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Chronik Afghanistan

August 2007


Mittwoch, 1. August, bis Sonntag, 5. August
  • Das Video, das den in Afghanistan verschleppten Deutschen zeigt, ist nach einem Bericht von "Spiegel Online" mehrere Tage alt. Die vom arabischen Sender Al Dschasira am 31. Juli ausgestrahlten Bilder stammten von einem Memory Stick, dessen Daten zuletzt am 28. Juli verändert worden seien, berichtete das Internet-Magazin am 1. Aug. unter Berufung auf erste Untersuchungen des Krisenstabs im Auswärtigen Amt.
  • Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Peter Struck ist nach Informationen der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" vom 1. Aug. bereit, mehr Soldaten als bisher nach Afghanistan zu entsenden. "Wenn die ISAF-Führung und die Bundeswehr-Führung der Meinung sind, dass wir mehr Soldaten brauchen, dann bin ich sehr dafür", sagte Struck der Zeitung. Der ehemalige Verteidigungsminister habe sich auch dafür ausgesprochen, die innerhalb der SPD umstrittene Anti-Terror-Mission Enduring Freedom fortzusetzen. "Ich bin dafür, auch dieses Mandat zu verlängern, genauso wie das ISAF-Mandat und das Tornado-Mandat", sagte er. Ohne die Sicherheit, die auch im Kampf gegen die Taliban gewährt werden müsse, könne die zivile Wiederaufbauarbeit keine Früchte tragen. Als zentrale Aufgaben in Afghanistan bezeichnete der Fraktionschef die Hilfe bei der Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei. "Ein Staat ohne Militär und ohne Polizei ist kein Staat", sagte er.
  • Humanitäre Hilfe am besten ohne Militär
    Als Reaktion auf die angespannte Sicherheitslage in Afghanistan schränken zahlreiche deutsche Hilfsorganisationen ihre Arbeit in der Krisenregion ein, berichtet ddp am 1. Aug. Das Malteser Hilfswerk ziehe demnach seine Präsenz aus dem Land vollständig zurück, während andere Organisationen wie Misereor und die Konrad-Adenauer Stiftung ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärften.
    Das Malteser Hilfswerk beendet seine Arbeit vor Ort ab Oktober und schließt sein Büro in Kabul, wie die Referentin der Abteilung Afghanistan, Wiltrud Gutsmiedl, der Nachrichtenagentur ddp sagte. Den Rückzug habe man monatelang diskutiert und sei eine Reaktion auf die Ermordung von insgesamt drei afghanischen Mitarbeitern der Organisation. Trotz des Rückzuges bleibe die finanzielle Hilfe für das Land bestehen und werde von lokalen Mitarbeitern verwaltet.
    Mit Beschränkungen in der Hilfsarbeit haben auch die Helfer von Misereor zu rechnen. Sie müssen nach Aussage von Ulrich Füßer, Leiter der Asienabteilung, seit April auf Reisen in das Landesinnere aus Sicherheitsgründen verzichten. Besonders im Norden Afghanistans habe man bisher Bildungs- und Gesundheitsprojekt unterstützt. Nun werde die Arbeit der Organisation erheblich eingeschränkt, da der persönliche Kontakt zu den Afghanen fehle.
    Das Deutsche Rote Kreuz setzt seine Hilfe für Afghanistan ungeachtet der aktuellen Ereignisse fort, wie DRK-Präsident Rudolf Seiters der "Neuen Osnabrücker Zeitung" bereits am 31. Juli sagte. Da die Arbeit von Deutschland aus erfolge und keine eigenen Mitarbeiter im Land präsent seien, bleibe die humanitäre Hilfe für die Krisenregion bestehen. Besonders besorgt äußerte sich Seiters über die Vermischung von militärischer und humanitärer Hilfe: "Wenn Soldaten als Helfer auftreten, kann das die Neutralität der humanitären Hilfe gefährden."
    Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen hat auch das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kabul vorgenommen. Seit einem halben Jahr gäbe es keine Veranstaltungen der Stiftung mehr außerhalb der Hauptstadt, wie Amos Helms vom Team Afghanistan mitteilte. Nach aktuellen Sicherheitswarnungen werde die Lage für den deutschen Mitarbeiter der Stiftung in Kabul ständig angepasst. So habe die Stiftung in letzter Zeit die Sicherung ihrer Fahrzeuge verschärft und eine Mauer vor dem Kabuler Büro erhöht.
    Die Hilfsorganisation Caritas beobachtet die Lage für ihre zwei deutschen und 13 afghanischen Mitarbeiter nach Aussage vom Leiter der Caritas international, Oliver Müller, sehr genau. Der Einsatz im Großraum Kabul sei derzeit zwar nicht gefährdet, trotzdem sei die Situation im Krisengebiet sehr kritisch. "Für humanitäre Helfer hat sich die Lage in letzter Zeit deutlich verschärft", sagte Müller. Um für die Sicherheit der Caritas-Helfer zu sorgen, träten sie nur mit afghanischen Helfern auf und hielten sich vom Militär fern.
  • Bei Kämpfen im Osten Afghanistans ist am 1. Aug. ein NATO-Soldat getötet worden, wie die Allianz erklärte. Ein weiterer habe Verletzungen erlitten. Wo das Gefecht stattfand wurde ebenso wie die Nationalität der Opfer nicht mitgeteilt. Die meisten in der Gegend stationierten Soldaten stammen aus den USA.
  • Die Regierungen in Seoul und Washington schließen nach den Worten eines südkoreanischen Regierungsbeamten eine gewaltsame Befreiung der in Afghanistan entführten Südkoreaner aus. Darauf hätten sich der südkoreanische Außenminister Song Min Soon und der stellvertretende US-Außenminister John Negroponte am Rande eines ASEAN-Treffens in Manila verständigt, erklärte der Gewährsmann am 2. Aug. Stattdessen wolle man sich weiter intensiv um eine friedliche Beilegung des Geiseldramas bemühen.
  • Die USA schließen eine Militäraktion zur Befreiung der südkoreanischen Geiseln in Afghanistan entgegen der voran gegangenen Meldung offenbar doch nicht ganz aus. "Es muss jeder nur mögliche Druck auf die Taliban ausgeübt werden, um sie zur Freilassung dieser Geiseln zu zwingen", erklärte der für die Region zuständige Unterstaatssekretär Richard Boucher am 2. Aug. in Washington. Oberstes Ziel sei es, die Entführten frei zu bekommen - und zwar nach Möglichkeit friedlich und sicher. Welche Formen der Druck auf die Taliban konkret annehmen könnte, ließ Boucher offen. "Es gibt Dinge, die wir sagen, Dinge, die von anderen gesagt werden, Dinge, die innerhalb der afghanischen Gesellschaft getan und gesagt werden, und es gibt potenzielle militärische Druckmittel", sagte er.
  • Der in Afghanistan verstorbene deutsche Bauingenieur ist von seinen Geiselnehmern ermordet worden. Das geht aus dem Obduktionsergebnis des Kölner Instituts für Rechtsmedizin hervor, wie das Auswärtige Amt am 2. Juli in Berlin mitteilte. Der Mann habe aufgrund der extremen Belastungssituationen während der Entführung zunächst einen Kreislaufzusammenbruch erlitten. An dem Kollaps verstarb der 44-jährige Rüdiger D. demnach aber nicht. "Auf das noch lebende Opfer wurde nach dessen Zusammenbruch zweimal geschossen", erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger. "Erst nach dem daraufhin erfolgten Todeseintritt wurden noch vier weitere Schüsse auf den Körper des Opfers abgegeben."
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich erschüttert gezeigt, dass die in Afghanistan verstorbene deutsche Geisel tatsächlich von ihren Entführern erschossen wurde. "Seine Entführer haben ihn grausam in den Tod getrieben und seinem Leben schließlich in verbrecherischer Weise ein Ende bereitet", sagte Steinmeier am 2. Aug. der Nachrichtenagentur AFP in Accra in Ghana. "Die letzten Stunden des Verstorbenen waren ein Martyrium." Dies sei "zutiefst erschütternd". Der Außenminister fügte hinzu: "Dieses Verbrechen darf nicht ungesühnt bleiben."
