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Chronik Afghanistan

September 2009


Dienstag, 1. September, bis Sonntag, 6. September
  • Pakistanische Truppen haben nach eigenen Angaben drei Lager von Aufständischen nahe der Grenze zu Afghanistan zerstört und dabei mindestens 35 Kämpfer getötet. Weitere 40 Aufständische seien bei dem Einsatz im Bezirk Bara in der nordwestlichen Region Khyber festgenommen worden, erklärte das paramilitärische Grenzkorps am 1. Sept. In der Region Khyber befindet sich mit dem gleichnamigen Pass auch die wichtigste Nachschubroute der NATO- und US-Truppen in Afghanistan.
  • In der Region des Swat-Tals ergaben sich unterdessen 105 Taliban-Kämpfer, wie die Streitkräfte mitteilten. Acht von ihnen sollen enge Mitarbeiter von Taliban-Kommandeur Maulana Fazlullah gewesen sein.
  • Einen Tag nach einer Bombenexplosion ist ein US-Soldat in Afghanistan am Dienstag seinen Verletzungen erlegen. Der Soldat war am 31. Aug. bei einer Detonation im Süden des Landes schwer verletzt worden, wie die NATO am 1. Sept. mitteilte.
    Es war der erste Todesfall der US-Streitkräfte im September. Der August war mit 49 Opfern der bislang tödlichste Monat für die US-Streitkräfte seit dem Einmarsch in Afghanistan Ende 2001.
  • Der afghanische Präsidentschaftskandidat Abdullah Abdullah hat eine Teilung der Macht mit Amtsinhaber Hamid Karsai ausgeschlossen. Er werde keine derartige Vereinbarung schließen, sagte der ehemalige Außenminister und stärkste Rivale Karsais bei einem Treffen mit Stammesältesten aus dem Süden des Landes. Beobachter gehen davon aus, dass Karsai eine möglichst breite Regierungskoalition anstrebt, um seine Herrschaft zu legitimieren.
    Abdullah forderte seine Anhänger trotz der massiven Wahlbetrugsvorwürfe gegen die Behörden erneut zur Ruhe auf. Die Rechte der Wähler müssten mit friedlichen Mitteln verteidigt werden, sagte er. Bislang wurden gegen den Urnengang vom 20. August mehr als 2500 Beschwerden eingereicht. Abdullah hatte nach der Wahl von einem "staatlich verordneten" Betrug gesprochen. (AFP, 1. Sept.)
  • Knapp zwei Wochen nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan will die internationale Gemeinschaft am 2. Sept. Strategien für die Zukunft ihres Engagements am Hindukusch ausloten. In Paris treffen sich 27 Afghanistan-Beauftragte von Regierungen und internationalen Organisationen, darunter Deutschlands Sondergesandter Bernd Mützelburg. Nach Einschätzung aller Beteiligten kann es ein "Weiter so" nach acht Jahren Kampf gegen die Taliban nicht geben. Doch wie die neue Strategie aussehen soll, ist offen.
    "Ziel des Treffens ist es, die Art und Weise zu prüfen, wie die internationale Gemeinschaft für die nächste afghanische Regierung am nützlichsten sein kann", erklärt das französische Außenministerium als Gastgeber vage. Der US-Sonderbeauftragte Richard Holbrooke dürfte erneut auf eine vorübergehende Verstärkung des Truppenengagements drängen, um das Land endlich zu befrieden.
  • In Afghanistan ist nach UN-Angaben zum zweiten Jahr in Folge die Opiumproduktion gesunken. Mit rund 6900 Tonnen Opium sei die Produktion im laufenden Jahr um zehn Prozent zurückgegangen, teilte das UN-Büro für Drogen und Kriminalität (UNDCP) am 2. Sept. in Wien mit. 2008 lag die Opiumproduktion demnach bei 7700 Tonnen, 2007 wurden 8200 Tonnen hergestellt. Weltweit liegt der Bedarf an Opium, des Grundstoffs für Heroin, seit Jahren bei rund 5000 Tonnen.
    Der Anbau von Schlafmohn, aus dem Opium gewonnen wird, ging laut UNDCP um 22 Prozent auf 123.000 Hektar zurück. Afghanistan steht für 90 Prozent der weltweiten Opiumproduktion. Weitere wichtige Anbaugebiete liegen in Birma, Thailand und Laos, dem sogenannten "Goldenen Dreieck" in Südostasien.
    Inmitten der Sorge um Afghanistans Zukunft seien diese Ergebnisse eine "gute Nachricht", sagte UNDCP-Chef Antonio Maria Costa in Wien. Sie zeigten, dass ein Fortschritt möglich sei. Der Kampf gegen den Drogenanbau in Afghanistan, besonders in der Provinz Helmand, ist eine der Aufgaben der NATO-Truppe ISAF.
    Die UNO schätzt allerdings, dass mittlerweile mehr als 10.000 Tonnen Opium in Afghanistan lagern, da das Angebot noch immer deutlich die weltweite Nachfrage übersteigt. "Wo ist dieses Opium, wer verbirgt es und warum?", sagte Costa. Er bezeichnete diese Vorräte als "tickende Zeitbombe" für die Menschheit.
  • Knapp zwei Wochen nach der Präsidentschaftswahl in Afghanistan sind der Vizechef des afghanischen Geheimdienstes NDS und mindestens 23 weitere Menschen bei einem Selbstmordanschlag getötet worden. NDS-Vizechef Abdullah Laghmani wollte am 2. Sept. in der ostafghanischen Provinz Laghman eine Moschee in der Provinzhauptstadt Metarlam einweihen, als sich ein Attentäter der Taliban in der Menge in die Luft sprengte.
    Der Präsidentenpalast in Kabul teilte mit, bei dem Anschlag in Laghman seien neben dem NDS-Vizechef der Vorsitzende des Provinzrates, der Chef des Gouverneursbüros und der Vorsitzende des Gelehrtenrates ums Leben gekommen. Nach Angaben der Behörden starben außerdem zahlreiche Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. Es ist der bislang schwerste Schlag der Aufständischen gegen den afghanischen Geheimdienst, der nach eigenen Angaben etliche Anschläge in der Vergangenheit verhindert hat. Karsai verurteilte den Anschlag.
  • Im nordafghanischen Einsatzgebiet der Bundeswehr hängten die Taliban am 2. Sept. einen Geheimdienstoffizier. Der Polizeichef der Provinz Baghlan, Kabir Andarabi, sagte, die Aufständischen hätten den Mann an einem Baum am Rande von Baghlan-Stadt aufgehängt. Der Offizier war nach Angaben aus Sicherheitskreisen im vergangenen Monat entführt worden.
  • In Afghanistan ist ein weiterer britischer Soldat getötet worden. Wie das britische Verteidigungsministerium mitteilte, kam der Soldat am 2. Sept. bei einem Bombenanschlag im Bezirk Babadschi in der südlichen Provinz Helmand ums Leben. - Die Gesamtzahl der getöteten Briten am Hindukusch stieg damit auf 211.
  • Die Europäische Union räumt einem Zeitungsbericht zufolge ein, Mitschuld an den weitgehend ausbleibenden Erfolgen in Afghanistan zu tragen. "Der Mangel an Koordination in der internationalen Gemeinschaft und ein Mangel an Motivation und Kapazitäten auf der afghanischen Seite sind vor allem verantwortlich für die langsamen und ungleichmäßigen Fortschritte beim Wiederaufbau Afghanistans", zitiert die "Financial Times Deutschland" am 3. Sept. aus einem Brüsseler Dokument, das die schwedische EU-Ratspräsidentschaft vergangene Woche an alle Außenminister in der EU verschickt habe. "Der Polizeisektor ist durch ärmliche Koordination gekennzeichnet gewesen", heißt es laut dem Blatt in dem Papier. Die bereits vor mehr als einem Jahr beschlossene Vergrößerung der EU-Polizeimission solle nun endlich eine "Top-Priorität" werden. In dem Papier wird laut "FTD" vorgeschlagen, das Budget der EU für Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu erhöhen, um Polizisten für Afghanistan besser und direkt aus Brüssel bezahlen zu können. Das von Beamten in Brüssel erstellte Dokument mit dem Titel "Verstärktes EU-Engagement in Afghanistan und Pakistan" solle am 5. Sept. von den EU-Außenministern bei ihrem Treffen in Stockholm diskutiert werden, schreibt das Blatt.
  • Bei einem schweren Gefecht in Nordafghanistan haben deutsche Soldaten mindestens drei Aufständische getötet. Wie die Bundeswehr am 3. Sept. mitteilte, wurden die deutschen ISAF-Soldaten, die zur Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte eingesetzt waren, 60 Kilometer nördlich von Kundus von einer unbekannten Anzahl Angreifern mit Handfeuerwaffen und Panzerfäusten beschossen. Dabei seien vier deutsche Soldaten verwundet und ins Rettungszentrum von Kundus gebracht worden.
    Nach Angaben der Bundeswehr erwiderten die deutschen Soldaten das Feuer, nachdem sie angegriffen wurden. Dabei seien vermutlich mindestens drei Angreifer getötet und ein Geländewagen zerstört worden. Ein Fahrzeug der Bundeswehr sei so schwer beschädigt worden, dass es vor Ort gesprengt werden musste. Darüber hinaus wurden den Angaben zufolge mehrere deutsche Fahrzeuge beschädigt.
  • Im Süden des Landes wurden unterdessen vier NATO-Soldaten getötet. Eine Bombenexplosion in der Provinz Helmand riss zwei patrouillierende US-Soldaten in den Tod, wie die NATO am 3. Sept. mitteilte. Damit sind im September bereits drei amerikanische Soldaten getötet worden. Der August war für die USA mit 49 Opfern der bislang tödlichste Monat seit dem Sturz der Taliban Ende 2001.
  • Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, dass ebenfalls in der Provinz Helmand zwei britische Soldaten getötet wurden. Ein Soldat wurde am 3. Sept. im Bezirk Babadschi erschossen, der zweite war bereits am Tag zuvor bei einem Bombenanschlag im gleichen Gebiet tödlich verletzt worden. Die Gesamtzahl der am Hindukusch getöteten Briten stieg damit auf 212 und liegt höher als im Irak.
  • Bei einem Luftangriff der NATO-Truppe ISAF auf von Taliban entführte Tanklastwagen sind am 4. Sept. in Nordafghanistan dutzende Menschen getötet worden. Die meisten der 90 Todesopfer seien Aufständische, sagte der Sprecher der Provinzregierung Kundus. Die Bundeswehr spricht hingegen von 56 Toten. Darunter seien keine Zivilisten.
    Laut dem Sprecher der Provinzregierng von Kundus sind dagegen auch Zivilisten unter den Opfern, darunter Kinder, die aus den in einem Fluss festgefahrenen Lastern Benzin abzapfen wollten. Ein Sprecher des afghanischen Gesundheitsministeriums sagte, "zwischen 200 und 250" Dorfbewohner hätten sich um die Laster geschart. Daher sei eine "große Zahl" von Zivilisten unter den Toten und Verletzten zu befürchten.
    Die Bundeswehr spricht hingegen von mehr als 50 getöteten Aufständischen, Zivilisten kamen nach Angaben des Einsatzführungskommandos in Potsdam nicht zu Schaden. Die Bundeswehr sei aber nicht "zu hundert Prozent" sicher, sagte ein Sprecher.
    Der Angriff ereignete sich in der Nähe des deutschen Feldlagers in Kundus, die Ladung der Tanklaster war für die deutschen Truppen bestimmt. Die Rebellen hätten wenige Kilometer südwestlich des Feldlagers des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) zwei beladene Tanklastzüge gekapert, teilte die Bundeswehr mit. Demnach erlangten die Aufständischen an einem vorgetäuschten Kontrollpunkt ungefähr sieben Kilometer südwestlich vom deutschen Feldlager die Kontrolle über die Tanklaster. Sie wollten den Treibstoff in den Bezirk Chahar Darah transportieren. Ein Augenzeuge sagte, die Taliban hätten die Bewohner aufgefordert, kostenlos Benzin zu zapfen. "Die Dorfbewohner haben sich mit allen Kanistern und Flaschen, die sie finden konnten, um die Tanklaster geschart", sagte Mohammad Daud. In einem Krankenhaus in der Stadt Kundus wurden zahlreiche Menschen mit teilweise schweren Brandverletzungen behandelt. Nach Angaben eines AFP-Journalisten waren mindestens acht Menschen in einem "furchtbaren" Zustand.
    NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat eingeräumt, dass es bei dem Luftangriff in Nordafghanistan auch zivile Opfer gegeben haben könnte. «Es wurden mit Sicherheit Taliban getötet», sagte er am 4. Sept. in Brüssel. «Es besteht auch die Möglichkeit ziviler Opfer, aber das ist noch nicht klar.»
  • Einen Angriff wie die ISAF-Luftattacke auf zwei von Taliban entführte Tanklastzüge mit Dutzenden Toten in Nordafghanistan hat es laut Berliner Verteidigungsministerium in dieser Dimension im deutschen Verantwortungsbereich noch nicht gegeben. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) werde sich aber zunächst nicht persönlich äußern, machte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin deutlich. Das Informationsbild sei noch ungesichert.
    Auf die Frage in der Bundespressekonferenz, ob die Bundeswehr an ihrem Sprachgebrauch festhalten wolle, wonach in Afghanistan kein Krieg herrsche, sagte der Sprecher am 4. Sept.: «Es handelt sich um einen Stabilisierungseinsatz, zugegeben um einen recht robusten Stabilisierungseinsatz, der Kampfhandlungen miteinschließt.»
  • Nach dem Luftangriff in Nordafghanistan haben Angehörige von Opfern aus dem betroffenen Dorf Hadschi Amanullah der Darstellung der Bundeswehr widersprochen, wonach dabei keine Zivilisten getötet wurden. «Mehr als 150 Menschen wurden getötet oder verletzt», sagte ein Dorfbewohner namens Nadschibullah der Deutschen Presse-Agentur dpa am 4. Sept. am Telefon. «In der Gegend waren auch Taliban, aber mehr Opfer gibt es unter Zivilisten.» Sein 20-jähriger Cousin sei unter den Toten. Die Dorfältesten planten, nach der Beerdigung der Opfer nach Kundus-Stadt zu reisen und sich dort über den Angriff zu beschweren.
    Die Bundeswehr hatte den Luftangriff in der Nacht zum 4. Sept. angefordert.
  • Nach dem Luftangriff in Afghanistan mit Dutzenden Toten wächst die Kritik an der Bundeswehr, die den Einsatz angeordnet hatte. Der oberste NATO-Kommandeur in Afghanistan, US-General Stanley McChrystal, bemühte sich um Schadensbegrenzung. Er besuchte am 5. Sept. den Ort des Angriffs und sprach mit Dorfbewohnern. McChrystal sagte laut "Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung" (6. Sept.), für ihn sei klar, dass es zivile Opfer gegeben habe. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung betonte dagegen, es seien ausschließlich Taliban getötet worden.
  • Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat den von der Bundeswehr angeforderten NATO-Lufteinsatz gegen mutmaßliche Taliban-Rebellen in Afghanistan verteidigt. In "diesem konkreten Fall" sei der Angriff "dringend geboten" gewesen, sagte Jung der "Bild am Sonntag" (6. Sept.). Durch "sehr detaillierte Aufklärung" habe es "klare Hinweise" gegeben, dass die Taliban die beiden Tanklastzüge in ihre Gewalt gebracht hätten, um einen Anschlag auf den Bundeswehr-Stützpunkt in Kundus zu verüben. Dann "hätte es einen Anschlag mit entsetzlichen Folgen für unsere Soldaten gegeben." Deshalb halte er die Entscheidung des deutschen Kommandeurs vor Ort, den NATO-Luftangriff anzufordern, für richtig, betonte Jung. Zugleich verwahrte der Minister sich gegen Kritik an der Bundeswehr. "Überhaupt kein Verständnis habe ich für jene Stimmen, die ohne Kenntnis der Sachlage und der Hintergründe bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt Kritik an dem militärischen Vorgehen üben", sagte Jung. Die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan würden "sehr professionell vorgehen" und den Gegner "hart, aber der Lage stets angemessen" bekämpfen. "Wer uns angreift, muss wissen, dass er bekämpft wird."
    Die Provinzregierung teilte mit, bei dem von der Bundeswehr bestellten Einsatz seien sechs Zivilisten getötet worden, darunter ein Kind. Wie der Gouverneur der Provinz Kundus, Mohammed Omar, der Nachrichtenagentur AFP sagte, kamen bei dem Vorfall am Freitag insgesamt 54 Menschen ums Leben. Davon seien 48 bewaffnet gewesen. Laut Omar wurden 15 Menschen verletzt, darunter zwei Taliban.
    Zu der Zahl der Opfer gibt es weiterhin unterschiedliche Angaben. Während der afghanische Präsident Hamid Karsai von rund 90 Toten und Verletzten ausgeht, spricht das Innenministerium in Kabul von 56 getöteten Taliban und zehn Verletzten, darunter ein Kind. Nach Bundeswehr-Angaben wurden mehr als 50 Aufständische getötet. Verteidigungsminister Jung bekräftigte in der "Bild am Sonntag", dass "ausschließlich terroristische Taliban" getötet worden seien.
  • Nach dem tödlichen Luftangriff in der Nähe der afghanischen Stadt Kundus soll untersucht werden, inwieweit Kommunikationsprobleme zwischen Bundeswehrsoldaten und den US-Streitkräften eine Rolle gespielt haben. Die geplante Untersuchung der Militäraktion vom Freitag (4. Sept.) müsse auch der Frage möglicher Sprachbarrieren zwischen den deutschen Kommandeuren in Kundus und den amerikanischen Piloten der eingesetzten Flugzeuge nachgehen, sagte US-Konteradmiral Gregory Smith, der Sprecher von NATO-Kommandeur Stanley McChrystal. Es sei noch nicht entschieden, welche Nation die Untersuchung leiten solle. Geplant sei auch die Mitwirkung afghanischer Behördenvertreter. (AP, 6. Sept.)
  • Nach dem folgenschweren NATO-Luftangriff mit zahlreichen Toten in Nordafghanistan haben die radikalislamischen Taliban Rache geschworen. "Wir werden uns rächen", sagte ein vermummter Taliban-Kämpfer am Samstag. "Hier wurden viele unschuldige Menschen getötet." (Der Standard-online, 6. Sept.)
