechenden Liste gestrichen.
Damit schrumpfte die Liste auf 443 statt der bisher insgesamt 488 von
den UNO-Sanktionen Betroffenen, bestätigte das Komitee, wie die
österreichische Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York in
einer Aussendung mitteilte. Die Maßnahme des Sanktionenausschusses muss
noch vom UNO-Sicherheitsrat abgesegnet werden.
Bei zehn von den 45 handelt es sich um Taliban-Führer, bei 14 um
mutmaßliche Al-Kaida-Terroristen, bei 21 um Organisationen, denen
Kontakte zur Al-Kaida nachgesagt wurden. Terrorverdächtige können von
der Liste gestrichen werden, wenn sie der Gewalt abschwören, die Waffen
niederlegen, den Kontakt zu Extremistengruppen abbrechen und die
afghanische Verfassung akzeptieren.
Unter den von der Liste gestrichenen Personen sind aber auch acht, die
nicht mehr am Leben sind. Rund 30 weitere Verstorbene könnten sich noch
darauf befinden, denn "es ist nicht leicht, Tote von der Liste zu
bekommen", so Österreichs UNO-Botschafter Thomas Mayr-Harting als
Komitee-Vorsitzender. Dafür müsse es hieb- und stichfeste Beweise für
das Ableben geben. Seit 1999 waren in mehreren Resolutionen des
UNO-Sicherheitsrates die Taliban, Al-Kaida-Führer Osama Bin Laden und
ihre Gefolgsleute mit Reiseverboten, Waffenembargos und Sperren ihrer
Vermögen belegt worden.
"Jeden Fall gründlich diskutiert"
Das UNO-Gremium hatte gemeinsam mit einer Gruppe, welche die Sanktionen
überwacht, jeden einzelnen Posten auf der Liste in den vergangenen
eineinhalb Jahren wie vorgesehen geprüft. "Wir haben wirklich jeden
einzelnen Fall gründlich diskutiert", erklärte Mayr-Harting. 66 unter
den 443 bestätigten Fällen könnten demnach eventuell doch noch in den
kommenden Wochen ebenfalls von den Sanktionen befreit werden, ihre
Prüfung sei noch nicht abgeschlossen. Von den 443 übriggebliebenen Namen
werden 132 den Taliban und 311 der Al-Kaida zugerechnet.
Anfang Juni hatte eine afghanische "Friedensjirga" - eine traditionelle
Ratsversammlung, die Präsident Hamid Karzai einberufen hatte - verlangt,
insgesamt 70 Namen von Taliban von der UNO-Terrorliste zu streichen, und
Verhandlungen mit "moderaten Taliban-Führern" zu beginnen. Karzai selbst
hatte sich nach Angaben von Diplomaten dafür eingesetzt, rund ein
Dutzend Taliban von der Terrorliste des UNO-Sicherheitsrats zu
streichen, da sie entweder verstorben seien oder sich der
Regierungsseite angeschlossen hätten. Die Streichung der Namen gehört
zur Versöhnungspolitik der afghanischen Regierung. Sie will Taliban, die
der Gewalt abschwören, die afghanische Verfassung anerkennen und keine
Verbindungen zu Terroristen unterhalten, in die Gesellschaft einbinden.
Die internationale Gemeinschaft hat für die Reintegration von ehemaligen
Mitläufern der Taliban ein Programm im Umfang von rund 50 Millionen Euro
aufgelegt.
Listen-Arbeit
Russland hatte Diplomaten zufolge Bedenken geäußert, die Liste
zusammenzustreichen - mit Verweis auf eine Verwicklung in den
Drogenhandel und wegen möglicher Verbindungen zwischen den Taliban und
islamistischen Terroristen in Zentralasien und dem Kaukasus.
Richard Barret, Koordinator der Gruppe, welche die Sanktionen überwacht,
sagte, man würde die Liste weiter überprüfen sowie auch die Auswirkungen
der Streichungen auf das Sanktionenregime. Es sei schwierig gewesen,
"wirklich gute Informationen" von den afghanischen Behörden zu bekommen.
"Sie haben einige Zeit gebraucht beim Versuch uns zu übergeben, was wir
brauchten." Insgesamt seien Vertreter von 120 der 192 UNO-Mitglieder in
die Durchforstung der Liste involviert gewesen. (APA)
* Aus: Der Standard (online), 3. August 2010; http://derstandard.at
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