  • Nach den jüngsten Geiselnahmen wächst bei den Deutschen einer Umfrage zufolge die Ablehnung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan. Inzwischen sind knapp zwei Drittel der Bundesbürger (64 Prozent) dafür, dass sich die Bundeswehr möglichst schnell aus dem Land zurückzieht. Das geht aus dem ARD-Deutschlandtrend für die "Tagesthemen" am 2. Aug. hervor. Nach dem Ergebnis der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap auf der Basis von 1000 Bundesbürgern sind das zehn Punkte mehr als noch vor zwei Monaten. Lediglich ein Drittel (33 Prozent, minus 11) meint, die Bundeswehr sollte weiterhin in Afghanistan stationiert bleiben. Wie sich die Bundesregierung bei Geiselnahmen verhalten sollte, beantworten die Befragten (zu beginn der Woche: am 30. und 31. Juli) kontrovers. Knapp die Hälfte (49 Prozent) meint, die Bundesregierung sollte grundsätzlich nicht auf Forderungen von Geiselnehmern eingehen. 46 Prozent meinen, die Bundesregierung sollte im Einzelfall auch Lösegeld zahlen, um deutsche Geiseln freizukaufen.
  • Der deutsche ISAF-Stabschef in Afghanistan, General Bruno Kasdorf, hat mehr Soldaten für die Schutztruppe gefordert. Die derzeit 40.000 ISAF-Soldaten "reichen bei weitem nicht aus, um in einem Land, was mehr als doppelt so groß ist wie Deutschland, Sicherheit herzustellen", sagte Kasdorf der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom 3. Aug. Noch vor der Afghanistan-Debatte im Bundestag im Herbst wolle das ISAF-Hauptquartier eine Untersuchung zur Strategiefrage abschließen, die auch konkrete Zahlen zu einer Truppenaufstockung beinhalte. "Was ich heute sagen kann, ist, dass wir deutlich mehr Kräfte benötigen werden, als das, was wir zurzeit hier haben", sagte der General. Es sei eine politische Entscheidung, wie viel die beteiligten Nationen bereit seien zu investieren. Mit Blick auf wachsende Widerstände in den am ISAF-Einsatz beteiligten Ländern gegen den Afghanistan-Einsatz sagte Kasdorf: "Ich habe Sorge, dass wir nicht die Geduld haben, die wir eigentlich brauchen, um ein Land, das 30 Jahre geschunden wurde, wieder auf die Beine zu stellen." Die Herausforderung sei zwar gewaltig, aber doch zu bewältigen. Nötig sei ein langer Atem.
  • Trotz der zunehmenden Skepsis in der deutschen Bevölkerung haben sich Politiker von SPD und Union gegen einen Rückzug aus Afghanistan ausgesprochen. Das Ergebnis der Obduktion des in Afghanistan gestorbenen deutschen Bauingenieurs zeige zwar die Brutalität, die dort herrsche, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil der "Passauer Neuen Presse" vom 3. Aug. "Gleichwohl darf man sich von dieser schrecklichen Tatsache nicht vom Kurs abbringen und kopflos machen lassen." Ähnlich argumentierten die SPD-Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose und Gert Weisskirchen sowie der außenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Thomas Silberhorn.
  • Die radikalislamischen Taliban haben einem afghanischen Ärzteteam den Zugang zu den 21 im Süden Afghanistan festgehaltenen südkoreanischen Geiseln verwehrt. Das gab der Polizeichef der Provinz Ghasni, Alischah Ahmadsai, am 3. Aug. bekannt. "Wir brauchen keine Ärzte", sagte Talibansprecher Jussuf Ahmadi. Die Taliban bestünden darauf, dass zwei Taliban-Häftlinge von der afghanischen Regierung freigelassen würden, bevor sie ihrerseits zwei schwer kranke südkoreanische Geiseln freiließen. Ein Team afghanischer Ärzte und Krankenpfleger hatte sich bereiterklärt, den Südkoreanern medizinische Hilfe zu leisten.
  • Im Fall der 21 in Afghanistan entführten Südkoreaner haben die radikalislamischen Taliban erstmals direkt mit Südkorea verhandelt. "Wir hatten direkte Kontakte via Telefon mit südkoreanischen Delegationsmitgliedern", sagte Taliban-Sprecher Jussuf Ahmadi am 3. Aug. Die Regierung in Seoul betonte jedoch, dass sie nicht in der Lage sei, die Forderungen nach einem Gefangenaustausch zu erfüllen.
  • Bei einem Luftangriff der US-geführten Truppen in Afghanistan sind nach Behördenangaben drei Taliban-Führer und mehrere weitere Extremisten getötet worden. Auch Opfer in der Zivilbevölkerung soll es gegeben haben. Der Angriff mit Präzisionswaffen am 2. Aug. habe einem Treffen von Taliban-Kommandeuren im südafghanischen Bezirk Baghran gegolten, teilte die Militärführung des sog. Anti-Terror-Einsatzes "Operation Enduring Freedom" (OEF) am 3. Aug. mit. Das afghanische Verteidigungsministerium erklärte unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, der Taliban-Kommandeur der Provinz Helmand, Mullah Rahim, sowie zwei weitere Extremistenführer seien unter den Toten. Daneben seien etwa zwölf weitere Taliban-Mitglieder getötet worden. Bei dem Treffen sei auch der Taliban-Kommandeur für ganz Südafghanistan, Dadullah Mansur, anwesend gewesen. Über sein Schicksal sei aber nichts bekannt. Taliban-Sprecher Kari Jussef Ahmadi wies die Angaben zum Tod Rahims zurück.
    Der Polizeichef von Helmand, Mohammed Hussein, sagte offenbar mit Blick auf denselben Angriff, beim Einschlag von Geschossen auf einem Versammlungsplatz in Baghran seien auch mehrere Bewohner getötet worden. Dort hätten Taliban-Extremisten zwei Einwohner gehängt, die sie der Spionage für die Regierung bezichtigt hätten. 20 Personen seien verletzt worden. Das jüngste Opfer sei ein achtjähriger Junge gewesen, meldeten die Gesundheitsbehörden in Helmand. Einer der Verletzten berichtete im Krankenhaus von Kandahar, dass Bomben auf einem belebten Marktplatz eingeschlagen seien. Taliban seien zum Zeitpunkt des Angriffs nicht auf dem Platz gewesen.
    Das afghanische Verteidigungsministerium hat Berichte über zivile Opfer bei einem Luftangriff auf Taliban-Führer zurückgewiesen. Vermutlich seien bei dem Einsatz der US-geführten Truppen in Afghanistan am 2. Aug. mehr als 100 Taliban-Kämpfer getötet worden, sagte Ministeriumssprecher Sahir Asimi am 4. Aug. Unbeteiligte in der Bevölkerung seien nicht zu Schaden gekommen, es sei jedoch zu erwarten, dass die getöteten Militanten als Zivilisten ausgegeben würden. Unter den Opfern seien keine Frauen und Kinder, erklärte Asimi. Zuvor hatte ein Vertreter der Gesundheitsbehörden in der Provinz Helmand von einem verletzten Achtjährigen berichtet. Die Polizei vor Ort hatte auch von mehreren Toten in der Bevölkerung gesprochen.
  • Bei Kämpfen im Grenzgebiet zu Afghanistan sind in der Nacht zum 4. Aug. mindestens vier pakistanische Soldaten und zehn Anhänger der radikalislamischen Taliban getötet worden. Zu den Gefechten sei es gekommen, nachdem die Rebellen Sicherheitskräfte in der Region mit Raketen angegriffen hätten, sagte Armeesprecher Generalmajor Waheed Arshad der Nachrichtenagentur AFP am 4. Aug. Die Kämpfer hätten 50 bis 60 Raketen auf fünf Kontrollposten abgefeuert und dann einen der Posten in Dosali im Stammesgebiet von Nord-Waziristan mit automatischen Waffen überfallen. Die Sicherheitskräfte hätten zurückgeschlagen und zehn Angreifer getötet.
  • Eine mutmaßliche südkoreanische Geisel in Afghanistan hat am 4. Aug. in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP um Hilfe gefleht. "Sie bedrohen uns, sie sagen uns, dass sie uns töten werden", sagte die Frau in dem von Taliban-Sprecher Jussuf Ahmadi vermittelten Gespräch. Die meisten der Geiseln seien krank, sagte die Frau, die zum Teil Englisch und zum Teil Dari sprach, unter Tränen. Ihr Zustand verschlechtere sich täglich. "Wir können nichts essen, und wir können auch nicht schlafen."
  • NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer hat eine Ausweitung des deutschen Engagements in Afghanistan gefordert. Deutschland habe bereits bei der Ausbildung der afghanischen Armee viel Hilfe geleistet, sagte de Hoop Scheffer der "Bild am Sonntag" (5. Aug.): "Wenn wir diesen Prozess beschleunigen wollen, müssen wir aber noch mehr tun." Daher wünsche er sich noch mehr deutsche Ausbildungsteams. Die Aufstellung gut ausgebildeter und ausgerüsteter afghanischer Sicherheitskräfte sei "in der Tat ein Schlüssel, unsere Ziele in Afghanistan zu erreichen". Als Führungsnation für die Ausbildung der afghanischen Polizei habe Deutschland bereits eine Menge dazu beigetragen, lobte der NATO-Generalsekretär.
