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Chronik Afghanistan

Juni 2010


Dienstag, 1. Juni, bis Sonntag, 6. Juni
  • Entwicklungsminister Dirk Niebel hat in Kundus in Nordafghanistan ein Ausbildungszentrum für Kraftfahrzeugmechaniker eingeweiht. Zu Beginn seiner zweiten Reise an den Hindukusch legte der FDP-Politiker am 1. Juni einen Kranz für die gefallenen Bundeswehrsoldaten im Lager des von Deutschland geführten Wiederaufbauteams (PRT) nieder, wie sein Ministerium mitteilte. Niebel sagte bei der Einweihung des Ausbildungszentrums, eine gute Ausbildung schaffe Perspektiven, gerade für junge Leute. «Sie legt einen wichtigen Grundstein für wirtschaftliche Entwicklung, Wohlstand und eine bessere und sichere Zukunft für die Menschen Afghanistans.» Seit 2002 hat Deutschland für Maßnahmen im Bereich der Grund- und Berufsbildung Mittel in Höhe von annähernd 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
  • Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen wollen ab dem 2. Juni 1600 Delegierte in der afghanischen Hauptstadt Kabul den Grundstein für eine Aussöhnung mit den Taliban legen. Der Sprecher der ISAF, der deutsche General Josef Blotz, sagte am 1. Juni: «Die Internationale Staatengemeinschaft und die ISAF stehen hinter jeder Bemühung der afghanischen Seite, einen Friedensprozess einzuleiten.» Blotz sagte, zwar könne Sicherheit auch bei der Dschirga nicht garantiert werden. «Ein entschlossener Attentäter, der von langer Hand einen Anschlag in einer Millionenstadt wie Kabul plant, ist nur sehr schwer davon abzubringen.» Derzeit sei das Umfeld aber «erstaunlich ruhig». Die Sicherheitskräfte seien auf mögliche Anschläge vorbereitet. Zuletzt waren bei einem Selbstmordanschlag in Kabul vor zwei Wochen 18 Menschen getötet worden, darunter sechs ISAF-Soldaten.
  • Die pakistanischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben die Taliban in der Stammesregion Orakzai besiegt. Der Militäreinsatz in der Region im Nordwesten des Landes sei beendet, hieß es in einer am 1. Juni veröffentlichten Erklärung. Die aus dem Gebiet nahe der Grenze zu Afghanistan, einer Hochburg der Taliban, vertriebenen Zivilpersonen könnten aller Voraussicht nach in Kürze in ihre Häuser zurückkehren. Schätzungen zufolge sind seit Beginn der Kämpfe Ende vergangenen Jahres mehr als 200.000 Menschen aus der Region geflohen. Laut offiziellen Angaben wurden mehrere Hundert Extremisten getötet.
  • Bei zwei Bombenanschlägen in Afghanistan sind am 1. Juni ein dänischer Soldat getötet und fünf weitere verletzt worden. Die Explosionen ereigneten sich im Abstand von wenigen Stunden im Süden des Landes, wie die Streitkräfte in Kopenhagen mitteilten. Seit 2002 sind 30 dänische Soldaten in Afghanistan ums Leben gekommen. Dänemark hat dort rund 700 Soldaten stationiert, die meisten in der südlichen Provinz Helmand.
  • In der afghanischen Hauptstadt Kabul beginnt am 2. Juni eine Konferenz über Möglichkeiten der nationalen Aussöhnung mit den Taliban. Im Mittelpunkt der von Präsident Hamid Karsai einberufenen Friedens-Dschirga steht das von Geberländern mit rund 130 Millionen Euro finanzierte Friedens- und Versöhnungsprogramm. Es verheißt den Kämpfern der Aufständischen Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Entwicklungshilfe für ihr Heimatdorf, wenn sie die Waffen niederlegen. Rund 1.600 Vertreter von Politik und Gesellschaft treffen sich in einem riesigen Zelt auf dem Gelände der Polytechnischen Universität Kabul. Karsai will bei der Versammlung sein Programm zur Wiedereingliederung von Taliban und anderen Aufständischen vorstellen, die mit wirtschaftlichen Anreizen zur Aufgabe bewogen werden sollen.
    Die Taliban sind nicht dabei und kritisieren, das dreitägige Treffen diene lediglich dazu, unrealistische Pläne abzusegnen. Die Teilnehmer der Konferenz stünden im Sold der Invasoren und dienten ihren eigenen Interessen, hieß es in einer am Dienstag von den Taliban verbreiteten Erklärung. In der vergangenen Woche hatten sie in einer Botschaft allen Teilnehmern mit dem Tod gedroht.
  • Der Beginn der Friedensversammlung in Afghanistan ist von einem Selbstmordanschlag überschattet worden. Ein Attentäter der Taliban sprengte sich kurz nach Beginn der sogenannten Friedens-Dschirga am 2. Juni nur wenige hundert Meter vom Konferenzort entfernt in die Luft. Weitere Taliban-Mitglieder lieferten sich ein Feuergefecht mit der Polizei, außerdem schossen sie eine Rakete ab. Nach Behördenangaben wurde kein Delegierter der Versammlung verletzt. Mindestens zwei Angreifer wurden getötet, ein weiterer festgenommen.
    Der Anschlag ereignete sich etwa zehn Minuten, nachdem Präsident Hamid Karsai mit seiner Eröffnungsansprache begonnen hatte. Karsai wurde von einer Explosion vor dem Konferenzzelt unterbrochen, bei der es sich laut Polizei um eine Rakete handelte. Der Präsident sagte zunächst zu den rund 1.600 Delegierten: «Machen Sie sich keine Sorgen. So etwas haben wir schon öfter gehört.» Wenig später waren jedoch eine zweite gewaltige Explosion und Gewehrfeuer zu hören. Sicherheitskräfte eilten an den Tatort, Hubschrauber kreisten über dem Zelt.
    Der für die Organisation der Dschirga zuständige Minister Faruk Wardak erklärte, an dem Anschlag seien drei Extremisten in Burkas beteiligt gewesen, die Sprengstoff, Gewehre und mindestens einen Granatwerfer bei sich getragen hätten. Zwei von ihnen seien getötet und der dritte festgenommen worden. Ein Sprecher des Innenministeriums, Semeri Baschari, sagte hingegen, alle drei Attentäter seien getötet worden. Laut Polizeiangaben wurden bei den Kämpfen drei Polizisten verletzt.
    Ein Taliban-Sprecher bekannte sich in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AP zu der Tat. Eine Gruppe von vier Selbstmordattentätern, die afghanische Soldatenuniformen trugen, habe das Feuer auf die Versammlung eröffnet. Ziel sei es, «diese Friedens-Dschirga zu sabotieren und zu zerstören». Und fügte hinzu: «Unsere Kämpfer werden weiter bis zum Tod kämpfen.»
  • Der UN-Sicherheitsrat will noch in diesem Monat Afghanistan besuchen, um sich selbst ein Bild von der Lage im Land zu machen. Das teilte am 2. Juni der amtierende Ratspräsident, der mexikanische UN-Botschafter Claude Heller, mit. Es werde darum gehen, die gegenwärtige Lage in politischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zu untersuchen und auch Sicherheitsfragen zu berücksichtigen. Einen genauen Termin für die Reise nannte Heller nicht. UN-Diplomaten zufolge soll der Besuch aber um den 19. Juni herum stattfinden. Die Mission leiten soll der türkische UN-Botschafter Ertugrul Apakan.
  • Bei einem Feuergefecht und einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind laut offiziellen Angaben insgesamt acht Zivilpersonen getötet worden. Vier Menschen wurden bei Kämpfen zwischen Sicherheitskräften und Taliban getötet, wie ein Sprecher der Provinzregierung von Helmand am 3. Juni erklärte. Das Gefecht habe sich am 2. Juni im Bezirk Mardschah ereignet, nachdem die Extremisten eine Patrouille beschossen hätten. Vier weitere Zivilpersonen wurden ebenfalls am Mittwoch bei einer Bombenexplosion im Bezirk Nawsad getötet.
  • Die EU will die zwei Haupteinfallsrouten für Drogen abschneiden. Deutschland übernimmt dazu eine «Partnerschaft» für Heroin aus Afghanistan, Frankreich für Kokain aus dem Süden, insbesondere aus Westafrika. Einen entsprechenden Pakt zur Bekämpfung des internationalen Drogenhandels beschlossen die EU-Innenminister am 3. Juni auf ihrem Ratstreffen in Luxemburg. Geplant seien gemischte Ermittlergruppen mit Beamten aus bis zu zehn Staaten, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Ziel der französisch-deutschen Initiative ist nicht nur, Drogenkuriere und Verbraucher zu fassen. Eine Priorität sei die Vermögensabschöpfung, sagte de Maizière. «Die eigentlichen Hintermänner, die woanders sitzen, die kriegen wir bisher nicht.» Was diese am meisten treffe sei, wenn man ihr Vermögen abschöpfe. Dazu gibt es derzeit in den Mitgliedsstaaten der EU noch sehr unterschiedliche Regeln.
    Der Pakt sieht unter anderem eine Zusammenziehung von Verbindungsbeamten und technische Hilfe für Drittstaaten sowie eine bessere Koordinierung mit Europol vor. Insbesondere in Rumänien und Bulgarien gebe es großes Interesse an einer stärkeren Zusammenarbeit, weil die Länder den Ruf loswerden wollten, unter Drogenproblemen zu leiden, sagte de Maizière.
  • Die NATO und Pakistan wollen im Kampf gegen islamistischen Terror stärker kooperieren. «Pakistan und die NATO haben das gemeinsame Ziel, den regionalen und globalen Frieden möglich zu machen», sagte Pakistans Regierungschef Gilani nach Gesprächen mit NATO-Generalsekretär Rasmussen am 4. Juni. «Die enge praktische Zusammenarbeit zwischen der NATO und Pakistan ist entscheidend, um dieses Ziel erreichen zu können.» Die NATO ist nicht nur an der Stabilität in Pakistan, sondern auch an der Bekämpfung der radikalislamischen Taliban aus Afghanistan interessiert, die Rückzugsgebiete in Pakistan nutzen. Rasmussen begrüßte die Verbesserung der Beziehungen zwischen Pakistan und Afghanistan: «Das ist wichtig, um eine Bedrohung zu bekämpfen, die keinerlei Grenzen respektiert.» Pakistan habe «wirkliche Opfer» im Kampf gegen den Terrorismus gebracht und könne auf Unterstützung der NATO vertrauen: «Aber das ist ein Prozess, der von der Nachfrage abhängt, also von den Wünschen Pakistans.» Rasmussen plädierte auch nicht nur für militärische Zusammenarbeit, sondern für engere politische Kontakte. «Pakistan ist entschlossen, gegen die finsteren Kräfte des Extremismus und Terrorismus zu gewinnen», sagte Gilani. «Eine Niederlage in diesem Krieg steht für uns nicht zur Debatte. Unser Volk und unsere Sicherheitskräfte haben so große Oper in diesem Krieg gebracht und trotz der Todesopfer ist unsere Entschlossenheit, den Terrorismus zu besiegen, nicht schwächer geworden.»
  • Mit einem Aufruf zur Aussöhnung mit den Taliban ist die Friedensdschirga in Afghanistan am 4. Juni zu Ende gegangen. Zum Abschluss dreitägiger Beratungen hat die Versammlung in Kabul die afghanische Regierung zur Aufnahme von Verhandlungen mit den Aufständischen aufgefordert. Den Militanten, die am Friedensprozess teilnehmen, wird in Aussicht gestellt, dass sie von einer schwarzen Liste der Vereinten Nationen gestrichen werden, die Reise- und Finanzbeschränkungen gegen derzeit 137 Personen verhängt, die mit den Taliban in Verbindung gebracht werden. Zugleich betonten die rund 1.500 Delegierten der Konferenz in ihrer Abschlussresolution, dass alle Aufständischen, die zu einer Zusammenarbeit bereit seien, ihre Verbindungen zu ausländischen Terrorgruppen kappen müssen - eine klare Anspielung auf das islamistische Terrornetzwerk Al-Kaida.
    An den Beratungen, die in einem schwer bewachten, großen Zelt in Kabul stattfanden, hatte kein aktives Mitglied der Taliban oder einer anderen militanten Gruppe teilgenommen.