  • Deutschland, Großbritannien und Frankreich haben gemeinsam die Initiative für eine neue Afghanistan-Konferenz noch in diesem Jahr ergriffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am 6. Sept. vor einem Abendessen mit dem britischen Premier Gordon Brown im Kanzleramt, Ziel der Konferenz sei es zu klären, welche Fortschritte es in dem Land gebe. Überprüft werden sollten Konzepte für die Stabilität und die Sicherheit, die Regierungsführung und den Rechtsstaat in Afghanistan. Merkel sagte, nach dem von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff auf Taliban in Nordafghanistan müsse die NATO jetzt schnell und umfassend klären, ob es Tote unter der Zivilbevölkerung gegeben habe. «Wenn es zivile Opfer gegeben hat, werde ich es zutiefst bedauern», sagte die Kanzlerin. Schließlich sei die NATO-Strategie in Afghanistan auf Vertrauen in der Bevölkerung ausgerichtet. Deutsche Soldaten verrichteten dort einen Dienst «unter sehr schwierigen Bedingungen», sagte Merkel. Sie könnten sicher sein, dass die Bundesregierung und auch sie persönlich hinter ihnen stehe. Merkel sagte auf die Frage, ob innerhalb der nächsten fünf Jahre mit einem Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan zu rechnen sei: «Wir müssen die Frage des Abzugs international gemeinsam planen.» Zuvor müsse es substanzielle Fortschritte bei der Ausbildung von Militär und Polizei in Afghanistan geben. Wichtig sei jetzt, der afghanischen Regierung unmissverständlich klar zu machen, dass sie schrittweise mehr Verantwortung übernehmen müsse.
  • Ein niederländischer Soldat ist am 6. Sept. bei einem Feuergefecht im Süden von Afghanistan ums Leben gekommen. Das teilte das Verteidigungsministerium in Den Haag mit. Der 26 Jahre alte Soldat gehörte den Angaben zufolge einer Spezialeinheit an. Seit Beginn ihres Einsatzes in der afghanischen Provinz Urusgan im August 2006 sind inzwischen 20 niederländische Soldaten getötet worden.
  • Bei der afghanischen Präsidentschaftswahl liegt Amtsinhaber Hamid Karsai nach Auszählung der Stimmen aus gut 75 Prozent der Wahllokale weiter in Führung. Nach den neuen Zwischenergebnissen kommt er auf 48,6 Prozent, wie die afghanische Wahlkommission am 6. Sept. mitteilte. Sein schärfster Konkurrent Abdullah Abdullah folgt demnach mit 31,7 Prozent der Wählerstimmen auf Platz zwei. Wegen "Unregelmäßigkeiten" wurden unterdessen die Stimmen aus 447 Wahllokalen für ungültig erklärt. Bei den annullierten Stimmen könne es sich um etwa 200.000 handeln, sagte der Sprecher der Wahlkommission.
  • Der von der Bundeswehr befohlene Luftangriff in Afghanistan könnte ein parlamentarisches Nachspiel haben: Die Linksfraktion beantragte für die Bundestagssitzung am 8. Sept. eine Aktuelle Stunde. Die "bisherige Desinformationspolitik der Bundesregierung" zu der Bombardierung erfordere, dass sich das Parlament "unverzüglich damit befasst", erklärte Linken-Fraktionsgeschäftsführerin Dagmar Enkelmann am 6. Sept. "Die Tötung und Verletzung zahlreicher Zivilisten ist eine dramatische Zuspitzung des Kriegseinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan", fügte sie hinzu. Darüber dürfe der Bundestag nicht schweigend hinweggehen.
Montag, 7. September, bis Sonntag, 13. September Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hat den von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff auf zwei afghanische Tanklastzüge scharf kritisiert. «Es muss doch Regeln geben, wann Bombeneinsätze geflogen werden. Wir sind doch nicht in Afghanistan, um zu erobern, sondern um zu helfen und Demokratie aufzubauen», sagte Asselborn der Tageszeitung «Die Welt» (Ausgabe vom 7. Sept.). Asselborn forderte, bei Bombeneinsätzen müsse Gewissheit bestehen, dass es keine zivilen Opfer gebe. Indirekt brachte Asselborn auch einen schrittweisen Rückzug des Westens vom Hindukusch ins Gespräch. Asselborn sagte der Zeitung: «Wir dürfen Afghanistan jetzt nicht verlassen. Die Hilfe zum Wiederaufbau des Landes sollte in den kommenden zwei Jahren auf ein Maximum ausgebaut werden. Danach muss man aber konsequent dazu übergehen, dass die Afghanen in Fragen der Sicherheit selbst Verantwortung übernehmen.»
Bereits der französische Außenminister Bernard Kouchner hatte den von der Bundeswehr angeforderten Angriff am Wochenende als «großen Fehler» bezeichnet. EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sprach von einer «großen Tragödie».
  • Der von der Bundeswehr angeforderte Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklastzüge in Afghanistan hat einem Zeitungsbericht zufolge zu schweren Verstimmungen innerhalb der NATO-Truppe ISAF geführt. Wie die "Neue Osnabrücker Zeitung" am 7. Sept. berichtet, reagieren hochrangige deutsche Militärs empört über "offenbar von den USA gezielt gestreute Fehlinformationen in einem laufenden Untersuchungsverfahren". Grund sei unter anderem ein Artikel der "Washington Post", in dem schwere Vorwürfe gegen den deutschen Kommandeur des Bundeswehrlagers in Kundus, Oberst Georg Klein, erhoben wurden. Nach Ansicht deutscher Militärs sei der Bericht eine "bodenlose Frechheit", berichtet die "NOZ". Entgegen üblichen Verfahren habe das siebenköpfige NATO-Untersuchungsteam von US-General Stanley McChrystal einem US-Journalisten erlaubt, die Ermittlungen zu verfolgen. "Das stinkt zum Himmel", sagte ein Bundeswehr-Angehöriger dem deutschen Blatt.
  • Verteidigungs-Staatssekretär Christian Schmidt hat die europäischen Außenminister wegen ihrer Verurteilung des von der Bundeswehr angeforderten Bombenangriffs auf entführte Tanklaster in Afghanistan kritisiert. «Auch die Außenminister sollten die Untersuchungen abwarten», sagte der CSU-Politiker am Montag im ZDF-Morgenmagazin (7. Sept.). Zu der Frage, ob und wenn ja, wie viele Zivilisten bei dem Angriff in der Nacht zum Freitag (4. Sept.) getötet wurden, verwies er auf die laufenden Untersuchungen. Bisher schwanken die Angaben zwischen 56 und mehr als 120 Todesopfern, darunter bis zu 40 Zivilisten. Die deutschen Soldaten hätten nach dem Angriff ihre Nachschau abgebrochen, da sie unter Feuer geraten seien, sagte Schmidt zu Vorwürfen, die Bundeswehr habe sich nicht selbst um sofortige Aufklärung der Auswirkungen des Bombenangriffs gekümmert. Deshalb «haben wir uns auf schnelle Information verlassen, die sich jetzt als nicht hundertprozentig gestützt herausstellen», ergänzte er. Schmidt sagte, es mache ihn «skeptisch», dass von den europäischen Außenministern so schnell Kritik geäußert werde. Dies hatte beispielsweise der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn getan. Zwar sei es schmerzlich, wenn tatsächlich Zivilisten betroffen seien, sagte Schmidt. Man müsse in diesem Fall alles tun, «um zu zeigen, dass das nicht das Ziel der Operation ist, ganz im Gegenteil». Er deutete an, dass die übrigen europäischen Länder seiner Ansicht nach zu wenig täten, um den zivilen Sektor zu stärken. «Die Hälfte aller Polizisten (zur Ausbildung einheimischer Kräfte in Afghanistan, Red.) sind Deutsche», sagte er. Da hätten die europäischen Partner Nachholbedarf.
  • Unterdessen wiederholte die Friedensbewegung ihre Forderung nach einem sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Die Bonner Friedenskooperative und der Bundesausschuss Friedensratschlag forderten darüber hinaus den Rücktritt des für das Massaker von Kundus verantwortlichen Minister, Verteidigungsminister Franz Josef Jung. Der "Friedensratschlag" ruft die Friedensbewegung zu Aktionen im ganzen Land am kommenden Mittwoch (9. Sept.) auf. (Siehe hierzu die Pressemitteilung).
  • Der Grünen-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Jürgen Trittin, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, sich für den blutigen Luftangriff in Afghanistan zu verantworten. Endlich hätten die Amerikaner einen Strategiewechsel zu weniger Luftkrieg und mehr zivilem Aufbau eingeleitet, da marschierten die Deutschen in die Gegenrichtung, kritisierte Trittin im Gespräch mit der «Rheinischen Post» (7. Sept.). Die Bundesregierung gerate dadurch international in die Isolierung. «Frau Merkel muss die Verantwortung für dieses fatale Vorgehen übernehmen», forderte der Grünen-Politiker. Deshalb erwarte seine Fraktion noch in dieser Woche eine Regierungserklärung zu dem Vorfall nahe Kundus.
  • Verteidigungsminister Franz Josef Jung schließt zivile Opfer bei dem umstrittenen Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan nicht mehr aus, denkt aber nicht an Rücktritt. Der CDU-Politiker verwies am Abend des 7. Sept. in ARD und ZDF auf die Bedrohungslage, die zu dem Angriff geführt habe. Ihm liege ein Bericht aus Kundus vor, in dem von 56 Toten und zwölf Verletzten die Rede sei, wobei es sich bei allen um Taliban handeln solle. Es gebe aber auch andere Berichte, deshalb sei man interessiert an einer Aufklärung. Zivile Opfer schloss er nicht mehr aus. Dann präsentierte Jung auch noch eine "Räuberpistole": Die Taliban, sagte er, hätten einen Anschlag vor den Bundestagswahlen angekündigt. Deshalb glaube er, dass "diese Schutzmaßnahme im Interesse unserer Soldatinnen und Soldaten geboten gewesen" sei. Zu Kritik an seiner Informationspolitik sagte Jung, in einer derartigen Bedrohungslage sei es die Pflicht des Verteidigungsministers, an der Seite der Soldaten zu stehen und sich gegen «vorschnelle Vorverurteilungen» zu wehren. Zur Frage, ob er über einen Rücktritt nachdenke, sagte er: "Nein, das sehe ich nicht."
  • Die afghanische Menschenrechtsorganisation Afghan Rights Monitor berichtete am 7. Sept. von Hinweisen, dass 60 bis 70 Zivilisten getötet worden seien, darunter nur rund ein Dutzend bewaffnete Taliban. Die Regierung der Provinz Kundus erklärte, unter den insgesamt 70 Todesopfern seien fünf Zivilpersonen gewesen.
    Nach ZDF-Informationen hat eine NATO-Untersuchungskommission einen geheimen Berichtsentwurf erarbeitet, der auch dem Verteidigungsministerium vorliege. Darin sei von 90 Toten und Verletzten die Rede, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit seien darunter zahlreiche Zivilisten. Die Zahl der Toten schwanke zwischen 70 und 78.
  • Bei einem Bombenanschlag in Afghanistan wurde unterdessen ein weiterer niederländischer Soldat getötet. Der 44-jährige Feldwebel war der 21. Niederländer, der in dem Konflikt sein Leben verlor, teilte das Verteidigungsministerium in Den Haag am Abend des 7. Sept. mit. Drei Soldaten und ein afghanischer Übersetzer wurden bei dem Anschlag in der südafghanischen Provinz Urusgan verletzt.
  • Nach der heftigen Kritik an dem von der Bundeswehr befohlenen NATO-Luftangriff in Afghanistan will die Bundesregierung das Parlament nun umfassend über den Vorfall informieren. Für den 8. Sept. kündigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Regierungserklärung an, auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sollte zu den Vorfällen Stellung nehmen.
  • Bei einer Veranstaltung mit Verteidigungsminister Franz Josef Jung ist es am 7. Sept. in Hamburg zu einem Zwischenfall mit einem Gegner des Afghanistan-Einsatzes gekommen. Ein etwa 20 Jahre alter Mann versuchte den Vortrag Jungs mit Parolen wie «Raus aus Afghanistan» zu stören, berichtet die «Bild»-Zeitung». Als der Mann auf Jung zustürmte, wurde er von mehreren Sicherheitsleuten überwältigt und zu Boden gedrückt. Die Polizei nahm den Mann in Gewahrsam.
  • Nach dem von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff auf zwei gekaperte Tanklastwagen in Nordafghanistan haben die Taliban eine Untersuchung der Vereinten Nationen gefordert. Wenn die UN die Menschenrechte respektierten, sollten sie die Wahrheit über das Geschehen ermitteln, hieß es in einer Erklärung der Taliban vom 7. Sept.
  • Angesichts massiver Fälschungsvorwürfe im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl in Afghanistan haben die USA und die Vereinten Nationen Präsident Hamid Karsai nach Medienberichten zu einer gründlichen Überprüfung des Urnengangs gedrängt. Wie der US-Sender CNN unter Berufung auf Mitarbeiter des US-Außenministeriums berichtete, trafen der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, und UN-Vertreter am Abend des 7. Sept. mit Karsai zusammen. Dabei hätten sie ihn aufgefordert, der unabhängigen Wahlkommission eine eingehende Überprüfung der Vorwürfe zu gestatten. Erst danach könne geklärt werden, ob ein zweiter Wahlgang nötig ist.
    Ein namentlich nicht genannter Vertreter des Außenministeriums in Washington sprach von einem «Schuss vor den Bug der afghanischen Regierung». Damit solle sichergestellt werden, dass die Wahlkommission ihrer Aufgabe ungehindert nachgehen könne. Botschafter Eikenberry habe nach dem Treffen mit Karsai US-Außenministerin Hillary Clinton Bericht erstattet, hieß es weiter.
    Am 7. Sept. hatte die «New York Times» unter Berufung auf Diplomaten von massiven Betrugsvorwürfen gegen Karsai-Anhänger berichtet. So sollen bei der Abstimmung am 20. August bis zu 800 «Phantom- Wahllokale» eingerichtet worden sein, aus denen tausende Stimmen für Karsai registriert wurden. Auch die stellvertretende Leiterin der EU- Wahlbeobachtermission in Afghanistan, Dimitra Ioannou, sprach im «Tagesspiegel» von «Wahlbetrug im großen Stil».
  • Bei einem Selbstmordanschlag der Taliban vor dem militärischen Teil des Flughafens Kabul sind am 8. Sept. nach Angaben des afghanischen Innenministeriums zwei Zivilisten getötet worden. Ministeriumssprecher Samarai Baschari sagte, sechs weitere Zivilisten seien bei der heftigen Detonation verletzt worden. Der Attentäter habe sich in einem Auto vor dem militärischen Teil des Flughafens in der afghanischen Hauptstadt in die Luft gesprengt. Die Internationale Schutztruppe ISAF bestätigte den Anschlag. Ein Augenzeuge namens Ahmad Dschamal sagte, der Attentäter habe den Sprengsatz gezündet, als zwei ISAF-Fahrzeuge in den militärischen Teil des Flughafens fuhren.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl offenbar deutlich mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten. Nach Auszählung von 91,6 Prozent aller Stimmen aus dem Wahlgang vom 20. August habe Karsai 54,1 Prozent erhalten, teilte die Wahlkommission am 8. Sept. in Kabul mit. Auf den Rivalen Abdullah Abdullah entfielen demnach 28,3 Prozent der Stimmen. Zuvor hatte die Kommission für Wahlbeschwerden (ECC) mitgeteilt, sie habe "klare und überzeugende Beweise" für Betrug gefunden. Wie die Kommission in Kabul mitteilte, ordnete sie die teilweise Neuauszählung der Stimmen an. In den Wahllokalen, in denen Betrug festgestellt worden sei, seien in der Regel ungewöhnlich viele Stimmen abgegeben worden, teilte die ECC weiter mit. Die Beweise bezögen sich zudem auf Fälle, bei denen ungewöhnlich viele Stimmen auf einen Kandidaten entfielen.
  • Der Leiter der EU-Wahlbeobachtermission in Afghanistan, Philippe Morillon, hat die von der Wahlkommission in Kabul veröffentlichten vorläufigen Ergebnisse der Präsidentenwahl unterdessen in Zweifel gezogen. "Diese Resultate sind unglaubwürdig", sagte Morillon laut AFP vom 8. Sept. der Zeitung "Die Welt". "Es gibt sehr fundierte Hinweise auf eine Vielzahl gefälschter Stimmen", sagte Morillon. Bevor nicht alle Anzeigen bei der Beschwerdekommission geprüft worden seien, "sollte man sich davor hüten, Gewinner und Verlierer der Wahl ausmachen zu wollen."
  • Begleitet von scharfen Attacken der Opposition versprach Kanzlerin Angela Merkel vor dem Bundestag am 8. Sept. eine «lückenlose Aufklärung» zum von der Bundeswehr angeordneten Luftangriff bei Kundus. Dabei kamen auch Dorfbewohner ums Leben, wie die NATO inzwischen bestätigte.
    «Ich stehe dafür ein, dass wir nichts beschönigen werden», sagte die CDU-Vorsitzende in ihrer Regierungserklärung. Wenn Unschuldige getötet oder verletzt worden seien, dann bedauere sie das zutiefst. Vorverurteilungen werde sie aber nicht akzeptieren: «Ich verbitte mir das, und zwar von wem auch immer, im Inland wie im Ausland.»
    Im Bundestag wurde Verteidigungsminister Franz Josef Jung scharf wegen seiner Informationspolitik angegriffen. Jung verwies erneut auf widersprüchliche Angaben über die Opfer des Bombardements und sagte: «Wenn es hier zivile Opfer gegeben hat, fordert das unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl.» Der deutsche Kommandeur in Kundus habe sich in einem schwierigen Abwägungsprozess befunden.
    Hier geht es zu ganzen Bundestagsdebatte.
    In Berlin nahmen am Abend des 8. Sept. laut AFP rund 150 Menschen an einer Antikriegskundgebung der Linken teil. (dpa meldete: "Mehrere hundert Menschen haben in Berlin gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan demonstriert.") Für (den morgigen) Mittwoch (9. Sept.) haben die Partei und andere Organisatoren in München und Hamburg zu Demonstrationen aufgerufen. (Siehe: Friedensbewegung zu Protesten im ganzen Land aufgerufen.)