  • SPD-Fraktionschef Peter Struck teilt die Auffassung de Hoop Scheffers zur Ausweitung des deutschen Engagements. "Dass wir mehr tun müssen beim Wiederaufbau, aber auch bei der Ausbildung der afghanischen Armee, ist klar", sagte er dem "Focus", wie am 5. Aug. berichtet wird. "Grundsätzlich werden aber deutsche Soldaten weiterhin nur im Norden eingesetzt", fügte er hinzu. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel lehnte eine Verstärkung des deutschen Kontingents ab und forderte ein Szenario für ein Ende des Afghanistan-Einsatzes. Die Bundesregierung müsse erklären, wann die Bundeswehr aus Afghanistan abziehen könne, sagte er dem «Focus». "Zusätzliche Truppen sind keine Lösung. Wir müssen den Schwerpunkt ändern und uns verstärkt um den zivilen Aufbau kümmern."
  • Die Mohnernte in Afghanistan erreicht nach Einschätzung der Vereinten Nationen in diesem Jahr ein Rekordhoch. Afghanistan produziere mittlerweile fast 95 Prozent der weltweiten Opium-Ernte, heißt es nach Angaben aus US-Regierungskreisen in einem bislang unveröffentlichten UN-Bericht. Die Mohnproduktion sei damit im Vergleich zu 2006 nochmals um 15 Prozent angestiegen. Der Bericht soll im September vorgelegt werden. (AP, 5. Augt.)
  • Das US-Abgeordnetenhaus hat Grünes Licht für Militärausgaben von knapp 460 Milliarden Dollar für das im Oktober beginnende neue Haushaltsjahr gegeben. Das Gesetz wurde nach Medienberichten in der Nacht zum 5. Aug. verabschiedet und blieb nur um etwa 3,5 Milliarden Dollar hinter der von Präsident George W. Bush beantragten Summe zurück. Ausgaben für die Kriege im Irak und in Afghanistan sind in der Vorlage nicht enthalten. Darüber soll nach Ende der Sommerpause des Kongresses im September gesondert beraten werden.
Montag, 6. August, bis Sonntag, 12. August
  • Trotz der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan hat sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) für eine Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes ausgesprochen. "Ich plädiere dafür, unsere Hilfe bei der Ausbildung und Ausrüstung der afghanischen Armee auszuweiten", sagte Steinmeier der "Bild-Zeitung" (6. Aug.). Die Aufgabe der Bundeswehr am Hindukusch sei erst dann erledigt, wenn die Afghanen selbst die Sicherheit im Lande garantieren könnten, sagte Steinmeier. Er warnte davor, die anstehende Verlängerung der Bundeswehrmandate in Afghanistan in Frage zu stellen. "Wenn wir jetzt aufgeben, dann haben die Taliban ihr Ziel erreicht", sagte der Außenminister mit Blick auf die Milizen, die die ausländische Truppenpräsenz mit Entführungen und Anschlägen zu destabilisieren versuchen.
  • Russland hat Afghanistan 90 Prozent seiner Schulden aus Sowjetzeiten erlassen. Der russische Finanzminister Alexej Kudrin sprach am 6. Aug. bei einer offiziellen Zeremonie mit seinem afghanischen Kollegen Anwar el Hak Ahadi von einem "historischen Tag für beide Länder". Der Großteil der insgesamt 11,13 Milliarden Dollar Schulden (rund acht Milliarden Euro) stammt aus der Zeit der russischen Besatzung Afghanistans zwischen 1979 und 1989. Moskau setzte mit der Unterzeichnung des Vertrags eine Vereinbarung um, die bereits im vergangenen Jahr zwischen Afghanistan und den Gläubigerstaaten des Pariser Clubs getroffen worden war.
  • Afghanistan hat innerhalb der vergangenen sechs Jahre seine Getreideproduktion mehr als verdoppelt. Laut einem Bericht der Welternährungsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen betrug der Ernteertrag in diesem Jahr rund 4,6 Millionen Tonnen, im Jahr 2001 unter der Herrschaft der Taliban wurden zwei Millionen Tonnen Getreide geerntet. Damit ist fast die Selbstversorgung des Landes mit Getreide sichergestellt. Trotz der unsicheren Wetterlage geht die FAO davon aus, dass Afghanistan in diesem Jahr insgesamt 700.000 Tonnen mehr Getreide produzieren wird als 2006. Damit müssten nur noch 700.000 Tonnen zusätzlich importiert werden, um den Bedarf des Landes zu decken. (AFP, 6. Aug.)
  • Die Taliban haben am 6. Aug. mitgeteilt, sie würden die Frauen unter den Geiseln im Austausch gegen auf US-Stützpunkten in Afghanistan festgehaltene Taliban-Anhängerinnen freilassen.
  • Die pakistanischen Streitkräfte haben am 7. Aug. mutmaßliche Stellungen von Extremisten im Grenzgebiet zu Afghanistan angegriffen. Ziel des Bombardements sei das Dorf Daygan in der Provinz Nord-Wasiristan gewesen, sagte ein Militärsprecher. Die Streitkräfte setzten Kampfhubschrauber und Artillerie ein. Bewohner im 15 Kilometer entfernten Miran Schah sagten, eine Mörsergranate sei in ein Wohnhaus der Stadt eingeschlagen und habe drei Menschen verletzt.
  • Nach einem Taliban-Angriff auf einen US-Militärstützpunkt in Afghanistan haben die US-geführten Koalitionstruppen mindestens 20 mutmaßliche Islamisten getötet. Nach dem rund 75 Angreifer einen Stützpunkt in der zentralafghanischen Unruheprovinz Urusgan unter anderem mit Granaten und Raketen beschossen hätten, hätten die Koalitionstruppen sowie die afghanische Armee mit Unterstützung der Luftwaffe zurückgefeuert, hieß es am 7. Aug. in einer Erklärung der Koalitionstruppen. Dabei seien "fast zwei Dutzend Aufständische" getötet worden. Die Taliban-Kämpfer verletzten demnach zwei afghanische Soldaten sowie vier Zivilisten, unter ihnen zwei Mädchen.
  • Afghanische Truppen sind nach Angaben des Innenministeriums in Kabul bereit für einen Angriff auf die Entführer der 21 Südkoreaner, sie halten sich aber auf Bitten Seouls zurück. Die Armee habe bedeutende Truppenverbände in der südlichen Provinz Ghasni zusammengezogen, sagte ein Ministeriumssprecher am 7. Aug. in Kabul. "Wir sind bereit für eine Befreiungsaktion."
  • Bei Luftangriffen im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan sind nach Militärangaben am 8. Aug. mindestens zwölf radikalislamische Aufständische getötet worden, mehrere weitere wurden verletzt. Unter den getöteten Kämpfern seien nach unbestätigten Informationen sechs bis acht Araber, Tadschiken und Tschetschenen gewesen, sagte der pakistanische Armeesprecher Waheed Arshad der Nachrichtenagentur AFP. Die Armee habe bei dem Angriff auf ein mutmaßliches Versteck der Islamisten in der Nähe von Miranshah in der Provinz Nord-Waziristan neben Hubschraubern auch Mörsergranaten eingesetzt.
  • Die CSU-Außenpolitiker Christian Schmidt und Karl Theodor zu Guttenberg fordern von der Bundesregierung die Bestellung eines Afghanistan-Koordinators. Dieser soll dafür sorgen, dass die zivilen und militärischen Komponenten des deutschen Engagements effizienter abgestimmt und umgesetzt werden, wie es in dem gemeinsamen Papier der beiden CSU-Politiker heißt. Ebenfalls soll nach einem AFP-Bericht vom 8. Aug. die Arbeit der beteiligten Ministerien, Organisationen und Bundesbehörden durch den Koordinator "strategisch" gebündelt werden. "Der Afghanistan-Koordinator soll zudem als Ansprechpartner gegenüber den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages, als auch in den Verhandlungen Deutschlands mit der internationalen Gemeinschaft fungieren", heißt es in dem Papier weiter. Ihm komme die wichtige Aufgabe zu, "das deutsche Engagement in Afghanistan nach außen in seiner Gesamtheit darzustellen, gegenüber der deutschen Öffentlichkeit die Ziele und Instrumente der vernetzten zivil-militärischen Strategie der Bundesregierung zu vermitteln und diese im ressort- und aufgabenübergreifenden Kontext zu erläutern".
