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Grüne wollen US-General vor Kundus-Ausschuss zitieren

SPD: Statt Kampftruppen mehr Ausbilder für Polizei und Armee

Der Oberkommandierende der US-geführten Truppen in Afghanistan, General Stanley McChrystal, soll nach dem Willen der Grünen im Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestags aussagen. Unterdessen wurden weitere Details der Bombennacht vom 4. September bekannt.

»Niemand kann besser Auskunft geben über die Frühphase der Untersuchung des Luftangriffs bei Kundus«, begründete der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Omid Nouripour, in der »Süddeutschen Zeitung« den Wunsch seiner Fraktion, McChrystal im Ausschuss anzuhören. Auch die Piloten der beiden Kampfjets, die die Bomben abgeworfen hatten, müssten demnach vorgeladen werden. Nouripour kündigte an, mit SPD und Linkspartei das Gespräch zu suchen, damit die Zeugenliste erweitert werden könne.

Beachten Sie auch die Meldungen vom 23. bis 26. Dezember in unserer tagesaktuellen Afghanistan-Chronik



Bei dem von einem Bundeswehr-Oberst angeordneten Luftangriff auf zwei von den afghanischen Taliban entführte Tanklastzüge waren nach NATO-Angaben bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter auch Zivilisten. Die »Frankfurter Rundschau« und die »Berliner Zeitung« veröffentlichten am Mittwoch Auszüge aus dem geheimen Protokoll McChrystals zu dem Angriff. Demnach machten deutsche Offiziere den angeforderten US-Bomberpiloten bewusst falsche Angaben, um mit dem Angriff fortfahren zu können. So sei wahrheitswidrig eine »Feindberührung« gemeldet worden. Zudem wurden demnach ausdrücklich nicht die Tanklaster, sondern die Menschen in deren Nähe als vorrangiges Ziel genannt.

SPD-Chef Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wandten sich in einem gemeinsamen Brief an die in Afghanistan stationierten Bundeswehr-Soldaten. »Für uns steht fest, dass die Präsenz der Bundeswehr in Afghanistan zeitlich begrenzt sein muss. Deshalb haben wir bereits im Sommer einen Plan entwickelt, der den schrittweisen Abzug der internationalen ISAF-Truppen zum Ziel hat«, heißt es in dem Schreiben. Als Voraussetzung für einen Abzug sehen Gabriel und Steinmeier aber dem Schreiben zufolge weiterhin, dass die Afghanen selbst für die Sicherheit im Land garantieren könnten. Beide sprachen den Soldaten »Dank, Respekt und Anerkennung« aus.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sprach sich für eine Aufstockung der deutschen Polizei- und Militärausbilder in Afghanistan aus. »Ich glaube, dass es notwendig ist, sowohl die Ausbildung der Polizei als auch die Ausbildung der militärischen Polizei - also der Feldjäger - verstärkt voranzutreiben«, sagte Beck der »Frankfurter Rundschau«. SPD-Chef Gabriel habe die Entsendung weiterer deutscher Soldaten keineswegs kategorisch abgelehnt, betonte Beck: »Das ist missinterpretiert worden.« Vielmehr wende sich die SPD gegen eine Aufstockung von Kampftruppen.

Zur Lösung des Afghanistan-Konflikts forderte Beck erneut einen Dialog mit »gemäßigten Taliban«. Dies hatte er bereits nach einer Afghanistan-Reise im März 2007 vorgeschlagen. Damals hatte er jedoch bei der Union und beim heutigen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nur Spott geerntet. Inzwischen plädiert zu Guttenberg selbst für diesen Dialog.

* Aus: Neues Deutschland, 24. Dezember 2009


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