  • "Am Hindukusch wird Krieg geführt. Der Gegner ist keine Armee, sondern eine Kultur. Darum ist dieser Konflikt mit einer Verstärkung des militärischen Engagements nicht zu lösen. Sondern nur durch ein langfristiges entwicklungspolitisches Engagement", heißt es in einem Aufruf, der am 8. Sept. auf der Internetseite der Wochenzeitung "der Freitag" veröffentlicht wurde. Unterschrieben haben 25 Künstler und Intellektuelle, darunter die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, Schriftsteller Martin Walser, Publizist Roger Willemsen, Theologe Friedrich Schorlemmer, Regisseur Thomas Ostermeier, Journalist Friedrich Küppersbusch sowie die Moderatorinnen Charlotte Roche und Sarah Kuttner. Gemeinsam fordern sie einen "klaren, transparenten" Zeitrahmen für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Die militärische Präsenz Deutschlands in Afghanistan müsse innerhalb der nächsten zwei Jahre beendet werden. "Diese Zeit muss für einen Übergang zum nicht-militärischen Engagement genutzt werden. Schritt für Schritt muss sich die Bundeswehr zurückziehen und müssen zivile Aufbauorganisationen an ihre Stelle treten", heißt es in dem Aufruf. Deutschland habe sich in diesen Krieg verwickeln lassen, die daraus resultierende Verantwortung mache einen unverzüglichen Abzug der deutschen Truppen unmöglich, schreiben die Prominenten. (Internet: "Freitag" (externer Link)
  • Einsatzkräfte der NATO haben am 9. Sept. einen vor wenigen Tagen in Afghanistan entführten Journalisten der "New York Times" befreit. Nach offiziellen Angaben aus Kundus und London wurden sein afghanischer Kollege, der in Deutschland studierte, und ein britischer Soldat dabei getötet. Die Journalisten waren entführt worden, als sie nahe Kundus zu den Folgen des von Deutschland angeforderten NATO-Luftangriffes recherchierten.
    Nach Angaben eines Sprechers der NATO-Truppe ISAF stürmten die Einsatzkräfte in der Nacht zum 9. Sept. im nordafghanischen Kundus das Haus, in dem der irischstämmige Stephen Farrell und der Afghane Sultan Munadi von mutmaßlichen Taliban-Rebellen gefangen gehalten wurden. Bei dem Einsatz wurde Munadi nach Angaben des Gouverneurs der Provinz Kundus, Mohammed Omar, durch seine Entführer getötet. Der 34-jährige Munadi, ein Vater zweier Kinder, studierte in Deutschland und hielt sich während der Semesterferien in Afghanistan auf. Der 46-jährige Farrell sagte, er könne nicht sagen, wer seinen Kollegen getötet habe.
    Das britische Verteidigungsministerium in London erklärte, bei dem Einsatz sei auch ein britischer Soldat getötet worden. Die Angehörigen des Opfers seien informiert worden. Der britische Premierminister Gordon Brown würdigte den "heldenhaften" Einsatz des Kommandos.
    Die beiden Reporter waren am 5. Sept. in der nordafghanischen Provinz Kundus entführt worden. [Siehe hierzu auch die Meldungen vom 13. Sept.]
  • Die USA haben die Angaben einer schwedischen Hilfsorganisation über die gewaltsame Erstürmung eines Krankenhauses in der afghanischen Provinz Wardak zurückgewiesen. Die Soldaten sollen auf der Suche nach einem Taliban-Kommandeur Türen eingetreten und Mitarbeiter gefesselt haben. Zwei ranghohe Pentagon-Vertreter bestritten dies am 9. Sept. Die Soldaten der 10. Gebirgsdivision hätten das Krankenhaus mit der Erlaubnis der Verwaltung und in Begleitung der afghanischen Polizei durchsucht, hieß es in Washington. Es seien auch keine Türen eingetreten worden, berichteten die Pentagon-Mitarbeiter. Die Soldaten hätten nur das Schloß einer Tür aufgebrochen, nachdem ihnen gesagt worden sei, dass niemand einen Schlüssel habe. Der gesuchte Taliban wurde nicht gefunden.
  • Nach dem von der Bundeswehr veranlassten Luftangriff bei Kundus hält die Debatte über einen Abzug aus Afghanistan an. FDP und Grüne forderten eine möglichst schnelle Rückkehr der deutschen Soldaten, legten sich aber nicht auf einen konkreten Termin fest. "Ziel muss ein rascher Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sein, möglichst innerhalb der nächsten Jahre", sagte der FDP-Sicherheitsexperte Max Stadler der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Eine wichtige Voraussetzung dafür sei aber, "dass erheblich mehr Polizisten als bisher ausgebildet werden, die für Stabilität und zivile Sicherheit im Land garantieren." "Nach der Wahl muss die neue Bundesregierung zügig eine Abzugsperspektive entwickeln und in der nächsten Legislaturperiode umsetzen", verlangte auch Grünen-Chefin Claudia Roth. Sie sprach sich in der Wochenzeitung "Die Zeit" für einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan binnen vier Jahren aus. (AFP, 9. Sept.)
  • Ein Selbstmordattentäter hat einen Anschlag auf einen Stützpunkt der NATO-Truppen in Afghanistan verübt und mindestens zwei Zivilisten mit in den Tod gerissen. Das teilte die NATO am 9. Sept. mit. Der Selbstmordattentäter zündete nach NATO-Angaben seine Sprengstoffweste mitten in einer Gruppe von Lastwagenfahrern vor dem britischen Militärstützpunkt Camp Bastion in der südafghanischen Unruheprovinz Helmand. Mehrere einheimische und ausländische Soldaten wurden verletzt. Camp Bastion zählt zu den größten Militärbasen der NATO am Hindukusch.
  • NATO-Generalsekretär Rasmussen erklärte am 9. Sept., die Truppen würden in Afghanistan "so lange wie nötig" bleiben. Er sei besorgt, dass sich der "öffentliche Diskurs" zu Afghanistan in die "falsche Richtung" bewege. Dabei werde übersehen, dass es Fortschritte gebe, auch wenn diese möglicherweise "nicht schnell genug" erzielt würden. Rasmussen erklärte weiter, er unterstütze die von Deutschland, Frankreich und Großbritannien vorgeschlagene Afghanistan-Konferenz.
  • Nach der Veröffentlichung von Teilergebnissen der afghanischen Präsidentschaftswahl hat die Bundesregierung zur Zurückhaltung gemahnt. "Wir sollten abwarten, bis alle Stimmen von der afghanischen Wahlkommission ausgezählt worden sind und die Beschwerdekommission ihre Entscheidung getroffen hat", sagte Vizeregierungssprecher Klaus Vater am 9. Sept. in Berlin. Vorwürfen wegen Wahlfälschung müsse nachgegangen werden, und Zweifel müssten ausgeräumt werden, sagte Vater weiter.
  • Neue Erkenntnisse zum verheerenden Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan teilt die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 10. Sept. mit: Mit der Anordnung des Bombardements soll der zuständige Bundeswehr-Oberst nach Darstellung von NATO- Kreisen seine Kompetenzen überschritten haben. Zu einer Entscheidung solcher Tragweite sei er ohne Rücksprache mit dem Hauptquartier der Internationalen Schutztruppe ISAF nicht befugt gewesen, sagte ein ungenannter führender NATO-Offizier laut SZ. Es habe keine unmittelbare Bedrohung für ISAF-Truppen gegeben. Die beiden von Aufständischen gestohlenen Tanklaster, die laut Bundeswehr als rollende Bomben hätten eingesetzt werden können, hätten auf einer Sandbank im Fluss Kundus festgesteckt. Die Lage sei über Stunden hinweg beobachtet worden, eine schnelle Entscheidung nicht erforderlich gewesen. Die Truppen hätten bis Tagesanbruch warten können, um zu versuchen, die mutmaßlichen Taliban zu fassen oder zu vertreiben, sagte der NATO-Offizier der Zeitung. Auch die Anforderung von Luftunterstützung durch zwei US-Kampfjets, die schließlich die Tanklaster bombardierten, sei nicht zu erklären. Der sogenannte "Close Air Support" dürfe nur angefordert werden, wenn Soldaten am Boden in Gefechte verwickelt seien.
    Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums bezeichnete das NATO-Papier gegenüber der "SZ" als "Reisebericht", der unbestätigte Spekulationen enthalte. Aus der Führung des Ministeriums verlautete demnach, der Untersuchungsbericht sei einseitig formuliert, er enthalte keine entlastenden Elemente. Die offizielle Untersuchung des Vorfalls müsse abgewartet werden.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert von der Diesen Artikel weiter lesen Union einen offenen Umgang dem Thema Afghanistan im Wahlkampf. "Wir müssen im Wahlkampf über die Dinge reden, die die Leute beschäftigen", sagte Merkel nach Informationen der "Rheinischen Post" (Ausgabe vom 10. Sept.) bei einer internenen Sitzung der Unionsfraktion in Berlin. Die Union müsse das Thema Afghanistan "annehmen und nicht als Störgröße wegdrücken", lautete der Appell der Kanzlerin nach Angaben der Zeitung. Die Debatte sollten die Abgeordneten von CDU und CSU überall in den Wahlkreisen "mit offenem Visier führen".
  • Nach dem tödlichen Luftangriff in Afghanistan hat die NATO Medienberichte über Vorwürfe gegen den deutschen Oberst Georg Klein zurückgewiesen. Es gebe keinen Zwischenbericht, in dem Klein kritisiert werde, sagte ein Militärvertreter der Allianz am 10. Sept. in Brüssel. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen habe erst vor zwei Tagen den kanadischen Generalmajor C.S. Sullivan mit einer Untersuchung beauftragt. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte berichtet, dass die NATO die Anordnung des Luftangriffs durch den deutschen Oberst in einer ersten Untersuchung als Fehleinschätzung und Kompetenzüberschreitung eingestuft habe.
  • Der umstrittene NATO-Luftangriff in Afghanistan beschäftigt die sächsische Ermittler-Sondereinheit INES. Derzeit werde geprüft, ob ein strafrechtlicher Anfangsverdacht bestehe und gegen den in Leipzig stationierten, für den Angriff zuständigen Bundeswehr-Kommandeur ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden müsse, teilte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft am 10. Sept. in Dresden mit. Diese Prüfung werde aufgrund «der tatsächlichen und rechtlichen Komplexität» voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmen.
  • Der durch den umstrittenen Luftangriff in Afghanistan in die Kritik geratene Bundeswehrkommandeur Oberst Georg Klein kehrt noch in diesem Monat nach Deutschland zurück. Das teilte Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums am 10. Sept. mit. Die Rückkehr Kleins stehe jedoch nicht im Zusammenhang mit dem von Klein angeforderten NATO-Luftangriff auf zwei Tanklaster in der vergangenen Woche. Kleins sechsmonatige Dienstzeit in Afghanistan gehe Ende September "regulär" zu Ende, sagte Raabe und bestätigte damit einen Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung". Demnach kehrt der 48-jährige Offizier auf seinen ursprünglichen Posten in Deutschland zurück. Er war vor seiner Versetzung nach Kundus im März Chef des Stabes der 13. Panzergrenadierdivision in Leipzig gewesen. Klein ist seit 1980 bei der Bundeswehr. Er war im Laufe seiner Karriere unter anderem in Koblenz und Brüssel sowie als Stabsoffizier im Bundesverteidigungsministerium eingesetzt. - Klein hatte den NATO-Luftangriff in der vergangenen Woche angeordnet.
  • Acht Jahre nach dem Sturz der Taliban in Kabul haben die Islamisten nach Einschätzung des internationalen Forschungsinstituts ICOS im Großteil Afghanistans wieder Fuß gefasst. In rund 80 Prozent des Landes verfügten die Taliban über ständige Präsenz, erklärte das in London ansässige Institut International Council on Security and Development am 10. Sept. Im November 2007 seien sie noch in lediglich 54 Prozent des Landes aktiv gewesen. Vor allem im Norden wurde in den vergangenen Monaten eine starke Zunahme der Taliban-Aktivitäten verzeichnet.
  • Ein Ausschuss des US-Senats hat für das neue Haushaltsjahr (es beginnt im Oktober) Verteidigungsausgaben in Höhe von 636 Milliarden Dollar (437 Milliarden Euro) beschlossen. Darin sind auch die von Präsident Barack Obama für die Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan beantragten 218 Milliarden Dollar enthalten. Dieser Punkt wurde am 10. Sept. bei den Beratungen im Bewilligungsausschuss des Senats fast ohne Debatte angenommen. Im Kongress herrscht allerdings große Skepsis, ob die 218 Milliarden Dollar für die Kriegseinsätze ausreichen werden.
    Abgelehnt wurden vom Ausschuss die von Obama für das Pentagon beantragten 100 Millionen Dollar für die Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba. Obama will das Lager bis Anfang kommenden Jahres schließen.
  • Die Bundesregierung hat auf diplomatischem Weg versucht, die internationale Kritik an dem umstrittenen Luftangriff in Afghanistan einzudämmen. Das Auswärtige Amt bestätigte der "Financial Times Deutschland" (11. Sept.), dass die deutschen Botschafter in allen wichtigen NATO-und EU-Partnerländern vorstellig geworden seien. Mit sogenannten Demarchen baten sie demnach darum, den Angriff nicht zu kritisieren, bis eine Untersuchung dazu abgeschlossen sei.
    In Paris stieß dies auf Unverständnis. "Was soll ein Minister denn sagen, wenn er von einem solchen Schlag mit 80 Toten und darunter Zivilisten unterrichtet wird? Nichts?", sagte ein französischer Diplomat der Zeitung.
    Die NATO hatte am 10. Sept. dementiert, dass es einen Zwischenbericht gebe, wonach der deutsche Oberst Georg Klein bei dem Einsatz vor einer Woche seine Kompetenz überschritten habe. Militärs und Diplomaten sagten der "FTD" hingegen, dass es ein solches Dokument doch gebe. Klein hatte einen NATO-Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan angefordert, bei dem mehr als 50 Menschen ums Leben kamen, darunter womöglich mehrere Zivilisten.
  • Mit Verpflegung für die britischen Truppen im Gepäck hat Prinz Edward den in Afghanistan stationierten Soldaten seines Landes einen Kurzbesuch abgestattet. Wie der Buckingham Palace am 11. Sept. erklärte, verbrachte der jüngste Sohn von Queen Elizabeth II. von Dienstag bis Mittwoch (8./9. Sept.) 24 Stunden in der südafghanischen Unruheprovinz Helmand. Prinz Edward, der Ehrenoberst des zweiten Schützen-Bataillons ist, besuchte eine Einheit in der Stadt Sangin. Dort machte er den Soldaten Mut für ihren weiteren Einsatz, der "hoffentlich schmerzlos und ergiebig" sein werde.
    In Afghanistan sind 9150 britische Soldaten im Einsatz. In Großbritannien werden jedoch die Rufe nach einem Abzug immer lauter, da im Kampf gegen die Aufständischen vor allem in jüngster Zeit viele Briten getötet worden sind.
  • Die USA gedenken der Anschläge vom 11. September 2001. Am achten Jahrestag - dem ersten in der Amtszeit von Präsident Barack Obama - stehen neben dem offiziellen Gedenken an den Tatorten in New York und Washington landesweit gemeinnützige Einsätze für Mitmenschen und Umwelt im Mittelpunkt. In Afghanistan liefen Soldaten des US-Stützpunkts Bagram die symbolträchtige Strecke von 9,11 Kilometern. «Unsere Soldaten laufen durch das Herz des Taliban-Gebiets, in dem die Anschläge geplant wurden», hieß es in einer Erklärung der US-Streitkräfte.
    [Genauso gut könnte man demnach den 9,11 km-Lauf auch in Hamburg oder Riad veranstalten. Anm.: AGF]
  • Bei einer gemeinsamen Offensive der afghanischen und internationalen Truppen in der Region Kundus sind nach Polizeiangaben elf Taliban-Kämpfer getötet worden. Der Einsatz in der Nacht zum Samstag (12. Sept.) habe sich gegen Militante gerichtet, die ausländischen Kämpfern und Selbstmordattentätern geholfen hätten, in die Region einzudringen, erklärte US-Militärsprecherin Elizabeth Mathias.
  • Anschlägen im Süden und Osten Afghanistans fielen unterdessen mehr als 20 Zivilpersonen zum Opfer, wie die Behörden am Samstag (12. Sept.) mitteilten. Allein in der Provinz Urusgan wurden nach Angaben des Innenministeriums 14 Menschen getötet, deren Fahrzeug auf eine an der Straße versteckte Bombe fuhr. Bei Angriffen mutmaßlicher Taliban in Kunar und Nangarhar wurden vier Polizisten und sechs Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes getötet.
  • Nach dem Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan befürchtet Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul Schwierigkeiten beim weiteren Wiederaufbau in Afghanistan. Deutschland habe «auf den Strategiewechsel der US-Regierung und der NATO zugunsten der Vermeidung von zivilen Opfern gedrängt», sagte die SPD-Politikerin nach einer «Spiegel»-Meldung vom Samstag (12. Sept.). Doch nun drohe der von der Bundeswehr angeforderte Luftangriff «diesen Strategiewechsel im Bewusstsein der Menschen zu konterkarieren». Die Arbeit der Entwicklungshelfer werde jetzt «noch schwieriger». Zugleich drang Wieczorek-Zeul darauf, dass die Afghanen möglichst bis 2015 «die volle Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung übernehmen sollen». Erst danach könnten Truppen abziehen. Der zivile Aufbau werde länger dauern.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates will möglichst schnell Tausende weitere amerikanische Soldaten nach Afghanistan entsenden. Das berichtet CNN am 12. Sept. Gates sei zu dem Schluss gekommen, dass nicht genügend Truppen und Ausrüstung in Afghanistan seien, um die Soldaten vor Minen und anderen Sprengsätzen zu schützen, so ein Pentagon-Sprecher. Nach Angaben des US- Verteidigungsministerium hat sich die Zahl der entlang Straßen gelegten Minen seit 2007 um 350 Prozent erhöht.
  • Der russische Botschafter in Kabul, Samir Kabulow, hält die von den USA geplante Truppenverstärkung für einen Fehler. «Je mehr Soldaten man hineinbringt, desto mehr Probleme hat man hier», sagte Kabulow in einem Interview der Nachrichtenagentur AP (12. Sept.). Zur Begründung sagte er, im Jahr 2002 hätten rund 5.000 US-Soldaten in Afghanistan gekämpft, und die Taliban hätten damals nur eine kleine Ecke im Südosten des Landes kontrolliert. «Jetzt kämpfen Ihre (NATO) Truppen mit den Taliban sogar in den friedlichen Provinzen Kundus und Baghlan», sagte der Diplomat weiter. «Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird ganz Afghanistan unter der Kontrolle der Taliban stehen, wenn Sie 200.000 Soldaten herbringen.»