  • Mit Skepsis hat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die CSU-Forderung nach Einsetzung eines Afghanistan-Koordinators reagiert. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte am 8. Aug. in Berlin, die bestehenden Abstimmungsprozesse hätten sich bewährt. Nach Meinung der Kanzlerin sei es nicht zwingend, dass dies einer Änderung bedürfe. CSU-Abgeordnete im Bundestag hatte einen Koordinator vorgeschlagen, der Berichten zufolge unterstützt durch einen kompakten Stab direkt im Bundeskanzleramt angesiedelt werden solle. Die Forderung solle als Antrag auch dem CSU-Parteitag Ende September vorgelegt werden.
  • Der im März in Afghanistan getötete deutsche Mitarbeiter der Welthungerhilfe ist einem Medienbericht zufolge von den radikalislamischen Taliban ermordet worden. Spiegel Online berichtete am 9. Aug. unter Berufung auf den Gouverneur der Provinz Sar-e-Pol, Sajed Ikbal Munib, die in den vergangenen Tagen festgenommenen Verdächtigen gehörten einer Taliban-Gruppe an, die auch Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida unterhielt. Bei den Festgenommenen handelte es sich demnach um 13 Männer zwischen 21 und 52 Jahren. Bei ihnen habe die Polizei ein Waffenarsenal mit Gewehren, Sprengstoff und selbst gebauten Bomben gefunden.
  • In Kabul hat am 9. Aug. eine dreitägige afghanisch-pakistanische "Friedens-Dschirga" begonnen: Rund 700 Religions- und Stammesführer kamen am Rande der afghanischen Hauptstadt zusammen, um über eine Beruhigung der angespannten Sicherheitslage im Grenzgebiet zwischen beiden Ländern zu beraten. "Wenn sich Afghanistan und Pakistan zusammenschließen, werden wir die Unterdrückung gegen beide Staaten in einem Tag besiegen können", sagte der afghanische Präsident Hamid Karsai. Der im eigenen Land unter Druck stehende pakistanische Staatschef Pervez Musharraf entschied sich gegen eine Verhängung des Ausnahmezustands in Pakistan. Das Treffen findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in einem Zelt am Rande von Kabul statt. Die radikalislamischen Taliban boykottieren die Versammlung. Nach Angaben eines pakistanischen Regierungsvertreters blieben auch etwa hundert der geladenen Gäste aus Pakistan dem Treffen fern, vor allem aus den Bezirken Nord- und Süd-Waziristan.
    Karsai brandmarkte in seiner Eröffnungsrede der Friedens-Dschirga die jüngsten Geiselnahmen, vor allem die Entführung einer Gruppe von Südkoreanern einschließlich 16 Frauen. Es sei "infam" und gegen die historischen Traditionen des Landes, wenn die Taliban Frauen entführten, sagte Karsai.
  • Die Zahl der in Afghanistan verübten Selbstmordattentate ist nach NATO-Angaben in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Im ersten Halbjahr 2007 habe es in dem Land am Hindukusch 41 Autobombenattentate und 25 Selbstmordanschläge ohne Fahrzeug gegeben, sagte General Fausto Macor, Kommandeur der Westregion der NATO-geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF, am 9. Aug. in Kabul bei einer Videokonferenz. Im ganzen Jahr 2006 habe es dagegen nur 47 Selbstmordattentate gegeben. Die ISAF habe jüngst eine Spezialeinheit gebildet, die die neue Strategie der Radikalislamisten in Afghanistan analysiere.
  • Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer hat sich einen Monat vor dem Sonderparteitag der Grünen zu Afghanistan für die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in der NATO-geführten Afghanistanschutztruppe Isaf ausgesprochen. Eine deutsche Beteiligung am Anti-Terror-Kampf unter der amerikanisch geführten Operation Enduring Freedom (OEF) in Afghanistan lehnte er im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (10. Aug.) aber ab. Die Aufgabe, zur Absicherung des Wiederaufbaus "den Taliban auch mit der Waffe in der Hand entgegenzutreten", müsse aber wahrgenommen werden, sagte Bütikofer. Er sprach sich dafür aus, dass das gesamte militärische Engagement der Staatengemeinschaft in Afghanistan nur noch unter einem Mandat, dem Isaf-Mandat zur Unterstützung der afghanischen Regierung, stattfinden solle.
  • Bei schweren Gefechten in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach Angaben der US-geführten Koalitionstruppen zahlreiche Taliban-Kämpfer getötet worden. Die Koalition teilte am 10. Aug. mit, der Tod von zehn radikalislamischen Aufständischen sei bestätigt. Schätzungen zufolge seien viele weitere getötet oder verwundet worden. Soldaten der afghanischen Armee oder der Koalition seien nicht zu Schaden gekommen. Laut ISAF wurde bei einer Patrouille in Südafghanistan ein ausländischer Soldat getötet.
  • Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf will nun doch an einer traditionellen Versammlung von Stammesführern teilnehmen, die in Afghanistan nach Wegen zur Beendigung der Gewalt im Grenzgebiet beider Länder berät. Der afghanische Präsident Hamid Karsai habe Musharraf am 10. Aug. eingeladen, zur Abschlusssitzung der Dschirga am 12. Aug. zu kommen, teilte das pakistanische Außenministerium mit. Musharraf habe seine grundsätzliche Zustimmung gegeben.
  • Vertreter der Taliban und der südkoreanischen Regierung haben am 11. Aug. in Afghanistan ihre Gespräche über eine Freilassung der vor drei Wochen verschleppten Geiseln fortgesetzt. Ein Sprecher der Aufständischen äußerte sich zuversichtlich über den Verlauf der Verhandlungen in der Stadt Ghasni. Sabiullah Mudschahid sagte, die Taliban forderten weiter die Freilassung von inhaftierten Gesinnungsgenossen.
  • Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, hat vor einem Ausstieg aus der umstrittenen Antiterror-Operation Enduring Freedom in Afghanistan gewarnt. Ein Ende der deutschen Beteiligung "hielte ich für eine katastrophale Entscheidung", sagte Schneiderhan dem Südwestrundfunk am 11. Aug. Sie würde die Bündnissolidarität untergraben.
  • In Afghanistan sind zwei weitere NATO-Soldaten getötet worden, wie das Militärbündnis am 12. Aug. mitteilte. Bei einem Angriff im Süden des Landes kam demnach am 11. Aug. ein Soldat ums Leben, es gab zudem mehrere Verletzte. Im Osten Afghanistans explodierte eine am Straßenrand versteckte Bombe, als das Fahrzeug einer Patrouille vorbeifuhr. Ein Soldat wurde getötet, zwei weitere verletzt. In der südlichen Provinz Urusgan griffen die Taliban am Abend des 11. Aug. einen US-Militärstützpunkt an, zum dritten Mal in dieser Woche. Bei den Kämpfen seien mehrere Extremisten getötet worden, teilten die US-geführten Koalitionstruppen mit. Bereits am 7. Aug. kamen den Angaben zufolge bei Gefechten Dutzende Taliban ums Leben. Eine US-Militärsprecherin sagte, man erwarte in Kürze einen Großangriff auf den Stützpunkt.
  • Islamische Extremisten in Pakistan haben im Grenzgebiet zu Afghanistan zwei angebliche US-Spione aus Afghanistan ermordet. Auf einer Müllhalde in der Nähe der Stadt Miranshah in Nord-Waziristan sei der Torso eines afghanischen Bürgers gefunden worden, neben dem eine Botschaft mit den Worten "dies ist das Schicksal derer, die für die US-Streitkräfte spionieren", gefunden worden sei, verlautete am 12. Aug. aus pakistanischen Sicherheitskreisen. Weiter habe es in der Botschaft geheißen, der Mann habe "gestanden", monatlich 200 US-Dollar für seine Spionagetätigkeit erhalten zu haben.
  • Pakistans Staatschef Pervez Musharraf hat Afghanistan zu einer verbesserten Zusammenarbeit im Kampf gegen den islamischen Extremismus aufgerufen. Die Gesellschaften beider Länder würden von einer extremistischen Minderheit bedroht, die für "Gewalt und Rückwärtsgewandtheit" stehe, sagte Musharraf am 12. Aug. in Kabul zum Abschluss einer viertägigen Versammlung von rund 700 Stammesführern und Politikern beider Länder, die über eine Anti-Terror-Strategie im Grenzgebiet beraten hatten. "Wir müssen unsere Gesellschaften aus dieser Gefahr retten und zusammenarbeiten, bis wir Extremismus und Terrorismus besiegen."