    Präsident Hamid Karsai appellierte in seiner Schlussrede an die Aufständischen, die Gelegenheit zur Schaffung eines stabilen Friedens zu nutzen. Die Dschirga habe der Regierung in Kabul eine klare Handlungsanweisung erteilt, sagte er. «Wir werden diesem Weg Schritt für Schritt folgen und, so Gott will, das Ziel am Ende auch erreichen.»
    Die Taliban-Führung besteht jedoch darauf, dass es keine Verhandlungen geben könne, bis die US-Truppen das Land verlassen haben - eine Bedingung, die Karsai nicht akzeptieren kann.
    Die USA werteten die jüngste Konferenz als positiven Schritt. Die US-Botschaft in Kabul erklärte: «Diese Diskussionen sind der Anfang eines Prozesses, von dem wir glauben, dass er dabei helfen kann, Afghanistan Stabilität und seiner Bevölkerung den herbeigesehnten Frieden zu bringen.» (Siehe auch: Kein Friedenssignal.)
  • Die NATO und die mit ihr verbündeten afghanischen Regierungstruppen erzielten unterdessen in ihrem Kampf gegen die Aufständischen einen wichtigen Erfolg. Bei einem Gefecht im Süden Afghanistans wurde nach NATO-Angaben der «oberste Kommandeur der Taliban» in Kandahar, der zweitgrößten Stadt des Landes, getötet. Auch einige Leibwächter von Mullah Sergay seien getötet worden, hieß es am 4. Juni. Sergay wird für zahlreiche Bombenanschläge verantwortlich gemacht.
  • Gegen einen US-Soldaten ist wegen des Todes von drei Zivilisten in Afghanistan Mordanklage erhoben worden. Das teilten die US-Streitkräfte am 4. Juni mit. Wie es hieß, wurde gegen insgesamt zehn Mitglieder einer in Fort Lewis im US-Staat Washington stationierten Heereseinheit ermittelt. Ein 22-jähriger Soldat wurde nun wegen vorsätzlichen Mordes in drei Fällen und Körperverletzung in einem Fall angeklagt. Nähere Einzelheiten zu den Ermittlungen, die in Afghanistan liefen, wurden zunächst nicht mitgeteilt.
  • Die Internationale Schutztruppe ISAF will den Druck auf die Taliban im nordafghanischen Verantwortungsbereich der Bundeswehr von diesem Sommer an deutlich erhöhen. ISAF-Sprecher Josef Blotz kündigte eine «Ausbildungsoffensive» deutscher und amerikanischer Truppen insbesondere für die afghanische Polizei an, die im Kampf gegen die Aufständischen eine wichtige Rolle spielt. «Verstärkte Aktivitäten in den Provinzen Kundus und Baghlan könnten somit ab Sommer deutlich Wirkung zeigen und bis ins kommende Jahr andauern», sagte der Bundeswehr-General am 5. Juni der Nachrichtenagentur dpa in Kabul. Die Truppen der Bundeswehr und der USA sollen in den kommenden Monaten verstärkt werden und gemeinsam mit den einheimischen Sicherheitskräften die Taliban in den beiden Unruheprovinzen zurückdrängen. In Kundus werden dort bereits stationierte Kräfte zu einem sogenannten Ausbildungs- und Schutzbataillon umstrukturiert, das vom Sommer an afghanische Sicherheitskräfte trainieren soll. Die US-Truppen im Norden sollen bis dahin auf rund 4000 Soldaten aufgestockt werden, darunter zahlreiche Trainer.
    Blotz sagte, der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte, die in den kommenden Jahren die Verantwortung von den ausländischen Truppen übernehmen sollen, sei die wichtigste strategische Aufgabe der ISAF. Dennoch und trotz der NATO-Bitten bei den Truppensteller-Nationen fehlten von den benötigten 1300 Ausbildern derzeit 450. «Die Nachricht mit Blick auf die Hauptstädte der Truppensteller-Nationen ist: Wenn Ihr nicht merkt, dass das die entscheidende Mission ist, dann tut Ihr Euch keinen Gefallen.»
    Derzeit verfügt die ISAF nach eigenen Angaben über 122 000 ausländische Soldaten in Afghanistan, die überwältigende Mehrheit davon sind Amerikaner. Die afghanische Armee hat demnach 119 000 Mann unter Waffen, die Polizei verfügt über 105 000 Sicherheitskräfte. 30 000 weitere Soldaten und Polizisten sind in Ausbildung.
  • In Afghanistan sind zwei britische Soldaten bei einem Feuergefecht mit Taliban-Kämpfern ums Leben gekommen. Das Verteidigungsministerium in London erklärte am 5. Juni, zu dem Zwischenfall sei es am 4. Juni im Süden der Provinz Helmand gekommen. Seit Beginn des militärischen Einsatzes in Afghanistan im Jahr 2001 sind insgesamt 292 britische Soldaten getötet worden.
  • Der neue britische Verteidigungsminister Liam Fox hat das Afghanistan-Engagement seines Landes bekräftigt. Afghanistan dürfe nicht wieder zu einem Rückzugsort für Terroristen werden, sagte Fox am 5. Juni bei einer Sicherheitskonferenz in Singapur. "In Afghanistan werden die Entschlossenheit und Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft getestet, dem transnationalen Terrorismus entgegenzutreten," fügte der konservative Politiker hinzu. Daher würden die britischen Soldaten in Afghanistan bleiben. Andere NATO-Staaten rief Fox auf, mehr Ausbilder für den Aufbau der afghanischen Armee an den Hindukusch zu schicken.
  • Das US-Heer plant den Bau einer 100 Millionen Dollar teuren Kommandozentrale für Spezialeinheiten im Norden Afghanistans. Das Projekt in der Stadt Masar-i-Scharif gilt als Beleg für die wachsende Bedeutung von verdeckten Einsätzen im Kampf gegen Terroristen und Aufständische. Laut der auf einer Website der US-Regierung am 5. Juni veröffentlichten Ausschreibung sind Unterkünfte für die Soldaten, ein Trainingsgebiet, eine Sanitätsstation und eine Befehlszentrale geplant.
    Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 haben Spezialeinheiten bei den US-Streitkräften stetig an Bedeutung gewonnen. Die Haushaltsmittel stiegen seitdem von 2,2 Milliarden Dollar auf 9 Milliarden Dollar neun Jahre später. US-Präsident Barack Obama will den Etat weiter erhöhen, bis auf 9,8 Milliarden Dollar im kommenden Jahr. Die Zahl der Mitarbeiter im zivilen Bereich und für psychologische Einsätze soll bis 2015 um 3.651 steigen, die der Kampf- und Kampfunterstützungstruppen soll um 4.027 steigen.
  • US-Präsident Barack Obama hat den früheren General James Clapper zum neuen Geheimdienstkoordinator des Landes ernannt. Nach vier Jahrzehnten im Dienste der Vereinigten Staaten sei Clapper einer der "erfahrensten und angesehensten" Geheimdienstmitarbeiter, sagte Obama, als er den Vietnam-Veteran am 5. Juni in Washington vorstellte. Clapper folgt auf Dennis Blair, der sich nach harscher Kritik vor gut zwei Wochen zurückzog. "Er besitzt eine Eigenschaft, die ich bei all meinen Beratern schätze: den Willen, den Verantwortlichen zu sagen, was sie wissen müssen, auch wenn sie das nicht hören wollen", sagte Obama. Er sei für die Position des Geheimdienstkoordinators "besonders geeignet". Der Präsident forderte den Senat auf, angesichts der Bedeutung des Postens für die Sicherheit des Landes die Ernennung schleunigst zu bestätigen. (Siehe auch: Agentenchef.)
    Clapper verfügt über weitreichende Erfahrungen mit den Geheimdiensten des Landes. Insgesamt 32 Jahre lang diente er bei der Luftwaffe und war dort immer wieder mit wichtigen Geheimdienstaufgaben betraut, etwa in den 80er Jahren in Korea oder während des ersten Golfkriegs. 1995 verließ er die Luftwaffe und arbeitete jahrelang als Berater für private Sicherheitsunternehmen. 2001 wurde er als erster Zivilist zum Chef der Nationalen Agentur für Geographische Aufklärung (NGA) ernannt. Von 2007 an war Clapper im Pentagon als Staatssekretär für die Geheimdienste zuständig. Er galt als einer der wichtigsten Berater von US-Verteidigungsminister Robert Gates. Der Vietnam-Veteran befürwortete den Afghanistan-Einsatz ebenso wie den Irak-Krieg.
    Sein Vorgänger im Amt des Geheimdienstkoordinators, Dennis Blair, war im Mai von dem Posten zurückgetreten. Blair war vor allem nach dem versuchten Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug an Weihnachten vergangenen Jahres in die Kritik geraten. Obama bemängelte anschließend "katastrophale" Pannen bei den Sicherheitsbehörden und "Fehler im System".
    Die 16 Geheimdienste der USA gelten als ebenso gigantischer wie schwerfälliger Apparat mit insgesamt 200.000 Mitarbeitern. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde der Posten des Nationalen Geheimdienstdirektors (DNI) neu geschaffen. Der Geheimdienstkoordinator überwacht die Dienste und koordiniert vor allem Anti-Terror-Maßnahmen der US-Bundespolizei und des nach 2001 geschaffenen Heimatschutzministeriums.
  • In der afghanischen Stadt Kandahar wurde am 5. Juni bei einem Bombenanschlag auf das Büro des Provinzgouverneurs ein Polizist getötet. Weitere 14 Menschen wurden verletzt, wie die Behörden erklärten. Der Gouverneur hielt sich zu dem Zeitpunkt nicht in dem Gebäude auf. Zu dem Anschlag bekannte sich niemand.
  • Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat zum Abschluss seiner Reise nach Afghanistan und Pakistan für eine engere Zusammenarbeit beider Länder geworben. "Denn entscheidend für eine nachhaltige Wirkung der Beiträge Deutschlands und vieler anderer Länder ist es, dass sich Afghanistan und Pakistan über gemeinsame Stabilisierungsziele verständigen", sagte Niebel laut einer am 5. Juni veröffentlichten Erklärung seines Ministeriums in Berlin. Eine stärkere Bereitschaft zu mehr Dialog und regionaler Kooperation würde sich auszahlen, fügte Niebel hinzu.
  • Russland hat die NATO zu einem härteren Vorgehen gegen den Drogenanbau in Afghanistan aufgefordert. Auf einem Sicherheitsgipfel in Singapur sagte der stellvertretende russische Ministerpräsident Sergej Iwanow am 6. Juni, vor allem die Taliban und andere Aufständische profitierten vom Drogenhandel. Die größten Mengen würde über die Grenze zwischen Afghanistan und Tadschikistan geschmuggelt und gelangten dann über Russland nach West-Europa. Russland sei dazu bereit, einen Sicherheitsring zu ziehen, um die Drogen abzufangen, erklärte Iwanow.
    Aus Afghanistan kommen neben Haschisch geschätzte 90 Prozent des Opiums weltweit. Einer Studie der Vereinten Nationen zufolge verdienen die Taliban etwa 300 Millionen Dollar (etwa 249 Millionen Euro) jährlich mit dem Drogenhandel.
  • Zwei Tage nach dem Ende der Friedensversammlung in Afghanistan hat Präsident Hamid Karsai erste Konsequenzen gezogen: Er ordnete eine Überprüfung der Haftgründe für alle Taliban-Kämpfer in den Gefängnissen des Landes an. In einem Dekret vom 6. Juni wies der Präsident das Justizministerium an, die Häftlinge freizulassen, wenn sich der Verdacht gegen sie nicht erhärten lasse.
    Karsai reagiert damit auf eine Empfehlung der Teilnehmer der sogenannten Friedens-Dschirga, die am 4. Juni in Kabul zu Ende ging. Sie hatten ihre Empfehlung allerdings auch auf die Häftlinge in US-Gefängnissen bezogen, die der Präsident in seinem Dekret nicht erwähnte.