  • Die britische Tageszeitung "The Guardian" veröffentlichte am 12. September Interviews mit Angehörigen von zivilen Opfern des Bombenangriffs auf zwei Tanklastwagen vom 4. September. Daraus geht einwandfrei hervor, dass bei dem von einem deutschen Kommandeur befohlenen Angriff zehlreiche Zivilpersonen getötet wurden. (Siehe: "Ich nahm ein Stück Fleisch und nannte es meinen Sohn".)
  • SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat einen neuen Vorstoß in der Debatte um den Abzug aus Afghanistan unternommen. In einem Zehn-Punkte-Plan definiert der Außenminister erstmals Bedingungen für das Ende des deutschen Engagements und setzt eine Frist bis 2013 für ihre Erfüllung, wie der "Spiegel" in seiner jüngsten Ausgabe berichtet. "In der nächsten Legislaturperiode gilt es, die Grundlagen für den Abzug aus Afghanistan zu schaffen. Dazu müssen wir jetzt die Weichen richtig stellen", heißt es in einem zweiseitigen Papier des Außenministeriums mit dem Titel "Zehn Schritte für Afghanistan", wie der "Spiegel" am 13. Sept. vorab berichtete. Das Papier habe Steinmeier gebilligt.
    Für die künftige Aufbauhilfe brauche es "konkrete, verbindliche Ziele und zugleich wirksame Vorkehrungen, um ihre Umsetzung zu überwachen", heißt es demzufolge. Bei der nächsten Afghanistan-Konferenz, die nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch dieses Jahr stattfinden soll, dürfe sich Deutschland "nicht mit vagen Zielmarken begnügen".
    Bis 2011 soll laut dem Papier in allen 122 Distrikten des von Deutschland kontrollierten Nordens "eine angemessen ausgebildete Polizei" existieren. In der unruhigen Provinz Kundus sollen sofort 1500 zusätzliche Polizisten ausgebildet werden. Die Zahl der deutschen Ausbilder für die Armee, derzeit 200, soll "erheblich gesteigert" werden.
    Auch die erste Stufe eines möglichen Abzugs wird demnach bereits genannt. Der Standort Faisabad, wo derzeit knapp 500 Bundeswehrsoldaten Dienst tun, soll bis 2011 faktisch aufgelöst und in ein "Ausbildungszentrum für Sicherheitskräfte und Zivilverwaltung" umgewandelt werden. In der heiklen Frage des Umgangs mit den Taliban plädiert Steinmeier für mehr Engagement. Deutschland müsse "Mitläufern der Taliban eine Rückkehr in die afghanische Gesellschaft ermöglichen" und dazu einen internationalen "Reintegrationsfonds nach Kräften unterstützen und finanziell fördern", heißt es in dem Papier.
  • Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan hat den Bundeswehroberst Georg Klein nach dessen Entscheidung zur Bombardierung zweier Tanklaster in Nordafghanistan verteidigt. Schon im Frühjahr habe er sich mit Klein und seinen Soldaten unterhalten und sei beeindruckt gewesen von der Professionalität der Truppe unter dem Eindruck ständiger Bedrohung, sagte Schneiderhan der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» (Ausgabe vom 13. Sept.). «Auch jetzt gehe ich davon aus, dass die Entscheidung, die entführten Tank-Lkw aus der Luft zerstören zu lassen, erst nach sorgfältiger Beurteilung der Gesamtlage und in der Absicht getroffen wurde, erheblichen Gefahren für die eigenen und verbündeten sowie für die afghanischen Sicherheitskräfte zuvorzukommen.»
  • Auch dreieinhalb Wochen nach der afghanischen Präsidentenwahl ist wegen zahlreicher ungeklärter Betrugsvorwürfe noch kein amtliches Ergebnis in Sicht. Die UN-Mission in Kabul wies am Wochenende ausdrücklich darauf hin, dass trotz eines derzeit für Karsai ausgezählten Stimmenanteils von 54 Prozent noch nicht abzusehen sei, ob der Amtsinhaber in der ersten Runde gewinnt oder doch noch in eine Stichwahl müsse.
    Die von den UN unterstützte Unabhängige Wahlkommission hat bereits 83 Ergebnisse von Wahllokalen im Südosten Afghanistans, Karsais Hochburg, für ungültig erklärt. In derselben Region werden derzeit noch hunderte weitere örtliche Ergebnisse überprüft und Stimmen neu ausgezählt. Der Chef der Wahlkommission, Daud Ali Nadschafi, sagte, man werde noch im Laufe des Sonntags (13. Sept.) mit der Beschwerdekommission einen Zeitplan ausarbeiten, der zu amtlichen Endergebnis führen soll. Offen dabei ist, ob Karsai in diesem Überprüfungsprozess bei einem Stimmenanteil über 50 Prozent bleibt, der ihm den Erstrundensieg sichern würde. «In dieser Wahl gibt es noch keinen Sieger», sagte UN-Sprecher Aleem Siddique. In Wahllokalen «mit eindeutigen Beweisen für Unregelmäßigkeiten» müsse das Ergebnis annulliert werden.
    Karsais vorläufige Führung mit 54 Prozent beruht auf der Auszählung von 93 Prozent der Stimmen. Sein größter Konkurrent Abdullah Abdullah kommt auf 28 Prozent. Fünf Prozent der Stimmen wurden noch nicht ausgezählt, der Rest wurde wegen möglichen Betrugs zunächst beiseite gelegt, wie es hieß.
  • Bei dem von einem deutschen Offizier angeordneten NATO-Luftangriff in Nordafghanistan sind nach Erkenntnissen einer afghanischen Untersuchungskommission 30 Zivilisten getötet worden. Auch 69 Taliban seien bei dem Luftangriff vor eineinhalb Wochen gestorben, sagte Kommissionsmitglied Mohamadullah Batadsch am 13. Sept. in Kabul. Nach Augenzeugenberichten war einer der Tanklastzüge in einem Flussbett steckengeblieben. Die Taliban hätten daraufhin Dorfbewohner dazugerufen, um sich zu bedienen. Als die beiden 250 Kilogramm schweren Bomben niedergingen, standen demnach Dutzende Menschen um die Tanklastwagen herum. Wer von den Opfern Taliban und wer Zivilist war, war nur schwer zu ermitteln. Nach Angaben von Kommissionsmitglied Batadsch waren 49 der getöteten Taliban bewaffnet, die anderen hätten keine Waffen bei sich getragen. Neun Zivilisten und elf Talibankämpfer seien zudem verletzt worden.
    Der Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte in Berlin, das Ministerium habe noch keine Kenntnis von dem afghanischen Untersuchungsbericht. Deshalb könnte er auch nicht kommentiert werden. Mit Verweis auf den noch ausstehenden NATO-Bericht fügte er hinzu, die Ergebnisse aller Untersuchungen müssten "im Zusammenhang miteinander bewertet werden".
  • In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zu dem Angriff verteidigte der verantwortliche Oberst Georg Klein in der "Bild am Sonntag" (13. Sept.) seine Entscheidung. Sein Verhalten könne er vor seinem Gewissen und der afghanischen Bevölkerung verantworten, sagte Klein. Er habe in den zurückliegenden Monaten mehrmals schwierige Entscheidungen treffen müssen und sich diese - auch bei angeforderten Luftunterstützungen - niemals leicht gemacht. Jeder gefallene Soldat der Schutztruppe ISAF und jeder getötete Zivilist sei einer zu viel. Die angeordneten Untersuchungen halte er deshalb für "unbedingt notwendig und richtig".
  • Die NATO-Schutztruppe ISAF hat den Einsatz zur Befreiung eines «New York Times»-Reporters in Nordafghanistan, bei dem ein afghanischer Journalist getötet wurde, gegen Kritik verteidigt. Der Einsatz der britischen Kommandotruppen sei nötig gewesen, weil es Informationen gegeben habe, wonach die Geiseln aus der Region gebracht und ranghöheren Aufständischen übergeben werden sollten, sagte ein ranghoher ISAF-Vertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte, am 13. Sept. Die Truppen seien unmittelbar nach der Landung ihrer Hubschrauber beschossen worden. Sobald die Soldaten den britisch-irischen Reporter Stephen Farrell gefunden hatten, fragten sie ihn nach seinem afghanischen Mitarbeiter und Übersetzer, wie der ISAF-Vertreter weiter erklärte. Farrell habe gesagt, Sultan Munadi sei von den Aufständischen getötet worden. Die Truppen wurden den Angaben zufolge heftig beschossen und traten daher den Rückzug an, ohne Munadis Leiche zu bergen.
    Die Taliban hatten Farrell und Munadi Anfang September nach dem von Deutschland angeforderten Luftangriff auf zwei Tanklastwagen gekidnappt. Der afghanische Journalistenverband warf den NATO-Soldaten vor, die gewaltsame Befreiungsaktion gestartet zu haben, ohne andere Kanäle ausgeschöpft zu haben. Zudem kritisierten die Journalisten, dass Munadis Leiche zurückgelassen wurde. [Siehe hierzu auch die Meldungen vom 9. Sept.]
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich hinter den in die Kritik geratenen Verteidigunsgminister Franz Josef Jung gestellt. "Er hat mein Vertrauen", sagte die CDU-Vorsitzende am Abend des 13. Sept. im Fernsehduell mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Steinmeier. Montag, den 14. September, bis Sonntag, den 20. September
    • Der neue Afghanistan-Plan von Außenminister Frank-Walter Steinmeier [siehe hierzu die Meldungen vom 13. Sept.] stößt auf ein geteiltes Echo. Steinmeier will bis 2013 die Weichen für einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan stellen. FDP und Grüne hielten Steinmeier vor, dass er sich viel früher intensiver um einen zivilen Aufbau in Afghanistan hätte kümmern müssen. Steinmeier fordere zwei Wochen vor der Wahl 1500 Polizisten, habe aber vier Jahre lang gerade mal 43 Polizisten nach Afghanistan gebracht, sagte Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin laut dpa vom 14. Sept.
      CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer unterstützt den Plan von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, die Bundeswehr schrittweise aus Afghanistan abzuziehen. «Was da jetzt kommt, kommt reichlich spät», sagte Ramsauer der «Financial Times Deutschland» zufolge (Ausgabe vom 14. Sept.). «Aber es ist zu begrüßen, dass das für Afghanistan federführende Außenministerium endlich konkrete Ansätze liefert.» Steinmeiers Plan decke sich mit dem, was die CSU seit Jahren vorgeschlagen habe, betonte Ramsauer, «nämlich zu definieren, was wann erfüllt sein muss, um phasenweise die Präsenz zu reduzieren und eine selbsttragende Stabilität herzustellen.»
    • Zwei Tage nach dem achten Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 hat Osama bin Laden US-Präsident Barack Obama in einem neu aufgetauchten Video angegriffen. Obama sei machtlos, den Krieg in Afghanistan zu stoppen, und auch die gegenwärtige US-Regierung verfolge die Strategie ihrer Vorgängerin unter Führung von George W. Bush, im Interesse großer Unternehmen Angst zu verbreiten, sagte der Führer des Terrornetzwerks Al Kaida. Das Band wurde am 13. Sept. von der Medienabteilung Al Kaidas, As Sahab, verbreitet und von der Nachrichtenagentur AP und dem SITE-Institut in Washington übersetzt. Am 14. Sept. hat die US-Administration die Botschaft als echt eingestuft.
      In dem Video ist ein Standbild bin Ladens mit einem gesprochenen Text unterlegt, in dem dieser den USA mit einem "Zermürbungskrieg" droht, falls die Kriege im Irak und in Afghanistan nicht beendet würden. Bin Laden zieht einen Vergleich mit dem Zerfall der früheren Sowjetunion, die "zehn Jahre lang zermürbt" worden sei, bis sie schließlich der Vergangenheit angehört habe. Die US-Bürger forderte Bin Laden auf, Druck auf ihre Regierung auszuüben, damit diese ihre Unterstützung für Israel aufgebe. Den Rückhalt für Israel nannte Bin Laden demnach als einen der wichtigsten Gründe für die Anschläge vom 11. September vor acht Jahren.
    • Bei einem Gefecht in Südafghanistan ist ein britischer Soldat getötet worden. Das teilte das britische Verteidigungsministerium am 14. Sept. mit. Der Soldat sei bei einer Patrouille im Bezirk Babadschi der Provinz Helmand von Aufständischen angegriffen und tödlich getroffen worden. Die britischen Streitkräfte haben damit seit der Invasion vor acht Jahren 214 Soldaten in Afghanistan verloren.
      Bei der Explosion einer Sprengfalle in Südafghanistan sei ein weiterer Soldat getötet worden, teilte die NATO mit, ohne die Nationalität des Gefallenen preiszugeben. Beide Zwischenfälle haben sich am 13. Sept. ereignet.
      Trotz einer Aufstockung der US- und NATO-Truppen auf fast 100.000 Soldaten ist dieses Jahr das verlustreichste für die internationale Schutztruppe seit 2001.
    • Während die Regierung erstmals laut über Abzugstermine für Afghanistan nachdenkt, hat der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), eine Verstärkung der dortigen Truppen ins Gespräch gebracht. "Wenn es notwendig ist, für die Sicherheit der Nordregion, für die wir die Verantwortung tragen, unsere Truppen zu verstärken, dann wird man darüber sprechen müssen", sagte Polenz am 14. Sept. im Deutschlandradio Kultur. Ausschlaggebend sei die Sicherheitslage. Die jüngsten Ereignisse zeigten, dass sich die Lage auch im deutschen Einsatzgebiet im Norden Afghanistans zugespitzt habe. Das betreffe vor allem die Region um Kundus. Die künftige Bundesregierung müsse die aktuelle Lage bewerten und dem Parlament entsprechende Vorschläge machen, sagte der CDU-Politiker. Polenz kritisierte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der über einen möglichen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gesprochen hatte.
    • Die Bundesregierung will sich zu den afghanischen Angaben über 30 getötete Zivilisten bei dem von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff in Afghanistan vorerst nicht äußern. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte am Montag in Berlin, es gebe insgesamt vier Untersuchungskommissionen, deren Ergebnisse abgewartet werden müssten. Neben dem vom afghanischen Präsidenten Hamid Karsai angeforderten und ihm nun vorliegenden Bericht (siehe oben: 13. Sept.) liefen noch die Überprüfungen der NATO - sie habe den Einblick in die Stränge der Befehle -, die Untersuchung der Vereinten Nationen sowie des internationalen Komitees des Roten Kreuzes.
    • Die Vereinten Nationen denken über einen Plan nach, die afghanische Opium-Produktion einzuschränken. Nach einem Bericht des Toronto Star vom 14. September, sollen zu Beginn der Saatzeit (Oktober) Flugzeuge über den Äckern der Bauern Saatgut mit einer Mohnsorte ausbringen, die nur 1 Prozent des Morphiums enthält, das die Mohnpflanzen sonst enthalten. Damit würde den Taliban eine wesentliche Einnahmequelle aus dem Opiumgeschäft entzogen. Der Tporonto Star weist allerdings auch auf die Risiken dieser Strategie hin: Auch den Bauern würde eine wichtige Einnahmequelle entzogen. Die angebotene Alternative, freiwillig auf andere Pflanzen (Getreide) umzustellen, dürfte kaum funktionieren, da es dafür keine Märkte gibt. Wie die kanadische Zeitung weiter mitteilt, ist die österreichische Firma "Zeno Projekte" in den Plan einezogen. Zeno Projekte bietet morphinarmen Wintermohn an.
    • Nach den massiven Betrugsvorwürfen bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat Herausforderer Abdullah Abdullah eine Stichwahl gefordert. Es müsse einen zweiten Wahlgang für die Entscheidung zwischen ihm und Amtsinhaber Hamid Karsai geben, damit die Wahl des künftigen Präsidenten Afghanistans legitim sei und dem Willen der Wähler entspreche, sagte der frühere Außenminister laut Nachrichtenagentur AFP vom 14. Sept.
    • Das amtliche Endergebnis der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentschaftswahl in Afghanistan wird sich um Wochen verzögern, weil die massiven Betrugsvorwürfe geklärt werden müssen. Der Vorsitzende der UN-unterstützten Beschwerdekommission (ECC), der Kanadier Grant Kippen, sagte am 14. Sept. in Kabul, der von der Wahlkommission (IEC) ursprünglich angekündigte Zeitplan sei nicht haltbar. Zunächst war die Verkündung eines amtlichen Endergebnisses der Wahl vom 20. August für den 17. September geplant gewesen. Kippen sagte, vor einem Endergebnis müssten zahlreiche Betrugsvorwürfe geklärt werden. «Hoffentlich wird das eine Frage von Wochen und nicht von Monaten.» Kippen sagte weiter, die Wahlkommission könne zwar ein vorläufiges Ergebnis veröffentlichen. «Aber sie kann das amtliche Endergebnis nicht verkünden, bevor wir unsere Arbeit nicht beendet haben.» Die Verkündung des vorläufigen Ergebnisses verschob die IEC unterdessen erneut auf unbestimmte Zeit. Dreieinhalb Wochen nach der Abstimmung sagte die Wahlkommission die für den Abend des 14. Sept. geplante Pressekonferenz ab, bei der sie das Ergebnis nach Auszählung aller Stimmen bekanntgeben wollte.
    • Im Norden Afghanistans ist ein Sprengstoffanschlag auf deutsche Soldaten verübt. Wie das Verteidigungsministerium am 15. Sept. in Berlin mitteilte, wurde dabei niemand verletzt. Der Anschlag auf die deutsche Patrouille erfolgte demnach drei Kilometer nordwestlich der Ortschaft Talokan. Ein Transportfahrzeug vom Typ Dingo sei beschädigt worden und werde nun geborgen.
    • Wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentenwahl in Afghanistan müssen die Stimmen in rund zehn Prozent der Wahllokale erneut ausgezählt werden. Dies erklärte ein Sprecher der von den Vereinten Nationen unterstützten Wahlbeschwerdekommission am 15. Sept.. Die Wiederholung der Auszählung betreffe etwas mehr als 2.500 von 26.300 Wahllokalen, sagte Grant Kippen.
    • Die Europäische Union hat eine schnelle Aufklärung der Wahlbetrugs-Vorwürfe in Afghanistan gefordert. EU-Chefdiplomat Javier Solana und der schwedische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Carl Bildt riefen die Regierung in Kabul beim Außenrat in Brüssel auf, alles für ein glaubwürdiges Wahlergebnis zu tun.
    • Zehn Tage nach dem umstrittenen Luftangriff in Afghanistan mit mehr als 50 Toten hat sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor den deutschen Oberst Georg Klein gestellt und sich Kritik der Alliierten verbeten. Die deutschen Soldaten und Befehlshaber agierten in Afghanistan unter schwierigen und gefährlichen Einsatzbedingungen, sagte Steinmeier am 15. Sept. am Rande des EU-Außenrats in Brüssel. "Deshalb ist es notwendig abzuwarten, was die internationalen Untersuchungen ergeben, und sich nicht in Vorverurteilungen zu ergießen."