  • Bei Angriffen radikal-islamischer Taliban sind am Wochenende (11./12. Aug.) in verschiedenen Teilen Afghanistans 29 Menschen getötet worden, unter ihnen vier Soldaten der internationalen Schutztruppen. Die US-geführte Militärkoalition in Afghanistan teilte in Kabul mit, drei ihrer Soldaten und deren afghanischer Dolmetscher seien in der östlichen Provinz Nangarhar bei einer Bombenexplosion getötet worden. Ein Taliban-Sprecher bekannte sich telefonisch zu dem Anschlag und sagte, die Toten seien US-Soldaten gewesen. Zuvor hatte das britische Verteidigungsministerium mitgeteilt, ein britischer Soldat sei bei einem Überfall im Süden getötet worden.
Montag, 13. August, bis Sonntag, 20. August
  • Die Vorsitzende der Grünen-Partei, Claudia Roth, hat ein Ende des Anti-Terror-Einsatzes in Afghanistan gefordert. Die Bundeswehr solle den Einsatz ihrer Tornado-Flugzeuge und ihre Beteiligung an der Anti-Terror-Mission der USA beenden, sagte die Oppositionspolitikerin der "Berliner Zeitung" vom 13. Aug. Zudem müsse sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die USA den gescheiterten Krieg gegen den Terrorismus in Afghanistan endlich beendeten. Roth forderte auch ein Nachdenken über ein Ende des nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ausgerufenen NATO-Bündnisfalles. Bislang gebe es dafür im NATO-Statut keine Regelung, betonte sie.
  • Bei Kämpfen in Südafghanistan sind 14 Menschen ums Leben gekommen. Im Bezirk Schohrawak gingen afghanische Truppen und Polizeieinheiten gegen Rebellen vor und töteten neun Taliban-Mitglieder, wie der Polizeichef der Provinz Kandahar, Sajed Agha Sakib, am 13. Aug. mitteilte. Danach kamen fünf Polizisten bei einem Bombenanschlag auf ihr Fahrzeug ums Leben.
  • In einem verzweifelten Appell hat der in Afghanistan entführte Deutsche darum gebeten, alles zu tun, um sein Leben zu retten. In einem Telefongespräch mit dem Büro der Nachrichtenagentur AP in Kandahar sagte Rudolph B. in englischer Sprache, dass er schwer krank und sein Leben in großer Gefahr sei. Das Gespräch kam zu Stande, indem die Taliban am 13. Aug. aus eigenen Stücken bei Associated Press anriefen und dann den vor knapp vier Wochen entführten Bauingenieur ans Telefon holten. Im Gespräch identifizierte sich Rudolph B. zunächst mit Namen und Wohnort. "Bitte geben Sie diese Nachricht an die deutsche Botschaft und an meinen Sohn Markus weiter", sagte er dann. Er lebe mit den Taliban in den Bergen und befinde sich in großer Gefahr, da er sehr krank sei. Seine Geiselnehmer wollten mit der Regierung in Kabul über ein Ende seiner Gefangenschaft verhandeln, sagte Rudolf B. weiter. Sie seien aber auch bereit, ihn zu töten. Er sei sehr traurig darüber, dass die deutsche Botschaft und die afghanische Regierung nicht auf sein Leid reagiert hätten und seinem Hilferuf aus den Bergen kein Gehör schenkten. Er wünsche sich vom afghanischen und vom deutschen Volk, dass alles getan werde, damit er lebendig von den Taliban befreit werden könne.
  • Die radikalislamischen Taliban in Afghanistan haben offenbar zwei ihrer 21 südkoreanischen Geiseln freigelassen. Sie wurden dem Stammesältesten Hadschi Sahir übergeben, wie dieser am 13. Aug. sagte.
  • Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat Vorwürfe des Westens zurückgewiesen, Teheran unterstütze die Taliban mit Waffen. Er habe "ernsthafte Zweifel" an solchen angeblichen Waffenlieferungen nach Afghanistan, sagte Ahmadinedschad am 14. Aug. bei einem Besuch in Kabul. Die USA wollten mit diesen Anschuldigungen ein freundschaftliches Verhältnis zwischen dem Iran und Afghanistan verhindern, sagte Ahmadinedschad auf einer Pressekonferenz mit seinem afghanischen Kollegen Hamid Karsai. Ähnliche Vorwürfe gegen den Iran gebe es auch mit Blick auf den Irak, antwortete Ahmadinedschad auf die Frage eines Journalisten. "Ich habe ernsthafte Zweifel bei diesem Thema." Ahmadinedschad hält sich zum ersten Mal in Afghanistan auf.
  • Der US-Botschafter in Tokio hat am 14. Aug. vor einem Ende der japanischen Unterstützung für die US-Truppen in Afghanistan gewarnt. Das Aussetzen der Versorgung der US-Streitkräfte, wie es derzeit die japanische Opposition fordere, könne "negative Auswirkungen" auf die Beziehungen zwischen beiden Ländern haben, sagte Thomas Schieffer der Tageszeitung "Asahi Shimbun". Der seit seinem Wahlsieg im japanischen Oberhaus erstarkte Oppositionsführer Ichiro Ozawa hatte zuvor angekündigt, einer japanischen Mission zur logistischen Unterstützung der US-Streitkräfte im Indischen Ozean nicht zuzustimmen.
  • In Afghanistan ist am 14. Aug. erstmals ein polnischer Soldat der NATO-Schutztruppe ISAF getötet worden. "Er ist im Einsatz gestorben. Seine Fahrzeugkolonne wurde von Unbekannten angegriffen", sagte Polens Verteidigungsminister Aleksander Szczyglo dem Fernsehsender TVN24. Der Vorfall ereignete sich demnach rund 20 Kilometer entfernt von dem Stützpunkt Gardes in der Provinz Paktia, unweit der Grenze zu Pakistan. Nachdem der Soldat bei einer Granatenexplosion verwundet worden sei, sei er im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen, teilte das Ministerium in einer Erklärung mit. Polen hat 1.200 Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Einige von ihnen hatten sich im Juni beschwert, ihre Fahrzeuge seien nicht ausreichend gegen Angriffe gepanzert.
  • Bundesverteidigungsminister Jung (CDU) hat eine Nato-Anfrage abgelehnt, Transporthubschrauber für den Einsatz in ganz Afghanistan zur Verfügung zu stellen. Das bestätigte das Ministerium der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Ausgabe vom 15. Aug.). Mit einem Schreiben vom 30. Juli hatte der Nato-Oberbefehlshaber Europa, der amerikanische General Craddock, um die Bereitstellung von Transporthubschraubern mittleren Typs gebeten. Die Anfrage ging außerdem an Frankreich, die Türkei, Spanien und Griechenland. Jung begründete die Ablehnung damit, dass die Bundeswehr mit ihren sechs Hubschraubern vom Typ CH-53 die Durchhaltefähigkeit in diesem Transportspektrum in der Nordregion sicherstellen müsse. Unter anderem steht einer dieser Hubschrauber ständig für medizinische Evakuation (MedEvac) zur Verfügung. Dort stellt Deutschland das Regionalkommando mit Sitz auf dem Stützpunkt Mazar-i-Scharif. Käme er der Anfrage nach, könne die Einsatzfähigkeit im Norden nicht aufrechterhalten werden, teilte Jung mit. Die Bundeswehr hat insgesamt 20 CH-53 in der geschützten und leistungsgesteigerten Version zur Verfügung, wie sie in Afghanistan benötigt wird. Wegen Wartung und Reparatur stehen davon als "Klarstand" nur zwölf zur Verfügung. Davon wird nach Auskunft des Verteidigungsministeriums die Hälfte für Ausbildung und Einsatzvorbereitung in Deutschland benötigt.