  • Wegen der Anschläge auf die afghanische Friedens-Dschirga sind der Innenminister und der Geheimdienstchef des Landes am 6. Juni zurückgetreten. Präsident Hamid Karsai habe die entsprechenden Gesuche der beiden angenommen, teilte die Präsidialverwaltung mit. Die Erklärungen von Innenminister Hanif Atmar und Geheimdienstchef Amrullah Saleh, wie es zu den Angriffen habe kommen können, seien nicht zufriedenstellend gewesen.
    Mindestens zwei Talibankämpfer hatten am 2. Juni die Friedenskonferenz trotz strenger Sicherheitsmaßnahmen mit Raketen angegriffen. Keiner der 1.500 Delegierten wurde verletzt. Sicherheitskräfte lieferten sich ein Feuergefecht mit den Angreifern und töteten sie.
  • Im Süden und Osten Afghanistans sind am 6. Juni fünf NATO-Soldaten getötet worden. Drei von ihnen seien bei einem Unfall im Süden des Landes umgekommen, teilte die NATO in Kabul mit. Ebenfalls im Süden sei ein Soldat bei der Explosion einer Mine gestorben, ein weiterer wurde demnach im Ostafghanistan bei einem Angriff von Aufständischen getötet. Zur Nationalität der Soldaten machte die NATO zunächst keine Angaben.
Montag, 7. Juni, bis Sonntag, 13. Juni
  • Talibanische Selbstmordattentäter töteten am 7. Juni bei einem Angriff auf ein Ausbildungszentrum der Polizei im südlichen Kandahar mindestens zwei Menschen. Nach Angaben der US-Botschaft ist ein amerikanischer Unternehmer unter den Opfern. Die drei Taliban-Kämpfer zündeten eine Autobombe am Tor der Polizeischule und eröffneten dann das Feuer. Drei Polizisten wurden nach Behördenangaben verletzt; die Angreifer wurden bei der versuchten Erstürmung des Ausbildungszentrums getötet.
  • Im Süden des Landes kamen am 7. Juni zwei NATO-Soldaten bei einem Bombenanschlag ums Leben; einer starb in einem Feuergefecht. Die NATO-Streitkräfte machten keine Angaben zur Nationalität der Opfer.
  • In der Provinz Urusgan wurden am Morgen des 7. Juni zwei Zivilpersonen durch eine Straßenbombe in den Tod gerissen.
  • Präsident Hamid Karsai verteidigte seine Entscheidung, Innenminister Hanif Atmar und Geheimdienstchef Amrullah Saleh zu entlassen. Sie müssten die Verantwortung für die Anschläge während der Friedensversammlung in Kabul vergangene Woche übernehmen, erklärte das Büro des Präsidenten am 7. Juni. Mindestens zwei Taliban-Kämpfer hatten am vergangenen Mittwoch (2. Juni) die Friedenskonferenz trotz strenger Sicherheitsmaßnahmen mit Raketen angegriffen. Keiner der 1.500 Delegierten wurde verletzt. Die Angreifer wurden bei einem Feuergefecht mit Sicherheitskräften getötet.
  • Binnen 24 Stunden sind in Afghanistan 13 NATO-Soldaten getötet worden - damit erlebte die Internationale Schutztruppe ISAF den blutigsten Tag seit August 2008. Damals waren zehn Franzosen in einem Hinterhalt der Taliban östlich von Kabul ums Leben gekommen. Nach NATO-Angaben kamen bereits am 7. Juni sieben Soldaten aus den USA, zwei aus Australien und einer aus Frankreich ums Leben, am 8. Juni teilte die ISAF den Tod von drei weiteren Soldaten mit, zwei US-Amerikaner und ein Brite. Sie wurden demnach im Süden des Landes bei einem Bombenanschlag getötet.
    Sechs US-Soldaten wurden durch einen selbstgebastelten Sprengsatz (IED) im Süden getötet, ein weiterer wurde erschossen, wie die Regierung in Washington mitteilte. Die beiden Australier kamen durch eine Bombe am Straßenrand in der Provinz Urusgan ebenfalls im Süden ums Leben. Ein französischer Soldat starb nach offiziellen Angaben bei einem Raketenangriff von Taliban-Kämpfern im Osten des Landes, drei weitere wurden dabei verletzt. Bei einem Selbstmordanschlag in der südlichen Stadt Kandahar wurden zudem zwei ausländische Unternehmer getötet, einer davon aus den USA, wie die US-Botschaft mitteilte.
    Damit steigt die Zahl der seit Anfang Juni in Afghanistan getöteten NATO-Soldaten auf 24.
    Bei Gefechten am 8. Juni seien auch 14 Taliban-Kämpfer getötet worden, erklärte die afghanische Regierung.
    Insgesamt wurden in diesem Jahr damit bislang 248 ausländische Soldaten in Afghanistan getötet, wie aus einer Zählung der unabhängigen Website icasualties.org hervorgeht. 2009 kamen insgesamt 520 Soldaten der internationalen Truppen ums Leben. Für den Sommer planen die internationalen und afghanischen Truppen eine Großoffensive gegen die Taliban in Kandahar. Das Kontingent der ausländischen Soldaten am Hindukusch soll im laufenden Jahr auf 150.000 erhöht werden.
  • In Nordafghanistan haben am 8. Juni mehr als tausend Menschen christlichen Hilfsorganisationen vorgeworfen, sie versuchen in dem Land zu missionieren. Die Demonstranten verbrannten ein Bild von Papst Benedikt XVI. Gegen die Organisationen Church World Service und Norwegian Church Aid wurden in der vergangen Woche Ermittlungen eingeleitet, nachdem das afghanische Fernsehen berichtet hatte, dass sie in dem muslimischen Land den christlichen Glauben verbreitet hätten. Die Demonstranten in Masar-i-Scharif forderten ein Verbot aller christlichen Hilfsorganisationen. Die Organisationen befürchten nun, dass die Gefahr von Übergriffen islamistischer Aufständischer noch wächst.
  • Internationale Geldgeber haben mit Vertretern der afghanischen Regierung über den Aufbau eines Fonds zur Eingliederung ausstiegswilliger Taliban-Kämpfer beraten. Die Delegierten forderten dabei von der afghanische Regierung Garantien, dass die Gelder nicht zweckentfremdet würden, wie der US-Beauftragte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, am 8. Juni in Madrid mitteilte. Das informelle Treffen war bereits am Montag in der spanischen Hauptstadt zu Ende gegangen. Die Vertreter der afghanischen Regierung informierten Holbrooke zufolge die Geberländer über das geplante Eingliederungsprogramm für ehemalige Taliban-Kämpfer. Japan und Großbritannien haben bei der Schaffung des Reintegrationsfonds eine Führungsrolle übernommen.
  • Bei einem Angriff auf einen Nachschub-Konvoi für die NATO-Truppen in Afghanistan sind in Pakistan sieben Menschen getötet worden. Bei dem Angriff seien mehr als ein dutzend Lastwagen in Flammen aufgegangen, teilte die Polizei am 9. Juni in Islamabad mit. Der Vorfall habe sich am Abend des 8. Juni in Tarnol etwa 15 Kilometer vor der Hauptstadt ereignet. Bewaffnete eröffneten den Angaben zufolge das Feuer auf den Konvoi, der sich auf der Straße Richtung Peshawar im Nordwesten Pakistans befand. dpa berichtete später von 140 zerstörten Fahrzeugen. Etwa 60 Trucks mit 80 NATO-Militärfahrzeuge auf den Ladenflächen seien ausgebrannt. Außerdem seien ca. 40 Aufständische bei dem Gefecht getötet worden.
    Es war das erste Mal, dass mutmaßliche Taliban-Kämpfer einen Konvoi der NATO in unmittelbarer Nähe von Islamabad angriffen. Bisher wurden Überfälle überwiegend im Nordwesten des Landes verübt. Die Route von der südlichen Hafenstadt Karachi durch Zentralpakistan zum Grenzübergang am Khyber-Pass ist eine der wichtigsten Nachschub- Verbindungen für die internationalen Truppen in Afghanistan.
  • Der Afghanistan-Beauftragte der Bundesregierung, Michael Steiner, hat von den Afghanen mehr politische Eigenverantwortung eingefordert. Nach dem Sicherheitsaspekt und dem zivilen Wiederaufbau müsse die internationale Gemeinschaft nun verstärkt den politischen Prozess angehen. «Da müssen wir dran bleiben», sagte der Botschafter am 9.Juni in Berlin. Dieser müsse jedoch unter afghanischen Führung ablaufen. Steiner lobte in diesem Zusammenhang die Beschlüsse der Friedens-Dschirga. Diese sehen eine Versöhnung mit den Taliban vor. Der Afghanistanbeauftragte warnte jedoch vor zu viel Optimismus. Die Lage vor Ort sei weiter schwierig. «Wir werden auch Rückschläge haben», sagte er.
  • Die Zahl der Opfer, die Heroin aus Afghanistan jedes Jahr in Westeuropa umbringt, übersteigt nach UN-Angaben die Zahl aller in dem Land getöteten NATO-Soldaten. Seit der Invasion von 2001 wurden in dem Land rund 1.800 internationale Soldaten getötet. Auf einer Konferenz in Moskau sagte am 9. Juni der Leiter des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, Antonio Maria Costa, der größte Konsument afghanischer Drogen sei Russland. Jahr für Jahr würden dort 70 Tonnen Heroin auf dem Schwarzmarkt verkauft. Der russische Präsident Dmitri Medwedew bezeichnete das Rauschgift als «ernste Gefahr» für die Jugend seines Landes.
  • Bei einem Anschlag auf eine Patrouille der Bundeswehr im Norden Afghanistans ist ein Soldat leicht verletzt worden. Der Vorfall habe sich am Vormittag des 9. Juni etwa neun Kilometer südwestlich von Kundus ereignet, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam mit. Zwei am Straßenrand versteckte Sprengladungen seien explodiert, als eine Kolonne der Bundeswehr vorbeifuhr. Zudem sei ein Fahrzeug der Kolonne mit einer Panzerfaust beschossen worden. Schäden an den Fahrzeugen seien aber nicht festgestellt worden.
  • Bei einem Selbstmordanschlag bei einer Hochzeitsfeier in der afghanischen Provinz Kandahar sind nach amtlichen Angaben 40 Menschen getötet und 74 verletzt worden. Innenministeriumssprecher Semeri Baschari sagte am 10. Juni, die Explosion habe das Fest am Abend des 9. Juni im Bezirk Arghandab nördlich der Provinzhauptstadt Kandahar erschüttert. Sie sei von einem Selbstmordattentäter ausgelöst worden.
    Kandahar ist eine Hochburg der Taliban, die die Urheberschaft für den Anschlag zurückwiesen. Taliban-Sprecher Kari Jussef Ahmadi sagte, die Aufständischen steckten nicht hinter dem Angriff. Auch die US-Streitkräfte erklärten umgehend, die vielen Toten seien nicht das Resultat eines Luftangriffs. Wer das behaupte, betreibe «Taliban-Falschinformationen», sagte Militärsprecher Wayne Shanks. Die NATO teilte mit, keiner ihrer Soldaten habe sei in den Zwischenfall verwickelt.
    Ein Überlebender, Agha Mohammed, sagte, die Hochzeitsgesellschaft habe sich gerade zum Essen hingesetzt, als sich eine gewaltige Explosion ereignet habe. Das Ausmaß der Zerstörung sei viel größer als bei einem Selbstmordanschlag üblich. «Wir haben Kriegserfahrung und das sieht nicht wie ein Selbstmordanschlag aus», sagte Mohammed. Baschari sagte, das Brautpaar habe überlebt.
    Präsident Hamid Karsai forderte eine gründliche Untersuchung.
    Die Zahl der Todesopfer stieg später auf 50. Weitere Menschen seien an ihren schweren Verletzungen gestorben, sagte der Polizeichef von Kandahar, Sardar Mohammed Sasay, am 12. Juni.
  • Der Oberbefehlshaber der NATO-geführten Streitkräfte in Afghanistan, Stanley McChrystal, hat Rückschläge im Kampf gegen die Taliban eingeräumt. Die Offensive im südafghanischen Kandahar verlaufe langsamer als geplant, sagte der US-General am Rande des NATO-Verteidigungsrates in Brüssel am 10. Juni. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen betonte, der Afghanistan-Einsatz mit rund 120.000 Soldaten bleibe die "oberste Priorität" des Bündnisses.