    • Breite Unterstützung sieht Steinmeier bei den europäischen Partnern für seine Abzugsstrategie für Afghanistan. Nach einem am Wochenende bekannt gewordenen Zehn-Punkte-Plan des Außenministers soll bis 2013 Klarheit über einen möglichen Abzug herrschen. "Unsere Aufgabe besteht darin, dass wir uns in Afghanistan langfristig überflüssig machen", sagte Steinmeier beim Treffen der EU-Außenminister am 15. Sept. in Brüssel.
      Der Außenminister drängte die EU-Partner erneut, die Polizeiausbildung am Hindukusch zu forcieren. Die Mission EUPOL verläuft schleppend: Statt der 400 geplanten europäischen Polizeiausbilder sind nur 265 vor Ort. Deutschland stellt mit rund 50 Beamten die größte Gruppe.
    • Der schwedische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Carl Bildt hat die deutsch-französisch-britische Forderung nach einer weiteren Afghanistan-Konferenz kritisiert. «Unter allen Problemen, die Afghanistan hat, ist ein Mangel an internationalen Konferenzen sicher nicht die Nummer eins», erklärte Bildt am 15. Sept. nach Beratungen der EU-Außenminister in Brüssel. Sollte eine Konferenz stattfinden, so hielte er die afghanische Hauptstadt Kabul für den besten Austragungsort. Bildt nannte es denkbar, dass in den anstehenden Verhandlungen über die künftige Zusammenarbeit zwischen der internationalen Gemeinschaft und der neuen afghanischen Regierung «ein Zusammentreffen zu irgendeiner Form von internationaler Konferenz in Kabul erforderlich sein wird». Wenn dies aus Sicherheitsgründen nicht möglich sein sollte, könne auch ein anderer Treffpunkt gewählt werden. Auch EU-Kommissar Olli Rehn erklärte: «Kabul wäre die bevorzugte Wahl, weil das ein politisches Signal für die Fortschritte bei der Stabilisierung Afghanistans wäre.»
    • Der Generalstabschef der US-Streitkräfte hat eine weitere Verstärkung der ausländischen Truppen in Afghanistan empfohlen. Um den Einsatz erfolgreich zu beenden, würden "wahrscheinlich mehr Soldaten benötigt", sagte Michael Mullen am 15. Sept. vor dem US-Senat. Der Admiral forderte die US-Regierung auf, "mehr Druck auf unsere NATO-Verbündeten auszuüben", um die Zahl der Soldaten zu erhöhen.
      Zu den möglichen Einsatzbereichen der NATO-Verbündeten in Afghanistan, zu denen auch die Bundeswehr zählt, nannte der Generalstabschef die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. Auf die Frage, wie viele Ausbilder von den Verbündeten benötigt würden, sagte er: "So viele wie möglich." Derzeit seien etwa 6000 Militärtrainer in Afghanistan aktiv, es würden aber 2000 bis 4000 weitere benötigt.
      Mullen bereitete auch die zunehmend kritische US-Öffentlichkeit auf weitere Truppenanfragen vor. Der "Kampf gegen die Aufständischen" erfordere "mehr Zeit und mehr Engagement", sagte der Chef des Vereinten Generalstabs. Mullen äußerte die Erwartung, dass Afghanistan-Kommandeur Stanley McChrystal "in sehr naher Zukunft" eine offizielle Anfrage zur weiteren Aufstockung der US-Truppen stellen werde.
      "Wir können die Mission, mit der wir beaufragt wurden, erfüllen", sagte Mullen. "Aber wir benötigen dafür ausreichend Ressourcen." Eine Zahl zu einer möglichen Truppenaufstockung nannte Mullen nicht. Als Chef des Vereinten Generalstabs ist Mullen der ranghöchste Militär der US-Streitkräfte.
    • Die ranghöchsten Vertreter der Vereinten Nationen in Afghanistan sind angesichts der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl zerstritten. Der stellvertretende UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, der US-Diplomat Peter Galbraith, hat das Land deswegen am 13. Sept. vorübergehend verlassen. Galbraith bestätigte der Nachrichtenagentur AP am 15. Sept. telefonisch, dass er und sein Chef Kai Eide unterschiedliche Auffassungen hätten, wie mit den Vorwürfen des Wahlbetrugs umzugehen sei.
      Der UN-Sonderbeauftragte bestätigte der AP ebenfalls, dass es Meinungsverschiedenheiten gebe. Der für politische Angelegenheiten zuständige Galbraith hat das Land laut Eide auf eigenen Wunsch verlassen. Er erwarte, dass Galbraith bald wieder nach Kabul zurückkehren werde, sagte Eide. Der Zwist ließ jedoch erkennen, wie sehr sich die diplomatische Gemeinschaft in Kabul mit ihrer Antwort auf die umstrittene Wahl schwertut.
      Die afghanische Wahlkommission hatte laut Galbraith am 6. September Regeln für die Anerkennung von Stimmzetteln beschlossen, wonach Zehntausende vermutlich ungültig gewesen wären. Am nächsten Tag wurde die Entscheidung jedoch wieder rückgängig gemacht. «Ich überlasse es anderen, die Plausibilität dieser Entscheidung zu überprüfen», sagte Galbraith.
    • Umfragen:
      Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für die neue, am 17. Sept. erscheinende Ausgabe des Hamburger Magazins stern befürworten derzeit 55 Prozent einen Rückzug der deutschen Soldaten, 38 Prozent sprechen sich dagegen aus. Der Trend einer immer stärkeren Ablehnung des militärischen Engagements am Hindukusch ist damit allerdings erstmals gebrochen. Noch im Juni hatten sich 61 Prozent für einen Rückzug der Bundeswehr ausgesprochen; damals waren kurz zuvor drei deutsche Soldaten ums Leben gekommen.
      53 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass der in der vorvergangenen Woche von der Bundeswehr angeordnete Angriff auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklaster das internationale Ansehen Deutschlands beschädigt hat, 39 Prozent sehen das nicht so.
      Laut Forsa sind 19 Prozent der Deutschen der Ansicht, Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sollte wegen des Luftangriffs zurücktreten, 68 Prozent halten das nicht für nötig.
      Bei der Bundestagswahl am 27. September spielt das Thema Afghanistan nur eine Nebenrolle. Auf die Frage "Hat die Haltung der Parteien zum Abzug der Bundeswehr Einfluss auf Ihre Wahlentscheidung?" antworteten 3 Prozent der Befragten mit "sehr großen", 12 mit "großen" und 23 mit "weniger großen". Für 57 Prozent spielt Afghanistan gar keine Rolle.
      (ots, 16. Sept.)
    • US-Präsident Obama will die Stärke der US-Truppe in Afghanistan vorerst beibehalten. Es stehe keine schnelle Entscheidung über eine Aufstockung an, sagte Obama am 16. Sept. Wichtig seien erst mal strategische Entscheidungen, danach gehe es um die Truppenstärke. Vorher hatte Generalstabschef Mike Mullen gesagt, er sei dafür, dass mehr Ausbilder und Soldaten nach Afghanistan gehen. Nach seiner Einschätzung müssen die USA und deren NATO- Verbündete bis zu 4000 zusätzliche Ausbilder entsenden.
    • Die Bundeswehr klagt über Mängel bei Ausbildung und Ausrüstung ihrer Soldaten in Afghanistan. Dies berichtete das ZDF-Auslandsjournal am 16. Sept. unter Berufung auf einen internen Bericht der Bundeswehr. Darin bemängelte der Kommandeur der deutschen ISAF-Einsatzkontingents in Afghanistan, Brigadegeneral Jörg Vollmer, etwa, dass «die Mobilität nicht ausreicht, um alle übertragenen Aufgaben zu erfüllen», hieß es. Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt, räumte in der Sendung ein, dass über Verbesserungen nachgedacht werden müsse. Die gepanzerten Fahrzeuge, zum Beispiel das Transportfahrzeug Dingo, seien nicht voll geländetauglich, meldete das ZDF. Im Bericht heißt es, «durch die alleinige Bindung an das Straßen- und Wegenetz» seien die Fahrten der Soldaten des Wiederaufbauteams «aufklär- und berechenbar». Im Einsatz habe dies zur Folge, dass die Taliban die deutschen Soldaten sehr leicht entlang der wenigen Straßen angreifen könnten. Außerdem hätten sie die Möglichkeit, sich in schwer zugängliche Regionen zurückzuziehen, ohne befürchten zu müssen, von der Bundeswehr am Boden verfolgt zu werden.
    • Ungeachtet des Wiederauflebens der Gewalt in Afghanistan hat die internationalen Gemeinschaft dort nach Einschätzung des stellvertretenden NATO-Oberbefehlshabers in Europa, General John McColl, seit 2002 viel erreicht. Mehr als 2.000 Schulen seien gebaut oder renoviert worden, und sieben Millionen Kinder, darunter zwei Millionen Mädchen, besuchten den Unterricht, sagte McColl am 16. Sept. der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien. Die afghanische Wirtschaft verzeichne Zuwachsraten im zweistelligen Bereich. Während man die Schwierigkeiten betrachte, dürften die Fortschritte nicht vergessen werden, sagte er.
    • Bei der wegen massiver Betrugsvorwürfe umstrittenen Präsidentenwahl in Afghanistan ist Amtsinhaber Hamid Karsai laut vorläufigem Endergebnis mit absoluter Mehrheit wiedergewählt worden. Wie die unabhängige Wahlkommission (IEC) am 16. Sept. in Kabul mitteilte, sollen aber erst alle Betrugsvorwürfe geklärt werden, bevor das Ergebnis offiziell wird.
      Karsai gewann laut vorläufigem Ergebnis 54,6 Prozent der Stimmen; sein schärfster Herausforderer Abdullah Abdullah kam auf knapp 28 Prozent. Wann das amtliche Endergebnis verkündet werden soll, teilte IEC-Sprecher Daud Ali Nadschafi zunächst nicht mit.
      Die EU-Beobachtermission hatte zuvor erklärt, es gebe Zweifel an der Gültigkeit von rund 1,5 Millionen Stimmzetteln. Von diesen fraglichen Stimmen entfielen den Angaben zufolge 1,1 Millionen auf Karsai und 300.000 auf den ehemaligen Außenminister Abdullah. Der Rest verteile sich auf andere Kandidaten.
      "Worauf es jetzt ankommt, ist, diese Vorwürfe genauestens zu untersuchen", erklärte Bundesaußenminister Steinmeier (SPD). Nur wenn alle Vorwürfe geklärt seien, könne es ein legitimes Ergebnis geben.
      Ein Sprecher von Präsidentschaftskandidat Abdullah erklärte, der Herausforderer erkenne das vorläufige Ergebnis nicht an.
    • Bei Gefechten im Norden Afghanistans wurden acht Bundeswehr-Soldaten verletzt, einer von ihnen schwer. Wie das Bundesverteidigungsministerium am 16. Sept. mitteilte, griffen Aufständische eine Patrouille in der Nähe von Kundus an. Das zweite Gefecht ereignete sich demnach gut eine Stunde später im gleichen Raum. Ob bei dem Gefecht auch Aufständische getötet wurden, blieb zunächst unklar.
    • Erneut sind zwei britische Soldaten in Afghanistan getötet worden. Wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte, erlag am 16. Sept. ein Soldat seinen schweren Verletzungen, die er am 12. Sept. bei einem Bombenanschlag in der Provinz Helmand erlitten hatte. Der zweite Soldat wurde den Angaben zufolge am 16. Sept. bei einer Explosion ebenfalls in der Provinz Helmand getötet.
      Seit Beginn des Einsatzes in Afghanistan im Oktober 2001 sind damit bereits 216 britische Soldaten ums Leben gekommen.
    • Der deutsche Botschafter in den USA, Klaus Scharioth, hat die Ausbildung von heimischen Sicherheitskräften als Schlüssel für ein Ende des Afghanistan-Konflikts bezeichnet. Bei einem Besuch der Militärhochschule in Fort Leavenworth in Kansas, sagte Scharioth am 16. Sept., die Entwicklung Afghanistans zu einem stabilen Land brauche Zeit und Geduld. Es müsse hundert Mal mehr afghanische Kräfte geben als Taliban-Kämpfer, was aber nicht einfach zu erreichen sei. Mit Blick auf den von der Bundeswehr angeforderten US-Luftangriff auf zwei entführte Tanklastwagen sagte der Botschafter, zivile Opfer müssten vermieden werden, «damit die Afghanen uns nicht als Besatzer, sondern als Partner sehen.»
    • Bei einem der schwersten Selbstmordanschläge auf westliche Truppen sind in Afghanistan am 17. Sept. sechs italienische NATO-Soldaten und zehn Zivilisten ums Leben gekommen. Der Anschlag ereignete sich zur Mittagszeit auf einer belebten Straße zum Flughafen. Augenzeugen zufolge steuerte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Auto in ein gepanzertes Fahrzeug, das die italienische Flagge trug. Wie der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa in Rom sagte, waren zum Zeitpunkt des Angriffs zehn italienische Fallschirmjäger in zwei Fahrzeugen unterwegs. Sechs von ihnen seien getötet, drei weitere verletzt worden. Wie der Sprecher des afghanischen Innenministeriums der Nachrichtenagentur AFP sagte, wurden 55 Zivilisten verletzt. "Es handelte sich um einen Bombenanschlag auf die internationalen Truppen."
      Für Italien sind derzeit 3250 Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Rom ist damit der sechstgrößte Truppensteller am Hindukusch.
      Zu dem Attentat im Zentrum der Hauptstadt Kabul bekannten sich die radikalislamischen Taliban.
    • Schon zwei Stunden zuvor war bei einem Anschlag in der Nähe der südafghanischen Stadt Kandahar ein kanadischer Soldat getötet worden. Wie kanadische Medien unter Berufung auf Militärangaben berichteten, wurden elf weitere Kanadier verletzt, als neben ihrem Fahrzeug ein versteckter Sprengsatz explodierte. Die Einheit habe sich auf dem Rückweg von einem Einsatz gegen Taliban-Kämpfer befunden. Damit stieg die Zahl der seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes Ende 2001 getöteten kanadischen Soldaten auf 131.
    • Nach dem schweren Bombenanschlag in Kabul, bei dem sechs italienische Soldaten getötet worden sind, hat sich Ministerpräsident Silvio Berlusconi für einen baldigen Abzug der internationalen Truppen ausgesprochen. Ein Rückzug aus Afghanistan wäre für alle das Beste, sagte der italienische Regierungschef am 17. Sept. am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Eine Entscheidung müsse jedoch von allen Beteiligten gemeinsam getroffen werden, zitierte das italienische Fernsehen Berlusconi.
    • CDU-Außenpolitiker haben angesichts massiver Betrugsvorwürfe gegen die Präsidentenwahl in Afghanistan eine nochmalige Abstimmung angeregt. «Sollten die gefälschten Stimmen einen wahlentscheidenden Einfluss gehabt haben, ist ein zweiter Wahlgang nötig», sagte der Außenexperte der Christdemokraten im Europäischen Parlament, Elmar Brok, am 17. Sept. im Gespräch mit «Handelsblatt.com».
      Auch der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Eckart von Klaeden, sagte dem Internetportal, «falls die Wahlfälschung sich so auswirkt, dass der Wählerwille nicht mehr widergespiegelt ist, muss ein zweiter Wahlgang erfolgen.»
      Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen wies die Forderungen zurück. «Die Legitimität von Wahlen ist ein hohes Gut, welches nicht durch politische Einflussnahme in Frage gestellt werden darf», sagte Annen dem »Handelsblatt.com". «Zunächst einmal muss die Beschwerdekommission (ECC) allen Betrugsvorwürfen sorgfältig nachgehen und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen.» Solange aber deren Abschlussbericht nicht vorliege, könne es auch kein Endergebnis geben. Annen wies darauf hin, dass die ECC das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft genieße.
    • Die Opposition im US-Kongress hat von der Regierung die Genehmigung verlangt, den Afghanistan-Kommandeur Stanley McChrystal zu befragen. Dessen Aussage sei erforderlich, «damit der Kongress und alle Amerikaner die Situation am Boden besser verstehen können», sagte der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, am 17. Sept. in Washington. Der Abgeordnete kritisierte, dass die Regierung eine Befragung des Generals im Kongress bislang nicht erlaubt habe. Boehner sagte, die zurzeit in Afghanistan stationierten Soldaten seien in großer Gefahr, wenn sich die Regierung nicht zur Entsendung weiterer Truppen entschließe. US-Präsident Barack Obama hat bereits die Entsendung von 17.000 weiteren Soldaten und 4.000 Militärausbildern genehmigt, womit die US-Truppenstärke in Afghanistan bis Ende dieses Jahres auf 68.000 steigt.
    • Der Luftangriff vom 4. Sept. auf Tanklaster in der Nähe von Kundus im Norden Afghanistans, bei dem auch zahlreiche afghanische Zivilisten ums Leben kam, soll aufgrund von Falschinformationen geflogen worden sein. Bundeswehr-Oberst Georg Klein, der den Angriff herbeiführte, habe fälschlich behauptet, deutsche Soldaten seien im Zielgebiet "im direkten Feindkontakt", berichtet die "Financial Times Deutschland" (Ausgabe vom 18. Sept.) unter Berufung auf NATO-Kreise. Einheiten der internationalen Afghanistan-Truppe ISAF oder der Bundeswehr seien aber im Vorfeld des Angriffs nicht in der Nähe der beiden Tanklastzüge gewesen. Um einen Luftangriff ohne Rückbestätigung des ISAF-Hauptquartiers anordnen zu können, müssen nach den NATO-Regeln Soldaten im direkten Feindkontakt sein. Nur weil Klein dies behauptet habe, habe er den Befehl zum Bombenangriff geben können, hieß es laut "FTD" bei der NATO.
    • Der afghanische Staatschef Hamid Karsai hat die international kritisierte Präsidentschaftswahl als «ehrlich und fair» bezeichnet. Er werde keine zweite Runde akzeptieren, wenn es nur darum gehe, den massiven Betrugsvorwürfen Rechnung zu tragen, sagte er am 18. Sept. zu CNN. Er reagierte damit auf die Einschätzung von EU-Wahlbeobachtern, 1,5 Millionen der insgesamt 5,6 Millionen Stimmzettel seien nicht regulär gewesen und müssten neu ausgezählt werden.
