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Chronik Afghanistan

Dezember 2010



Mittwoch, 1. Dezember, bis Sonntag, 5. Dezember
  • Gegen den Gründer der umstrittenen Internetplattform Wikileaks, Julian Assange, ist ein internationaler Haftbefehl erlassen worden. Dies teilte die internationale Polizeiorganisation Interpol in der Nacht zum 1. Dez. im französischen Lyon mit. Assange werde wegen der gegen ihn in Schweden erhobenen Vergewaltigungsvorwürfe gesucht. Ein Gericht in Stockholm hatte kürzlich einen Haftbefehl gegen Assange wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung von zwei Frauen ausgestellt. Die Ermittlungsleiterin bei der schwedischen Staatsanwaltschaft, Marianne Ny, hatte ihren Antrag damit begründet, dass Assange zu den Vorwürfen befragt werden müsse. Der Australier hatte die Vorwürfe stets bestritten und von einer Schmutzkampagne gegen ihn und Wikileaks gesprochen. Er ist seit geraumer Zeit untergetaucht, sein Aufenthaltsort ist unbekannt.
  • Die Wikileaks-Enthüllungen belegen laut einem Zeitungsbericht, dass US-Vizepräsident Joe Biden Deutschlands Rolle in Afghanistan massiv kritisiert hat. Biden werde in einer als "Geheim" eingestuften Depesche aus der US-Botschaft in Santiago de Chile mit den Worten zitiert, Deutschland habe in Afghanistan "völligen Mist gebaut bei der Polizeiausbildung", berichtete "Welt online" am 1. Dez. Die Depesche stammt vom 28. März 2009.
  • Wegen Schüssen auf Zivilisten in Afghanistan ist ein US-Soldat zu neun Monaten Haft verurteilt worden. Der 25-Jährige wurde von einem US-Militärgericht am 1. dez. zugleich degradiert, er darf aber in der Armee bleiben. Er hatte sich zuvor entsprechend einer Absprache mit der Anklage für schuldig erklärt. Unter anderem gab der Angeklagte zu, bei seinem Einsatz in Afghanistan "in Richtung von Männern geschossen zu haben, die eher Zivilisten als feindliche Kämpfe zu sein schienen". In dem Deal mit der Staatsanwaltschaft sagte der 25-Jährige auch zu, gegen ehemalige Kameraden auszusagen, denen schwerere Verbrechen vorgeworfen werden. Sie sollen in der Provinz Kandahar im Süden Afghanistans drei Zivilisten getötet und anschließend deren Leichen geschändet haben. Der Anklage zufolge töteten die Soldaten die Zivilisten zum Vergnügen.
    Die US-Regierung betrachtet die Vorwürfe wegen möglicher Auswirkungen auf die öffentliche Meinung in Afghanistan mit Sorge. Ein Pentagon-Sprecher hatte die mutmaßlichen Taten als "Verirrung" bezeichnet, die keinesfalls für das Vorgehen der mehr als 100.000 US-Soldaten in Afghanistan stünden.
  • Eine britische Geisel, die bei einer missglückten Befreiungsaktion in Afghanistan ums Leben kam, starb nach britischen Regierungsangaben durch eine Granate der US-Armee. Linda Norgrove sei an den Folgen von Kopf- und Brust-Verletzungen durch Splitter gestorben, sagte der britische Außenminister William Hague am 2. Dez. vor dem britischen Unterhaus in London. Die Untersuchungen hätten eindeutig ergeben, dass die Verletzungen durch eine Granate verursacht worden seien. Gegen die an der missglückten Befreiungsaktion beteiligten Soldaten einer US-Spezialeinheit seien disziplinarische Maßnahmen ergriffen worden. Sie seien bestraft worden, weil sie keinen vollständigen Bericht des Einsatzes abgeliefert hätten.
  • Deutschland steuert 30 Millionen Euro für die Bezahlung von afghanischen Polizisten bei. Nach Angaben des Auswärtigen Amts wurde am 2. Dez. in Kabul eine entsprechende Vereinbarung über die deutsche Beteiligung an einem internationalen Treuhandfonds für Polizistengehälter in Afghanistan unterzeichnet. Die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte könne nur gelingen, wenn das Land "über gut ausgebildete und angemessen bezahlte Polizistinnen und Polizisten verfügt", erklärte Außenminister Guido Westerwelle (FDP). "Angemessene Gehälter tragen entscheidend zur Vorbeugung von Korruption bei."
  • Weltweit sind nach einer Studie für die UN immer mehr Länder in Kriege verwickelt. Die Konflikte werden aber schneller beendet und kosten deutlich weniger Menschenleben als früher. «In den fünfziger Jahren starben in jedem Krieg noch durchschnittlich 10 000 Menschen. Im neuen Jahrtausend waren es weniger als 1000», sagte Andrew Mack am 2. Dez. in New York. Der kanadische Wissenschaftler hatte im Auftrag der Regierungen von Schweden, Norwegen, Kanada und Großbritannien die Entwicklung von Kriegen untersucht. Zwar stimme die Behauptung, dass in den vergangenen Jahren mehr Länder im Krieg waren als jemals zuvor seit Ende des Zweiten Weltkrieges. «Das heißt aber nicht, dass es mehr Kriege gibt, es gibt sogar weniger», sagte Mack. Allerdings seien heute mehr Nationen beteiligt, weil öfter Staatengemeinschaften eingriffen. «Das gilt für den Golfkrieg 1991, den Irakkrieg, den Krieg in Afghanistan und andere.»
    Die weltweite Wirtschaftskrise hat der Studie zufolge nicht zu mehr Kriegen in der Dritten Welt geführt. Alle Regionen mit Entwicklungsländern hätten sich als «bemerkenswert robust» erwiesen, sagte Mack. «Das vielleicht wichtigste Ergebnis unserer Studie: Größere Kriege mit mehr als 1000 Toten im Jahr sind seit 1988 um 78 Prozent zurückgegangen.»
  • Dass Korruption in Afghanistan bis in höchste Regierungskreise grassiert, gilt als bekannt - doch das nun enthüllte Ausmaß von Bestechung, Erpressung und Veruntreuung ist auch für Diplomaten in Kabul schockierend.
    So übermittelte die US- Botschaft im Januar, nur ein Minister stehe nicht unter Korruptionsverdacht. Das geht aus Dokumenten hervor, die die Internetplattform Wikileaks nach Angaben der «New York Times» (Freitag, 3. Dez.) veröffentlichte. Schwere Bedenken wurden erneut gegen den afghanischen Staatspräsidenten Hamid Karsai laut. Ein Regierungsvertreter in Kabul habe einem staunenden Diplomaten ein «Vier-Stufen-Modell» der Korruption erklärt. Demnach werde bei US-Entwicklungsprojekten mehrfach abkassiert: zunächst bei der Ausschreibung eines Bauvorhabens, dann bei Auftragsvergabe, während des Baus und ein weiteres Mal, wenn das Projekt eingeweiht wird, heißt es in dem Bericht der Zeitung.
    Erneut werde in den US-Dokumenten deutlich, dass das Übel höchste Stellen erfasst: In der afghanischen Regierung hat demnach nur der bis heute amtierende Landwirtschaftsminister Asif Rahimi eine weiße Weste, der auch in Kabul durchweg einen guten Ruf genießt. Anders als Präsident Karsai, der laut einer US-Depesche von Mitte 2009 fünf Grenzpolizisten begnadigt haben soll, die mit über 120 Kilogramm Heroin erwischt worden seien. Hintergrund: Der Sohn eines einflussreichen Karsai-Unterstützers soll in den Fall verwickelt gewesen sein.
    Der US-Botschafter in Kabul, Karl W. Eikenberry, habe demnach im Oktober 2009 in Richtung Washington gefragt: Wie soll man Korruption bekämpfen und die Akzeptanz der Regierung bei den Afghanen erhöhen, wenn die Schlüsselfiguren in der Regierung selbst korrupt seien.
    Korruption und Bestechung nähmen solche Formen an, dass die Suche nach «ehrlichen Partnern» oft vergeblich sei. So habe laut einer vertraulichen Diplomatendepesche aus dem Jahr 2009 ein amtierender Gouverneur in der südöstlichen Provinz Chost geklagt, dass er seinen Job nicht behalten könne, da ihm 200 000 bis 300 000 Dollar Bestechungsgeld fehlten.
    Ein weiteres Beispiel nach Angaben der «New York Times»: Das afghanische Verkehrsministerium nehme landesweit 200 Millionen Dollar im Jahr an Lastwagensteuern ein. Doch lediglich 30 Millionen Dollar würden an die Regierung in Kabul abgeführt.
  • US-Präsident Barack Obama ist zu einem vorab nicht angekündigten Besuch in Afghanistan eingetroffen. Im Schutz der Dunkelheit landete der Präsident am 3. Dez. unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP vor Ort berichtete. Im Verlauf des dreistündigen Besuchs sprach Obama mit US-Soldaten und beriet telefonisch mit Afghanistans Präsident Hamid Karsai. - Das Weiße Haus arbeitet derzeit an einer Bestandsaufnahme seiner Afghanistan-Strategie, die noch vor Weihnachten beendet sein soll. Obama hat bei seinem Besuch eingeräumt, dass der Militäreinsatz in Afghanistan nicht mit dem gewünschten Tempo vorankommt. "Vor uns liegen schwierige Tage", sagte Obama.Er zeigte sich aber überzeugt, dass die internationale Koalition im Kampf gegen die Taliban die Oberhand behält.
    Belastet wurde das US-afghanische Verhältnis in den vergangenen Tagen durch die Veröffentlichung vertraulicher US-Depeschen auf der Internetplattform Wikileaks, in denen US-Diplomaten den afghanischen Präsidenten als unzuverlässig und mental instabil sowie dessen Regierung als zutiefst korrupt bezeichnet hatten. Für Obama ist es die zweite Afghanistan-Visite seit Beginn seiner Präsidentschaft.