  • Drei deutsche Polizisten bei Anschlag getötet
    1. Meldung: Bei einem Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi am Rand der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am 15. Aug. drei deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Dies teilte der stellvertretende Polizeichef von Kabul, Salmay Chan, mit. Ein Sprecher der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) sagte, es gebe Informationen zu einem Anschlag in der Nähe einer Kaserne. Informationen über die Zahl der Opfer lägen jedoch noch nicht vor. (AP)
    2. Meldung: Bei der Explosion einer Landmine im Südosten der afghanischen Hauptstadt Kabul sind möglicherweise drei deutsche Soldaten der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) getötet worden. Die Mine habe einen Konvoi der NATO-geführten Truppe getroffen, sagte der Chef der Kabuler Kriminalpolizei am Mittwoch. "Wir glauben, dass die Toten NATO-Soldaten sind, vielleicht Deutsche", fügte er hinzu. Die ISAF bestätigte die Explosion einer Mine, konnte den Tod von Soldaten zunächst aber nicht bestätigen. (AFP)
    3. Meldung: Bei den Opfern des nächtlichen Bombenanschlags in der Nähe der afghanischen Hauptstadt Kabul handelt es sich nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin nicht um deutsche Soldaten. Nähere Einzelheiten wollte ein Sprecher des Ministeriums am Morgen des 15. Aug. nicht mitteilen. Für weitere Informationen verwies er auf das Auswärtige Amt. (AP)
    4. Meldung: Das Bundeskriminalamt will sich nicht zu Berichten äußern, wonach es sich bei den am 15. Aug. in Afghanistan ums Leben gekommenen Deutschen um BKA-Beamte handelt. "Wir geben derzeit keine Stellungnahme ab", sagte Sprecherin Anke Spriestersbach der AP und verwies auf das Auswärtige Amt sowie das Innenministerium in Berlin. Auch das Innenministerium erklärte sich auf Anfrage für nicht zuständig. Vom Auswärtigen Amt war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. (AP)
    5. Maldung: Die drei Opfer des Anschlags nahe Kabul am 15. Aug. waren deutsche Polizeibeamte, wie Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble mitteilte. Ein weiterer Beamter wurde verletzt, befindet sich aber außer Lebensgefahr. Die Opfer seien "in Afghanistan im Einsatz zum Schutz unserer dortigen Botschaft und des Botschafters selbst" gewesen, erklärte der Minister. Nach Schäubles Mitteilung fuhren die Beamten auf dem Weg zu einem dienstlichen Training auf einen Sprengsatz. Sie hätten ein besonders geschütztes Fahrzeug benutzt. Doch sei die Explosion so stark gewesen, dass "trotz allen Schutzes die schrecklichen Folgen eingetreten sind". (AP)
  • Auch nach dem tödlichen Anschlag auf drei deutsche Polizisten in Kabul sieht sich die Bundesregierung dem Aufbau Afghanistans weiter verpflichtet. Zwar müsse alles unternommen werden, um Vorkommnisse wie den Anschlag vom 15. Aug. zu verhüten, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm vor Journalisten in Berlin. Dies bedeute jedoch nicht, dass Deutschland im Bemühen nachlassen dürfe, Afghanistan zu stabilisieren. Der Prozess des Aufbaus und der Stärkung der afghanischen Institutionen liege im ureigensten deutschen sicherheitspolitischen Interesse. Die Möglichkeit, dass Afghanistan wieder Rückzugsraum für Terroristen werden könne, sei eine Bedrohung und Herausforderung für die innere Sicherheit Deutschlands, sagte Wilhelm.
  • Vertreter der Bundesregierung und der Bundeswehr lehnen einen Strategiewechsel in Afghanistan ab. Es gebe in der Politik einen breiten Konsens darüber, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), am 16. Aug. auf N24. Der deutsche Stabschef im Hauptquartier der Internationalen Schutztruppe ISAF, Generalmajor Bruno Kasdorf, sagte, zur Stabilisierung Afghanistans "brauchen wir einen langen Atem".
    Dagegen plädierte der linke Flügel der SPD erneut für den Rückzug der Bundeswehr aus dem US-geführten Anti-Terror-Einsatz. Der aus der Friedensbewegung hervorgegangene Bundesausschuss Friedensratschlag forderte die vollständige Beendigung des Bundeswehrengagements in Afghanistan. (AFP, 16. Aug.)
    Zur Debatte um die Zukunft des Bundeswehreinsatzes unter dem Eindruck des Todes der drei Polizisten siehe u.a.:
  • Die US-Truppen in Afghanistan haben im Osten des Landes eine Offensive gegen Kämpfer der Taliban-Miliz und des Terrornetzwerks Al-Kaida gestartet. Die in der Tora-Bora-Region verschanzten Kämpfer würden am Boden und aus der Luft angegriffen, teilte eine Sprecherin des Anti-Terror-Einsatzes "Enduring Freedom" (OEF) am 15. Aug mit. Die abgelegene Bergregion in der an Pakistan angrenzenden Provinz Nangarhar war bereits Ende 2001 das Ziel einer groß angelegten Militäraktion, die sich vor allem gegen Al-Kaida-Führer Osama bin Laden richtete.
  • Im vergangenen Jahr haben sich 99 US-Soldaten das Leben genommen. Mit 17,3 Fällen je 100.000 Soldaten stieg die Suizidrate damit auf den höchsten Stand seit 26 Jahren, wie aus einem Bericht des Pentagons hervorgeht. Die meisten Selbstmorde wurden demnach von Soldaten verübt, die im Irak im Einsatz waren. Auch die meisten Selbstmordversuche gab es in dieser Gruppe. "Es bestand eine signifikante Beziehung zwischen Selbstmordversuchen und der Anzahl von Stationierungstagen" im Irak oder in Afghanistan, heißt es in dem Bericht. Danaben wurden gescheiterte persönliche Beziehungen sowie juristische und finanzielle Probleme als Ursachen der Verzweiflungstat genannt. Das Pentagon wollte dem Bericht am 16. Aug. veröffentlichen.
  • Nach dem Anschlag auf deutsche Polizisten in Afghanistan hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor überzogenen Sicherheitsmaßnahmen gewarnt. Zwar müsse geprüft werden, ob die Ausrüstung der in Afghanistan stationierten Beamten verbessert werden könne, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg am 16. Aug. der AP in Berlin. "Aber wir wollen keine Militarisierung der Polizei." Die Forderung der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) nach Beschaffung etwa von Panzern wies Freiberg zurück. Im Zweifelsfall müsse die Bundeswehr für den Schutz der Polizei sorgen. "Wir wollen nicht, dass die Polizei Panzer und Tornados bekommt und das selbst macht." DPolG-Chef Wolfgang Speck hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, die Polizei ähnlich wie die Bundeswehr auszurüsten. Unter anderem hatte er Fuchs-Panzer, gepanzerte Geländewagen und ein Funkminenabwehrsystem für die Polizei gefordert.
  • Die pakistanische Armee hat im Grenzland zu Afghanistan zehn mutmaßliche Rebellen getötet. Zwölf weitere Gegner seien verletzt worden, sagte ein Militärsprecher am 16. Aug. Zunächst sei ein Militärtransport in der Nähe von Wama unweit der Grenze zu Afghanistan angegriffen worden. Bei den folgenden Kämpfen, bei denen die Armee auch Hubschrauber eingesetzt habe, seien dann zehn Angreifer getötet worden. Die pakistanische Armee liefert sich im Norden des Landes seit Monaten heftige Gefechte mit mutmaßlichen Rebellen, die den radikalislamischen Taliban und dem Terrornetzwerk El Kaida nahe stehen sollen.
  • Bei einer Schießerei zwischen NATO-Soldaten und Taliban-Kämpfern sind in Ostafghanistan fünf Dorfbewohner erschossen worden. Drei weitere Zivilpersonen seien verletzt worden, teilte die NATO am 17. Aug. in Kabul mit. Die Truppen seien im Anschluss an die Explosion einer Straßenbombe mit Schusswaffen und Mörsergranaten attackiert worden. Danach hätten sich beide Seiten ein Feuergefecht geliefert, in dem auch zwei Taliban-Kämpfer verletzt worden seien. Den genauen Ort der Kämpfe nannte die Militärführung nicht. Zum Tod der Dorfbewohner hieß es in einer Erklärung: "Solche Zwischenfälle sind bedauerlich, und unsere Gedanken und Gebete sind bei den Familien und Freunden der Getöteten und Verletzten."
  • Nach ihrer Freilassung aus der Gewalt der afghanischen Taliban sind zwei koreanische Geiseln am 17. Aug. in Seoul eingetroffen. Die beiden Frauen im Alter von 32 und 37 Jahren äußerten bei ihrer Ankunft die Hoffnung, dass jetzt auch die anderen 19 Geiseln sobald wie möglich freikommen werden.
  • Auch nach dem Tod von drei deutschen Sicherheitsbeamten in Afghanistan schließt die Bundesregierung eine Aufstockung des dortigen Bundeswehr-Kontingents nicht aus. "Auch hierzu gibt es Überlegungen in der Bundesregierung", sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), der "Berliner Zeitung" (17. Aug.). Allerdings müsse zunächst geklärt werden, "ob innerhalb der derzeitigen Obergrenzen, die jedoch schon fast erreicht sind, die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte verstärkt werden kann". Zur Diskussion steht laut Erler auch, dass deutsche Soldaten afghanische Sicherheitskräfte künftig auch im Süden des Landes ausbilden. Erler bekräftigte, dass die Bundesregierung auch nach dem tödlichen Attentat auf drei deutsche Polizeibeamte in Kabul am Afghanistan-Einsatz festhalte. "Es gibt auch nach der Tragödie vom Mittwoch einen breiten Konsens in der deutschen Politik, sich durch solche Anschläge nicht aus der Bahn werfen zu lassen", sagte er. "Wir brauchen jetzt ein Zeichen der Entschlossenheit, um den Taliban nicht das Feld zu überlassen." Erler sagte weiter, um die "Operation Enduring Freedom" (OEF) zu einem Gesamterfolg der internationalen Gemeinschaft zu machen, müssten die OEF-Soldaten vor jedem Einsatz prüfen, "ob Zivilisten dabei in Gefahr geraten". Im Zweifel müsse auf den Einsatz verzichtet werden.