    • Der Chef des US-Zentralkommandos für den Irak und Afghanistan, David Petraeus, hält einen Erfolg des Afghanistan-Einsatzes weiter für möglich. In einer Rede vor Sicherheitsexperten in London am 18. Sept. forderte Petraeus aber ein "dauerhaftes, substanzielles Engagement". Dann sei die Mission "machbar". "Während die Lage zweifelsohne ernst ist, ist die Mission immer noch machbar", sagte der General. Er wies darauf hin, dass die Gewalt am Hindukusch im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent gestiegen sei.
      Der britische Generalstabschef David Richards warnte seinerseits vor einem Scheitern in Afghanistan. Eine Niederlage hätte einen "mitreißenden Einfluss" auf Extremisten weltweit, die dann zu der Überzeugung kommen könnten, dass "alles möglich ist". Außerdem hätte ein Versagen der USA und der NATO am Hindukusch einen "entfremdenden und möglicherweise katalysierenden Effekt" auf Millionen von Afghanen, der zu einer Stärkung des Widerstands nach dem Muster des El-Kaida-Terrorismus führen könne, warnte Richards.
      Generalmajor Nick Carter, der im November die NATO-geführten ISAF-Truppen im Süden Afghanistans übernehmen wird, betonte im BBC-Rundfunk den Erfolgsdruck. Im Kampf gegen die Taliban sei es wichtig, die afghanische Zivilbevölkerung zu gewinnen. "Aber ich gebe uneingeschränkt zu, dass die Zeit nicht für uns läuft, und dass wir so schnell wie möglich positive Trends nachweisen müssen."
    • Nach dem bislang schwersten Anschlag auf die italienischen Truppen in Afghanistan sucht die Regierung in Rom nach einem Weg zum schrittweisen Abzug ihrer Truppen. Ministerpräsident Silvio Berlusconi forderte am 18. Sept. eine «Strategie des Übergangs». Ziel müsse es sein, den Afghanen mehr Verantwortung für die Sicherheit zu übergeben.
      Bei dem schweren Bombenanschlag in Kabul waren am Tag zuvor sechs italienische Soldaten und zehn Afghanen getötet worden. Kurz danach sprach sich Berlusconi schon für einen Abzug der NATO aus. Ein Rückzug aus Afghanistan wäre für alle das Beste, sagte er am 17. Sept. in Brüssel. Davon rückte er nun wieder etwas ab, indem er sich für eine Strategie des Übergangs aussprach, die der afghanischen Regierung allmählich mehr Verantwortung gibt. Damit einher sollte ein Abbau der internationalen Truppen gehen.
      Berlusconis Koalitionspartner Umberto Bossi von der rechtsföderalistischen Lega Nord setzt konkret darauf, «dass unsere Jungs alle zu Weihnachten zu Hause sind.» (dpa, 18. Sept.)
    • Wegen eines neuen Videos der Terrororganisation Al Kaida mit Drohungen gegen Deutschland sind die Sicherheitsvorkehrungen im Land verstärkt worden. In dem am 18. Sept. ins Internet gestellten Video droht offenbar erneut der Bonner Islamist Bekkay Harrach mit Anschlägen nach der Bundestagswahl, falls die deutschen Soldaten nicht aus Afghanistan abgezogen werden. Bund und Länder erhöhten als Reaktion die Sicherheitsmaßnahmen vor allem an Flughäfen und Bahnhöfen.
      Sicherheitskreise sehen das Video nach Informationen der AP nach ersten Einschätzungen aber nicht als konkrete Anschlagsdrohung, sondern gehen von einer allgemeinen Drohung im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr aus.
    • Angesichts der Hinweise auf massiven Wahlbetrug hat die afghanische Wahlkommission (IEC) mit Vorbereitungen für eine mögliche zweite Wahlrunde begonnen. IEC-Vertreter seien in London, wo die Wahlzettel für einen weiteren Urnengang zum Druck vorbereitet würden, sagte ein Kommissionsmitglied am 18. Sept. "Wenn eine zweite Runde stattfindet, werden wir bereit sein", sagte der Mitarbeiter der unabhängigen Wahlkommission, der nicht genannt werden wollte. "Wir können nicht warten, wir bereiten uns darauf vor, startbereit zu sein." Die rund 17 Millionen Wahlzettel würden aus Sicherheitsgründen in London gedruckt. Auf diese Weise solle Manipulationen vorgebeugt werden
    • Der scheidende Kommandeur der Bundeswehr im Norden Afghanistans beklagt gravierende Mängel bei Stärke und Ausrüstung seiner Truppe. So seien die für den Einsatz unverzichtbaren Hubschrauber «nur bedingt zur wirksamen Operationsunterstützung geeignet», schrieb Brigadegeneral Jörg Vollmer in seinem «Erfahrungsbericht Einsatz» des 19. deutschen ISAF-Kontingents, aus dem das Magazin «Focus» und die «Bild»-Zeitung am 19. Sept. zitierten. Insgesamt umfasst die Mängelliste demnach 155 Einzelpunkte.
      Im schwierigsten Gebiet - der Region um die Stadt Kundus - sei mit der derzeitigen Zahl von Kampftruppen «die sofortige und raumgreifende Lageverbesserung in der gesamten Provinz Kundus ... nicht zu erreichen», zitierte der «Focus». Das deutsche Kontingent brauche «mindestens eine zusätzliche Infanteriekompanie, um die Initiative wiederzuerlangen». Am Mittwoch hatte bereits das ZDF-Auslandsjournal aus dem internen Bundeswehr-Bericht zitiert. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte der AP am 19. Sept., man gehe dem Bericht natürlich nach.
      Laut «Bild» weist Vollmer unter anderem auf einen Mangel an geschützten Fahrzeugen hin, der dringend abzustellen sei: «Das Fehl an geschützten Fahrzeugen ist unverzüglich aufzufüllen», wird der Kommandeur zitiert. Von den 38 Fahrzeugen, die zwischen Januar und Juli 2009 ausgefallen seien, sei keines ersetzt worden. Dazu hieß es im Ministerium, mit insgesamt 875 geschützten Fahrzeugen vor Ort müsse die Bundeswehr den internationalen Vergleich nicht scheuen. Allein in diesem Jahr seien 100 zusätzliche Fahrzeuge nach Afghanistan gebracht worden, weitere 150 sollten nachkommen.
      Laut «Focus» weist Vollmer zudem darauf hin, dass im Schützenpanzer «Marder» die Temperaturen im Innenraum wegen fehlender Klimaanlage auf 80 Grad stiegen.
      Weiter klagt der General über Probleme mit der Munition für das Sturmgewehr G36: «Die Hartkernmunition für das G36 ist aufgrund der fehlenden Mannstoppwirkung ungeeignet», zitierte «Bild». Die Folge sei ein «höherer Munitionsansatz zur Bekämpfung von Zielen». Grundsätzlich sei eine Steigerung der Waffenwirkung auf allen Fahrzeugen zwingend erforderlich. Die Maschinengewehre MG3 und MG4 reichen nicht aus, um die landestypischen Häuser und Wälle zu durchschlagen.
      Die Englisch-Kenntnisse der Soldaten stufe der Bericht als teilweise grenzwertig ein, Probleme träten bei der Verständigung mit Dolmetschern sowie Verbündeten auf, hieß es.
    • SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat Forderungen nach einem sofortigen Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan eine Absage erteilt. «Sofort raus aus Afghanistan ist dumm», sagte Steinmeier am 19. Sept. auf einer Wahlkampfkundgebung in Kassel vor fast 3.000 SPD-Anhängern. [Diese Zahl ist etwas geschönt. Eigener Augenschein des Webmasters tippt auf höchsten 1.000 Teilnehmer/innen.] Deutsche Soldaten seien zum Hindukusch gegangen, damit das Land nicht weiter ein Ausbildungslager für Terroristen bleibe. Es gebe aber auch keinen Grund, für immer dort zu sein, sagte Steinmeier. Man müsse die neu gewählte afghanische Regierung fragen, was sie in den nächsten Jahren konkret vorhabe, wozu sie internationale Hilfe brauche und was dann in einzelnen Zeitabschnitten konkret gemacht werden solle.
      (Siehe hierzu auch: Zehn Schritte für Afghanistan sowie die Kritik der Friedensbewegung daran: Mogelpackung mit Beruhigungspillen.)
    • Bei einem Überfall auf eine NATO-Patrouille im Süden Afghanistans ist ein dänischer Soldat ums Leben gekommen. Ein zweiter wurde verletzt, wie die dänischen Streitkräfte am 19. Sept. mitteilten. Demnach waren die Soldaten in der Unruheprovinz Helmand zu Fuß unterwegs, als sie von Aufständischen angegriffen wurden.
      Dänemark hat rund 700 Soldaten für die NATO-geführte Afghanistan-Schutztruppe ISAF abgestellt, die meisten davon in Helmand. Seit Beginn des Einsatzes im Jahr 2002 wurden 25 dänische Soldaten in Afghanistan getötet.
    • Auch der Konvoi eines ungarischen Aufbauteams wurde am 19. Sept. angegriffen, wie das Verteidigungsministerium in Budapest mitteilte. Den Angaben zufolge rammte ein Selbstmordattentäter in der nördlichen Stadt Pul-i-Chumri seine Autobombe in ein Militärfahrzeug. Der Attentäter wurde bei der Explosion getötet, in dem Konvoi kam niemand zu Schaden.
    • Angesichts des neuen, an Deutschland gerichteten Terrorvideos haben Politiker verschiedener Parteien zur Wachsamkeit gemahnt. Zugleich wurde vor Panik gewarnt. Die Sicherheitsbehörden erhöhten die Polizeipräsenz vor allem an Flughäfen und Bahnhöfen. Sie setzten damit aber ein ohnehin seit längerem geplantes Konzept um. Das Bundesinnenministerium erklärte, das Sicherheitskonzept für die Zeit um die Bundestagswahl sei bereits vor einigen Wochen von Bund und Ländern beschlossen worden. Bereits seit längerem weise man auf die Gefährdungslage durch den islamistischen Terrorismus hin. «Das Terrorvideo bestärkt uns in der Richtigkeit der Maßnahmen», sagte eine Ministeriumssprecherin am 19. Sept. der Nachrichtenagentur AP.
    • Die Taliban werden nach Worten ihres Anführers Mullah Omar so lange kämpfen, bis die «ausländischen Invasoren» aus Afghanistan vertrieben sind. In einer am 19. Sept. im Internet verbreiteten Botschaft zum Festtag Eid al Fitr, der das Ende des Fastenmonats Ramadan markiert, gab sich Omar siegessicher. Der Taliban-Führer verwies dabei auf die Niederlagen ausländischer Mächte im Laufe der Geschichte Afghanistans. Die USA und die NATO sollten sich einmal die Geschichte von Alexander dem Großen in Erinnerung rufen, dessen Streitmacht im 4. Jahrhundert vor Christus von paschtunischen Stammeskriegers geschlagen worden sei, hieß es in der Erklärung Omars. Und weiter erklärte er: «Wir haben 80 Jahre lang von 1839 bis 1919 gegen die britischen Invasoren gekämpft und schließlich nach deren Niederlage die Unabhängigkeit erhalten.» Die Taliban seien auf einen langen Krieg vorbereitet, fügte Omar hinzu.
    • Ein in Afghanistan eingesetzter kanadischer Soldat muss sich wegen Totschlags vor einem Militärgericht verantworten. Das teilten die kanadischen Streitkräfte am 19. Sept. mit. Der 35-jährige Hauptmann wird beschuldigt, einen unbewaffneten feindlichen Kämpfer erschossen zu haben. Laut Gerichtsakten soll er dabei beobachtet worden sein, wie er auf den bereits verletzten Afghanen geschossen hat. Der Hauptmann war im Dezember festgenommen worden. Der Vorfall soll sich im Oktober vorigen Jahres in der Provinz Helmand zugetragen haben.
    • Der Direktor des US-Geheimdienstes CIA sieht den afghanischen Staatschef Hamid Karsai trotz der Betrugsvorwürfe als Sieger der Präsidentenwahl. Selbst wenn die strittigen Stimmzettel nicht gewertet würden, habe Karsai wohl doch genug Stimmen für seine Wiederwahl erhalten, sagte Leon Panetta in einem bereits am 16. Sept. aufgezeichneten Interview des Radiosenders Voice of America (AP, 19. Sept.).
    • Die Aktivität des US-Geheimdienstes CIA in Afghanistan soll nach Informationen der "Los Angeles Times" erheblich ausgeweitet werden. Zusätzlich zu den bereits in Afghanistan tätigen 700 CIA-Agenten würden weitere Teams aus Spionen an den Hindukusch entsandt, berichtet das Blatt am 20. Sept. Damit werde die Geheimdienst-Aktivität auf das Niveau zu Zeiten des stärksten Engagements im Vietnamkrieg oder im Irak ausgeweitet. Die CIA-Mission wird parallel zur US-Truppen-Präsenz verstärkt, die bis zum Jahresende auf 68.000 Mann verstärkt werden soll. Die CIA-Agenten sollen noch mehr Telefonate abhören und E-mails auswerten. Hintergrund ist dem Blatt zufolge eine Bedrohungsanalyse, die davon ausgeht, dass die radikal-islamischen Taliban eine stärkere Position haben als je zuvor seit ihrer Entmachtung durch den US-Einmarsch in Kabul Ende 2001. "Sie scheinen niemals an Personalstärke zu verlieren", sagte eine Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums der "Los Angeles Times". "Und sie scheinen niemals an finanzieller Unterstützung zu verlieren."
    • Die sechs bei einem Selbstmordanschlag in Kabul ums Leben gekommenen italienischen Soldaten der internationalen Schutztruppe für Afghanistan sind am 20. Sept. nach Italien zurückgebracht worden.
      In Italien hat der Tod der Soldaten erneut eine politische Debatte über das militärische Engagement am Hindukusch ausgelöst. [Vgl. hierzu auch: "Jammern statt Abzug".] Dabei sprach sich Ministerpräsident Silvio Berlusconi für einen Truppen-Abzug aus - allerdings ohne konkreten Termin. Keines der beteiligten Länder könne schließlich allein über einen Abzug entscheiden. "Der Zeitpunkt dafür wird von allen Verbündeten festgelegt", sagte Verteidigungsminister Ignazio La Russa.
    • In einem Sofortprogramm für die Zeit nach der Bundestagswahl, das die Delegierten des Kleinen Parteitags der GRÜNEN am 20. Sept. verabschiedeten, setzen sich die Grünen für einen Strategiewechsel in Afghanistan ein. «Wir wollen die zivile Hilfe verdoppeln und dafür sorgen, dass mit mindestens 2.000 europäischen Polizisten der Aufbau der Polizei in Afghanistan endlich umgesetzt wird», heißt es. Ein Änderungsantrag, der nach Möglichkeit «einen Truppenabzug in dieser Legislaturperiode» forderte, wurde zurückgezogen.
      Grünen-Chefin Claudia Roth sprach sich dafür aus, in den kommenden vier Jahren die Grundlagen für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan zu schaffen. Sie wandte sich auch gegen Außenminister Frank-Walter Steinmeier von der SPD, der erst gegen eine Abzugsperspektive gewesen sei, um dann «mit großem Getöse» kurz vor der Wahl doch noch einen Abzugsplan zu verkünden, der «total unkonkret» sei. Auch Steinmeier hatte sich in der vergangenen Woche dafür ausgesprochen, in der nächsten Legislaturperiode eine Abzugsperspektive vorzubereiten. (Siehe: Zehn Schritte für Afghanistan sowie die Kritik aus der Friedensbewegung: Mogelpackung mit Beruhigungspillen.)
      Der von einem deutschen Oberst angeordnete Luftangriff auf zwei gekaperte Tanklaster bei Kundus, der auch nach NATO-Erkenntnissen 30 zivile Opfer gefordert hatte, wurde von den Delegierten verurteilt. Der scheidende Grünen-Abgeordnete und Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei nannte den Angriff eine «menschliche Katastrophe». Nachtwei, der gerade von einer Afghanistan-Reise zurückgekehrt war, sagte: «So was darf nicht passieren.» Es konterkariere den neuen strategischen Ansatz, dem zivilen Aufbau Vorrang einzuräumen. Die Afghanistan-Politik der Bundesregierung nannte er eine «Form organisierter Verantwortungslosigkeit».
      Roth kritisierte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) dafür, dass er die zivilen Opfer mit keinem Wort bedauert, sondern «geschwiegen, geleugnet und beschönigt» habe. «Dieser Minister gehört ganz dringend außer Dienst gestellt.»
    Montag, 21. September, bis Sonntag, 27. September Der Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, hat vor einem Scheitern des Afghanistan-Einsatzes gewarnt, sollten nicht binnen eines Jahres die Truppen aufgestockt werden. "Unzureichende Ressourcen werden voraussichtlich zu einer Niederlage führen", zitierten US-Zeitungen aus einem Geheimdokument des US-Generals. "Sollte es nicht gelingen, innerhalb kurzer Frist die Initiative zu übernehmen und die Stoßkraft der Aufständischen abzuwenden, während gleichzeitig die Sicherheitskompetenz Afghanistans zunimmt, droht ein Zustand, in dem eine Niederschlagung des Aufstands nicht länger möglich ist", warnt McChrystal laut "Washington Post" (21. Sept.). In dem 66-seitigen Dokument, das in Auszügen auf der Website des Blattes veröffentlicht wurde, werden die radikalislamischen Taliban als erstarkender, intelligenter Feind beschrieben. Laut McChrystal rekrutieren die Taliban systematisch Kämpfer in afghanischen Gefängnissen. Zugleich kritisiert McChrystal die Korruption in der afghanischen Regierung sowie das Scheitern der internationalen Truppen bei dem Vorhaben, die zivile Bevölkerung Afghanistans auf ihre Seite zu ziehen. (Hier geht es zu dem Papier von McChrystal: http://media.washingtonpost.com [externer Link]. Es handelt sich um eine erste Lagebeurteilung durch den Kommandeur McChrystal für den US-Verteidigungsminister Robert Gates: "Commander's Initial Assessment", datiert vom 30. August 2009.)
  • Die US-Regierung erwägt einen erneuten Kurswechsel ihrer Afghanistan-Strategie: Anstatt mehr Bodentruppen soll es möglicherweise verstärkt gezielte Anti-Terror-Angriffe im Nachbarland Pakistan geben. Zwei ranghohe Beamte des Weißen Hauses erklärten am 21. Sept., dass im Kampf gegen Al Kaida und andere Extremisten verstärkt mit Raketen ausgestattete unbemannte Flugzeuge zum Einsatz kommen sollten. Sie wollten nicht namentlich genannt werden, weil die neue Strategie noch nicht offiziell beschlossen war.