  • Die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte kommt nach Ansicht von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gut voran. Bei der Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei sei die Bundeswehr derzeit weiter als ursprünglich geplant, sagte der CSU-Politiker am 5. Dez. dem Deutschlandfunk. Die internationalen Truppen hätte das Ziel, "bis Ende 2011 über 300.000 afghanische Sicherheitskräfte auszubilden. Hier sind wir, was den militärischen Aspekt anbelangt, auf gutem Wege", sagte Guttenberg.
  • Die EU-Staaten haben nach Angaben von US-Diplomaten die Hoffnung in einen Erfolg der Mission in Afghanistan aufgegeben. Unter Berufung auf vertrauliche Depeschen des US-Außenministeriums, die vergangene Woche von Wikileaks veröffentlicht worden waren, berichtete die Zeitung "Le Soir" am 5. Dez., EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy habe dieses Stimmungsbild in einem Gespräch mit dem US-Botschafter in Belgien, Howard Gutman, gezeichnet. "Niemand in Europa glaubt mehr an Afghanistan", sagte van Rompuy demnach am 4. Januar dieses Jahres. Damals schied van Rompuy gerade aus dem Amt des belgischen Regierungschefs, um EU-Ratspräsident zu werden.
Montag, 6. Dezember, bis Sonntag, 12. Dezember
  • Bei einem Doppel-Selbstmordanschlag auf Taliban-Gegner im unruhigen Nordwesten Pakistans sind am 6. Dez. mindestens 40 Menschen getötet worden. Wie örtliche Behördenvertreter weiter mitteilten, gab es rund 60 Verletzte. Der Angriff richtete sich demnach gegen ein Treffen regierungsnaher Stammesführer und führender Mitglieder einer Anti-Taliban-Miliz in Ghalanai im Distrikt Mohmand. Den Angaben zufolge sprengten sich die beiden Selbstmordattentäter im Gebäude der örtlichen Verwaltung in die Luft. Die dort versammelten Stammesführer gehörten einem Friedenskomitee an. Solche Friedenskomitees setzen in den an Afghanistan grenzenden pakistanischen Stammesgebieten im Nordwesten des Landes in der Regel Anti-Taliban-Milizen ein.
  • Die NATO will auch im harten afghanischen Winter den Druck auf die radikalislamischen Taliban aufrechterhalten. In den kommenden drei Monaten werde die internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) "überall" im Land gegen die Taliban kämpfen, besonders in deren Hochburgen im Süden und Osten, sagte der deutsche Brigadegeneral Josef Blotz am 6. Dez. in der afghanischen Hauptstadt Kabul. "Wir jagen sie überall, wo wir sie finden können", sagte Blotz der Nachrichtenagentur AFP. Die ISAF mache Fortschritte, aber diese müssten auch gefestigt werden.
  • Private Sicherheitsfirmen sollen nun doch weiter in Afghanistan tätig sein dürfen. Das Innenministerium in Kabul gab am 6. Dez. bekannt, alle 52 derzeit im Land zugelassenen privaten Firmen sollten weiter für die Sicherheit ausländischer Truppen, der UN-Mission, Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen, Botschaften und westlichen Mediengesellschaften zuständig sein. Sicherheitsfirmen, gegen die Strafverfahren anhängig sein, könnten von dieser Erlaubnis ausgenommen werden.
  • Neun Jahre nach dem Einmarsch der US-Armee in Afghanistan ist das Ansehen des Westens in der dortigen Bevölkerung auf dem Tiefpunkt. Wie aus einer von WDR/ARD, ABC, BBC und "Washington Post" am 6. Dez. veröffentlichten Umfrage hervorgeht, stellen zwei Drittel der repräsentativ befragten Afghanen den USA und ihren Verbündeten ein negatives Zeugnis aus. Im Einsatzgebiet der Bundeswehr im Nordosten des Landes haben demnach nur noch 46 Prozent ein positives Bild von Deutschland, bei der Sympathiefrage im Sommer 2007 waren es noch 75 Prozent gewesen.(Lesen Sie hier mehr: NATO in Afghanistan unerwünscht.)
  • Zwei Soldaten der Bundeswehr sind bei einem Feuergefecht in der nordafghanischen Provinz Baghlan verletzt worden. Wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am 6. Dez. mitteilte, wurden die Soldaten während eines Einsatzes rund acht Kilometer nordwestlich des Lagers des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) in Pol-e-Chomri mit Handfeuerwaffen und Panzerabwehrwaffen unter Beschuss genommen. Dabei seien zwei Soldaten verletzt und zur medizinischen Versorgung in das Feldlazarett des PRT in Pol-e-Chomri gebracht worden, erklärte die Bundeswehr. Es bestehe aber keine Lebensgefahr. Zudem sei ein Schützenpanzer vom Typ Marder beschädigt worden.
  • Der Kommandeur der Afghanistan-Schutztruppe ISAF, US-General David Petraeus, hat Zweifel am Zeitplan der NATO für einen Abzug aus Afghanistan geäußert. Derzeit sei es noch nicht absehbar, ob ein Abzug wie geplant bis 2014 erfolgen könne, sagte Petraeus in einem Interview mit dem Sender ABC am6. Dez.: "Bei einem derartigen Unternehmen gibt es keine Gewissheiten, und ich wäre nicht ehrlich, wenn ich das nicht einräumen würde." Auf Nachfrage weigerte sich Petraeus zu sagen, er sei "zuversichtlich", dass das Zieldatum eingehalten werde. Den Widerstand der radikalislamischen Taliban gegen die ausländischen Truppen bezeichnete Petraeus in dem Interview als "zäh". Seien sie an einem Ort geschlagen, tauchten sie an einem anderen Ort wieder auf, sagte er. Nach der US-Truppenaufstockung um 30.000 Soldaten umfasst Petraeus' Truppe am Hindukusch inzwischen fast 150.000 Soldaten.
  • Der britische Premierminister David Cameron ist am 7. Dez. zu einem Besuch in Afghanistan. Er will sich bei dem vorher nicht angekündigten Besuch über die Lage vor Ort informieren. Laut dem Rundfunksender BBC zeigte sich der Regierungschef optimistisch angesichts des Vorhabens, im kommenden Jahr mit dem Abzug der britischen Truppen aus Afghanistan zu beginnen.
    Großbritannien stellt mit etwa 10.000 Soldaten nach den USA das zweitgrößte Kontingent der internationalen Truppen in Afghanistan. Im Rahmen umfassender Kürzungen im Staatshaushalt will London auch bei den Verteidigungsausgaben sparen.
  • Nach wochenlangem Katz- und Mausspiel hat sich Wikileaks-Gründer Julian Assange am 7. Dez. in London der Polizei gestellt. Scotland Yard gab die Verhaftung des 39-jährigen Australiers bekannt, ein Londoner Gericht entschied am Nachmittag, dass er vorläufig inhaftiert bleibt.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat die Verhaftung des Wikileaksgründers Julian Assange durch die britische Polizei begrüßt. Das klinge "nach einer guten Nachricht", sagte Gates am 7. Dez. während eines Besuchs in Afghanistan auf die Frage von Journalisten nach seiner Reaktion. Gates befand sich zu einem Besuch bei US-Truppen im Lager Connolly.
  • Ab 2011 will der der Deutsche Fußballbund (DFB) regelmäßig deutsche Soldaten und Angehörige von Soldaten, die im Afghanistan-Krieg eingesetzt, verwundet oder getötet wurden, zu Länderspielen der Nationalmannschaft einladen. Eine entsprechende Vereinbarung hatten der frühere Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe, mit DFB-Funktionären am Rande des Länderspiels Türkei gegen Deutschland im Oktober getroffen, bestätigte ein DFB-Sprecher der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Ausgabe vom 8. Dez.). Der Fußballverband betrachte das als Geste der Unterstützung für die deutschen Soldaten.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf einem Markt im unruhigen Nordwesten Pakistans sind am 8. Dez. mindestens 17 Menschen getötet und 20 verletzt worden. Nach Polizeiangaben richtete sich der Angriff in der Garnisonsstadt Kohat gegen einen als Taliban-Gegner bekannten Stammesführer. Bei den meisten Opfern handelte es sich demnach um Insassen eines Busses, der sich auf dem örtlichen Busbahnhof befand.
    Vor zwei Tagen (siehe oben: 6. Dez. waren in der an Afghanistan grenzenden Region bei einem Doppel-Selbstmordanschlag auf Taliban-Gegner im Distrikt Mohmand 43 Menschen getötet worden. Zu dem Anschlag bekannten sich die Taliban.
  • Wegen angeblichen Ehebruchs haben die Taliban im nordafghanischen Einsatzgebiet der Bundeswehr erneut eine Frau hingerichtet. Nach Angaben des Gouverneur des Distrikts Chodscha Ghar vom 8. Dez. stürmten Aufständische das Haus der 33-Jährigen. Sie hätten die Frau, der sie außereheliche sexuelle Beziehungen vorwarfen, verschleppt und erschossen. Im vergangenen August hatten Taliban in der Provinz Kundus nach Regierungsangaben ein unverheiratetes Liebespaar öffentlich gesteinigt.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat bei einem Besuch in Afghanistan am 8. Dez. ein positives Bild der Lage gezeichnet. Der Fortschritt übertreffe die Erwartungen, sagte er in Kabul. Die Taliban kontrollierten wesentlich weniger Territorium als noch vor einem Jahr. Gates lobte besonders die afghanischen Streitkräfte, die verstärkt an der Führung der Operation mitwirkten.
  • Im Internet sind am 8. Dez. Videoaufnahmen der afghanischen Taliban aufgetaucht, die offenbar den vor anderthalb Jahren in Afghanistan entführten US-Soldaten Bowe Bergdahl zeigen. Die bislang unbekannten Aufnahmen zeigten offenbar den US-Soldaten und einen Taliban-Kommandeur, teilte das US-Unternehmen IntelCenter mit, das auf die Überwachung islamistischer Webseiten spezialisiert ist.