    Rasmussen sagte vor den Beratungen mit den 28 NATO-Mitgliedsländern, alle Investitionen müssten auf den Prüfstand. Das Militär- und Zivilbudget umfasst rund zwei Milliarden Euro jährlich. Im Gespräch sind unter anderem die Schließung von Hauptquartieren und Abstriche bei der Kommandostruktur. Grund für die bisher nicht bezifferten Einschnitte sind die Finanzkrise und die steigenden Einsatzkosten in Afghanistan. Dennoch warb der dänische Generalsekretär für den Aufbau einer NATO-eigenen Raketenabwehr. "Die Kosten sind beherrschbar", sagte Rasmussen. Sie lägen bei weniger als 200 Millionen Euro über zehn Jahre. Dazu kommen allerdings dem Vernehmen nach Kosten für die Mitgliedstaaten, die in die Milliarden gehen könnten.
  • Großbritannien will über das bestehende Kontingent hinaus nach den Worten von Premierminister David Cameron keine weiteren Soldaten nach Afghanistan schicken. Die Frage nach mehr Truppen stehe "nicht im Entferntesten" auf der britischen Agenda, sagte Cameron am 10. Juni in Kabul, wo er kurz zuvor überraschend zu seinem ersten Besuch seit Amtsantritt eingetroffen war. Afghanistan sei das "wichtigste Thema" für die britische Außenpolitik, sagte Cameron an der Seite des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai.
  • Die Angehörigen der Opfer des Kundus-Luftschlags fordern neue Ermittlungen gegen den deutschen Oberst Georg Klein. «Unsere Mandaten sind in Not, und wir geben dem Verteidigungsministerium jetzt eine letzte Chance», sagte Opfer-Anwalt Karim Popal am 10. Juni der Nachrichtenagentur DAPD in Berlin. Gemeinsam mit den Anwälten Remo Klinger, Bernhard Docke, Rainer Geulen und Wolfgang Kaleck habe er die Fortführung der Ermittlungen bei der Generalstaatsanwaltschaft in Dresden beantragt.
  • Die US-Spezialeinheiten haben in den vergangenen 90 Tagen nach Angaben des Oberbefehlshabers der NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, 121 Anführer der radikalislamischen Taliban am Hindukusch gefasst oder getötet. Damit habe sich die Effektivität der Spezialkräfte im Vergleich zu vor einem Jahr verdreifacht, sagte McChrystal am 10. Juni in Brüssel. Die US-Soldaten führten diese Einsätze zusammen mit der afghanischen Armee. Die afghanische Regierung werde vor jedem Einsatz in Kenntnis gesetzt.
  • Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind am 11. Juni neun Menschen getötet worden, darunter drei Kinder. Der Sprengsatz war am Straßenrand versteckt, wie die Behörden in der Provinz Kandahar mitteilten. Unter den Todesopfern waren demnach vier Frauen und drei Kinder, acht Verletzte wurden ins Krankenhaus gebracht.
  • In der Nachbarprovinz Sabul zündete am 11. Juni ein Selbstmordattentäter seinen Sprengsatz in einer Einkaufsstraße und riss zwei Zivilpersonen mit in den Tod. Mindestens 16 weitere Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt. Der Attentäter hatte sich mit einem Ganzkörperschleier maskiert.
  • Die NATO teilte mit, zwei US-Soldaten seien am 11. Juni bei einer Explosion in Südafghanistan ums Leben gekommen. Nähere Einzelheiten wurden nicht genannt.
    In diesem Monat wurden in Afghanistan mindestens 33 Soldaten der Koalitionstruppen getötet, 23 von ihnen waren Amerikaner. Der NATO-Kommandeur in Afghanistan, General Stanley McChrystal, erklärte in Brüssel, die Aufständischen hätten in den vorangegangenen sieben Tagen 59 Afghanen getötet. Die weitaus meisten Opfer habe es in Kandahar gegeben.
  • Ungeachtet heftiger Kämpfe mit den radikalislamischen Taliban hält die NATO an ihren Plänen für einen schrittweisen Ausstieg aus dem Einsatz in Afghanistan fest. Dies machte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am 11. Juni in Brüssel nach einem Treffen von Verteidigungsministern der 46 an der Afghanistan-Schutztruppe ISAF beteiligten Staaten klar. Noch in diesem Jahr solle begonnen werden, der Armee und Polizei Afghanistans Verantwortung für die Sicherheit in Teilen des Landes zu übertragen. «Wir wollen, dass dieser Übergang sich so rasch wie möglich vollzieht, sofern es die Umstände erlauben», sagte Rasmussen. «Und wir wollen, dass er möglichst vor Ende dieses Jahres beginnt.» Die NATO werde aber so lange in Afghanistan bleiben, wie das nötig sei.
    In einer Erklärung der 28 NATO-Verteidigungsminister vom 11. Juni wird die «beachtliche Verbesserung der Fähigkeiten der afghanischen Sicherheitskräfte» begrüßt. «Wir verpflichten uns, die Ausbilder bereitzustellen, um diesen stetigen Fortschritt zu unterstützen», versprachen die Minister. Für die Ausbildung der Afghanen fehlen noch 450 von 2300 Ausbildern.
    Die afghanische Armee hat derzeit 119 000 Soldaten. Bis Oktober 2011 sollen es 171 600 sein. Die Polizei steht derzeit bei 104 000 von angestrebten 134 000 Mann. «Vielleicht glauben die Taliban, dass sie unseren Abzug nur abzuwarten brauchen», sagte Rasmussen. «Aber wenn unser Einsatz endet, dann wird es Hunderttausende von afghanischen Soldaten und Polizisten geben, die ausgebildet und bereit sind, ihr Land zu verteidigen.
    «Erhebliche Herausforderungen bleiben und der Erfolg ist noch nicht sicher, aber wir sind durch die jüngsten Ereignisse ermutigt», heißt es in der Erklärung der Minister. Das vergangene Jahr sei «schwierig für Afghanistan und für unseren Einsatz gewesen», sagte Rasmussen. 2010 gebe es eine neue Strategie, die derzeit 120 000 Soldaten zählende und von der NATO geführte ISAF habe massive Verstärkung bekommen. «Fortschritt ist erkennbar, politischer und militärischer Fortschritt.»
  • Bei US-Drohnenangriffen in Pakistan sind nach offiziellen Angaben mindestens 14 mutmaßliche Islamisten getötet worden. Im Abstand von etwa zwölf Stunden seien westlich und östlich von Miranshah in der Unruheregion North Waziristan zwei Angriffe geflogen worden, sagten pakistanische Vertreter am 11. Juni. Das Stammesgebiet an der Grenze zu Afghanistan gilt als Hochburg von Taliban und El Kaida.
  • Die USA haben Hoffnungen auf einen schnellen Abzug aus Afghanistan gedämpft. US-Verteidigungsminister Robert Gates sprach nach einem Treffen der 46 Länder der Internationalen Afghanistan-Truppe (ISAF) in Brüssel von einem "langen und schwierigen Kampf". Der ISAF-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal hatte zuvor Rückschläge bei der Offensive in Südafghanistan eingeräumt. Gates sagte nach dem zweitägigen NATO-Treffen in Brüssel, ein Erfolg in Afghanistan werde "nicht schnell und ohne Kosten kommen". Er rief alle Länder "ohne großen Kampfeinsatz" auf, mehr Ausbilder zu entsenden.
    Konkrete Zusagen für mehr Trainer machte in Brüssel kein Land.
  • Die Vereinten Nationen wollen noch diesen Monat prüfen, ob Aufständische in Afghanistan von einer Terrorverdächtigen-Liste des UN-Sicherheitsrates gestrichen werden. Das kündigte der UN-Gesandte für Afghanistan, Staffan de Mistura, am 12. Juni in Kabul an. Eine Delegation werde zu diesem Zweck bald nach Afghanistan reisen. Eine Entscheidung über die Streichung von Namen könne aber nur der Sicherheitsrat fällen.
  • Bei mehreren Anschlägen sind am 12. Juni in verschiedenen Teilen des Landes drei NATO-Soldaten getötet worden, unter ihnen ein Pole und ein Brite.
    In nur einer Woche starben damit 30 Soldaten der internationalen Truppen.
  • Bei zwei Anschlägen in der südlichen Unruheprovinz Kandahar wurden am 12. Juni sechs afghanische Polizisten getötet. Der am Straßenrand abgelegte Sprengsatz traf das Fahrzeug der Sicherheitskräfte im Bezirk Chakres in der südlichen Provinz Kandahar, wie Polizeichef Scher Mohammed Sasai sagte.
  • Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat einen Zeitplan für den Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan gefordert. Er werde das Thema beim NATO-Gipfel in Lissabon im November auf den Tisch bringen, kündigte Tusk am 12. Juni an. Einen Tag zuvor war in Afghanistan ein polnischer Soldat getötet worden. Die NATO brauche einen «Plan für die Beendigung der Mission, der möglichst präzise sein sollte», erklärte Tusk.
  • Bei einem gemeinsamen Besuch mit ISAF-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal in der Stadt Kandahar wandte sich laut AFP vom 13. Juni der afghanische Präsident Karsai an hunderte Stammesvertreter und Bürger, um zum Kampf gegen die Taliban aufzurufen. "Momentan ist das Leben in Kandahar ein sehr schlechtes Leben, wir können aber schrittweise Fortschritte erzielen", sagte Karsai. "Ich muss die Säuberungsaktion gegen den Feind beginnen. Wir brauchen Ihre Hilfe und Unterstützung."
  • Nach einer Untersuchung der London School of Economics (LSE) unterstützt der pakistanische Geheimdienst ISI die Taliban in Afghanistan in weit größerem Umfang als bisher bekannt. Der Geheimdienst ISI lasse den Aufständischen Geld, Waffen sowie Ausbildung zukommen und gewähre den Taliban Schutz, berichtete AFP am 13. Juni. Die Untersuchung basiert unter anderem auf Gesprächen mit neun Kommandeuren der Aufständischen zwischen Februar und Mai und soll die bisher konkretesten Belege für direkte Verbindungen des ISI zu den Taliban liefern. Die Taliban wiesen den Bericht später zurück (siehe 15. Juni).
  • Bei einem Anschlag auf einen Bundeswehr-Konvoi im Norden Afghanistans sind zwei deutsche Soldaten verletzt worden, einer von ihnen schwer. Der Anschlag mit einem versteckten Sprengsatz habe sich etwa zehn Kilometer westlich der Stadt Kundus ereignet, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam am 13. Juni. Bei dem Anschlag sei ein gepanzertes Bundeswehrfahrzeug beschädigt worden, sagte der Sprecher. Der schwer verletzte Soldat wurde im Rettungszentrum des Feldlagers von Kundus versorgt, weitere Angaben zu seinem Zustand machte die Bundeswehr zunächst nicht.
Montag, 14. Juni, bis Sonntag, 20. Juni
  • US-Geologen haben in Afghanistan offenbar riesige Mineralvorkommen mit einem Schätzwert von fast einer Billion Dollar entdeckt. Die Vorräte an Kupfer, Lithium, Eisen, Gold und Kobalt reichten aus, um das von Kriegen und Bürgerkrieg zerstörte Land zu einem der weltweit führenden Rohstoff-Exporteure zu machen, sagte der US-Kommandeur für die Region, General David Petraeus, der "New York Times" (Ausgabe vom 14. Juni). Nach Informationen der Zeitung verfügt Afghanistan über mindestens so große Lithium-Reserven wie bisher nur Bolivien. Es habe damit das Potenzial, zum "Saudi Arabien für Lithium" zu werden, zitiert das Blatt aus einem internen Bericht des US-Verteidigungsministeriums. Lithium wird für wieder aufladbare Batterien gebraucht - für Handys, Laptops oder Elektroautos. Auch die Eisen- und Kupferadern seien groß genug, um das Land zu einem der führenden Produzenten zu machen, berichtet die "New York Times". Laut Petraeus bieten die Funde Afghanistan "atemberaubende Möglichkeiten". Sie könnten "das Rückgrat unserer Wirtschaft werden", sagte auch der Berater des afghanischen Bergbau-Ministeriums, Dschalil Dschumriani.