    Es wäre die zweite Strategieänderung seit Präsident Barack Obamas Amtsantritt im Januar. Mit einer Verstärkung der Drohnenangriffe in Pakistan, so hieß es am 21. Sept. in Washington, könnten die Aufständischen auf ein kleineres Gebiet zurückgedrängt und daran gehindert werden, ins benachbarte Afghanistan zu gelangen. Seit August 2008 gab es nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP mehr als 50 solcher Raketenangriffe auf Ziele in Pakistan. Geheimdienste vermuten in den weitgehend rechtsfreien pakistanischen Stammesgebieten zahlreiche Terroristen von Al Kaida oder den Taliban.
    Die verstärkte Bombardierung von Zielen in Pakistan könnte jedoch das Verhältnis mit der Regierung in Islamabad schwer beeinträchtigen. Pakistan protestiert bislang offiziell gegen die Drohnenangriffe, scheint diese jedoch nach Meinung von Beobachtern mindestens zu tolerieren oder sogar mit Geheimdienstinformationen zu unterstützen.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat sich hinter die Forderung des US-Oberkommandierenden Stanley McChrystal nach mehr Truppen für Afghanistan gestellt. McChrystal habe ihm den entsprechenden Bericht persönlich vor etwa drei Wochen vorgestellt, sagte Karsai dem US-Fernsehsender CNN am 22. Sept. Besonders positiv habe er dabei die Passagen gefunden, in denen es um einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung gehe. "Und dass General McChrystal mehr Ressourcen auf allen Ebenen fordert für den Kampf gegen den Terrorismus, unterstützen wir auch voll", sagte Karsai.
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich gegen eine weitere Aufstockung des deutschen Truppenkontingents in Afghanistan ausgesprochen. Entsprechende Aufforderungen von amerikanischer Seite seien nicht automatisch an die Adresse Deutschlands gerichtet, sagte der SPD-Kanzlerkandidat am 22. Sept. dem NDR. Steinmeier verwies darauf, dass Deutschland seine militärische Präsenz bereits im letzten Jahr von 3500 auf 4500 Soldaten erhöht habe. Damit sei Deutschland drittgrößter Truppensteller.
  • Der iranische Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad hat Hilfe bei der Stabilisierung Afghanistans angeboten. Zugleich machte er die USA dafür verantwortlich, dass sie in dem östlichen Nachbarland des Irans Chaos verursacht hätten. Ahmadinedschad erklärte in einem Interview der Nachrichtenagentur AP am 22. Sept. in New York vor Beginn der UN-Vollversammlung, dass es keine militärische Lösung für die Probleme Afghanistans gebe. Die USA und ihre Verbündeten am Hindukusch hätten die Ohren für alle Ratschläge von anderen verschlossen. Konkrete Vorschläge, wie der Iran die Krise in Afghanistan lösen könne, machte er jedoch nicht.
  • Das Terrornetz El Kaida hat in einem neuen Video seine Drohung gegen Deutschland bekräftigt. In dem am Abend des 22. Sept. auf Islamisten-Websites veröffentlichten Video, das Teil einer Serie von Propaganda-Videos zum Jahrestag der Flugzeugattentate vom 11. September ist, sagt ein Terrorist: «Sie (die Deutschen) stehen gerade vor neuen Wahlen. Die Gotteskrieger haben sie gewarnt und ihnen die Gelegenheit zur Umkehr gegeben, so wie es unser Bruder Abu Talha, der Deutsche, erklärt hat.» Der Terrorist, der den Kampfnamen Attijat Allah trägt, steht dabei vor einer Bilderwand, auf der in arabischer Schrift das islamische Glaubensbekenntnis über Fotos der Anschläge vom 11. September 2001 steht. Er nimmt Bezug auf das in der vergangenen Woche veröffentlichte Video des aus Bonn stammenden mutmaßlichen El-Kaida-Terroristen Bekkay Harrach alias Abu Talha.
  • Wie erst am 23. Sept. gemeldet wird, wurden bei einem Luftangriff der internationalen Truppen auf drei Pickups der Taliban in der westlichen Provinz Nimros 21 "Kämpfer" getötet. Laut der Provinzregierung dauerte der Angriff der US-Streitkräfte am 22. Sept. insgesamt eine Stunde. Zivile Opfer habe es angeblich nicht gegeben.
  • Die Niederlande schließen eine Verlängerung ihres Afghanistan-Einsatzes nicht aus. Es sei möglich, dass das im kommenden Jahr auslaufende Mandat verlängert werde, sagte Außenminister Maxime Verhagen am 23. Sept. dem Rundfunksender BNN. Die Niederlande sind seit 2002 am NATO-Einsatz in Afghanistan beteiligt. Derzeit sind etwa 1.640 niederländische Soldaten in der südlichen Provinz Urusgan stationiert.
    Die Regierung in Den Haag hatte zuvor erklärt, dass es in Zukunft kein größeres militärisches Engagement mehr in Afghanistan geben werde. Im März hatte Verhagen aber bereits erklärt, dass eine Fortsetzung des Einsatzes, der bei der Bevölkerung sehr unpopulär ist, in irgendeiner Form nicht auszuschließen sei.
  • Altkanzler Helmut Schmidt hat sich tief besorgt über die Entwicklung in Afghanistan geäußert. «Mit den bisherigen Operationen, die nun schon seit fast einem Jahrzehnt laufen, ist das immer unschärfer gewordene Ziel offenbar nicht erreichbar», sagte Schmidt im «Zeitmagazin» laut einer am 23. Sept. veröffentlichten Vorabmeldung. Das ursprüngliche Ziel, der Terrororganisation Al Kaida die Grundlage zu entziehen, habe der Westen nicht erreicht. «Zwar ist in Afghanistan nichts mehr von Al Kaida zu sehen, dafür aber im Westen Pakistans, nur ein Haus weiter. Man hätte vorher wissen können, dass man dieses Ziel mit den Mitteln, die man zur Verfügung hatte, nicht erreichen kann», meinte Schmidt. Um in Afghanistan Stabilität herzustellen, «reichen selbst 200.000 Soldaten offenbar nicht aus». Schmidt äußerte «größten Respekt vor den jungen Männern und Frauen, die dort ihr Leben riskieren. Ich möchte nicht dazu beitragen, dass ihre Bereitschaft, das zu tun, was ihre Regierung angeordnet hat, beeinträchtigt wird», sagte er. Scharf kritisierte der Altkanzler jedoch die fehlenden Debatten im Bundestag über den Bundeswehreinsatz am Hindukusch: «Der Komplex von Fragen hätte im Parlament längst tiefgreifend diskutiert und dann im Wahlkampf zugespitzt werden müssen. Das kann man nicht von heute auf morgen mit Schlagworten nachholen.»
  • Bei der Explosion einer Bombe im Süden Afghanistans sind am 23. Sept. sieben Zivilisten getötet worden, darunter zwei Frauen und drei Kinder. Nach Angaben der Polizei hatte die Gruppe in ihrem Auto gerade die Provinzhauptstadt Kandahar verlassen, als der am Straßenrand deponierte Sprengsatz explodierte. Der Polizeichef der gleichnamigen Provinz machte die radikalislamischen Taliban für den Anschlag verantwortlich.
  • Die Zahl von Bundeswehrsoldaten mit psychischen Problemen ist in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Vor allem Auslandseinsätze wie in Afghanistan führten zu posttraumatischen Belastungsstörungen, schreiben die «Süddeutsche Zeitung» sowie die «Rhein-Zeitung» (Ausgaben vom 24. Sept.). Zudem hat die Bundeswehr nach Angaben der «Süddeutschen Zeitung» nicht genügend Psychiater, um Betroffene zu betreuen. Für 4500 Soldaten im Afghanistan-Einsatz gebe es nur einen Psychiater.
  • Oberst Kai Rohrschneider aus Leipzig übernimmt kommende Woche das Kommando des Wiederaufbauteams im afghanischen Kundus. Ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam bestätigte am 24. Sept. einen entsprechenden Bericht der "Leipziger Volkszeitung". Rohrschneider löst demnach planmäßig Oberst Georg Klein ab, dessen sechsmonatige Einsatzzeit zu Ende geht. Klein war wegen des umstrittenen, von ihm angeforderten Luftschlages auf gekaperte Tanklastzüge nahe Kundus in die Kritik geraten. Der 45-jährige Rohrschneider kommt dem Bericht zufolge wie Klein von der 13. Panzergrenadierdivision in Leipzig und war dort zuletzt Abteilungsleiter für Operation und Ausbildung sowie in Vertretung für Klein auch Chef des Stabes. 2006 war Rohrschneider bereits für sechs Monate als Bataillonskommandeur in Kundus.
  • Immer mehr Bundeswehrsoldaten kehren mit schweren psychologischen Problemen aus einem Auslandseinsatz zurück. Allein im ersten Halbjahr 2009 wurden 163 traumatisierte Soldaten registriert, 152 von ihnen waren in Afghanistan im Einsatz. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums betrug die Gesamtzahl der Soldaten, die im Jahr 2008 erstmals wegen einer so genannten Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) behandelt wurden, 245 Soldaten. Davon waren 226 in Afghanistan im Einsatz.
    Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete am 24. Sept., derzeit sei nur die Hälfte der insgesamt 40 Facharztstellen im Sanitätsdienst besetzt. Für 4500 Soldaten im Afghanistan-Einsatz stehe demnach nur ein Psychiater zu Verfügung. Ein Ministeriumssprecher wies die Kritik an der Betreuung von Soldaten als "einseitig" zurück. Zugleich räumte er ein, dass das Auftreten Posttraumatischer Belastungsstörungen zunehme, "je länger und robuster die Auslandseinsätze verlaufen". Der Anstieg der Zahlen in Afghanistan sei zum einen auf die Erhöhung der Mandatsobergrenze von 3500 auf 4500 Soldaten zurückzuführen, zum anderen auf eine begrüßenswerte Sensibilisierung für das Thema PTBS, erklärte der Sprecher. Im Einsatz in Afghanistan befänden sich derzeit ein Psychiater sowie zwei Truppenpsychologen. Er räumte zugleich ein, dass im Bereich der Fachärzte für Psychiatrie derzeit nur 22 von 38 geplanten Dienstposten besetzt seien.
  • Anlässlich der Übergabe des ersten geschützten Fahrzeugs "Boxer" an das Verteidigungsministerium erklärt der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Bernd Siebert MdB am 24. Sept.: "Mit dem Boxer erhält die Bundeswehr das dringend benötigte geschützte Fahrzeug der neuesten Generation. Es wird in Zukunft dazu beitragen, unseren Soldatinnen und Soldaten den bestmöglichen Schutz im Einsatz zu gewähren. Sprengstoffanschläge sind seit Jahren die gefährlichste Taktik der irregulären Kräfte. Sie haben in der Vergangenheit zu bedauerlichen Verlusten in Afghanistan geführt. Die Truppe benötigt daher mehr Schutz in den gefährlichen Einsätzen. Neben der Zuführung anderer geschützter Fahrzeuge tragen wir mit dem Boxer dieser Realität Rechnung. Das Konzept des Boxer ist dabei konsequent auf die aktuellen Bedürfnisse der Streitkräfte ausgerichtet. Das erstklassige Schutzniveau, gepaart mit dem großen Transportraum, wird der Bundeswehr mehr Spielraum im Einsatz geben. Die modulare Bauweise sorgt zudem dafür, dass dieses Fahrzeug für eine Vielzahl von Verwendungen angepasst werden kann."
  • Im Nordwesten Pakistans sind bei einem mutmaßlichen US-Raketenangriff nach Angaben von Geheimdienstkreisen am 24. Sept. mindestens zwölf Menschen getötet worden. Das Angriffsgebiet lag den Informationen zufolge bei der Stadt Mir Ali in Nord-Waziristan nahe der Grenze zu Afghanistan. Bei ähnlichen Angriffen sind in den vergangenen Wochen mehrere Kommandeure militanter Organisationen getötet worden, darunter der pakistanische Taliban-Führer Baitullah Mehsud.
  • Bei Kämpfen und Anschlägen im Süden Afghanistans sind fünf US-Soldaten getötet worden. Wie die Streitkräfte am 25. Sept. mitteilten, fielen drei Soldaten einer Sprengfalle zum Opfer. Ein weiterer wurde von Aufständischen erschossen, ein anderer starb bei einem Angriff während einer Patrouille. Alle Fälle ereigneten sich am 24. Sept.
  • In den britischen Gefängnissen sitzen einer neuen Studie zufolge immer mehr ehemalige Soldaten. Sie machten inzwischen fast zehn Prozent aller Häftlinge aus, heißt es in der am 25. Sept. veröffentlichten Studie der Bewährungshelfergewerkschaft Napo. Viele dieser früheren Soldaten, die oft in Krisengebieten wie Bosnien, Irak, Afghanistan und Nordirland dienten, litten unter Drogen- und Alkoholproblemen, hieß es weiter. Laut der Studie sitzen derzeit rund 8.500 Ex-Soldaten im Gefängnis. Insgesamt 20.000 befinden sich entweder hinter Gittern, sind auf Bewährung entlassen oder ihre Strafe wurde ausgesetzt.
  • Nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl in Afghanistan werden nun definitiv nur zehn Prozent der abgegebenen Stimmen neu ausgezählt. Dies gaben die afghanische Wahlkommission und die von den Vereinten Nationen unterstützte Beschwerdekommission am 25. Sept. in Kabul bekannt. Betroffen sind demnach 313 der insgesamt 3.063 Stimmlokale. Dort hatte die Wahlbeteiligung stellenweise über 100 Prozent gelegen, oder fast alle Stimmen waren nur an einen einzigen Kandidaten gegangen.
    Bei der Beschwerdekommission waren weitaus mehr Beanstandungen eingegangen. Kommissionsleiter Grant Kippen aus Kanada erklärte jedoch, man habe sich auf die genannten Stimmlokale beschränkt, damit sich die Bekanntgabe des Endergebnisses nicht allzu lange hinziehe. Man sei überzeugt, mit diesen Stichproben ein faires Ergebnis zu erhalten.
    Den vorläufigen Ergebnissen zufolge liegt Amtsinhaber Hamid Karsai mit 54,6 Prozent klar vor seinem stärksten Herausforderer Abdullah Abdullah. Sollten allerdings die beanstandeten Stimmen für ungültig erklärt werden, könnte Karsai unter die 50-Prozent-Marke rutschen, so dass eine Stichwahl erforderlich wäre.
  • Der islamische Extremistenführer Osama bin Laden hat sich mit einer neuen Botschaft an die Adresse der Europäer zu Wort gemeldet. Wie das auf die Beobachtung islamistischer Websites spezialisierte US-Unternehmen SITE am 25. Sept. meldete, richtete der Chef des Terrornetzwerks El Kaida die Audiobotschaft an die "europäischen Völker". Es handele sich um eine knapp fünfminütige Botschaft mit einem Standbild bin Ladens. Laut "Welt Online" fordert bin Laden indirekt einen Abzug der europäischen Truppen aus Afghanistan. Zudem verweise er auf die Terroranschläge in Madrid und London.
  • Bei der Gewalt in Afghanistan sind in den ersten acht Monaten des Jahres 1.500 Zivilpersonen getötet worden. Das teilten die Vereinten Nationen in einem am Abend des 25. Sept. veröffentlichten Bericht mit. Der August sei wegen der Präsidentenwahl der tödlichste Monat für die Zivilbevölkerung gewesen, weil die Taliban deshalb ihre Anschläge intensiviert hätten. Die NATO-Truppe ISAF sei für ein Viertel der getöteten Zivilpersonen verantwortlich, meist durch Luftangriffe. 2009 ist bereits das tödlichste Jahr für die amerikanischen Streitkräfte und die ISAF seit Beginn des Afghanistankrieges vor acht Jahren.
    In den ersten acht Monaten des vergangenen Jahres registrierten die UN 1.145 getötete Zivilpersonen, insgesamt wurden 2008 2.118 Zivilpersonen getötet.
  • US-Generalsstabschef Mike Mullen ist am 25. Sept. auf dem amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Ramstein mit dem US-Kommandeur in Afghanistan, Stanley McChrystal, zusammengetroffen. Auch weitere ranghohe Kommandeure waren bei dem mehrstündigen Treffen anwesend, wie die Nachrichtenagentur AP aus Militärkreisen erfuhr. Bei dem Treffen ging es um die künftige Strategie in Afghanistan.
  • Bei der Explosion einer Bombe in der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar sind am 26. Sept. mindestens fünf Menschen getötet worden. Die Bombe explodierte auf einem Markt in der Innenstadt. Kurz zuvor waren mindestens drei Menschen bei einem Anschlag auf eine Polizeistation im nahe gelegenen Bannu-Bezirk getötet worden. Das Gebiet liegt nahe der Grenze zu Afghanistan. Es gilt als eine Taliban-Hochburg.
  • Im Nordwesten Pakistans sind am 26. Sept. bei zwei Selbstmordanschlägen innerhalb weniger Stunden mindestens zwölf Menschen getötet und mehr als 80 weitere verletzt worden. Für das erste der beiden Attentate übernahmen die pakistanischen Taliban die Verantwortung. Ein Sprecher der dem Terrornetz El Kaida nahestehenden Organisation Tehreek-e-Taliban (TTP) kündigte weitere Anschläge an. Nach Angaben der Polizei sprengte sich ein Selbstmordattentäter am Mittag auf der Straße zur wichtigsten Armeebasis in Peshawar, der Hauptstadt der Unruheprovinz Northwest-Frontier, in einem Auto in die Luft. In der Nähe des Anschlagsorts liegt ein Einkaufszentrums, in dem Viertel leben zudem zahlreiche Armeeangehörige. Laut einem Arzt des örtlichen Krankenhauses wurden sieben Menschen getötet und 31 weitere verletzt.
  • Der frühere Bundeswehr-General und Kommandeur der Friedenstruppen im Kosovo, Klaus Reinhardt, hat eine Strategie für den Abzug der deutschen Armee aus Afghanistan gefordert. Die neue Bundesregierung müsse mit dem Abzug der deutschen Truppen in drei Jahren beginnen, sagte er der "Bild am Sonntag" (27. Sept., Vorausmeldung am 26. Sept.). Dafür sei es notwendig, "mit England und Frankreich bis Ende dieses Jahres eine Exit-Strategie" zu erarbeiten. Voraussetzung für den Abzug sei allerdings, dass die Sicherheit durch den weiteren Aufbau von Polizei und Streitkräften "möglichst bald in die Verantwortung der afghanischen Regierung übergeben" werden könne. "Dies ist die Voraussetzung dafür, dass wir unsere Truppen abziehen können", sagte Reinhardt der Zeitung.