  • Die USA haben Deutschland im Fall des vom US-Geheimdienst nach Afghanistan verschleppten Khaled el Masri erheblich unter Druck gesetzt, um eine Festnahme von CIA-Agenten zu verhindern. Das geht aus den von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichten US-Diplomatendepeschen hervor, aus denen die «New York Times» am 8. Dez. online zitiert. US-Diplomat John M. Koenig von der Botschaft in Berlin habe die deutsche Regierung dabei gewarnt, mit Blick auf den Deutsch-Libanesen «bei jedem Schritt sorgsam die Folgen für die Beziehungen mit den USA abzuwägen».
    In Gesprächen mit deutschen Stellen hätten US-Vertreter «die potenziell negativen Implikationen für unser bilaterales Verhältnis hervorgehoben, vor allem für unsere Anti-Terror-Kooperation, wenn weitere Schritte in Richtung Festnahme oder Auslieferung von US-Bürgern/Beamten unternommen werden». Laut «New York Times» zeigen die Depeschen, was lange vermutet wurde. Dass intensiver politischer Druck aus Washington der Grund war, das 13 mutmaßliche CIA-Mitarbeiter nie festgenommen und ausgeliefert wurden.
    El Masri war 2004 vom US-Geheimdienst nach Afghanistan verschleppt worden. Dort wurde er fast sechs Monate gefangen gehalten. Nach der Rückkehr nach Deutschland hatte er im 2007 in einem Neu-Ulmer Großmarkt Feuer gelegt und war zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Nachdem er dann 2009 den Neu-Ulm Oberbürgermeister Gerald Noerenberg (CSU) in dessen Dienstzimmer angegriffen und erheblich verletzt hatte, wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt.
  • In der SPD bahnt sich wenige Wochen vor der Bundestagsabstimmung Streit über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr an. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) forderte die Abgeordneten der Bundestagsfraktion auf, einer weiteren Verlängerung nicht zuzustimmen, wie "Spiegel Online" am 9. Dez. berichtete. In einem Schreiben an Generalsekretärin Andrea Nahles sowie die SPD-Landesvorsitzenden verlangte Sellering demnach einen "schnellstmöglichen Abzug der Bundeswehr". SPD-Verteidigungsexperten warnten indes vor einer überstürzten Ablehnung der Mandatsverlängerung.
  • Die Bundesregierung muss sich nicht um die Auslieferung der an der Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri beteiligten CIA-Agenten bemühen. Das Kölner Verwaltungsgericht wies eine Klage El Masris gegen die Bundesrepublik Deutschland mit Urteil vom 7. Dezember ab, berichtete dpa am 10. Dez. Die Entscheidung der Bundesregierung, bei den USA keinen Auslieferungsantrag zu stellen, sei rechtmäßig gewesen, teilte ein Gerichtssprecher am Freitag mit (AZ: 5 K 7161/08). El Masri war 2004 vom US-Geheimdienst nach Afghanistan verschleppt worden.
  • Die SPD fordert die Bundesregierung auf, im Jahr 2011 die flexible Reserve der Bundeswehr für den Afghanistan-Einsatz aufzulösen und bereits im gleichen Jahr mit der Reduzierung des Truppenkontingents zu beginnen. Andernfalls werde sie die Bundesregierung in ihrer Afghanistan-Politik nicht länger unterstützen, sagte Martin Schulz, der im SPD-Präsidium für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig ist, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 11. Dez.). "Wir haben im Einklang mit amerikanischen Abzugsplänen darauf gedrängt, dass auch die Bundesregierung 2011 mit dem Abzug beginnt", sagte der SPD-Politiker. Dem müssten nun auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) folgen. Neben der Auflösung der Reserve von 350 Soldaten fordert die SPD, dass "mit jedem Schritt der Übergabe von Verantwortung an die Afghanen in einzelnen Provinzen auch die Zahl deutscher Soldaten reduziert wird". Das müsse schon 2011 und nicht wie von Westerwelle angekündigt erst 2012 geschehen.
  • Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind mindestens 15 Zivilisten getötet worden. Wie ein Sprecher der Provinz Helmand am 11. Dez. mitteilte, wurden mindestens vier Menschen verletzt. Unter den Opfern seien auch Kinder. Den Angaben zufolge explodierte der Sprengsatz am Abend des 10. Dez. an einer Straße, als ein Lastwagen mit Zivilisten gerade vorbeifuhr. Der Sprecher machte die radikalislamischen Taliban für den Anschlag verantwortlich.
  • Die Bundesregierung ist offenbar unzufrieden mit der Führung Afghanistans unter Präsident Hamid Karsai. "Nach wie vor sind die Fortschritte im Bereich gute Regierungsführung gering", heißt es nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Ausgabe vom 11. Dez.) in einem Bericht, der am 13. Dez. allen Bundestagsabgeordneten vorgelegt werden soll. Erstmals präsentiere die Bundesregierung damit einen umfassenden Fortschrittsbericht über die Lage in Afghanistan, schreibt das Blatt.
  • Bei einem Rebellenanschlag in Südafghanistan sind am 12. Dez. sechs NATO-Soldaten getötet worden. Das teilte die internationale Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) mit, machte jedoch keine Angaben zu den Umständen des Vorfalls und zur Nationalität der getöteten Soldaten. Für die internationalen Truppen handelt es sich um einen der blutigsten Anschläge seit ihrem Einmarsch in das Land im Kampf gegen die Taliban 2001.
Montag, 13. Dezember, bis Sonntag, 19. Dezember
  • Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist am 13. Dez. zu einem nicht angekündigten Besuch bei der Bundeswehr in Nordafghanistan eingetroffen. Begleitet werde der Minister von seiner Ehefrau Stephanie sowie den Ministerpräsidenten David McAllister aus Niedersachsen und Wolfgang Böhmer aus Sachsen-Anhalt (beide CDU), teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin mit. Guttenberg traf zunächst in Masar-i-Scharif ein, dem Sitz des Regionalkommandos Nord. Anschließend reiste er mit seiner Delegation weiter ins Feldlager Kundus.
    Nach Angaben des Verteidigungsministeriums will Guttenberg den Besuch nutzen, um mit den Soldaten ins Gespräch zu kommen und die Lage der Truppe in der Vorweihnachtszeit vor Ort einzuschätzen. Seine Ehefrau Stephanie begleite ihn, um sich einen Eindruck von den Betreuungseinrichtungen der Bundeswehr für Familien zu verschaffen. Außerdem wolle sie mit Soldatinnen sprechen, um sich ein Bild von den besonderen Anforderungen an Frauen im Einsatz zu machen.
    Die Reise ist der siebte Besuch des Verteidigungsministers in Afghanistan seit seinem Amtsantritt Ende Oktober 2009. Zuletzt hatte Guttenberg Anfang November den Norden Afghanistans besucht.
  • Sat.1-Talker Johannes B. Kerner ist überraschend nach Afghanistan gereist. Er gehört nach Angaben des Verteidigungsministeriums zur Delegation von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der am 13. Dez. mit seiner Frau Stephanie zu einem Überraschungsbesuch bei den deutschen Soldaten in Afghanistan eingetroffen war. Der Moderator sollte in Afghanistan eine Ausgabe seiner Sat.1-Talkshow «Kerner» mit Guttenberg aufzeichnen. Nach Angaben eines Ministeriumssprechers gab es eine Anfrage der Redaktion. Diese sei im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit angenommen worden. Das Format sei geeignet, die Öffentlichkeit über die Besonderheiten des Einsatzes in Afghanistan "durch das unmittelbare Gespräch mit den Soldatinnen und Soldaten zu informieren", sagte der Sprecher zur Begründung.
  • Die ungewöhnliche Delegation von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei seinem jüngsten Afghanistan-Besuch hat auch bei den Spitzen der Opposition Kritik hervorgerufen. Er halte es für "vollkommen unangemessen", dass der Minister in Begleitung seiner Ehefrau und des Talkmasters Johannes B. Kerner nach Afghanistan gereist sei, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am 13. Dez. in Berlin. "Ich finde, Frau Katzenberger fehlt noch. Da hätten wenigstens die Soldaten was davon", sagte Gabriel. Das aus Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz stammende TV-Sternchen nennt sich selbst die "natürlichste unnatürliche Blondine der Welt". Kritik kam auch von den GRÜNEN und der LINKEN.
  • Der US-Spitzendiplomat Richard Holbrooke ist tot. Der 69-jährige Sondergesandte für Pakistan und Afghanistan sei nach einer schwierigen Operation an der Hauptschlagader am Abend des 13. Dez. in einem Krankenhaus in Washington gestorben, berichtete der US-Fernsehsender CNN unter Berufung auf einen hochrangigen US-Beamten.
  • Wikileaks-Gründer Julian Assange kommt am 14. Dez. nach der Entscheidung eines Londoner Gerichts auf Kaution und gegen strenge Auflagen aus britischer Untersuchungshaft frei.
  • Die Zahl der getöteten NATO-Soldaten in diesem Jahr in Afghanistan hat einen neuen Rekordstand von mehr als 700 erreicht. Mit Stand vom 14. Dez. kamen Berechnungen der Nachrichtenagentur AFP auf Basis der Internetseite icasualties.org zufolge am Hindukusch in diesem Jahr bereits 701 Soldaten der internationalen Schutztruppe ISAF ums Leben. Im Schnitt starben also täglich zwei ISAF-Soldaten beim Einsatz in Afghanistan.
  • Der Bundeswehreinsatz am Hindukusch verliert bei der deutschen Bevölkerung weiter an Rückhalt: 71 Prozent der Deutschen fordern einen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan laut einer aktuellen forsa-Umfrage im Auftrag von SAT.1. Im Vergleich zum April 2010 ist das eine Steigerung um 9 Prozentpunkte. (ots, 15. Dez.)
