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Chronik Afghanistan

Juni 2008


Sonntag, 1. Juni, bis Sonntag, 8. Juni
  • 2. Juni: Der in Afghanistan entführte Schreiner Harald K. ist laut einem Zeitungsbericht ermordet worden. Die Geiselnehmer hätten ihn vermutlich erschossen. Die Bundesregierung erklärte, sie sei "in großer Sorge" um den Mann. Er war im Dezember verschleppt worden. Die Hintergründe sind verworren.
  • Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat am 3. Juni im nordrhein-westfälischen Lemgo eine deutsche Eingreiftruppe für Afghanistan verabschiedet. Es handelt sich um das 17. deutsche Einsatzkontingent der Afghanistan-Schutztruppe ISAF. Die Soldaten sollen ab 1. Juli als schnelle Eingreiftruppe tätig sein, die zuvor von Norwegen gestellt worden war. Die Soldaten, die von Jung und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan in einem feierlichen öffentlichen Appell mit insgesamt mehr als 1.200 Soldaten verabschiedet wurden, gehören zumeist der Panzerbrigade 212 aus Augustdorf an.
  • Ein afghanischer Journalist der britischen BBC ist entführt und getötet worden. Die Leiche Abdul Samad Rohanis wurde am 8. Juni gefunden, nachdem er am 7. Juni in der Stadt Laschkar Gar in der südlichen Provinz Helmand verschwunden war, wie die BBC in Kabul mitteilte. Rohani war den Angaben zufolge Reporter in der Provinz Helmand für die paschtunischen Radiosendungen des BBC World Service. Die Polizei teilte mit, der Tod werde untersucht. Der Tathergang sei noch unklar, hieß es.
Montag, 9. Juni, bis Sonntag, 15. Juni
  • Bei mutmaßlichen Taliban-Angriffen auf afghanische Sicherheitskräfte sind am 9. Juni fünf Polizisten und drei Rebellen getötet worden. Nach Behördenangaben starben der Kommandeur der Autobahnpolizei der Provinz Ghasni und zwei seiner Männer in ihrem Fahrzeug, als am Straßenrand ein Sprengsatz explodierte. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand. Die Behörden verdächtigen allerdings die radikalislamischen Taliban.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der südafghanischen Unruheprovinz Helmand sind drei britische Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF ums Leben gekommen.
  • Aufgrund einer langen Trockenzeit und hohen Importpreisen für Lebensmittel droht Afghanistan eine Verschlimmerung der Nahrungsmittelknappheit. Die Preise für Brot und Getreide stiegen innerhalb des vergangenen Jahres bereits um 130 Prozent. Angesichts einer langen Trockenzeit und hoher Importpreise für Lebensmittel droht Afghanistan eine Verschlimmerung der Nahrungsmittelknappheit. Aufgrund des schwachen Regens im Norden, Nordosten und Westen des Landes werde die landwirtschafliche Produktion in diesem Jahr „bedeutend schwächer“ als 2007 ausfallen, sagte der Repräsentant der Welternährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), Teskete Teskie, am 9. Juni in Kabul. Obwohl in Afghanistan zwei von drei Arbeitern in der Landwirtschaft beschäftigt seien und diese mehr als die Hälfte des Bruttoinlandprodukts erwirtschafte, könne das Land nicht genügend Nahrung für seine Bevölkerung produzieren, teilte die FAO weiter mit. Zudem belasteten hohe Preise für importierte Nahrungsmittel das Land, sagte Teskie vor Journalisten.
  • 11. Juni: Kollateralschäden im Grenzgebiet: Bei einem Luftangriff von US-geführten Einheiten in Afghanistan sind 30 Menschen ums Leben gekommen - darunter einige Zivilisten. Auch in Pakistan starben 13 Soldaten durch eine Nato-Rakete. Der Unmut über die Opfer der internationalen Truppen mehrt sich. Das Grenzgebiet zu Afghanistan gilt als Hochburg radikalislamischer Extremisten und als Rückzugsraum für im Nachbarland aktive Taliban-Kämpfer und Qaida-Terroristen. Islamabad hat Washington in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen, im Kampf gegen das Terrornetzwerk al-Qaida die Stammesgebiete im Westen Pakistans mit Raketen zu beschießen. Laut Nachrichtenagentur AP sei die Zahl der zivilen Opfer in diesem Jahr im Vergleich zu 2007 bei derartigen Angriffen deutlich zurückgegangen.