    Entdeckt wurden die Rohstoffvorkommen mit Hilfe von Karten- und Datenmaterial sowjetischer Bergbau-Experten, die noch aus der Zeit der sowjetischen Besatzung in den 80er Jahren stammen. Nach dem Rückzug der sowjetischen Soldaten und dem darauffolgenden Chaos nahmen afghanische Geologen die Karten an sich, wie die "New York Times" weiter berichtet. Erst nach dem Sturz der Taliban Ende 2001 förderten sie die Informationen wieder zu Tage.
    "Es gab Karten, aber wegen der Kriege blieb die Entwicklung 35 Jahre lang stehen", sagte der afghanische Ingenieur Achmed Hudschabre, der in den 70er Jahren für das Bergbauministerium arbeitete. Laut US-Regierungsvertretern wurde der afghanische Präsident Hamid Karsai kürzlich über die Funde informiert.
    (Siehe unseren Bericht: "Saudi-Arabien des Lithiums".)
  • Die Vereinten Nationen haben den Schmuggel afghanischer Kinder nach Europa kritisiert. Im vergangenen Jahr seien mehr als 5.900 Kinder aus Afghanistan nach Europa geschleust worden, hieß es in einem am 14. Juni in Brüssel veröffentlichten Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR). Die Zahl der Kinder habe mit der verschlechterten Lebensqualität in Afghanistan zugenommen, hieß es in dem UNHCR-Bericht. Die Hälfte aller Asylanträge von Minderjährigen in Europa seien von afghanischen Kindern gestellt worden. Viele Eltern drängten ihre Kinder dazu, sich von Schleppern nach Europa schmuggeln zu lassen. Dort sollten sie Geld verdienen, das sie zurück zu ihren Familien senden sollten.
  • Auch die Hilfsorganisation Care forderte einen besseren Schutz für Kinder in Afghanistan. In einer am 14. Juni veröffentlichten Studie, an der Care beteiligt war, hieß es, im vergangenen Jahr seien mehr als 1.000 Kinder durch Luftangriffe, Selbstmordattentate oder Minen ums Leben gekommen. Im gleichen Zeitraum verzeichnete das Land die meisten Angriffe auf Bildungseinrichtungen weltweit. Tausende Kinder seien Opfer von Zwangsvertreibung, Vergewaltigung, sexueller Gewalt und Zwangsverheiratung geworden oder als Kindersoldaten rekrutiert worden.
  • Ein britischer Soldat ist seinen Verletzungen erlegen, die er am Wochenende bei einem Gefecht in Afghanistan erlitten hatte. Das teilte das Verteidigungsministerium in London am 15. Juni mit.
    Seit Beginn des britischen Einsatz in Afghanistan 2001 wurden damit dort 261 britische Soldaten getötet.
  • Der Kandidat von SPD und Grünen für das Amt des Bundespräsidenten, Joachim Gauck, hat sich zum deutschen Bundeswehreinsatz in Afghanistan bekannt. «Ich kann ertragen, dass wir dort sind», sagte Gauck am 15. Juni im Brandenburger Landtag in Potsdam. Der 70-Jährige stellte sich der SPD- und Grünen-Fraktion vor. Nach dem Gespräch sagte er, die «Solidargemeinschaft der Kämpfenden» zu verlassen, halte er «nicht für besonders erwachsen». Er fügte hinzu: «Das gefällt nicht jedem meiner Freunde.»
  • Der Chef des US-Zentralkommandos, General David Petraeus, hat bei einem Auftritt vor dem US-Senat einen Schwächeanfall erlitten. Der 57-Jährige rang bei einer Anhörung in Washington am 15. Juni, in der er über den Stand des Einsatzes in Afghanistan berichten sollte, plötzlich nach Luft und sackte zusammen. Mithilfe von Mitarbeitern stand der General auf und ließ sich aus dem Saal begleiten.
    Der Grund für den Kollaps war offenbar Dehydrierung. Die Sitzung wurde unterbrochen. Nach 20 Minuten kehrte der General lächelnd in den Sitzungssaal zurück und hielt demonstrativ einen Becher Wasser in der Hand. Er sei nicht wegen der kritischen Fragen der Senatoren kollabiert, scherzte er. Petraeus versprach, vor der auf Mittwoch verschobenen Fortsetzung der Anhörung ausreichend zu essen und zu trinken. "Morgen werde ich frühstücken", beteuerte der Vier-Sterne-General.
    In der Anhörung hatte der in den USA hoch angesehene General den Plan, im kommenden Jahr mit dem Truppenabzug aus Afghanistan zu beginnen, gegen kritische Fragen der Senatoren verteidigt. Als Chef des Zentralkommandos ist Petraeus für die Einsätze in Afghanistan und im Irak zuständig.
  • Die afghanischen Taliban haben Berichte (siehe oben, 13. Juni) zurückgewiesen, wonach sie vom pakistanischen Geheimdienst ISI Geld, Waffen, Schutz und Training erhalten. Die Berichte über eine Verbindung zum ISI seien reine Propaganda und entbehrten "jeglicher Wahrheit", hieß es in einer Botschaft der Taliban, teilte das auf die Beobachtung islamistischer Websites spezialisierte US-Unternehmen SITE am 15. Juni mit. Laut SITE heißt es in der Botschaft der selbsternannten Führung der afghanischen Taliban weiter, kein Mensch "im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte" würde es akzeptieren, dass Pakistan als Verbündeter der USA den "heiligen Krieg" gegen die US-Präsenz in Afghanistan unterstütze.
  • Polen will nach Aussage von Verteidigungsminister Bogdan Klich bis Ende 2013 seine Truppen aus Afghanistan abziehen. Dies gab das Verteidigungsministerium am 16. Juni auf seiner Website bekannt. Polens Ministerpräsident Donald Tusk hatte bereits am 12. Juni (siehe oben) angekündigt, sich im November beim NATO-Gipfel in Lissabon für einen Zeitplan für den Abzug der polnischen Truppen einzusetzen.
    Bislang sind 18 polnische Soldaten in Afghanistan getötet worden, zwei kamen allein in der vergangenen Woche ums Leben. Polen ist mit rund 2.600 Streitkräften der siebtgrößte Truppensteller der Allianz.
  • Zwei US-Soldaten sind am 16. Juni in Afghanistan mit ihrem Fahrzeug in eine Sprengfalle geraten und getötet worden. Der Vorfall ereignete sich im Bezirk Baghi Schirkat, rund 30 Kilometer westlich der Stadt Kundus, wie ein Sprecher der Provinzregierung mitteilte. Ein US-Militärsprecher bestätigte die zwei Toten, nannte aber keine Einzelheiten.
    US-Truppen und afghanische Soldaten unternahmen am 16. Juni im Bezirk Baghi Schirkat eine Militäroperation gegen Aufständische, wobei nach Angaben der Provinzregierung in Kundus zwölf Rebellen getötet wurden, darunter zwei örtliche Taliban-Kommandeure.
  • Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat die Bedeutung des zivilen Wiederaufbaus für Afghanistan betont und eine kritische Debatte über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan begrüßt. «Die derzeitige Diskussion trägt aber auch dazu bei, dass die Fehler und Defizite zu einer Selbstüberprüfung zwingen», sagte der CSU-Minister am 16. Juni beim «Treffpunkt Gendarmenmarkt» der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin. Guttenberg betonte, ein Erfolg in Afghanistan sei «nicht allein militärisch zu leisten». Er verwies auf zivile Projekte wie den Bau von Schulen. Die Afghanistan-Politik sei jedoch «ein harter, mühsamer Weg, der immer wieder erfordert, dass wir uns den Spiegel vorhalten». Die Ziele müssten heute «bescheidener» formuliert werden als noch zu Beginn des Einsatzes. Ein sofortiger Abzug berge jedoch die Gefahr der Destabilisierung einer ganzen Region.
    Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider erklärte, dass die Kosten des Einsatzes laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung bei drei Milliarden Euro pro Jahr lägen. Er forderte vom Bundestag einen Beschluss zum Einsatz ziviler Kräfte. «Mit einer solchen zivilen Mandatierung wäre eine deutlichere öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung der zivilen Anstrengungen verbunden», sagte er. Zudem solle ein Datum verbindlich beschlossen werden, an dem der gesamte Einsatz evaluiert werde, um dann Konsequenzen zu ziehen. Die EKD sehe nicht, «welche Erfolgsausichten ein weiteres Engagement der Bundeswehr in Afghanistan haben kann».
  • Nach einem Angriff islamistischer Aufständischer auf einen pakistanischen Grenzposten an der Grenze zu Afghanistan am 17. Juni werden 35 Milizionäre vermisst. Nach Angaben pakistanischer Behörden sei der Grenzposten in der Stammesregion Mohand von Hunderten afghanischen Taliban angegriffen worden. Afghanische Behörden widersprachen diesen Angaben. Die Polizei habe in der benachbarten afghanischen Provinz Kunar neun Milizionäre aufgegriffen, die behaupteten vor pakistanischen Taliban geflüchtet zu sein, hieß es.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat Japan aufgefordert, in die Erschließung der Mineralvorkommen in Afghanistan zu investieren. "Japan ist willkommen, an der Förderung von Lithium teilzunehmen", sagte Karsai am 17. Juni bei einem Besuch in Tokio. Afghanistan werde bei der Erschließung seiner Rohstoffe die Länder bevorzugen, die dem Land in den vergangenen Jahren massiv geholfen hätten, sagte Karsai. Afghanistan verfügt nach Angaben seiner Regierung über Mineralvorräte im Wert von bis zu drei Billionen Dollar (2,4 Billionen Euro). Japan ist nach den USA der zweitgrößte Geldgeber für Afghanistan. Tokio hatte im vergangenen Jahr angekündigt, es werde bis 2013 insgesamt fünf Milliarden Dollar für den Wiederaufbau des Landes geben. Der neue Regierungschef Naoto Kan hatte am 17. Juni allerdings bei einem Treffen mit Karsai betont, dass die Regierung in Kabul das Problem der Korruption in den Griff bekommen müsse.
  • Kämpfe in Afghanistan haben am 18. Juni fünf NATO-Soldaten das Leben gekostet. Die NATO erklärte, zwei amerikanische Soldaten seien bei einem Rebellenangriff getötet worden, ein weiterer bei der Explosion einer Bombe. Einzelheiten wurden nicht genannt. Ein britischer Soldat kam nach Angaben des Londoner Verteidigungsministeriums bei einer Explosion in der Provinz Helmand ums Leben. Ein weiterer Soldat wurden nach NATO-Angaben im Osten des Landes getötet. Seine Nationalität wurde nicht mitgeteilt.
    Taliban-Kämpfer haben angesichts der NATO-Offensive in ihren Hochburgen im Süden ihre eigenen Angriffe auf die ausländischen Truppen verstärkt. Insgesamt wurden in diesem Monat bereits 51 Soldaten der NATO-Schutztruppe IFOR getötet, darunter 33 Amerikaner. Der tödlichste Monat in dem neunjährigen Krieg war bisher der Juli 2009: Damals wurden 75 Soldaten, darunter 44 Amerikaner, getötet.
  • Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich nach UN-Angaben im Vergleich zum Vorjahr nicht verbessert. Die Zahl der Bombenanschläge auf den Straßen habe in den ersten vier Monaten des Jahres gegenüber demselben Vorjahreszeitraum um 94 Prozent zugenommen, heißt es im Quartalsbericht von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon an den Weltsicherheitsrat. Die UN-Mission in Kabul veröffentlichte den Bericht am 19. Juni. Pro Woche würden etwa drei Selbstmordanschläge verübt, die Hälfte davon in den überwiegend von Paschtunen bewohnten Gegenden im Süden Afghanistans. Mordanschläge auf afghanische Behördenvertreter hätten in den ersten vier Monaten des Jahres im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum um 45 Prozent zugenommen.
  • Bei einem mutmaßlichen US-Raketenangriff in einer pakistanischen Stammesregion sind nach offiziellen Angaben 13 Menschen getötet worden. Die offenbar von einer unbemannten Drohne abgefeuerte Rakete traf ein Haus im Dorf Haider Khel bei Mir Ali in Nordwaziristan, wie aus Geheimdienstkreisen verlautete. Geheimdienstmitarbeiter sprachen zunächst von drei Toten, ein örtlicher Regierungsvertreter bezifferte die Zahl der Opfer später auf mindestens 13.