  • Die Internationale Schutztruppe (ISAF) in Afghanistan muss nach Ansicht des kanadischen Botschafters in Deutschland, Paul Dubois, verstärkt werden. "Wir würden es begrüßen, wenn Deutschland und auch andere Länder - es ist eine gemeinsame Sache der NATO - mehr Soldaten schicken würden", sagte Dubois am 17. Aug. im Deutschlandradio Kultur. Die bisherige ISAF-Stärke von 40.000 Soldaten sei angesichts der Größe des Landes und des schwierigen Terrains "immer noch sehr wenig". Kanada ist mit 2500 Soldaten einer der größten Truppensteller der ISAF. Laut Dubois starben bisher 66 kandadische Militärangehörige und ein kanadischer Diplomat in Afghanistan.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der Nähe der südafghanischen Stadt Kandahar sind am 18. Aug. 15 Menschen getötet worden. Der Täter fuhr mit einem Auto in die Nähe eines Konvois von privaten Sicherheitsleuten und brachte sein Fahrzeug zur Explosion. Bei den Toten handelt es sich nach Polizeiangaben um elf Zivilpersonen in einem anderen Auto - darunter drei Frauen und zwei Kinder - und vier afghanische Beschäftigte einer privaten US-Sicherheitsfirma. 26 Menschen wurden verletzt, unter ihnen 20 Zivilpersonen, die den Konvoi zum Zeitpunkt des Anschlags in zwei Kleinbussen passierten.
  • Eine in Kabul entführte Deutsche ist offenbar nicht von den radikalislamischen Taliban verschleppt worden. Nach ersten Hinweisen habe womöglich eine Bande von Jugendlichen die Frau entführt, wie die Nachrichtenagentur AFP am 18. Aug. in Berlin erfuhr. Demnach soll die Frau für eine Nicht-Regierungsorganisation (NGO) in Afghanistan tätig gewesen sein.
    Die in Afghanistan entführte Deutsche arbeitet für die christliche Hilfsorganisation ora international. Das sagte der Sprecher von ora international in Deutschland, Ulf Baumann, am 18. Aug. der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Die 31-Jährige, die aus Süddeutschland stammt, sei seit einem Jahr als Büroleiterin in Kabul tätig und mit ihrem Mann unterwegs gewesen. Sie sei nach seinen Informationen aus einem Restaurant verschleppt worden. Der Ehemann konnte den Entführern demnach entkommen.
    Die Hilfsorganisation Ora International wurde 1981 von Heinrich Floreck gegründet. Sie versteht sich als christlich-überkonfessionelles Hilfswerk, das sich weltweit für Menschen in Not einsetzt. Zurzeit engagiert sich Ora International, deren Sitz sich in Korbach in Nordhessen befindet, mit rund 300 Mitarbeitern in 30 Ländern weltweit. Die Tätigkeit ist überwiegend ehrenamtlich, nur in Einzelfällen wird ein Gehalt gezahlt. Ziel von Ora International ist es nach eigenen Angaben, ganzheitliche - materielle und psychologische - Hilfe zu leisten. In Afghanistan hat sich Ora International nach eigenen Angaben auf Gesundheitsvorsorge und -erziehung spezialisiert. Die Mitarbeiter vor Ort informieren insbesondere über Aids und seine Ansteckungswege.
  • Ex-Bundesaußenminister Joschka Fischer hat eine Ausdehnung des deutschen Engagements in Afghanistan gefordert. "Ich bin nachdrücklich dafür, dass wir an unserem Engagement festhalten", sagte der Grünen-Politiker im "Sonntagsgespräch" des hr-Fernsehens, wie am 18. Aug. vorab gemeldet wurde. "Ich unterstütze die Bundesregierung, es auszudehnen". Fischer bezeichnete es als Fehler, dass die Bundeswehr im vergangenen Jahr ihren Einsatz nicht auf den Süden Afghanistans ausgedehnt habe, als die kanadischen Streitkräfte dort mehr als 60 Soldaten im Kampf gegen die Taliban verloren hätten. Da habe sich Kanada, das in den Zeiten des Kalten Krieges eine Schutzmacht von Deutschland gewesen sei, sehr alleine gefühlt, sagte er. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe er sich "eine etwas couragiertere Herangehensweise" gewünscht, "als es vor einem Jahr darum ging, Flagge zu zeigen", sagte Fischer weiter. Sowohl in den USA als auch in Kanada würde das Zaudern der Bundesregierung in dieser Frage zunehmend Befremden auslösen.
  • Im Berliner Dom ist am 18. Aug. in einer Trauerfeier der drei in Afghanistan getöteten deutschen Polizeibeamten gedacht worden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, die drei Beamten hätten "ihr Leben gelassen für eine zutiefst humane Idee". Menschen könnten nur in Frieden leben, wenn es eine Ordnung gebe, die ihnen Sicherheit garantiere. Solch eine Ordnung bedeute das Ende des Terrorismus und ihr gelte der Hass des internationalen Terrorismus. Die Beamten hätten "ihr Leben für unser Vaterland" gegeben. "Wir verneigen uns in tiefer Dankbarkeit vor den Toten." Schäuble versicherte überdies den Angehörigen, dass die Bundesregierung alles tun werde, "um die feigen Täter zu ermitteln und ihrer Strafe zuzuführen".
    An dem Gottesdienst nahmen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und weitere Politiker aus Bund und Ländern teil. Merkel kannte einen der drei getöteten Beamten persönlich, weil er seit Jahren als Personenschützer für sie tätig war. Unter den Trauernden waren neben zahlreichen Polizeibeamten auch Vizekanzler Franz Müntefering, Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), aus dessen Bundesland zwei der Opfer stammten.
  • Zum heutigen afghanischen Unabhängigkeitstag (19. Aug.) haben die Taliban zum Heiligen Krieg gegen westliche Truppen aufgerufen. Rebellenführer Mullah Mohammad Omar verbreitete einen Aufruf im Internet. Für den Sieg müssten Konflikte zwischen Stämmen und Volksgruppen überwunden werden, heißt es in dem Aufruf.
  • Im Süden Afghanistans ist am 19. Aug. ein NATO-Soldat ums Leben gekommen, wie das Militärbündnis mitteilte. Der Soldat begleitete einen Konvoi. Angaben zu seiner Nationalität und zum genauen Ort des Zwischenfalls machte die NATO nicht.
  • Bei Angriffen pakistanischer Kampfhubschrauber auf mutmaßliche Rebellenstützpunkte sind am 19. Aug. im Grenzgebiet zu Afghanistan fünf Zivilpersonen, darunter zwei Frauen und zwei Kinder getötet worden. Ein Sprecher der örtlichen Behörden teilte AFP mit, Soldaten hätten ein Haus in der Nähe der Stadt Mir Ali zerstört und dabei die Zivilisten getötet. Bei dem Militäreinsatz hatten vier Hubschrauber in Nord-Waziristan vermutete Schlupfwinkel von radikal-islamischen Untergrundkämpfern angegriffen.
  • Die pakistanischen Streitkräfte haben im Stammesgebiet an der Grenze zu Afghanistan nach eigenen Angaben am 19. Aug. 15 Extremisten getötet. Hubschrauber hätten mutmaßliche Stellungen der Kämpfer in Nord-Waziristan angegriffen, nachdem es in dem Gebiet zu heftigen Gefechten gekommen sei. Bei den meisten der Getöteten handele es sich um Usbeken, erklärte ein Sprecher der Streitkräfte.
  • Die Geiselnehmer der 31-jährigen Christina M. in Kabul haben auf dem am 19. Aug. ausgestrahlten Video versichert, sie seien keine Taliban. "Wir sind keine schlechten Leute, wir sind auch keine Taliban", sagte einer der Geiselnehmer, der sich auf dem in Afghanistan ausgestrahlten Video in der persischen Dari-Sprache äußert. "Wir sind eine andere Gruppe." Als Gegenleistung für die Freilassung der Deutschen verlangte er, der afghanische Präsident Hamid Karsai müsse "unsere unschuldigen Gefangenen freilassen". Die Gruppe werde eine Liste dieser Gefangenen herausgeben. "Wir haben keine anderen Forderungen", fügte der Mann hinzu, dessen Gesicht hinter einer Sonnenbrille und einem Tuch versteckt war.