  • Wenige Tage nach dem offenbar islamistisch motivierten Selbstmordanschlag in Stockholm hat das schwedische Parlament den Afghanistan-Einsatz um ein Jahr bis Ende 2011 verlängert. Die Entscheidung am 15. Dez. wurde von allen Parteien mit Ausnahme der rechtsextremen Schwedendemokraten und der "postkommunistischen" Linkspartei mitgetragen. Der Text sieht vor, dass das schwedische Kontingent für die ISAF-Truppe weiter rund 500 Soldaten umfasst. Die Höchstgrenze für die am Hindukusch eingesetzten schwedischen Kräfte soll bei 855 Soldaten bestehen bleiben.
  • Die US-Geheimdienste haben in von US-Medien veröffentlichten vertraulichen Dokumenten eine pessimistische Einschätzung der Lage in Afghanistan abgegeben. Die gemeinsamen Lageberichte der 16 US-Geheimdienste bewerten es als besonders problematisch, dass radikalislamische Taliban ungestraft vom Nachbarland Pakistan, einem Verbündeten der USA, agieren können, wie die "New York Times" und die "Los Angeles Times" am 15. Dez. berichteten. Von Pakistan aus würden sie Angriffe auf internationale Truppen in Afghanistan planen und ausführen.
  • Rund ein Jahr nach Verkündung seiner neuen Strategie für den Afghanistan-Krieg zieht US-Präsident Barack Obama eine ausführliche Zwischenbilanz. Das Weiße Haus kündigte an, am 16. Dez. eine für die Öffentlichkeit bestimmte Version eines Fortschrittsbericht über den Konflikt am Hindukusch herauszugeben. Obama werde dazu am späten Vormittag (16. Dez.) eine Erklärung abgeben. Medienberichten zufolge zeigt der Report neben Erfolgen im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban auch viele Probleme auf. (Hier geht es zur Rede Obamas: "Wir sind auf dem richtigen Weg".)
  • Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat für die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan geworben. Es gebe "Licht und noch immer viel zu viel Schatten" in dem Land am Hindukusch, sagte Westerwelle bei seiner Regierungserklärung am 16. Dez. im Bundestag. Es bestehe aber Grund zur Annahme, dass die internationale Gemeinschaft ihre Ziele erreiche. (Siehe hierzu: Eingeständnis des Scheiterns des Afghanistankrieges.)
  • Die internationalen Truppen in Afghanistan haben laut dem neuen US-Lagebericht zur Situation am Hindukusch den Vormarsch der Taliban in Afghanistan gestoppt. Die "Dynamik, die die Taliban in den vergangenen Jahren erreicht haben", sei in vielen Landesteilen gebrochen und "in einigen Schlüssel-Gebieten umgekehrt" worden, hieß es in dem Lagebericht, der US-Präsident Barack Obama am 16. Dez. in Washington vorgelegt wurde. Die Fortschritte seien allerdings weiterhin "fragil und umkehrbar". Den Bericht hatte Obama im Dezember 2009 in Auftrag gegeben, nachdem er die neue US-Strategie für Afghanistan festgelegt hatte. Damals entschied er, die Zahl der US-Soldaten am Hindukusch drastisch auf 100.000 zu erhöhen. (Hier geht es zum Lagebericht der US-Regierung: "Our strategy ...".)
  • Der Sondereinsatz von TV-Talker Johannes B. Kerner in Afghanistan hat sich für Sat.1 kaum bezahlt gemacht. Seine «Kerner Spezial»-Sendung mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und einigen Bundeswehrsoldaten als Gästen in Masar-i-Scharif interessierte am 16. Dez. zu später Stunde ab 23.10 Uhr durchschnittlich 1,01 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 7,2 Prozent). Es wirkte "ein wenig militär-museal" (dpa), als Kerner und Guttenberg sich zum Gespräch trafen. Sie nahmen Platz unter einem großen Zeltdach, hinter ihnen einige Einsatzfahrzeuge drapiert, darunter ein Hubschrauber und ein Panzer, fein säuberlich als Kulisse aufgebaut. Auf der anderen Seite vor der Talkbühne hatten einige Soldaten in Uniform Platz genommen und lauschten ihrem Verteidigungsminister, der in grauem Pullover mit Reißverschluss und heller Hose sich die Sorgen der Soldaten anhörte.
  • Siemens (SIEMENS.BO - Nachrichten) verkauft seine 49-Prozent-Beteiligung am Leopard-Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) an die Münchner Wegmann-Gruppe, die bereits 51 Prozent hält. Wegmann ist damit alleiniger Eigentümer der größten Panzerschmiede Europas. Krauss-Maffei Wegmann stellt neben dem schweren Kampfpanzer Leopard die Panzerhaubitze 2000, das Spähfahrzeug Fennek und den in Afghanistan eingesetzten Dingo ein. Die Bundeswehr wartet zudem auf den neuen Schützenpanzer Puma. Krauss-Maffei Wegmann beschäftigt 3.400 Mitarbeiter in Deutschland (den größten Teil in Kassel, einen Teil in München), den Niederlanden, Griechenland und den USA. (dapd, 17. Dez.)
  • Die umstrittene US-Privatsicherheitsfirma Xe, die früher unter dem Namen Blackwater firmierte, hat einen neuen Besitzer. Eine Investorengruppe kaufte das Unternehmen von seinem Gründer, dem früheren Marineangehörigen Erik Prince, wie das New Yorker Investmentunternehmen USTC Holdings am Freitag (17. Dez.) mitteilte. Prince werde aus der Firma ausscheiden. Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht. Xe und sein Vorgänger Blackwater zählten zu den bekanntesten privaten Sicherheitsdienstleistern, welche die US-Armee bei ihren Einsätzen im Irak und in Afghanistan einsetzte.
  • Die Zahl der in Behandlung befindlichen Bundeswehrsoldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen hat einen Höchststand erreicht. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums bestätigte einen Bericht der Zeitung "Die Welt" (17. Dez.), wonach in den ersten elf Monaten des Jahres 655 Soldaten wegen PTBS behandelt wurden. Im Gesamtjahr 2009 waren es 466 gewesen. Die meisten der betroffenen Soldaten, insgesamt 501, waren im Afghanistan-Einsatz. Die hohe Zahl der Betroffenen erklärte der Sprecher mit der gestiegenen Intensität der Vorfälle im Einsatz, aber auch mit einem offeneren Klima bei der Bundeswehr, in dem sich Soldaten eher trauten, seelische Probleme anzusprechen.
  • Die Taliban haben einen Bericht der US-Regierung zu der im vergangenen Jahr beschlossenen neuen Afghanistan-Strategie in dem Land als unwahr zurückgewiesen. "Alle Welt weiß, dass die Wirklichkeit hinsichtlich militärischer Fortschritte anders aussieht", als sie in dem Bericht beschrieben werde, erklärten afghanische Taliban-Führer am 17. Dez. in einer Mitteilung. Die US-Strategie habe nicht nur im militärischen, sondern auch im zivilen und administrativen Bereich versagt. Sie diene lediglich dazu, der "Marionettenregierung" von Präsident Hamid Karsai die Macht zu sichern und führe zu "Korruption, Unsicherheit und der Tötung tausender Zivilisten".
  • Bei drei US-Drohnenangriffen sind in Pakistan nach Behördenangaben mindestens 25 mutmaßliche Aufständische getötet worden. Ziele der unbemannten Flugzeuge waren demnach drei Dörfer im Tirah-Tal im Khyber-Distrikt im Nordwesten des Landes. Die US-Streitkräfte greifen in der Region immer wieder mutmaßliche Stützpunkte von Islamisten an. Beim ersten Angriff wurden nach Angaben der Sicherheitsdienste vom 17. Dez. Häuser im Gebiet Sipah zerstört und mindestens sechs Aufständische getötet. Durch zwei von einem weiteren Flugzeug abgefeuerten Raketen auf ein Wohngebiet in Malakdin Khel seien 13 Aufständische ums Leben gekommen.
    Bei einem dritten Angriff auf das Dorf Sandana wurden den Angaben zufolge sechs Aufständische getötet. Das Dorf liegt an einer wichtigen Route zur Versorgung der NATO-Truppen in Afghanistan mit Nachschub. Bereits am 16. Dez. waren im Tirah-Tal sieben Menschen durch einen US-Drohnenangriff ums Leben gekommen.
  • Das US-Repräsentantenhaus hat für das Jahr 2011 Ausgaben von fast 160 Milliarden Dollar (121 Milliarden Euro) für die Kriege im Irak und in Afghanistan genehmigt. Das Verteidigungsministerium ist bei der Verwendung der Gelder an keine besonderen Einschränkungen bezüglich der Art der Operationen gebunden. Die Zustimmung wurde am 17. Dez. erteilt, nachdem sich die Demokraten zum Verzicht auf mehrere Klauseln bereit erklärt hatten, unter anderem auf eine Regelung, die es Soldaten erlaubt hätte, im Dienst offen zu Homosexualität zu stehen. Es wurde erwartet, dass auch der Senat in seiner letzten Sitzung vor Jahresende noch die Zustimmung zu dem Budget erteilen würde.
  • Nach Morddrohungen hat der enttarnte Chef des Büros des US-Geheimdienstes CIA nach einem Bericht der «New York Times» überstürzt Pakistan verlassen. Wie die Zeitung am 17. Dez. weiter berichtete, verdächtigen US-Beamte den pakistanischen Geheimdienst ISI, eine Rolle bei der Enttarnung der Identität des Mannes gespielt zu haben. Der Agent sei am 16. Dez. aus Islamabad in die USA zurückgekehrt. Die «Washington Post» zitierte einen US-Beamten mit den Worten, «die terroristischen Drohungen in Pakistan gegen ihn waren so ernsthafter Natur, dass es unklug gewesen wäre, nicht zu handeln». Die Affäre hänge mit den Angriffen unbemannter US-Drohnen zusammen. Der Agent habe mehrere Morddrohungen erhalten, nachdem er in einer Klage von Familienmitgliedern von Opfern eines Drohnenangriffs namentlich identifiziert worden sei.