  • Die früher unter dem Namen Blackwater bekannte US-Sicherheitsfirma Xe Services hat einen lukrativen Vertrag zum Schutz neuer US-Konsulate in Afghanistan erhalten. Die Firma soll die diplomatischen Vertretungen der USA in Herat und Masar-i-Scharif beschützen und erhält dafür 120 Millionen Dollar, wie die US-Botschaft in Kabul am 19. Juni mitteilte.
    Unter dem Namen Blackwater hatte das Unternehmen Sicherheitskräfte für den Irak bereitgestellt. Die Firma geriet wegen einer Schießerei in Bagdad 2007 in Verruf, bei der 17 Menschen getötet wurden, darunter Frauen und Kinder. Das Blutbad rief im Irak große Empörung hervor.
  • Bei einem Anschlag auf eine Patrouille der Bundeswehr im Norden Afghanistans sind drei deutsche Soldaten verletzt worden. Wie das Einsatzführungskommando in Potsdam mitteilte, wurde auf die Patrouille am Nachmittag des 19. Juni etwa 60 Kilometer südlich des Feldlagers von Feisabad ein Sprengstoffanschlag verübt. Dabei sei auch ein afghanischer Dolmetscher verwundet worden. Alle Verletzungen seien nicht lebensgefährlich. Ein Fahrzeug von Typ "Dingo" wurde den Angaben zufolge bei dem Anschlag schwer beschädigt. Außerdem sei am Samstag eine deutsche Patrouille etwa 20 Kilometer westlich von Kundus mit Handwaffen und Panzerfäusten beschossen worden, teilte das Einsatzführungskommando mit. Die Patrouille habe jedoch unbeschadet ausweichen können.
  • Bei drei separaten Anschlägen in Afghanistan sind am 20. Juni insgesamt fünf Zivilisten getötet worden, darunter auch drei Kinder. Nach Angaben des Innenministeriums schlug am Morgen in der Provinz Nangarhar im Osten des Landes eine Rakete in einem Haus ein; dabei wurden zwei Kinder getötet und vier Erwachsene verletzt. In Laschkar Gah, der Hauptstadt der Südprovinz Helmand explodierten im Abstand von wenigen Minuten nahe einer Bank und einer Schule zwei Bomben. Dabei wurden insgesamt drei Menschen getötet, darunter ein zwölfjähriges Kind, sowie 20 weitere verletzt. Die Behörden machten die radikalislamischen Taliban für die Anschläge verantwortlich.
  • Bei einem weiteren Anschlag in der Region Kundus sind zwei deutsche Soldaten leicht verletzt worden. Am 20. Juni gegen 8.10 Uhr Ortszeit (5.40 Uhr MESZ) sei etwa acht Kilometer von dem deutschen Feldlager in Kundus entfernt ein Sprengsatz detoniert, als dort gerade deutsche Soldaten auf Patrouille gewesen seien, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommando in Potsdam. Dadurch sei ein Fahrzeug der Bundeswehr beschädigt worden. Bei diesem Zwischenfall wurde niemand verletzt, aber bei der Bergung des Fahrzeugs etwa zwei Stunden später sei ein zweiter Sprengsatz explodiert und habe zwei deutsche Soldaten leicht verletzt, sagte der Sprecher.
Montag, 21. Juni, bis Sonntag, 27. Juni
  • Russland erwartet von der Afghanistan-Schutztruppe ein stärkeres Vorgehen gegen den Drogenanbau. "Anscheinend strebt Moskau eine mit dem Westen abgestimmte Strategie an, um den Drogenanbau und -handel zu unterbinden", sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke der "Rheinischen Post" (Ausgabe vom 21. Juni). So habe Präsident Dmitri Medwedew unlängst selbst unterstrichen, wie bedrohlich der Drogenanbau in Afghanistan auch für Russland geworden sei. Überraschend offen, so Ziercke, habe Moskau dabei von jährlich über 30.000 Drogentoten im Land gesprochen. "Deshalb will Moskau seine Strategie bei der Bekämpfung des internationalen Rauschgifthandels ändern", sagte Ziercke. Auch das BKA sehe in Afghanistan selbst den "Schlüssel für eine nachhaltige Drogenbekämpfung und damit auch eine Möglichkeit, dem Terrorismus eine seiner finanziellen Grundlagen zu entziehen", betonte Ziercke.
  • Bei Anschlägen und Unfällen sind in am 21. Juni in Südafghanistan sechs NATO-Soldaten getötet worden. Zwei der NATO-Soldaten wurden bei zwei separaten Anschlägen getötet, teilte die NATO mit. Die Nationalitäten sind noch unbekannt. Drei australische und ein US-Soldat kamen ums Leben, als ihr Hubschrauber in der Provinz Kandahar abstürzte.
    Wie die Regierung in London mitteilte, starben seit dem Beginn des internationalen Truppeneinsatzes zum Sturz der Taliban in Afghanistan im Jahr 2001 mittlerweile 300 britische Soldaten. Der letzte war ein Marine-Soldat, der schweren Verletzungen erlag, erläuterte das Verteidigungsministerium in London.
  • Wegen der schwierigen Sicherheitslage in Afghanistan ziehen die Vereinten Nationen Dutzende Mitarbeiter aus dem Land ab. Von den 300 internationalen Mitarbeitern der UN-Unterstützungsmission für Afghanistan (UNAMA) sollten all diejenigen nach Kuwait versetzt werden, deren Anwesenheit vor Ort nicht zwingend erforderlich sei, teilte UN-Sprecher Farhan Haq am 21. Juni in New York mit. Dies gelte für einige Dutzend Beschäftigte, unter anderem aus der Verwaltung. Die Versetzung sei zunächst auf drei Monate befristet. Die internationalen Mitarbeiter machen nur ein Fünftel der UN-Mission in Afghanistan aus, für die insgesamt 1.500 Menschen arbeiten. Die rund 1.200 einheimischen Mitarbeiter sollen nach UN-Angaben in Afghanistan bleiben. Das UN-Generalsekretariat hatte erst am 19. Juni einen Bericht veröffentlicht, demzufolge die Zahl der Anschläge in Afghanistan in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen hat.
  • Die Zahl der Drogenabhängigen in Afghanistan ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen. Einem UN-Bericht zufolge hat sich allein die Zahl der Opium- und Heroinsüchtigen seit 2005 auf insgesamt 350.000 verdoppelt. Eine Million Afghanen griffen regelmäßig zu Opium und Heroin, aber auch zu Marihuana sowie Schmerz- und Beruhigungsmitteln, heißt es in der am 21. Juni in Kabul veröffentlichten Studie der UN-Büros für Drogen und Verbrechensbekämpfung (UNODC). «Das menschliche Gesicht des afghanischen Drogenproblems ist nicht nur in den Straßen von Moskau, London oder Paris zu beobachten», erklärte der UNODC-Exekutivdirektor Antonio Maria Costa. Es sei in den Augen der Afghanen selbst zu lesen. Mittlerweile seien drei Prozent der Bevölkerung von harten Drogen abhängig. Nach Angaben der Vereinten Nationen liefert Afghanistan nicht nur 90 Prozent des weltweiten Opiums, sondern ist auch der größte Haschischproduzent.
  • Im Nordwesten Pakistans ist am 21. Juni ein mit einer Burka bekleideter, bewaffneter Deutscher festgenommen worden. Der Mann sei aus Miranshah in Nord-Waziristan gekommen und an einem Kontrollposten in dem Bezirk Bannu an der Grenze zu Afghanistan angehalten worden, sagte der örtliche Polizeichef der Nachrichtenagentur AFP. Mit ihm sei ein sechsjähriges Mädchen unterwegs gewesen. Der Polizei zufolge trug der vollverschleierte Deutsche eine Pistole, die beschlagnahmt wurde. Auch zwei Stammesvertreter, die mit ihm im Auto saßen, wurden demnach festgenommen.
  • Einen Monat vor einer internationalen Afghanistan-Konferenz hat sich der britische Sondergesandte Sherard Cowper-Coles für längere Zeit beurlauben lassen. Cowper-Coles werde erst im Herbst zurückkehren, sagte eine Sprecherin des britischen Außenministeriums am 21. Juni in London. Ob er auf seinem alten Posten bleiben wird, ließ sie offen. Medienberichten zufolge übernimmt die Chefin der Afghanistan-Abteilung im Außenministerium, Karen Pierce, einstweilen sein Amt.
  • Die Beziehungen zwischen dem Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, und dem Weißen Haus sind laut einem Artikel des US-Magazins "Rolling Stone" deutlich von Spannungen geprägt. Das Musikmagazin veröffentlichte am 21. Juni in seiner jüngsten Online-Ausgabe ein Porträt McChrystals, in dem der General aus seiner Geringschätzung für eine Reihe von Vertretern der US-Regierung kaum einen Hehl macht.
  • Ein britischer Soldat ist bei einer Explosion in Afghanistan ums Leben gekommen. Das Verteidigungsministerium in London erklärte am 22. Juni, der Zwischenfall habe sich am Montagabend (21. Juni) in der Provinz Helmand ereignet. Seit 2001 wurden damit in Afghanistan 301 britische Soldaten getötet.
  • Nach der Veröffentlichung umstrittener Äußerungen des NATO-Oberbefehlshabers in Afghanistan, Stanley McChrystal, im Musikmagazin "Rolling Stone" hat sich NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hinter den US-General gestellt. "Der Artikel ist bedauerlich, aber es ist nur ein Artikel", teilte Rasmussens Sprecher mit. "Wir befinden uns inmitten eines sehr realen Konflikts und der Generalsekretär hat volles Vertrauen in General McChrystal und seine Strategie."
    Zu den Vorgängen um McChrystal bis zu seiner Entlassung siehe: US-Präsident Obama entlässt McChrystal.
  • Bei Bombenanschlägen in Afghanistan sind zwei US-Soldaten getötet worden. Es habe sich um zwei verschiedene Anschläge am Dienstag gehandelt, erklärte ein US-Militärsprecher am 23. Juni. Nähere Einzelheiten nannte er nicht. Insgesamt kamen damit im Juni bislang 69 Soldaten der Koalitionstruppen in Afghanistan ums Leben, darunter 43 US-Soldaten.
  • Nach den verächtlichen Interview-Äußerungen über die US-Regierung hat Präsident Barack Obama den NATO-Oberbefehlshaber in Afghanistan, Stanley McChrystal, gerügt. McChrystal habe ein "schlechtes Urteilsvermögen" an den Tag gelegt, sagte Obama in Washington. Für den 23. Juni bestellte Obama den General ins Weiße Haus. Vor diesem Treffen werde er keine Entscheidung über McChrystals Zukunft treffen, sagte Obama. Ein Sprecher des US-Präsidenten hatte zuvor mitgeteilt, Obama sei "wütend" und schließe auch eine Ablösung des hochdekorierten Generals nicht aus.
  • Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat seine persönliche Wertschätzung für den stark in der Kritik stehenden NATO-Oberbefehlshaber in Afghanistan, Stanley McChrystal, betont. "Ich schätze General McChrystal außerordentlich, wir arbeiten exzellent mit ihm zusammen", sagte Guttenberg am 23. Juni im ARD-Morgenmagazin. "Er ist ein Garant für die neue Strategie in Afghanistan." Guttenberg verwies auf den "sehr harten Sommer", in dem wegen der anstehenden Wahlen neue blutige Zwischenfälle zu befürchten seien. "Deswegen ist es wichtig, dass wir auch Stabilität innerhalb der NATO-Strukturen haben."
  • Bundesregierung beendet "Operation Enduring Freedom"
    Nach mehr als acht Jahren steigt die Bundeswehr zum Ende des Monats vorzeitig aus dem internationalen Anti-Terroreinsatz «Enduring Freedom» aus. Ein Aufklärungsflugzeug der Marine und 90 Soldaten werden dann aus Dschibuti am Horn von Afrika abgezogen. Ursprünglich war der Einsatz bis mindestens Ende des Jahres geplant. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) begründete den Schritt am 23. Juni bei einem Besuch in Dschibuti mit der «geringen Terrorbedrohung im Seegebiet am Horn von Afrika». Die Marine bleibt aber trotzdem vor Ort. Sie beteiligt sich weiterhin mit einer Fregatte und 250 Soldaten am EU-Einsatz «Atalanta» zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias.