  • In Afghanistan sind am 27. Sept. vier französische Soldaten ums Leben gekommen. Allein drei starben bei einem Unwetter im Nordwesten des Landes, wie der französische Militärsprecher Christophe Prazuck erklärte. Hier wurde ein Soldat von einem Blitz getroffen, zwei ertranken in einem hochwasserführenden Fluss. Ein vierter französischer Soldat kam ums Leben, als nordöstlich von Kabul ein gepanzertes Fahrzeug in eine Schlucht stürzte. Fünf weitere Soldaten wurden dabei zum Teil schwer verletzt, wie das Büro von Staatspräsident Nicolas Sarkozy mitteilte.
  • Über die künftige Afghanistan-Strategie der USA gibt es nach Einschätzung von US-Verteidigungsminister Robert Gates keine Kluft zwischen Armee und Regierung. Der Oberbefehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, unterstütze die Haltung von US-Präsident Barack Obama, sich Zeit für eine Überarbeitung der Strategie zu nehmen, bevor er über eine mögliche Entsendung weiterer Truppen entscheide, sagte Gates am 27. Sept. in einem Interview mit dem Fernsehsender ABC. Gates verwies dazu auf ein "intensives" Telefonat mit McChrystal, das er geführt habe. McChrystal habe deutlich gemacht, dass das Überdenken der Strategie nicht ewig dauern dürfe, sagte Gates. Einen genauen Zeitpunkt für ein Ende der Überlegungen nannte der Verteidigungsminister aber nicht. Er werde Obama voraussichtlich "in einigen Wochen" die Forderung des Oberkommandierenden nach mehr Truppen präsentieren. Montag, 28. September, bis Mittwoch, 30. September
    • Ein Selbstmordattentäter hat sich am 28. Sept. in Pakistan mit einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug in die Luft gesprengt und vier Menschen mit in den Tod gerissen. Wie die Polizei mitteilte, ereignete sich der Anschlag in dem rund 200 Kilometer südwestlich von Peshawar gelegenen Ort Baka Khel, im Grenzgebiet zu Afghanistan. Die Taliban hatten gedroht, die Selbstmordanschläge zu verstärken, wenn die Streitkräfte ihre Offensive gegen sie fortsetzen. Erst am Wochenende waren bei zwei Anschlägen im Nordwesten Pakistans 22 Menschen in den Tod gerissen worden. Rund 150 Menschen wurden verletzt (siehe die Meldungen vom 26. und 27. Sept.)
    • Aufständische haben nach Angaben der afghanischen Regierung im Osten und Norden des Landes zwölf Zivilpersonen getötet. In der östlichen Provinz Kunar hätten Taliban-Kämpfer am 27. Sept. eine Gruppe von Lkw-Fahrern angegriffen, berichtete das Innenministerium am 28. Sept. Sechs Fahrer seien getötet und ihre Fahrzeuge niedergebrannt worden. Ein siebter Lkw-Fahrer sei entkommen. In der nördlichen Provinz Farjab seien sechs Menschen umgekommen, als ihr Kleinbus von einer am Straßenrand versteckten Bombe zerfetzt wurde.
    • Der britische Top-General in Afghanistan, Jim Dutton, unterstützt die Forderung des US-Oberkommandierenden Stanley McChrystal nach einer Aufstockung der internationalen Truppen am Hindukusch. Wenn dort langfristig Stabilität erreicht werden solle, genüge es nicht, den Luftraum zu überwachen, sagte Dutton der Zeitung "The Times" am 28. Sept. Er unterstütze das Ansinnen McChrystals, die Truppen aufzustocken, um die radikalislamischen Taliban zurückzudrängen, sagte der stellvertretende Kommandierende der NATO-Truppe ISAF weiter.
      Günstig wäre ein Verhältnis von einem Soldaten auf 50 Zivilisten im Land. Dies würde dem Bericht zufolge bedeuten, dass 560.000 einheimische und ausländische Soldaten eingesetzt werden müssten. Derzeit sind es insgesamt rund 274.000 Mann. McChrystal hatte kürzlich gewarnt, der Kampf gegen die Aufständischen in Afghanistan könnte verloren gehen, sollten nicht mehr Soldaten bereitgestellt werden. Großbritannien stellt nach den USA das größte Kontingent der internationalen Truppen in Afghanistan.
    • Meldung 1 (AP): In der Debatte über eine Verstärkung der Truppen in Afghanistan hat der dänische Verteidigungsminister Sören Gade größere Anstrengungen von großen EU-Staaten wie Deutschland gefordert. «Wir haben 850 Soldaten (in Afghanistan), gemessen an unserer Bevölkerungsgröße von fünf Millionen Einwohnern ist das eine Menge», sagte Gade am 28. Sept. beim EU-Verteidigungsministertreffen in Göteborg. «Wenn jeder so viele Soldaten hätte wie wir, gäbe es keinen Mangel an Truppen.» Deutschland, dessen Bevölkerung von 80 Millionen Einwohnern 16 Mal so groß ist wie die dänische, hat gegenwärtig rund 4.200 Soldaten in Afghanistan stationiert. Der dänische Verteidigungsminister Gade erklärte mit Blick auf die vom Kommandeur der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF, US-General Stanley McChrystal, geforderte Aufstockung der Truppen: «Ich hoffe, dass die europäischen Länder mehr tun, weil dies nicht nur eine US-Mission ist, sondern auch eine Aufgabe der europäischen Länder.»
      Der niederländische Verteidigungsminister Eimert Van Middelkoop erklärte, wichtiger als eine Aufstockung der ausländischen Truppen sei der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte. «Langfristig ist es sehr viel wichtiger, dass wir mehr afghanische Soldaten und mehr afghanische Polizei haben», sagte Van Middelkoop. «Es ist unsere Pflicht, diese Soldaten und Polizisten auszubilden.»
      Meldung 2 (AFP): Die US-Forderungen nach mehr Truppen für Afghanistan stoßen bei europäischen NATO-Partnern auf Ablehnung. Beim informellen EU-Verteidigungsministertreffen in der schwedischen Hafenstadt Göteborg lehnten Dänemark und die Niederlande die Entsendung zusätzlicher Soldaten an den Hindukusch ab. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nahm die EU-Länder sowie Kanada vor Kritik in Schutz.
      Der dänische Verteidigungsminister Sören Gade sagte, er kenne kein europäisches Land, das 5000 oder sogar 10.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan schicken könne. Dänemark unterstützt die ISAF derzeit mit 850 Soldaten. "Gemessen an der Größe unseres Landes wäre es sehr schwierig, mehr Soldaten zu schicken", sagte Gade.
      Auch der niederländische Verteidigungsminister Eimert Van Middelkoop sagte, sein Land könne nicht mehr tun. Die Niederlande sind mit rund 2000 Soldaten im heftig umkämpften Süden Afghanistans im Einsatz. Innenpolitisch gibt es starken Druck für einen Abzug nach dem Auslaufen des Regionalkommandos in Urusgan in der zweiten Jahreshälfte 2010.
      NATO-Generalsekretär Rasmussen verteidigte das Engagement der europäischen Bündnisländer sowie Kanadas. "Ich akzeptiere nicht, wenn jemand sagt, dass die Europäer und Kanadier nicht den Preis für einen Erfolg in Afghanistan zahlen", sagte Rasmussen laut vorab verbreitetem Redetext bei einem Vortrag vor dem Nordatlantikrat in Washington. Rasmussen verwies darauf, dass neben den rund 65.000 US-Soldaten weitere 35.000 Streitkräfte im Einsatz seien.
    • Zur Stabilisierung Afghanistans muss die internationale Gemeinschaft nach Ansicht von NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mehr in die Ausbildung der einheimischen Sicherheitskräfte investieren. Um die Unterstützung der Bevölkerung zu behalten, müssten «sich die Dinge ändern», erklärte Rasmussen am 28. Sept. in einem Vortrag beim Politikforschungsinstitut Atlantic Council in Washington. Die NATO müsse außerdem den afghanischen Militär- und Zivilbehörden die führende Rolle bei der Sicherung und beim Aufbau ihres Landes einräumen.
    • In der Debatte über eine Verstärkung der ausländischen Truppen in Afghanistan hat ein ranghoher EU-Offizier den Europäern mangelnden politischen Willen vorgeworfen. Auf die Frage, ob die EU-Staaten weitere Soldaten nach Afghanistan entsenden könnten, erklärte am 29. Sept. der Vorsitzende des EU-Militärausschusses, Henri Bentégeat: «Spielraum gibt es natürlich, es ist eine Frage des politischen Willens». Bentégeat äußerte sich am Rande des EU-Verteidigungsministertreffens in Göteborg.
      Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung verwies hingegen darauf, dass die vom Kommandeur der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF geforderte Aufstockung der Truppen selbst in den USA umstritten sei. Die Position der Bundesregierung sei, «dass wir eine Mandatsobergrenze haben von 4.500» Soldaten, sagte Jung. Verstärkt werden müsse vor allem die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte, um das «Ziel einer selbsttragenden Sicherheit in Afghanistan in einer vernünftigen Zeit» zu erreichen, forderte der Bundesverteidigungsminister. Er kritisierte, dass die EU-Polizeimission in Afghanistan noch immer nicht ihre volle Stärke erreicht habe. «Unser Ziel war ja, dass wir 400 Ausbilder dort haben, wir haben jetzt 275 dort», sagte Jung.
      Auch der belgische Verteidigungsminister Pieter de Crem reagierte auf die Frage nach zusätzlichen Soldaten für Afghanistan ablehnend. «Die EU ist bereits in erheblichem Umfang präsent, aber auf der zivilen Ebene muss noch viel getan werden», sagte de Crem.
    • EU-Chefdiplomat Javier Solana hat sich die Kritik führender US-Militärs am europäischen Engagement in Afghanistan verbeten. Niemand habe das Recht zu sagen, dass sich die Mitgliedsländer nicht genug einbrächten, sagte Solana am 29. Sept. zum Abschluss der informellen Beratungen der EU-Verteidigungsminister im schwedischen Göteborg. Er verwies darauf, dass der Militäreinsatz in Afghanistan deutlich größer sei als die EU-Missionen auf dem benachbarten Balkan. Europa beteiligt sich derzeit mit rund 35.000 Soldaten an der Internationalen Afghanistan-Truppe (ISAF).
    • Bei einem Bombenanschlag in Südafghanistan sind am 29. Sept. nach Polizeiangaben mindestens 30 Zivilpersonen getötet worden. Unter den Opfern seien neun Frauen und sieben Kinder, sagte der Polizeichef der Provinz Kandahar, Sardar Mohammad Sasai. Die Explosion eines am Straßenrand versteckten Sprengsatzes traf demnach einen vollbesetzten Bus, der von Herat nach Kandahar unterwegs war. 39 Menschen wurden verletzt.
    • Bei zwei vermutlich von den USA ausgeführten Raketenangriffen im unruhigen Nordwesten Pakistans sind am 29. Sept. nach Behördenangaben 13 Taliban-Kämpfer getötet worden. Die erste, von einer unbemannten Drohne abgefeuerte Rakete habe ein Lager der Aufständischen in der Region Süd-Waziristan getroffen, erklärten zwei pakistanische Gewährsleute. Unter den Getöteten waren demnach zwei Kämpfer aus Usbekistan, sechs Menschen wurden verletzt. Der Angriff ereignete sich in der Ortschaft Sararogha, dem Stützpunkt des Anfang August von einer US-Drohne getöteten pakistanischen Taliban-Führers Baitullah Mehsud. Eine zweite Rakete traf wenige Stunden später das Haus eines afghanischen Extremisten in der benachbarten Region Nord-Waziristan. Sieben Taliban-Kämpfer seien getötet worden, erklärten Gewährsleute.
      Bewohner der Ortschaft Dandey Darpakhel erklärten, über dem Gebiet seien schon Stunden vor den Angriffen Drohnen geflogen. Das Dorf ist die Hochburg des afghanischen Taliban-Führers Siradsch Hakkani, dessen Netzwerk die USA mit mehreren Anschlägen in Afghanistan in Verbindung bringen.
      Die USA sind für mehr als 70 Raketenangriffe in Pakistan im vergangenen Jahr verantwortlich. Dabei wurden neben mehreren Kommandeuren von Al Kaida und den Taliban auch Zivilpersonen getötet.
    • Der UN-Afghanistan-Beauftragte Kai Eide hat ein größeres Engagement der Europäer am Hindukusch gefordert. Um die Sicherheitslage zu verbessern, müssten Armee und Polizei im Land entscheidend gestärkt werden, sagte Eide am 29. Sept. vor dem UN-Sicherheitsrat. Das könne nicht nur eine Aufgabe der Amerikaner sein. Er forderte, die Ausbildung und Ausrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte zu verbessern.
    • Bei einem Selbstmordanschlag in Ostafghanistan ist am 30. Sept. ein US-Soldat ums Leben gekommen. Der Angreifer fuhr mit einem mit Sprengstoff beladenen Auto in einen Militärkonvoi, der im Bezirk Mandosai nahe der pakistanischen Grenze unterwegs war, wie der stellvertretende Gouverneur der Provinz Chost, Tahir Chan Sabari, mitteilte. Eine US-Militärsprecherin bestätigte den Tod eines Soldaten.
    • Dänische Soldaten der internationalen ISAF-Truppe in Afghanistan haben sich auf eigene Faust mit weltweit geächteter Dum-Dum-Munition ausgerüstet. Die Militärführung in Kopenhagen bestätigte einen Bericht der Zeitung «Jyllands-Posten» (30. Sept.). Darin hieß es, bei einem Offizier und zwei Unteroffizieren seien solche «Teilmantelgeschosse» für die Dienstpistolen gefunden worden.
      Dum-Dum-Geschosse führen zu besonders schweren inneren Verletzungen, weil ihre Spitze sich beim Eindringen in einen Körper deformiert und innere Organe zerfetzt. Die Munition ist durch die Haager Landkriegsordnung für die Anwendung im Krieg verboten. Die drei dänischen Soldaten wurden nach dem Fund der Munition nach Hause geschickt und sollen vor ein Militärgericht gestellt werden.
      Sie hätten die Patronen privat und illegal beschafft und nach bisherigem Kenntnisstand nicht eingesetzt, hieß es weiter. Man sei «zutiefst besorgt über den Vorfall, der dem guten Ruf der eigenen Streitkräfte schweren Schaden zugefügt hat», sagte ein Militärsprecher am 30. Sept. im Rundfunk.
      Dänemark hat gut 500 Soldaten im besonders heftig umkämpften Süden Afghanistans stationiert.
    • Nach dem Luftangriff auf zwei Tanklaster in Nordafghanistan (siehe oben: 4. Sept.) sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums pro Getötetem 2.000 Euro Entschädigung gezahlt worden. Nach seinem Kenntnisstand sei das Geld nicht von der Bundeswehr gekommen, sagte Ministeriumssprecher Thomas Raabe am 30. Sept. in Berlin. Er wisse nicht, ob bei den Zahlungen zwischen «womöglich zivilen Opfern» und Taliban unterschieden worden sei. Pro Verletztem wurden Raabe zufolge 1.000 Euro gezahlt.
    • Der Streit innerhalb der Vereinten Nationen über die von Betrugsvorwürfen überschattete Präsidentenwahl in Afghanistan hat jetzt den US-Diplomaten Peter Galbraith den Job gekostet. UN-Sprecherin Michele Montas bestätigte am 30. Sept., dass Galbraith, der ranghöchste Amerikaner in der UN-Mission in Afghanistan, von Generalsekretär Ban Ki Moon zurückberufen worden sei. Galbraith und sein Chef Kai Eide hatten eingeräumt, unterschiedliche Auffassungen zu haben, wie mit den Vorwürfen des Wahlbetrugs umzugehen sei. Genaue Einzelheiten wurden aber nicht bekannt. Galbraith war bereits Mitte September in die USA zurückgereist. UN-Sprecherin Montas erklärte, Ban haben seine volle Unterstützung für den Afghanistan-Beauftragten Eide bekräftigt.
    • Der bisherige stellvertretende UN-Sondergesandte für Afghanistan, Peter Galbraith, hat seine Entlassung durch die Vereinten Nationen als «schreckliches Signal» kritisiert. Galbraith warf dem UN-Sondergesandten für Afghanistan, Kai Eide, in einem Gespräch mit der britischen BBC am Abend des 30. Sept. zudem vor, Betrug bei der umstrittenen Präsidentschaftswahl am Hindukusch verharmlost zu haben. Galbraith sagte, es sende ein «schreckliches Signal» aus, wenn die Vereinten Nationen einen ihrer Vertreter entließen, weil dieser besorgt über Betrug bei einer UN-unterstützten Wahl sei. Er habe zahlreiche Beweise über Betrug bei der Abstimmung am 20. August gesehen und sich mit dem Norweger Eide bei der Frage überworfen, wie damit umzugehen sei, sagte Galbraith. Er habe die Beweise der von den Vereinten Nationen unterstützten Beschwerdekommission (ECC) vorlegen wollen. Eide aber «wollte diese Informationen nicht verbreitet haben».
    • US-Senator John McCain rief Präsident Barack Obama auf, dem Drängen des Oberbefehlshabers der NATO-Truppen in Afghanistan, US-General Stanley McChrystal, nach einer Verstärkung der Kampftruppen zu entsprechen. Obama dürfe die Region nicht aufgeben, die bei einem Rückzug der USA und ihrer NATO-Verbündeten weiter destabilisiert werde. Einige der Strategien gegen Aufständische, die im Irak angewendet worden seien, sollten auch in Afghanistan eingesetzt werden, schlug der Republikaner, der bei der US-Präsidentschaftswahl im vergangenen November gegen Obama unterlag, am 30. Sept. in einem Interview des US-Senders ABC vor. Obama müsse über die Truppenverstärkung schnell entscheiden.
    • US-Präsident Barack Obama hat am 30. Sept. mit seinen engsten Mitarbeitern über das weitere Vorgehen in Afghanistan beraten. Wie Präsidentensprecher Robert Gibbs anschließend mitteilte, ging es um eine "offene Beurteilung der bislang erreichten Fortschritte und der weiter anstehenden Herausforderungen in Afghanistan und Pakistan". Der Präsident habe sich in Afghanistan "ein klares Ziel gesetzt: El Kaida und dessen extremistische Verbündete zerstören, auseinandernehmen und besiegen". In den kommenden Wochen werde Obama die Afghanistan-Strategie weiter überprüfen.


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