  • Ein Soldat der Bundeswehr ist in Afghanistan offenbar bei einem Unfall ums Leben gekommen. Das teilte das Einsatzführungskommando am 18. Dez. in Geltow bei Potsdam mit. Eine Gefechtssituation habe nicht vorgelegen, hieß es. Der Soldat wurde mit einer Schusswunde schwer verletzt in einem Außenposten aufgefunden. Er wurde per Hubschrauber in das Feldlager Pol-e-Khomri gebracht. Dort starb der 21-jährige Hauptgefreite bei einer Notoperation. Die Angehörigen wurden informiert. Der Zwischenfall soll nun untersucht werden.
    Die Bundeswehr hat damit 45 Tote in Afghanistan zu beklagen.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem überraschenden Truppenbesuch in Kundus von einem «Krieg» in Afghanistan gesprochen. Die Soldaten seien «in Kämpfe verwickelt, wie man sie im Krieg hat», sagte Merkel am 18. Dez. vor mehreren hundert Soldaten im deutschen Feldlager. Begleitet von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg war die Kanzlerin am Morgen zu einem Überraschungsbesuch eingetroffen. Zu Beginn ihres Aufenthalts gedachte die Kanzlerin am Ehrenhain der Toten des Einsatzes. Ihr Besuch wird vom Tod eines deutschen Soldaten überschattet, der vor dem Eintreffen Merkels bei einem Unfall starb.
  • Afghanistan gehört zu den außereuropäischen Ländern, die von Spitzenpolitikern aus der Bundesrepublik am häufigsten besucht werden. Die deutsche Botschaft in Kabul zählte in diesem Jahr mehr als 40 Delegationen von Ministern, Staatssekretären oder Bundestagsabgeordneten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reiste am 18. Dez. zum ersten Mal in diesem Jahr nach Afghanistan. Sie war in ihrer Amtszeit zuvor 2007 und 2009 zu Blitzbesuchen an den Hindukusch gekommen. Am Samstag wurde die Kanzlerin von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) begleitet, der erst am vergangenen Montag deutsche Soldaten im Norden des Landes besucht hatte. Es ist Guttenbergs achte Visite seit Amtsantritt im Herbst 2009. Er hat sich vorgenommen, die deutschen Soldaten im Einsatz alle zwei Monate zu besuchen.
    Außenminister Guido Westerwelle und Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) besuchten Afghanistan bislang je zwei Mal, Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bauminister Peter Ramsauer (CSU) je ein Mal. Im Frühjahr war Horst Köhler als erster Bundespräsident dort. Eine umstrittene Äußerung in einem Interview auf dem Rückweg wurde später zu einem Grund für Köhlers Rücktritt. Der zweite Mann im Staat, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), informierte sich im August erstmals direkt über den Einsatz der deutschen Soldaten.
  • Der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan, Michael Steiner, hat sich zuversichtlich über eine baldige Sicherheitsübergabe von Gebieten in Nordafghanistan geäußert, die derzeit im Verantwortungsbereich der Bundeswehr liegen. Trotz mancher Schwierigkeiten sei die Lage im Norden des Landes "immer noch wesentlich sicherer" als in bestimmten Teilen des Südens, sagte Steiner im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP am 18. Dez. Ein wichtiges Signal müsse sein, dass parallel zur Sicherheitsübergabe an afghanische Sicherheitskräfte das zivile Engagement beibehalten werde.
  • Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, hat erneut den Afghanistan- Einsatz der Bundeswehr kritisiert. Die Bundeswehr sei nun mal keine Einwicklungshilfeorganisation, wie es manchmal dargestellt werde. Das sagte sie dem Südwestrundfunk am 18. Dez. Käßmann hatte die Afghanistan-Politik bereits vor etwa einem Jahr infrage gestellt, als sie noch Landesbischöfin in Hannover und EKD-Vorsitzende war. Sie trat im Februar nach einer Alkoholfahrt zurück. (Hier geht es zur Predigt von Käßmann vor einem Jahr: "Nichts ist gut in Afghanistan".)
  • Auch Schwule dürfen töten
    Homosexuelle jubeln, Präsident Barack Obama spricht von einem «historischen Schritt»: Bekennende Schwule in den USA dürfen künftig die Uniform tragen. Nach monatelangem heftigen Ringen stimmte der Senat am 18. Dez. für die Aufhebung eines Gesetzes von 1993, das geoutete Homosexuelle aus den Streitkräften verbannte.
    Rund 14 000 schwule Soldaten wurden in den vergangenen 17 Jahren wegen ihrer sexuellen Orientierung entlassen, Tausende andere konnten nur bleiben, weil sie schwiegen oder logen.
    Die Entscheidung im YSenat fiel mit 65 gegen 31 Stimmen, acht Republikaner schlugen sich auf die Seite der Demokraten. Das Abgeordnetenhaus hatte den Schritt schon am 15. Dez. gebilligt. Obama will das neue Gesetz vor Weihnachten unterzeichnen.
  • Einen Tag nach dem Truppenbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Kundus hat ein Selbstmordkommando der Taliban ein Ausbildungslager der afghanischen Armee in der Stadt angegriffen. «Drei Armeesoldaten und zwei Polizisten wurden bei dem Schusswechsel mit den Selbstmordattentätern getötet», sagte der Polizeichef der nordafghanischen Provinz Kundus, Abdul Rahman Sayedkhili. Mindestens drei Aufständische seien bei den Kämpfen am 19. Dez. ums Leben gekommen, die am Nachmittag andauerten.
    Sayedkhili sagte, mindestens vier Taliban-Kämpfer seien am frühen Morgen in das Ausbildungslager in Kundus eingedrungen. Zwei der Aufständischen hätten ihre Sprengstoffwesten bei den anschließenden Gefechten gezündet, ein weiterer sei erschossen worden. Mindestens ein weiterer Taliban-Kämpfer liefere sich noch Schusswechsel mit den Sicherheitskräften. Das angegriffene Camp liegt in der Stadt Kundus, das deutsche Feldlager außerhalb in der Nähe des Flughafens.
    Ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa beobachtete, wie zehn Tote oder Verletzte ins Krankenhaus gebracht wurden. Aus dem Lager waren Schüsse und Explosionen zu hören. Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Die Internationale Schutztruppe Isaf teilte am Sonntag mit, in der Nacht zuvor seien bei einem Einsatz mehrere Aufständische in der Provinz Kundus getötet worden.
  • In der Hauptstadt Kabul griffen am 19. Dez. zwei Selbstmordattentäter der Taliban einen Bus mit afghanischen Soldaten an. Fünf Soldaten seien getötet und neun weitere verwundet worden, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Semarai Baschari. Einer der Angreifer habe seine Sprengstoffweste gezündet, der andere sei vorher von Polizisten erschossen worden. Die Taliban bekannten sich zu dem ersten schweren Anschlag in Kabul seit sieben Monaten.
  • Am Wochenende (18./19. Dez.) kamen in Afghanistan innerhalb von zwei Tagen zwei französische Soldaten ums Leben. Damit liegt die Zahl der französischen Opfer in Afghanistan bei 52 Toten. Präsident Nicolas Sarkozy sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Er betonte zugleich, dass Frankreich entschlossen sei, sich weiter am internationalen Afghanistan-Einsatz zu beteiligen.
  • Rund drei Jahre nach Frankreich soll Deutschland 2012 den Kampfhubschrauber Tiger in den Afghanistaneinsatz schicken. Die militärischen Spitzen planten, im zweiten Quartal 2012 vier Tiger an den Hindukusch zu verlegen, schreibt die Zeitung «Die Welt» laut Vorabbericht vom 19. Dez. Sie sollten dort «eine lange beklagte Ausrüstungslücke» schließen. Deutschland hatte bei der EADS-Tochter Eurocopter eine andere, mehr auf die Panzerbekämpfung zugeschnittene Version des Hubschraubers bestellt als die Franzosen.
Montag, 20. Dezember, bis Sonntag, 26. Dezember
  • Die afghanische Fluglinie Safi hat ihren Liniendienst zwischen Kabul und Frankfurt am Main eingestellt. Zugleich verließen die Interims-Manager der Profi-Sanierer Bottomline das Unternehmen wegen "unterschiedlicher Auffassungen ... über die strategische Ausrichtung der Airline" das Unternehmen, wie sie am 20. Dez. mitteilten. Der bisherige Safi-Geschäftsführer Werner Borchert von Bottomline sagte der Nachrichtenagentur dapd, die Etablierung von Safi Airways in der Nische des Westeuropa-Flugverkehrs mit Afghanistan sei nicht mehr konsensfähig mit der Eigentümerfamilie Safi gewesen.
    Safi Airways ist vom Einflugverbot der EU für afghanische Flugzeuge betroffen, obwohl die Maschinen nach europäischen Standards betrieben und gewartet werden. Um dieses Verbot zu umgehen, hatte das Team um Borchert vorgeschlagen, eine europäische Fluggesellschaft zu kaufen und die Flugzeuge in Europa registrieren zu lassen. Damit wären europäische Aufsichtsbehörden zuständig, und der Bann wäre gebrochen. Es hätte zwar hohe Einstiegskosten verursacht, aber langfristig Rentabilität versprochen, sagte Borchert. Dennoch hätten die Eigentümer am Ende von Verkaufsverhandlungen mit einem isländischen Flugunternehmen nicht unterschreiben wollen. Ab dem 10. Januar soll nun der Linienverkehr einer Safi-Mitteilung zufolge "bis auf weiteres" ausgesetzt werden.
  • Knapp ein Jahr nach der Entführung zweier französischer Journalisten in Afghanistan ist erneut ein Video der beiden Geiseln aufgetaucht. In der Botschaft richteten sich die verschleppten Fernsehreporter Hervé Ghesquière und Stéphane Taponier an ihre Angehörigen, teilte der Fernsehsender France 3 am 20. Dez. mit. Ein Sprecher des Außenministeriums in Paris sagte der Nachrichtenagentur AFP, das Video sei vermutlich Mitte November aufgezeichnet worden. Die Botschaft würde den Angehörigen gezeigt, wenn diese es sehen wollten.