    Guttenberg ist der Auffassung, dass die freiwerdenden Marine-Kapazitäten in anderen Einsätzen sinnvoller genutzt werden können. Neben «Atalanta» sind das die NATO-Mission «Active Endeavour» im Mittelmeer und der UNIFIL-Einsatz zur Unterbindung von Waffenschmuggel in den Libanon. «Es geht um die Koordinierung unserer Marineeinsätze», betonte der Minister, der erstmals Dschibuti besuchte.
    «Enduring Freedom» war eine Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft auf die Terroranschläge in den USA am 11. September 2001. Bereits im November des selben Jahres beschloss der Bundestag eine Beteiligung an der Mission, die in der damaligen rot- grünen Bundesregierung höchst umstritten war. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verknüpfte sogar sein politisches Schicksal mit der Abstimmung und stellte die Vertrauensfrage, um eine Koalitionsmehrheit zu erzielen. (Siehe: Der Bundestag hat entschieden: Vertrauen in den Kanzler - Ermächtigung für den Bundeswehreinsatz.) Zu «Enduring Freedom» zählten lange Zeit aber auch der Einsatz von Soldaten der Spezialeinheit KSK in Afghanistan und die Stationierung von Fuchs-Spürpanzern zur Erkennung von biologischen und chemischen Waffen in Kuwait.
  • US-Präsident Barack Obama hat den Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, einem US-Medienbericht zufolge entlassen. Dies berichtete der US-Sender NBC am 23. Juni nach einem Treffen Obamas mit McChrystal im Weißen Haus. Obama habe damit die Konsequenzen aus kritischen Kommentaren des Generals und seiner Berater über die US-Regierung gezogen.
    Zu den Vorgängen um McChrystal bis zu seiner Entlassung siehe: US-Präsident Obama entlässt McChrystal.
    Die Rücktrittserklärung von McChrystal:
    "Heute morgen hat der Präsident meinen Rücktritt als Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan angenommen. Ich unterstütze die Strategie des Präsidenten in Afghanistan sehr und fühle mich unseren Koalitionstruppen, unseren Partnerstaaten und dem afghanischen Volk zutiefst verpflichtet. Aus Achtung vor dieser Verpflichtung - und aus dem Wunsch, einen Erfolg der Mission zu sehen - habe ich meinen Rücktritt eingereicht. Es war mir ein Privileg und eine Ehre, die Besten unseres Landes zu führen." (Inoffizielle Übersetzung der Nachrichtenagentur DAPD)
  • US-General David Petraeus wird neuer Oberbefehlshaber der ausländischen Truppen in Afghanistan. Der 57-Jährige löst General Stanley McChrystal ab, der sich mit abfälligen Äußerungen über die politische Führungsspitze in Washington ins Aus katapultierte. Nun soll Petraeus das Kommando der Afghanistan-Schutztruppe IDAF übernehmen.
    Petraeus war in den Jahren 2007 und 2008 Oberbefehlshaber der US-Truppen und ihrer Verbündeten im Irak. Nach einer drastischen Verstärkung der Truppen gelang es ihm damals, die Sicherheitslage im Zweistromland deutlich zu verbessern. Im Herbst 2008 wechselte er an die Spitze des US-Oberkommandos Mitte mit Sitz in Tampa in Florida, das die Einsätze der US-Streitkräfte im Nahen Osten, im Irak, in Afghanistan, Pakistan und anderen asiatischen Staaten koordiniert.
    Als Kommandeur der 101. US-Luftlandedivision war Petraeus im März 2003 schon beim Einmarsch in den Irak dabei. Nach dem Sturz Saddam Husseins übernahm er die Ausbildung der irakischen Streitkräfte.
    Mehr über Petraeus: h i e r !
  • Nach dem Rücktritt von US-General Stanley McChrystal übernimmt vorübergehend der britische Generalleutnant Nick Parker das Kommando der internationalen Truppen in Afghanistan. Das teilte der britische Premierminister David Cameron am 23. Juni mit. Parker war bislang McChrystals Stellvertreter an der Spitze der Afghanistan-Truppe ISAF. Er werde das Kommando führen, bis der von US-Präsident Barack Obama als neuer Oberbefehlshaber vorgeschlagene US-General David Petraeus vom US-Kongress bestätigt worden sei, erklärte Cameron.
  • Die Taliban wollen ungeachtet der Entlassung des Oberbefehlshabers der NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, ihren Kampf fortsetzen. "Es ist uns egal ob es McChrystal oder (sein Nachfolger David) Petraeus ist", sagte Taliban-Sprecher Jusuf Ahmadi am Telefon laut Nachrichtenagentur AFP vom 24. Juni. "Unsere Position ist klar. Wir werden die Eindringlinge bekämpfen, bis sie das Land verlassen", fügte er hinzu.
  • Der US-Geheimdienst CIA hat einen 100-Millionen-Dollar-Vertrag mit dem Nachfolger der umstrittenen Sicherheitsfirma Blackwater geschlossen. Wie die Zeitung "Washington Post" am 24. Juni unter Berufung auf informierte Kreise berichtete, soll die Firma Xe Services CIA-Einrichtungen in Afghanistan und anderen Ländern bewachen.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat dem künftigen Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Afghanistan, General David Petraeus, Gestaltungsspielraum für den Einsatz am Hindukusch eingeräumt. "Natürlich wird ein neuer Kommandeur hingehen und gucken, ob es taktische Dinge oder Ansätze gibt, die er anpassen möchte", sagte Gates am 24. Juni in Washington. Petraeus habe die Befugnis, die Taktiken zu verändern, die Gesamtstrategie werde jedoch dieselbe bleiben.
  • In einem Feld in der afghanischen Provinz Urusgan hat ein Dorfbewohner die Leichen von elf Männern gefunden. Fünf oder sechs der Leichen seien enthauptet worden, sagte Gouverneur Chudia Rahim am 25. Juni. Einem Polizeisprecher zufolge hatten Taliban die Männer beschuldigt, Spione der Regierung zu sein.
  • Bei einem Angriff der Taliban im Osten Afghanistans wurde am 25. Juni ein US-Soldat getötet, wie die NATO mitteilte. Ein weiterer Soldat sei bereits am 24. Juni bei einem Bombenanschlag im Süden des Landes ums Leben gekommen. Damit steigt die Zahl der seit Anfang Juni getöteten NATO-Soldaten auf 82.
  • Bei Kämpfen in der südlichen Provinz Kandahar wurden ein Kommandeur der Taliban und weitere Aufständische getötet, die eine Bombe am Straßenrand gelegt hatten, wie die NATO am 25. Juni mitteilte. Der Taliban-Kommandeur sei für mehrere Bombenanschlägen in Kandahar verantwortlich gewesen, hieß es.
  • Großbritanniens Premierminister David Cameron will die Truppen seines Landes in den kommenden fünf Jahren vollständig aus Afghanistan abziehen. Bis zur geplanten nächsten Parlamentswahl 2015 solle der Abzug abgeschlossen sein, sagte Cameron am 25. Juni am Rande des G-8-Gipfels im kanadischen Huntsville dem TV-Sender Sky News. "Wir können dort nicht für fünf weitere Jahre sein, wir waren da schon für neun Jahre." Allerdings lehnte der Regierungschef es ab, einen "strikten Zeitplan" für den Abzug zu formulieren.
  • Das Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul ist am Morgen des 26. Juni von einer starken Explosion erschüttert worden. Die Ursache der Explosion sei noch unklar, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Derzeit hält sich US-Generalstabschef Mike Mullen in Kabul auf. Er soll die Absetzung von General Stanley McChrystal erläutern, der sein Amt als Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Afghanistan nach abfälligen Bemerkungen über die US-Regierung räumen musste.
    Später verlautete, die Explosion sei durch eine unbeabsichtigte Detonation einer Anti-Personen-Mine in einem afghanischen Armeefahrzeug verursacht worden. "Es handelt sich nicht um einen Anschlag", sagte ein NATO-Sprecher in Kabul. Laut Polizei wurde niemand verletzt. Die Explosion um 10.00 Uhr Ortszeit war im ganzen Stadtzentrum zu hören gewesen und hatte sich in der Nähe des afghanischen Außenministeriums ereignet.
  • Bei einem vermutlich von den US-Streitkräften ausgeführten Raketenangriff in der pakistanischen Region Nord-Wasiristan sind am 26. Juni zwei Menschen getötet worden. Aus pakistanischen Geheimdienstkreisen verlautete, bei den Getöteten handele es sich um mutmaßliche Aufständische. Einer von ihnen sei Ausländer.
  • Afghanische und internationale Truppen haben südlich von Kabul einen Taliban-Kommandeur getötet. Die NATO erklärte am 26. Juni, Hinweise des Geheimdienstes hätten zum Haus von Ghulam Sachi in der Provinz Logar geführt. Afghanische Soldaten hätten über Lautsprecher Frauen und Kinder aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Sachi sei verkleidet als Frau mit einer Gruppe vor das Haus getreten, habe eine Pistole gezogen und geschossen. Die Soldaten töteten ihn. Sachi habe eine Granate in der Hand gehabt, die explodiert sei und eine Frau und zwei Kinder verletzt habe, erklärte die NATO weiter. Der Taliban-Kommandeur war nach Behördenangaben an Bombenanschlägen und Überfällen in der Provinz beteiligt. Außerdem soll er einen afghanischen Geheimdienstchef entführt und ermordet haben.
  • Die NATO meldete am 26. Juni den Tod eines US-Soldaten bei einem Bombenanschlag im Süden des Landes.
    Die Zahl der getöteten ausländischen Soldaten stieg damit im Juni auf 85. Von ihnen waren 51 Amerikaner.
  • Offiziere der Bundeswehr machen eklatante Ausrüstungsmängel für den Tod eines Kameraden verantwortlich. In einem internen Bericht für das Sanitätsführungskommando beklagen sie demnach, dass bereits im Januar Schwächen des Bundeswehr-Lkw «Yak» gemeldet, aber nicht abgestellt worden seien, berichtete «Der Spiegel» am 26. Juni vorab. Diese Mängel seien auch bei der Attacke von Taliban am 15. April 2010 von Bedeutung gewesen, bei der ein 33-jähriger Oberstabsarzt aus Ulm getötet wurde.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die Nachbarstaaten zu einem verstärkten Kampf gegen den Drogenschmuggel aus seinem Land aufgefordert. Afghanistan selbst habe nicht genügend Mittel, um die Grenzen für Drogen unpassierbar zu machen, sagte Karsai am 26. Juni. Zugleich rief er die Antikorruptionsbehörde auf, die Einnahmen aller Regierungsbeamter und deren Familien - einschließlich seiner eigenen - zu überwachen, um sicherzustellen, dass sie ihr Geld auf legale Art verdienten.
    Darüber hinaus forderte er Amerikaner, Briten und andere Truppenstellernationen auf, auf private Sicherheitsdienste zu verzichten. Bei ihnen handele es sich um wenig mehr als Privatmilizen, die den Menschen Probleme schafften und die sogar Terroristen unterstützten. «Sie sollten ihr Geld nicht für diese privaten Sicherheitsunternehmen verschwenden», sagte Karsai. Die Unternehmen werden unter anderem zur Bewachung von Versorgungstransporten eingesetzt.
  • Die von US-Präsident Barack Obama angestrebte Schließung des umstrittenen Gefangenlagers Guantánamo zögert sich einem Medienbericht zufolge immer weiter hinaus. Angesichts starker Opposition in den USA gegen das Vorhaben und veränderter politischer Prioritäten sei es unwahrscheinlich, dass das Lager auf Kuba noch vor Ende von Obamas Amtszeit 2013 geschlossen werde, berichtete die «New York Times» am 26. Juni. Die Zeitung beruft sich auf Aussagen mehrerer Senatoren, denen zufolge die US-Regierung wenig dafür tue, die Widerstände gegen eine Schließung zu überwinden. «Es herrscht da eine große Trägheit», sagte der Demokrat Carl Levin, Vorsitzender im Verteidigungsausschuss des US-Senats.