  • 12. Juni: Die internationale Gemeinschaft hat Afghanistan weitere Aufbauhilfe in Milliardenhöhe versprochen und zugleich mehr Anstrengungen im Kampf gegen Korruption und Drogenanbau angemahnt. Deutschland sagte 420 Millionen Euro bis 2010 zu.
  • Die Präsenz der Bundeswehr soll ausgebaut werden. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) kündigt eine Aufstockung um etwa tausend Soldaten an. Damit will die Bundeswehr ihren Herausforderungen in Afghanistan gerecht werden.
  • 13. Juni: Mehrer Aufständische stürmten das Gefängnis im südafghanischen Kandahar. Neben Raketenangriffen kam es auch zu einem Selbstmordattentat. Die meisten Inhaftierten des Gefängnisses konnten durch den Angriff entkommen. Bei dem Angriff seien auch Polizisten getötet worden, sagte der Minister. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. In dem größten Gefängnis Kandahars sitzen sowohl gewöhnliche Kriminelle als auch Aufständische und Anhänger der Taliban ein. In den Provinzen im Süden Afghanistans kommt es immer wieder zu heftigen Gefechten zwischen NATO-Truppen und Kämpfern der Taliban.
  • 15. Juni: Rund ein Fünftel weniger Drogenproduktion ermöglicht die Präsenz der Bundeswehr in Afghanistan, so der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Die Bundeswehr ist in Afghanistan offenbar erfolgreich im Kampf gegen die Rauschgift-herstellung. „In der letzten Saison hat die Bundeswehr im Norden des Landes dafür gesorgt, dass bis zu ein Fünftel weniger Mohn angebaut und Drogen produziert wurden“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt, der „Bild“-Zeitung (Montagausgabe) zufolge. Die Bundeswehrkräfte brächten die Bauern von der Mohnproduktion auch dadurch ab, dass sie ihnen größtmögliche Sicherheit für die Zeit nach dem Ausstieg garantierten, erklärte der CSU-Politiker.Am Hindukusch befinden sich derzeit bis zu 3.500 Bundeswehrsoldaten; die Bundesregierung plant Medienberichten zufolge eine Erhöhung auf 4.400 bis 4.800 Einsatzkräfte.
Montag, 16. Juni, bis Sonntag, 22. Juni
  • 17. Juni: Mit 3500 Soldaten steht die Bundeswehr bereits am Hindukusch im Einsatz. Geht es nach den Plänen des Bundeswehr-Verbandes, soll diese Zahl um 700 Soldaten erhöht werden. Zudem soll eine bessere Ausrüstung die Schlagkraft der Truppe erhöhen. Ob die Bundeswehr auch im Süden des Landes kämpfen soll, ist weiter umstritten.
  • 18. Juni: Die afghanische Armee und die NATO haben mit einer großangelegten Offensive gegen die aufständischen Taliban im Süden Afghanistans nahe der Stadt Kandahar begonnen. „Heute um acht Uhr morgens hat der Aufräumeinsatz im Bezirk Arghandab begonnen“, sagte der Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, General Mohammed Sahir Asimi. Die NATO-geführte Internationale Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) bestätigte, dass eine Offensive im Gange sei.
  • 19. Juni: Die Operation "Umkehr", bei der mehr als tausend Soldaten der afghanischen Armee und der Nato einen Angriff gegen islamistische Kämpfer in der Region um Kandahar gestartet haben, geht mit unverminderter Härte weiter: Hunderte Taliban sind bisher getötet worden. Die Kämpfe sind mit die stärksten der vergangenen Jahre.
Montag, 23. Juni, bis Montag, 30. Juni
  • 27. Juni: Der US-Senat hat bedingungslos 162 Milliarden Dollar für die Kriege im Irak und in Afghanistan genehmigt. Damit sollen die Einsätze finanziert werden, bis der nächste Präsident im kommenden Jahr sein Amt antritt. Nach dem Repräsentantenhaus hat jetzt auch der Senat zugestimmt: Die US-Parlamentarier bewilligten für die Fortführung der Kriege im Irak und in Afghanistan 162 Milliarden Dollar (103 Mrd. Euro). Damit sollen die Einsätze finanziert werden, bis der nächste US-Präsident Anfang nächsten Jahres sein Amt antritt
  • 30. Juni: Die Bundeswehr hat in Afghanistan eine weitere gefährliche Aufgabe übernommen. Ab sofort stellt sie den ersten Kampfverband für die internationale Schutztruppe ISAF bereit. Kurz vor dem Zeremoniell in Mazar-i-Sharif geriet eine Bundeswehr-Patrouille im 150 Kilometer entfernten Kundus in einen Hinterhalt.


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