  • US-Militärführer in Afghanistan wollen nach einem Bericht der «New York Times» häufiger amerikanische Kommandotruppen im unruhigen pakistanischen Stammesgebiet einsetzen. Diese «riskante Strategie» sei ein Zeichen für die Unzufriedenheit mit den pakistanischen Bemühungen, die Aufständischen dort zu bekämpfen, schreibt das Blatt am 20. Dez. im Internet.
  • Die Internationale Afghanistan-Schutztruppe Isaf hat einen Zeitungsbericht über mögliche Einsätze von US-Bodentruppen im benachbarten Pakistan zurückgewiesen. Der Bericht der «New York Times» vom 20. Dez. sei «absolut nicht wahr», teilte die Nato-geführte Isaf am 21. Dez. mit.
  • Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat vor einem verfrühten Beginn des Bundeswehrabzugs aus Afghanistan gewarnt. Der geplante Start im nächsten Jahr sei ehrgeizig, sagte Guttenberg am 21. Dez. in der ARD. «Jeder Ehrgeiz muss sich an der Verantwortung messen lassen. Ich kann für mich oder die Bundesregierung nicht verantworten, verbleibende Soldaten zu gefährden, bloß weil man einer gewissen Sache nachkommen will, die man behauptet hat.»
    Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte sich am 16. Dez. im Bundestag festgelegt, dass die ersten deutschen Soldaten Afghanistan noch 2011 verlassen sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bei ihrem Besuch in Afghanistan am vergangenen Wochenende allerdings klargestellt: «Das setzt voraus, dass die Lage auch so ist, dass man das verantworten kann.» Guttenberg sprach in der ARD von einem Prozess, den man in Gang bringen könne. «Aber nicht so, dass man an einen Monat denkt oder ein Jahr denkt, sondern indem man verantwortungsvolle Grundlagen schafft.» Die FDP-Verteidigungspolitikerin Elke Hoff warnte vor überhöhten Erwartungen. «Es wird erste Schritte geben, aber noch keinen umfassenden Abzug.»
  • Die ARD hat die Versorgung der Afghanistan-Soldaten mit den Programmen des Senderverbundes gesichert. Dazu sei eine Sondervereinbarung mit dem Satelliten-Betreiber SES-Astra in Luxemburg geschlossen worden, der bereits seit Jahren die Satellitenverbreitung für sämtliche ARD-Landesrundfunkanstalten gewährleiste, teilte die ARD am 21. Dez. mit. Damit können nun auch die deutschen Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan das ARD-Programm empfangen. Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust widersprach dem Eindruck, der von der "Bild"-Zeitung geschürt worden sei, wonach das Programm gezielt vor Weihnachten abgeschaltet worden sei. "Bereits im Juni 2010 wurde der Eutelsat-Satellit aus Kostengründen abgeschaltet und wir haben mehrfach dem Bundesverteidigungsministerium angeboten, die gewünschten Inhalte zur Verfügung zu stellen." Dies sei aber nur unter Wahrung des deutschen Urheberrechts möglich gewesen. Die "Bild"-Zeitung hatte in den vergangenen Tagen berichtet, die ARD habe die Ausstrahlung ihres Programms am Hindukusch eingestellt, weil der Satellit zu teuer sei.
  • Nach dem Tod von fünf afghanischen Zivilisten im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung von ausländischen Soldaten und Aufständischen hat die NATO Ermittlungen eingeleitet. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert, nachdem sie von Rebellen aus einer Wohnsiedlung im Distrikt Sangin in der Provinz Helmand heraus beschossen worden seien, teilte die NATO-Truppe ISAF am 21. Dez. mit. Nach der Konfrontation hätten die Soldaten den Ort inspiziert und fünf zivile Opfer entdeckt. NATO-Oberstleutnant Patrick Hynes sprach von einer "Tragödie". Seinen Angaben zufolge nutzen Rebellen immer wieder die Häuser von Zivilisten, um ausländische Soldaten anzugreifen.
  • Die Bundesregierung ist Darstellungen entgegengetreten, es gebe Widersprüche in der Einschätzung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr zwischen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP). "Zuversicht und Augenmaß sind zwei Seiten derselben Medaille", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am 22. Dez. in Berlin.
  • Die Bundeswehr will die Soldaten in Afghanistan besser ausrüsten und damit stärker schützen, teilte dpa am 22. Dez. mit. So sollen weitere geschützte Transportfahrzeuge Dingo 2 beschafft werden. Außerdem wird geprüft, bis zu acht Kampfhubschrauber Tiger für den Einsatz am Hindukusch vorzubereiten. Zudem soll das Räumen von Sprengfallen verbessert werden. Dazu sollen künftig sieben Systeme zum Aufspüren und Räumen mit Fernbedienung einsatzbereit sein.
  • Die Mehrheit der Niederländer lehnt die Beteiligung ihres Landes an einer neuen Afghanistan-Mission ab. Bei einer repräsentativen Umfrage sprachen sich 54 Prozent gegen die personelle Hilfe für die Ausbildung von Sicherheitskräften in dem Land aus. 38 Prozent waren dafür. Die neue Minderheitsregierung in Den Haag aus Rechtsliberalen und Christdemokraten will dem Parlament im Januar einen Beschlussentwurf über eine neue Afghanistan-Mission vorlegen. Die Niederlande hatten im Sommer als erstes westliches Land ihre Soldaten aus Afghanistan abgezogen. (dpa, 22. Dez.)
  • Der Bundeswehrverband hat der Politik vorgeworfen, Sinn und Zweck des Afghanistan-Einsatzes nicht gut genug zu erklären. «Es gelingt der politischen Elite derzeit nicht, die Sinnhaftigkeit dieses Einsatzes ausreichend in die Gesellschaft hineinzutragen», so Verbandschef Ulrich Kirsch. «Ich empfinde es als eine ganz schlimme Situation für uns Soldaten, dass der Bundestag nicht in der Breite über die Dinge diskutiert, die erforderlich ist», sagte Kirsch der Nachrichtenagentur dpa am 23. Dez. Für die Soldaten im Einsatz sei es ganz zentral, den Rückhalt der Politik und der Bevölkerung in Deutschland zu haben. «Der entwickelt sich aber immer ungünstiger. Auch in der afghanischen Bevölkerung nimmt die Akzeptanz ab», sagte Kirsch. Das sei eine «ganz schwierige Situation für meine Kameraden».
  • Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Könighaus (FDP), hat die mangelnden Internet- und Telefonmöglichkeiten für deutsche Bundeswehrsoldaten in Afghanistan kritisiert. "Die jetzt vorgesehenen Angebote für Telefonie und Internet sind absolut unzureichend", sagte Königshaus der "Bild" laut AFP vom 23. Dez. Die Soldaten hätte ein Recht darauf, mit ihren Familien auch per Internet und über den Telefondienst Skype Kontakt zu halten. Die Zeitung berichtet unter Berufung auf eine Vertragsausschreibung des Verteidigungsministeriums, dass die Soldaten auch künftig pro Woche nur zweimal 15 Minuten telefonieren dürften. Die Qualität der Internetverbindung soll sich demnach nicht verbessern und auch eine geforderte Internet-Flatrate werde nicht umgesetzt.
  • Die evangelische Kirche dringt auf eine Abzugsperspektive für die Bundeswehr aus Afghanistan. "Krieg soll um Gottes willen nicht sein und darf nicht zum Normalfall werden", mahnte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, in seiner am 23. Dez. veröffentlichten Weihnachtsbotschaft. Den im Ausland eingesetzten Soldaten sende die EKD "besonders zu Weihnachten unsere Fürbitte und unsere guten Gedanken", fügte Schneider hinzu.
  • Die radikalislamischen Taliban planen nach Angaben des UN-Sondergesandten Staffan de Mistura "spektakuläre Anschläge" in Afghanistan. "Wir müssen bereit sein. Ich befürchte für die nächsten Monate eine angespannte Sicherheitslage", sagte de Mistura am 23. Dez. in New York. Die Lage am Hindukusch werde sich vermutlich erst einmal verschlechtern, bevor sie sich bessere, sagte de Mistura bei einer Debatte im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Der Konflikt in Afghanistan könne nicht über eine militärische Lösung geklärt werden. "Offen gesagt sehen das auch die Taliban so, auch wenn sie das öffentlich nicht sagen werden." Die größte Hoffnung, Afghanistan langfristig zu stabilisieren, biete eine politische Einigung zwischen Präsident Hamid Karsai und den Aufständischen, sagte der UN-Sondergesandte für Afghanistan. Seit Anfang Oktober führt ein sogenannter Friedensrat im Auftrag von Karsai Gespräche mit den Taliban.
    Der afghanische UN-Botschafter, Sahir Tanin, erklärte hingegen, dass sich die Sicherheitslage "trotz einzelner Angriffe und Selbstmordattentate" verbessert habe. Den afghanischen Truppen gelinge es inzwischen, Aufständische zurückzudrängen. Bis Ende 2014 sollen alle internationalen Kampftruppen Afghanistan verlassen und die Sicherheitsverantwortung an die einheimischen Truppen übergeben haben.
  • Bei einem Selbstmordanschlag im Bundeswehr-Einsatzgebiet in Nordafghanistan wurde am 23. Dez. ein afghanischer Polizist getötet. Bei dem Anschlag in der Provinz Kundus sprengte sich ein mit einem Sprengstoffgürtel ausgerüsteter Attentäter am frühen Morgen an einem Kontrollpunkt im Zentrum der gleichnamigen Stadt in die Luft. Ein Wachmann habe noch versucht, ihn vom Betreten des Postens abzuhalten, sagte der Vorsitzende des Provinzrates, Mahbubullah Mahbub, der Nachrichtenagentur AFP. Der Attentäter habe den Sprengsatz gezündet und dabei einen Verkehrspolizisten mit in den Tod gerissen. Fünf Zivilisten wurden verletzt.