  • US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron dringen auf rasche Fortschritte in Afghanistan. «Dieses Jahr voranzukommen und alles daran zu setzen, dass wir es dieses Jahr hinkriegen, ist von entscheidender Bedeutung», erklärte Cameron am 26. Juni nach einem bilateralen Gespräch mit dem US-Präsidenten vor dem G-20-Gipfel in Toronto. Auch Obama erklärte: «Diese Phase, in der wir uns befinden, wird entscheidend sein.»
  • Bei mehreren Bombenanschlägen sind in Afghanistan am 26. Juni fünf ausländische Soldaten getötet worden. Drei Soldaten seien bei der Explosion von zwei Sprengsätzen im Süden des Landes ums Leben gekommen, teilte die NATO-Truppe ISAF mit. Zwei weitere starben demnach bei ähnlichen Vorfällen im Osten Afghanistans. Die ISAF machte keine Angaben zur Nationalität der Opfer. Die polnische Armee erklärte indes, dass in der östlichen Provinz Ghasni ein polnischer Minenräumer beim Versuch, eine Mine zu entschärfen, getötet worden sei.
  • Im Süden Afghanistans ist nach Angaben der US-Streitkräfte vom 27. Juni ein US-Soldat von einer Bombe getötet worden. Der Soldat kam demnach am 26. Juni ums Leben. Nähere Angaben wurden nicht gemacht.
    Die Zahl der im Juni in Afghanistan getöteten ausländischen Soldaten stieg damit auf 90. Von ihnen waren 53 Amerikaner.
  • US-General Stanley McChrystal ist einem Pressebericht zufolge nicht nur wegen seiner umstrittenen Äußerungen zur US-Regierung als NATO-Oberbefehlshaber in Afghanistan entlassen worden. Die britische Zeitung "The Independent" berichtete am 27. Juni, dass auch eine sehr kritische Lage-Einschätzung zum Einsatz am Hindukusch ein Grund für seine Entlassung gewesen sei. Wenige Tage vor seiner Abberufung habe McChrystal in einem Briefing der NATO-Verteidigungsminister ein äußerst düsteres Bild von der Lage in Afghanistan gezeichnet, berichtete "The Independent" unter Berufung auf nicht näher genannte "informierte Kreise". Unter Berufung auf vertrauliche Militärdokumente habe der Oberkommandierende die Minister davor gewarnt, in den kommenden sechs Monaten Fortschritte bei dem Einsatz zu erwarten. Laut "Independent" stufte McChrystal in dem Briefing nur einen Bruchteil des Landes als "sicher" ein. Nur die wenigsten der afghanischen Sicherheitskräfte arbeiteten "wirksam". Der Regierung in Kabul attestierte er dem Bericht zufolge, "unproduktiv und verrufen" zu sein. Zudem habe er den von US-Präsident Barack Obama anvisierten Beginn des Truppenabzugs im Juli 2011 in Zweifel gezogen. (Siehe unseren Bericht: Deshalb musste US-General Stanley McChrystal gehen.)
  • Bei einem Bombenanschlag in Afghanistan sind vier norwegische Soldaten ums Leben gekommen. Das Attentat habe sich am 27. Juni in der nordafghanischen Provinz Farjab ereignet, sagte eine Armeesprecherin. Die Bombe sei explodiert, als die Soldaten in einem gepanzerten Fahrzeug vorübergefahren seien. Außer den Norwegern seien keine anderen Menschen zu Schaden gekommen. Es war der bisher schwerste Verlust für die norwegische Armee in Afghanistan, die Zahl der dort getöteten norwegischen Soldaten stieg damit auf neun.
  • US-Präsident Barack Obama hat beim G-20-Gipfel seinen Zeitplan für den Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan bekräftigt. Er sei von dem Gedanken geradezu besessen, sagte er in seiner Abschlusspressekonferenz am 27. Juni in Toronto. Der für Juli 2011 geplante Beginn des Abzugs bedeute aber nicht, dass die USA «plötzlich das Licht ausschalten und die Tür hinter sich zufallen lassen», betonte Obama. Die USA würden Afghanistan noch für eine lange Zeit unterstützen. Es sei das «vitale nationale Interesse» der USA, dass Afghanistan nicht wieder zum Ausgangspunkt für Terrorangriffe werde.
  • Der Chef des US-Geheimdienstes CIA, Leon Panetta, hat Schwierigkeiten beim internationalen Einsatz in Afghanistan eingeräumt. Bei dem Einsatz am Hindukusch gebe es Fortschritte, sagte Panetta am 27. Juni dem US-Fernsehsender ABC. Er sei aber "härter und langsamer als alle vorausgesehen haben". Panetta, der die die CIA seit vorigem Jahr leitet, wies auf die zahlreichen Probleme in Afghanistan hin. Es handele sich um eine Stammesgesellschaft, in der es Probleme bei der Regierungsführung sowie mit Korruption, Drogenhandel und dem Aufstand der radikalislamischen Taliban gebe. Die entscheidende Frage laute, ob die Afghanen Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen wollten, fügte Panetta hinzu.
Montag, 28. Juni, bis Mittwoch, 30. Juni
  • Bei einem Anschlag in Afghanistan sind am 28. Juni mindestens acht Zivilisten getötet worden, unter ihnen Frauen und Kinder. Der selbstgebaute Sprengsatz explodierte im Bezirk Andar in der zentralafghanischen Provinz Ghasni, wie die Polizei mitteilte. Die Bombe zerstörte einen Minibus. Ein Polizeisprecher machte die radikalislamischen Taliban für den Anschlag verantwortlich. Er sollte demnach die internationalen Truppen der NATO treffen.
  • NATO-Truppen haben nach eigenen Angaben im Süden Afghanistans einen Taliban-Kommandeur getötet. Bewohner der Gegend außerhalb von Kandahar erklärten dagegen, bei dem Militäreinsatz seien acht Zivilpersonen ums Leben gekommen. Die Soldaten der internationalen Schutztruppe (ISAF) sowie der afghanischen Streitkräfte gerieten nach Angaben der NATO bei einer Durchsuchungsaktion in der Nacht zum 28. Juni unter Beschuss. Sie hätten das Feuer erwidert und mehrere bewaffnete Männer getötet, darunter Taliban-Kommandeur Schister Uhstad Chan, hieß es weiter.
    Dagegen sagte Polizeisprecher Mohammad Schah Faruki, es gebe keine einschlägigen Informationen über die Getöteten. Er nehme daher an, dass es sich um Unschuldige handle. Ein Verwandter der Opfer sagte der Nachrichtenagentur AP, die Soldaten hätten zwei seiner Brüder und seinen Vater erschossen. «Wenn sie Taliban waren, müssen sie uns das beweisen. Wenn nicht, sollten sie dafür bestraft werden», sagte der Mann namens Mohmodullah.
  • Juni: Blutigster Monat Die NATO-Truppen in Afghanistan erleben derzeit ihren blutigsten Monat seit dem Einmarsch der US-geführten Koalition Ende 2001. Mit dem Tod von vier norwegischen und einem britischen Soldaten stieg die Zahl der im Juni getöteten NATO-Soldaten auf 99, wie am 28. Juni eine Zählung der Nachrichtenagentur AFP ergab. Damit ist der Juni der verlustreichste Monat für die NATO-Truppen am Hindukusch in den vergangenen fast neun Jahren.
  • Nach der Entdeckung riesiger Mineralvorkommen in Afghanistan haben die Taliban ausländische Firmen vor der Ausbeutung der Bodenschätze gewarnt. Wie das auf die Beobachtung islamistischer Websites spezialisierte US-Unternehmen SITE am 28. Juni mitteilte, drohten die Taliban, dass jedes in Afghanistan tätige Bergbauunternehmen zum Ziel von Anschlägen werde. Die Regierung von Präsident Hamid Karsai sei "illegitim" und repräsentiere nicht das afghanische Volk. Sie sei daher nicht befähigt, Verträge mit Firmen abzuschließen.
  • Nach seiner Entlassung als NATO-Oberbefehlshaber in Afghanistan wegen abfälliger Interview-Äußerungen über die US-Regierung will der US-General Stanley McChrystal in Rente gehen. Dies habe er der Armee am 28. Juni mitgeteilt, sagte Armeesprecher Thomas Collins in Washington. Der Vier-Sterne-General habe allerdings noch nicht die dafür notwendigen Unterlagen eingereicht.
  • Der designierte neue NATO-Oberbefehlshaber in Afghanistan, General David Petraeus, rechnet in den kommenden Monaten mit intensiveren Gefechten am Hindukusch. "Wir beobachten inmitten der komplizierten Kämpfe in Afghanistan zwar Fortschritte in einigen Gebieten", sagte Petraeus am 29. Juni bei seiner Anhörung vor dem Verteidigungsausschuss des US-Senats in Washington. Die "rauen Gefechte" würden jedoch weitergehen und könnten sich in den kommenden Monaten im Zuge des verschärften Vorgehens der NATO-Truppen gegen die radikalislamischen Taliban noch intensivieren. Erfolge sieht Petraeus vor allem in der südlichen Unruheprovinz Helmand.
  • Der Streitkräfteausschuss des US-Senats hat sich am 29. Juni für David Petraeus als neuen Oberbefehlshaber der internationalen Truppen in Afghanistan ausgesprochen. Damit ist der Weg für den General frei, denn die Zustimmung des Senats gilt nun als sicher. Sowohl Republikaner als auch Demokraten lobten Petraeus während der Anhörung. Der General soll Stanley McChrystal ersetzen, der vergangene Woche zurücktreten musste, nachdem er sich in einem Interview abfällig über Mitarbeiter von US-Präsident Barack Obama geäußert hatte.
  • Im Osten Afghanistans haben am 30. Juni Aufständische einen wichtigen NATO-Stützpunkt angegriffen. Wie ein Sprecher der NATO-Truppe ISAF in Kabul mitteilte, dauerten die Kämpfe am Stützpunkt in Dschalalabad nahe der pakistanischen Grenze am Vormittag zunächst an. Mehrere Angreifer, die nicht auf das NATO-Gelände hätten vordringen können, seien getötet worden. Auf Seiten der internationalen Truppen gab es demnach zunächst keine Opfer. Nach Angaben der Provinzregierung waren Selbstmordattentäter an dem Angriff beteiligt. NATO-Angaben zufolge brachten die Aufständischen eine Autobombe zur Explosion und setzten Panzerfäuste und Feuerwaffen ein. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP zu dem Angriff.
    Der Stützpunkt in der Provinzhauptstadt Dschalalabad mit seinem Militärflughafen zählt zu den wichtigsten NATO-Stützpunkten in Afghanistan. In den vergangenen Monaten hatten Aufständische bereits den Stützpunkt in Kandahar im Süden des Landes und Bagram nahe Kabul angegriffen.
  • Im zweiten und letzten Fernsehduell vor der Präsidentenwahl in Polen haben beide Kandidaten einen Abzug der polnischen Truppen aus Afghanistan in Aussicht gestellt. Der konservative Jaroslaw Kaczynski sagte am 30. Juni, er werde das polnische Engagement in Afghanistan beenden, falls er die Wahl gewinne. "Wir müssen von dort abziehen, über diese Frage besteht kein Zweifel", sagte Kaczynski und deutete einen Zeitrahmen von fünf Jahren an.
  • Der neue Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, hat dem Verteidigungsministerium in einem ersten Zwischenbericht Mängel bei der Einsatzvorbereitung und Ausrüstung von Soldaten vorgehalten. Nach Informationen der «Financial Times Deutschland» kritisiert der FDP-Politiker in dem Bericht an den Verteidigungs- und Haushaltsausschuss, die schweren Defizite in diesen Bereichen seien nach wie vor nicht abgestellt worden. Es seien auch keine Bemühungen um Abhilfe festzustellen. Besonders gravierende Mängel bestehen nach Ansicht des Wehrbeauftragten auch bei der Ausbildung der Soldaten in der Heimat. Die Defizite beträfen sowohl die Grundausbildung als auch die Vorbereitung auf Einsätze. Einsatzsoldaten klagten weiterhin über unzureichende oder zum Teil gänzlich fehlende Ausbildung an Schusswaffen. Zudem stünden nicht genügend geschützte Fahrzeuge vom Typ Dingo und Eagle IV sowie Fuchs-Transportpanzer zur Verfügung, um alle Soldaten hinreichend an den Geräten zu trainieren


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