  • Der US-Kongress hat am 23. Dez. den Verteidigungshaushalt 2011 verabschiedet und damit de facto die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo verhindert. Im Text zum Haushaltsgesetz ist die Nutzung von Geldern aus dem Verteidigungsetat für "den Bau oder Umbau von Orten in den USA für Häftlinge aus dem Gefangenenlager Guantánamo" verboten. In der Haftanstalt auf Kuba sitzen derzeit noch 174 Gefangene ein. Von ihnen werden 48 als zu gefährlich eingestuft, um freigelassen werden zu können.
  • Der von beiden Häusern des US-Kongresses am 23. Dez. verabschiedete Verteidigungshaushalt umfasst 725,9 Milliarden Dollar (gut 555 Milliarden Euro). Davon sind 158,7 Milliarden Dollar für die Einsätze in Afghanistan und im Irak bestimmt.
  • Bei Gefechten zwischen der Armee und Aufständischen sind am 24. Dez. im Nordwesten Pakistans mindestens 35 Menschen ums Leben gekommen. Nach einem Angriff von etwa 150 Taliban-Kämpfern auf fünf Kontrollpunkte an der Grenze zu Afghanistan in dem Dorf Baidnami im Distrikt Mohmand seien drei Soldaten und 24 Aufständische bei Schusswechseln getötet worden, sagte ein pakistanischer Sicherheitsbeamter der Nachrichtenagentur AFP. Die örtlichen Behörden in der Distrikthauptstadt Ghalanai bestätigten den Vorfall, bei dem ihren Angaben zufolge zwölf weitere Soldaten verletzt wurden. Ein Sprecher der Taliban sagte AFP in einem Telefonat, es seien zwölf Soldaten getötet und zwei weitere entführt worden, was die Behörden nicht bestätigten.
  • Im Süden Afghanistans haben die internationalen Streitkräfte ein wegen Waffenschmuggels gesuchtes Mitglied der iranischen Revolutionsgarden festgenommen. Der Mann sei bereits am vergangenen Samstag (18. Dez.) in der Provinz Kandahar gefasst worden, erklärte die NATO-Truppe ISAF am 24. Dez. in Kabul. Er sei gesucht worden, weil er über die Provinz Nimros Waffen vom Iran nach Kandahar geschmuggelt haben soll, sagte ein ISAF-Sprecher. Der Festgenommene gehöre der El-Kuds-Eliteeinheit der Revolutionsgarden an und habe direkte Verbindungen zu Taliban-Anführern in der Provinz.
  • Eine Patrouille der Bundeswehr in Afghanistan ist kurz vor Weihnachten Ziel eines Anschlags geworden. Bei der Vorbeifahrt der Soldaten im Stadtgebiet von Talokan im Norden des Landes sei am Donnerstagabend (23. Dez.) ein Sprengsatz explodiert, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr am 24. Dez. in Potsdam. Es seien keine deutschen Soldaten verwundet worden. Zwei Fahrzeuge vom Typ Dingo seien bei dem Vorfall in der Provinz Tachar beschädigt worden.
    Gleichfalls am 23. Dez. war nach früheren Angaben gegen Mittag eine deutsche Patrouille der NATO-Geführten ISAF-Truppe mit Handfeuerwaffen angegriffen worden. Der Vorfall ereignete sich laut Bundeswehr bei Talawka, etwa 20 Kilometer nördlich des Regionalen Wiederaufbauteams Kundus. Auch hier wurde kein Soldat verwundet.
  • Bei einem Anschlag auf deutsche Entwicklungshelfer in Afghanistan sind am 24. Dez. mindestens zwei Menschen verletzt worden. Wie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Abend in Berlin mitteilte, wurde im nordafghanischen Khaschkargan ein Fahrzeug der deutschen Entwicklungszusammenarbeit beschossen. Ersten Informationen zufolge sei das Fahrzeug mit vier Personen besetzt gewesen, darunter ein Deutscher, der schwer verletzt worden sei. Er werde zur Zeit im Bundeswehrcamp Marmal behandelt. Ein afghanischer Mitarbeiter sei leicht verletzt worden. Die Betroffenen waren den Angaben zufolge Mitarbeiter eines Projekts, das den Bau einer Straße zwischen Cholm und Kundus betreut.
    Nach dem Beschuss eines Fahrzeugs der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan ist einer der verletzten deutschen Entwicklungshelfer gestorben. Der Mitarbeiter der KfW-Entwicklungsbank sei seinen Verletzungen erlegen, teilte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am 25. Dez. in Berlin mit. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte tief bestürzt.
  • Bei einem Selbstmordattentat sind im pakistanischen Stammesgebiet an der Grenze zu Afghanistan mindestens 44 Menschen ums Leben gekommen. Etwa 70 seien bei dem Anschlag in der Stadt Khar im Distrikt Bajaur verletzt worden, sagte laut dpa vom 25. Dez. ein Regierungsbeamter. Ziel des Selbstmordanschlags sei ein Zentrum gewesen, in dem Nahrungsmittel der UN an Flüchtlinge verteilt werden.
  • Einheiten der Afghanistan-Schutztruppen Isaf haben laut dpa vom 25. Dez. offenbar einen Anschlag auf die US-Botschaft in der Hauptstadt Kabul vereitelt. Dabei kamen nach Isaf-Angaben zwei Angreifer ums Leben. Die Isaf-Einheiten gerieten unter Beschuss, als sie sich zwei Fahrzeugen nähern und auf Sprengstoff untersuchen wollten. Die Soldaten erwiderten das Feuer.
  • Die kanadische Regierung sieht die Entwicklung Afghanistans durch den NATO-Einsatz positiv. Bei jeder seiner Reisen in das Land seien Verbesserungen erkennbar, sagte Verteidigungsminister Peter MacKay am Samstag (25. Dez.) nach seiner Rückkehr von einem viertägigen Truppenbesuch in der Hauptstadt Kabul und in der Provinz Kandahar. Die "sichtbaren Fortschritte in einem sehr anspruchsvollen Umfeld" stimmten ihn "hoffnungvoll für die Zukunft", fügte er hinzu. Afghanistan brauche weiterhin westliche Unterstützung beim Aufbau von Institutionen und der Infrastruktur. Kanada will seinen Kampfeinsatz in Kandahar im Juli 2011 beenden und sich danach bis zum Jahr 2014 in Kabul verstärkt in der Aufbauhilfe engagieren.
  • SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat die Zustimmung seiner Partei zur Verlängerung des Afghanistan-Mandats im Januar im Bundestag von der Festschreibung eines Rückzugstermins abhängig gemacht. Es sei "eine Frage der Glaubwürdigkeit", dass das Mandat zur weiteren Entsendung der Bundeswehr einen Termin für den Beginn des Rückzugs enthalte, sagte Steinmeier in der Bild am Sonntag (26. Dez.). Bereits im Afghanistan-Mandat vom Januar 2010 sei der Rückzug der deutschen Soldaten erwähnt. Die Bundesregierung sei daher "beweispflichtig" und müsse nun handeln. Steinmeier kritisierte auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der zu seiner jüngsten Reise nach Afghanistan vor Weihnachten keine Abgeordneten der Opposition eingeladen habe. "Soldaten mussten in einem schwierigen Einsatz die Kulisse hergeben, um die Reise per Talkshow im Fernsehen zu präsentieren", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag". "Gleichzeitig ist im Bundeswehrflugzeug kein Platz mehr für Abgeordnete der Opposition", fügte er hinzu. Dies sei "einfach schlechter Stil", den es bisher noch bei keinem Verteidigungsminister gegeben habe.
  • Im Osten Afghanistans sind am 26. Dez. vier türkische Ingenieure und ihr afghanischer Fahrer verschleppt worden. Die Männer seien von Bewaffneten entführt worden, als sie von einer Baustelle im Bezirk Dand Wa Patan an der Grenze zu den pakistanischen Stammesgebieten zurück in die Provinzhauptstadt Gardes gefahren seien, sagte der Vizegouverneur der Provinz Paktia, Abdul Rahman Mangal, der Nachrichtenagentur AFP. Die Ingenieure arbeiteten demnach für eine Firma, die Grenzposten baut.
Montag, 27. Dezember, bis Freitag, 31. Dezember
  • Der frühere UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Tom Koenigs, fordert eine stärkere Trennung von Entwicklungshilfe und militärischem Einsatz. Mit Blick auf die Ermordung eines deutschen Entwicklungshelfers in Afghanistan sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Ausgabe vom 27. Dez.), er sehe mit großer Besorgnis, dass die zivilen Helfer immer mehr gefährdet seien. "Ihre Neutralität wird nicht mehr a priori anerkannt. Das liegt auch daran, dass die Entwicklungshilfe in den letzten Jahren deutlich politisiert wurde." Die Entwicklungshelfer würden als Teil des Krieges wahrgenommen.
    Die deutsche Entwicklungshelferin Annette Erös von der Kinderhilfe Afghanistan äußerte sich ähnlich. "Wir arbeiten als Gäste der Afghanen und sind so ganz anders geschützt", sagte sie dem Blatt. "Bei uns hat ausländisches Militär keinen Zugang. Deshalb sind unsere Einrichtungen auch bisher unbeschadet geblieben."
  • Beim Angriff einer unbemannten US-Drohne sind im pakistanischen Stammesgebiet Nord-Waziristan mindestens sechs mutmaßliche radikalislamische Kämpfer getötet worden. Nach Angaben örtlicher Sicherheitsvertreter trafen insgesamt vier Raketen am 27. Dez. das Fahrzeug der Aufständischen. Nord-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan ist Hochburg der pakistanischen Taliban und ihrer El-Kaida-Verbündeten, gleichzeitig dient es den afghanischen Taliban als Rückzugsgebiet. In den vergangenen Monaten konzentrierten sich die US-Drohnenangriffe deshalb auf das Gebiet.
  • In diesem Jahr sind 105 Journalisten bei der Ausübung ihrer Arbeit getötet worden. Nach am 27. Dez. in Genf veröffentlichten Daten der Medienorganisation Press Emblem Campaign (PEC) sind Mexiko und Pakistan mit jeweils 14 Todesfällen für Medienvertreter die gefährlichsten Länder der Welt. Der Generalsekretär der Organisation, Blaise Lempen, warf der internationalen Gemeinschaft vor, nicht genug dafür zu tun, "die Verantwortlichen dieser Verbrechen gegen Journalisten vor Gericht zu bringen". - Insgesamt liegen die Zahlen für dieses Jahr niedriger als 2009, als 122 Journalisten getötet wurden, doch deutlich über den 91 Opfern im Jahr 2008. In den vergangenen fünf Jahren wurden laut Press Emblem Campaign insgesamt 529 Journalisten getötet, mehr als jeder fünfte davon im Irak, der damit über diesen Zeitraum betrachtet das weltweit gefährlichste Land war. Dieses Jahr starben allerdings die meisten Journalisten im mexikanischen Drogenkrieg und in Pakistans unruhigen Grenzgebiet zu Afghanistan.
  • Nach UN-Einschätzung hat sich dieses Jahr in Afghanistan die Sicherheitslage auch in Teilen des Einsatzgebiets der Bundeswehr verschlechtert. Das "Wall Street Journal" veröffentlichte am 27. Dez. vertrauliche Karten der UN-Mission in Afghanistan, wonach die Risikoeinschätzung Ende Oktober vor allem für den Norden und den Nordosten des Landes schlechter ausfällt als zu Beginn jährlichen Kampfsaison Anfang März. Dabei wurde für mehrere Bezirke auch im Bundeswehrgebiet die Gefahreneinstufung von "niedrig" oder "mittel" auf "hoch" heraufgesetzt. (Siehe hierzu: Kämpfen wie im Zweiten Weltkrieg / Höchste Risikostufe.)
  • Ein Sondergericht soll den Betrugsvorwürfen nach der umstrittenen afghanischen Parlamentswahl nachgehen. Ein entsprechendes Dekret von Staatschef Hamid Karsai wurde am 27. Dez. in Kabul veröffentlicht. Das Tribunal soll "sämtliche Beschwerden" zu der Abstimmung vom 18. September entgegennehmen dürfen, wie ein Regierungsmitarbeiter sagte. Über die Besetzung der fünf Posten des Wahlgerichts solle der Oberste Gerichtshof entscheiden.
    Über die Wahlergebnisse gibt es seit Wochen Streit zwischen der afghanischen Generalstaatsanwaltschaft und der Unabhängigen Wahlkommission (IEC). Wegen Betrugsvorwürfen hatte die IEC ein Viertel der Stimmen für ungültig erklärt und 24 gewählten Kandidaten den Parlamentssitz nachträglich aberkannt. Die daraufhin von der IEC veröffentlichten Abstimmungsresultate werden hingegen von der Generalstaatsanwaltschaft angezweifelt. Die Karsai-treue Behörde fordert die Annulierung der Ergebnisse. Die IEC ist wiederum der Ansicht, dass nach der Veröffentlichung der Resultate nun die neue Sitzungsperiode beginnen kann.
    Karsai, der im August 2009 mit einer zweifelhaften Wahl in seinem Amt bestätigt wurde, hat sich bisher noch nicht zum Ergebnis der Parlamentswahl geäußert. Sein Sprecher Wahid Omer erklärte am 27. Dez. allerdings, dass Karsai wie geplant am 20. Januar das neue Parlament einberufen werde. An dem Tag endet in Afghanistan die parlamentarische Winterpause.
  • Bei mehreren US-Drohnenangriffen sind im Nordwesten Pakistans mindestens 15 mutmaßliche Aufständische ums Leben gekommen. Nach Angaben pakistanischer Sicherheitsvertreter richteten sich die Attacken im Stammesgebiet von Nord-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan gegen zwei Rebellenlager und Fahrzeuge mutmaßlicher Aufständischer.
    Bei der ersten Drohnenattacke am Morgen des 28. Dez. wurden im Dorf Ghulam Khan östlich der Stadt Miranshah vier Raketen auf zwei Rebellenlager gefeuert, wie ein örtlicher Sicherheitsvertreter der Nachrichtenagentur AFP sagte. Demnach wurden bei dem Angriff mindestens fünf islamistische Kämpfer getötet. Ein weiterer Sicherheitsvertreter bestätigte die Opferzahl.
    Am Nachmittag des 28. Dez. feuerten nach Angaben mehrerer lokaler Behördenvertreter Drohnen innerhalb von 15 Minuten eine Reihe von Raketen auf drei Fahrzeuge im Dorf Nawab ab. Dabei seien mindestens zehn mutmaßliche Rebellen getötet worden. Eine unabhängige Bestätigung der Opferzahlen in der schwer zugänglichen Bergregion ist nicht möglich.
    Erst am 27. Dez. waren bei einem US-Drohnenangriff auf ein Haus und ein Fahrzeug in Nord-Waziristan mindestens 15 mutmaßlich islamistische Aufständische getötet worden.
  • Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans ist am 28. Dez. ein britischer Soldat ums Leben gekommen. Der Sprengstoff-Spezialist war nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums an der Räumung einer Straße in der Unruheprovinz Helmand beteiligt, als eine dort von Aufständischen gelegte Bombe explodierte.
    Damit sind seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes Ende 2001 bereits 348 britische Soldaten am Hindukusch ums Leben gekommen. Großbritannien ist mit rund 9500 Soldaten der größte ausländische Truppensteller in Afghanistan nach den USA.
  • Die Grünen drängen auf einen präzisen Stufenplan für den Rückzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan. "Wir fordern eine nachvollziehbare, in genau beschriebene Etappen eingeteilte Abzugsperspektive, die 2011 beginnt und 2014 endet", sagte die Bundesvorsitzende Claudia Roth dem "Münchner Merkur" (Ausgabe vom 29. Dez.). Sie warf der Bundesregierung Vielstimmigkeit und Planlosigkeit vor.
  • Wohl in letzter Minute haben dänische Sicherheitskräfte einen Terroranschlag auf die Zeitung «Jyllands- Posten» in Kopenhagen vereitelt. Nur 18 Tage nach dem Stockholmer Selbstmordanschlag nahm die Polizei in Dänemark und Schweden fünf Männer fest. Sie wollten den Ermittlern zufolge ein Blutbad in der Redaktion anrichten, die 2005 die Karikaturen mit dem Propheten Mohammed veröffentlicht hatte. «Nach unserer Überzeugung wollten sie so viele der dort arbeitenden Menschen wie möglich töten», sagte der dänische Geheimdienstchef Jakob Scharf am 29. Dez.
    Bei dem Selbstmordanschlag am 11. Dezember in der schwedischen Hauptstadt Stockholm war nur der Attentäter gestorben, ein 28- jähriger Schwede irakischer Abstammung. Er hatte seine Tat unter anderem mit einer Mohammed-Karikatur des schwedischen Zeichners Lars Vilks sowie Schwedens Teilnahme am Afghanistan-Krieg begründet.
  • Deutschland will sich als neues Mitglied im Weltsicherheitsrat im neuen Jahr vor allem für den Friedensprozess in Afghanistan einsetzen. Ziel sei es, Ende 2011 erstmals das deutsche Kontingent zu reduzieren, sagte Außenminister Guido Westerwelle dem «Hamburger Abendblatt" (Ausgabe vom 30. Dez.). Die Verantwortung für das Land müsse nach und nach in afghanische Hände übergehen. Deutschland übernimmt am 1. Januar für zwei Jahre einen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Die Einflussmöglichkeiten sind allerdings begrenzt, da Deutschland als nicht-ständiges Mitglied kein Vetorecht hat.
  • Westliche Mächte wie die USA und Deutschland haben laut am 30. Dez. freigegebenen britischen Akten Anfang der 80er Jahre den Widerstand in Afghanistan gegen die Sowjetunion unterstützt und damit die Ausbreitung des Islamismus am Hindukusch gefördert. Kurz nach dem sowjetischen Einmarsch im Dezember 1979 trafen sich am 15. Januar 1980 hochrangige Regierungsvertreter aus der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA in Paris, um ihre Reaktion auf die Invasion abzustimmen, wie aus Dokumenten hervorgeht, die das Nationale Archiv Großbritanniens nach dem Ablauf der 30-jährigen Sperrfrist freigab.
  • 57 Journalisten sind dieses Jahr laut Reporter ohne Grenzen bei ihrer Arbeit getötet worden. Das sind 25 Prozent weniger als 2009 mit 76 Toten, wie aus dem am 30. Dez. veröffentlichten Jahresbericht der Organisation hervorgeht. Gestiegen ist die Zahl der Entführungen. 51 Reporter wurden gekidnappt, deutlich mehr als in den zwei Jahren davor. Besonders in Afghanistan und Nigeria seien Journalisten diesem Risiko ausgeliefert. Die Zahl der Toten in Kriegsgebieten sei in den vergangenen Jahren gesunken, heißt es. Bezeichnend sei, dass es immer schwieriger werde, die Verantwortlichen zu finden, wenn Journalisten von kriminellen Banden, bewaffneten Gruppen, religiösen Organisationen oder von staatlicher Seite umgebracht werden.
  • Wikileaks-Gründer Julian Assange hat mit der Veröffentlichung aller Dokumente gedroht, die seine Organisation besitzt. Das soll passieren, wenn er ermordet oder für lange Zeit ins Gefängnis gesteckt wird. Es stünden 2000 Webseiten bereit, um das derzeit durch Passwörter geschützte Material ins Internet zu stellen, sagte er Medienberichten zufolge dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira am 30. Dez.
  • US-Präsident Barack Obama hat an den schweren Anschlag auf CIA-Agenten in Afghanistan vor einem Jahr erinnert. Obama würdigte die sieben damals getöteten Geheimdienstler am 30. Dez. als "Patrioten", die sich für die Freiheit und Sicherheit der Vereinigten Staaten eingesetzt hätten. "Das ist die Aufgabe, zu der wir uns heute wieder verpflichten", erklärte Obama, der derzeit die Weihnachtsferien auf Hawaii verbringt. Die USA würden den Kampf gegen das Terrornetzwerk "unnachgiebig" fortsetzen.


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