Montag, 20. August, bis Sonntag, 26. August
  • Die in Afghanistan entführte Deutsche Christina M. ist von der Polizei befreit worden, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Kabul am frühen Morgen des 20. Aug. (Ortszeit) bestätigte. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin erklärte, die Deutsche befinde sich in der sicheren Obhut der deutschen Botschaft.
  • Die Deutsche Welthungerhilfe hat eine neue Strategie für Hilfsmaßnahmen in Afghanistan gefordert. Die Aufbauhilfe und die Sicherheitsmaßnahmen müssten mehr auf die Bevölkerung in den ländlichen Gebieten ausgerichtet werden, erklärte der Generalsekretär der Organisation, Hans-Joachim Preuß, der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung" (Ausgabe vom 20. Aug.). "Trotz der ökonomischen Fortschritte ist die Kluft zwischen der Entwicklung in den Städten und auf dem Land größer geworden. Gerade in ländlichen Regionen führt die langsame wirtschaftliche Entwicklung zu einer wachsenden Akzeptanz regierungsfeindlicher und teilweise gewaltbereiter Kräfte", sagte Preuß.
  • Das katholische Hilfswerk Caritas lehnt einen Rückzug aus Afghanistan auch nach der jüngsten Entführung einer Entwicklungshelferin ab. Zwar beobachte man angespannt die Lage im Land, sagte der Leiter des Caritas-Büros in Kabul, Timo Christians, am 20. Aug. im Deutschlandradio Kultur. Der Bedarf an Hilfsleistungen sei aber noch immer sehr hoch. Deswegen gebe es eine Verpflichtung, sich trotz der Sicherheitslage nicht zu schnell zurückzuziehen. "Das ist eine sehr schwierige Balance, der wir derzeit versuchen gerecht zu werden. Aber solange wir können, werden wir auf jeden Fall noch weiter hier bleiben", betonte er.
    Einen militärischen oder polizeilichen Begleitschutz für die Hilfsorganisation schloss Christians aus: "Keine der deutschen Hilfsorganisationen fährt unter Polizeischutz oder unter Schutz des internationalen Militärs." Die Hilfsorganisationen müssten ihre Unabhängigkeit auch gegenüber der Bevölkerung und den Gemeinden demonstrieren.
  • Die Bundesregierung plant, den Bundestag erstmals über alle drei bestehenden Afghanistan-Mandate für die Bundeswehr zugleich abstimmen zu lassen. In der zweiten Oktoberwoche soll das Parlament über die Beteiligung an der ISAF-Schutztruppe, der US- geführten Operation "Enduring Freedom" und den Tornado-Einsatz entscheiden. Das erfuhr die dpa am 20. Aug. aus Regierungskreisen in Berlin. Die Mandate für die ISAF und die Tornados laufen Mitte Oktober aus, das OEF-Mandat Mitte November.
  • Im Drama um die südkoreanischen Geiseln in Afghanistan dringen die Taliban weiter auf die Erfüllung ihrer Forderungen. Ein Sprecher der Taliban warf der südkoreanischen Regierung am 20. Aug. vor, sich nicht hinreichend für die Freilassung der noch 19 Verschleppten einzusetzen. Die Taliban verlangen die Freilassung von Gefangenen in Afghanistan im Austausch gegen die Geiseln. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte in einem Telefongespräch, die südkoreanische Regierung sei wohl nicht an einer Freilassung der Geiseln interessiert, da sie die USA und die afghanische Regierung bisher nicht dazu gebracht habe, die Forderungen der Taliban zu erfüllen. Die Gruppe von ursprünglich 23 südkoreanischen Christen wurde am 19. Juli in der Provinz Ghasni überfallen und entführt. Zwei der Geiseln wurde getötet, zwei weitere freigelassen.
  • Zwei der drei Bundestags-Mandate für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan sollen nach dem Willen der Koalitionsspitzen zusammengefasst werden. "Wir empfehlen der Bundesregierung und den Fraktionen, den ISAF-Einsatz und den Tornadoeinsatz in einem Mandat zusammenzufassen und Anfang Oktober darüber zu entscheiden", sagte SPD-Chef Kurt Beck in der Nacht zum 21. Aug. nach einem vierstündigen Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Franz Müntefering und CSU-Chef Edmund Stoiber. Über das Anti-Terror-Mandat "Operation Enduring Freedom" (OEF) soll der Bundestag hingegen erst im November, also nach dem SPD-Bundesparteitag, entscheiden. Beck sagte dazu: "Ich habe darum gebeten, weil ich ausdrücklich meinen Parteitag mit der Frage befassen will - mit dem Willen, dieses Mandat zu verlängern."
  • Die in Kabul aus der Gewalt von Entführern befreite deutsche Entwicklungshelferin Christina M. hat Afghanistan verlassen: Die 31-Jährige und ihr Mann wurden am 21. Aug. mit dem Flugzeug außer Landes gebracht. Die 31-Jährige, die für ora international in Kabul tätig war, sei von ihren Entführern nach eigenen Angaben gut behandelt worden, sagte der Afghanistan-Direktor der Hilfsorganisation ora international, Joop Teeuwen, in Kabul. Ärztliche Untersuchungen nach ihrer Befreiung hätten ergeben, dass die schwangere Entwicklungshelferin völlig gesund sei.
  • Der SPD-Außenpolitiker Egon Bahr hat eine massive Aufstockung der internationalen Truppe für Afghanistan gefordert. "Ich kann nicht beurteilen, ob 200 000 Soldaten ausreichen. Vielleicht müssen es auch mehr sein, weniger jedenfalls nicht", sagte Bahr der "Berliner Zeitung" (21. Aug.). Er sprach sich zugleich für eine Verlängerung aller drei deutschen Afghanistan-Mandate durch den Bundestag aus. Allerdings sollten die Mandate auf ein Jahr befristet werden, forderte Bahr. "Dieses Jahr sollte die Nato für eine grundlegende Analyse nutzen, um an deren Ende festzustellen, was das Ziel des gesamten Einsatzes ist, welche Zeit das brauchen wird und welchen Aufwand an Menschen und Finanzen." Das Ergebnis sei eigentlich schon klar: "Die Fortsetzung des Einsatzes mit den bisherigen Mitteln reicht nicht aus." Wie bisher mit 40.000 Mann werde das Ziel eines stabilen Afghanistans auch in 20 Jahren nicht erreicht, warnte Bahr. Der SPD-Politiker sprach sich zudem dafür aus, Verhandlungen mit moderaten Taliban in Afghanistan zu führen. "Ich sehe, dass sogar Amerikaner mit einer Reihe von Taliban reden, die sie zu einer nicht fundamentalen Gruppe rechnen", sagte er der Zeitung. "Stabilität in Afghanistan wird man ohne Beteiligung der Taliban nicht erreichen können. Man kann nicht gegen 30 oder mehr Prozent der Bevölkerung von außen Frieden erzwingen."
  • Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) verwies am 21. Aug. in Berlin darauf, dass es in der SPD eine offene Debatte über die umstrittene Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" gebe. Er gehe jedoch davon aus, dass die Spitzen der Partei für die Verlängerung des entsprechenden Mandats werben würden. Nach dem SPD-Parteitag Ende Oktober in Hamburg solle dann im November der Bundestag über "Enduring Freedom" entscheiden.
    FDP-Fraktionsvize Birgit Homburger verlangte dagegen eine zügige Entscheidung über alle Afghanistan-Mandate. Einen Teil der Beratungen auf November zu vertagen, "wird den politischen Anforderungen nicht gerecht", kritisierte sie. Der vieldiskutierte und beschlossene Strategiewechsel müsse endlich umgesetzt werden. Den Hinweis auf Beratungen des SPD-Parteitags wertete die FDP-Politikerin in diesem Zusammenhang als "völlig sachfremd". Es sei "peinlich", dass die Union "zur Wahrung des Koalitionsfriedens eine solch absurde Entscheidung mitträgt".
    Grünen-Parteichefin Claudia Roth warf der SPD "taktische Manöver" vor. Offensichtlich solle die geplante Wahl von Außenminister Frank Walter Steinmeier zum SPD-Vize nicht durch eine vorherige Bundestagsdebatte über das Mandat für "Enduring Freedom" belastet werden. Roth wandte sich zugleich gegen die Verabredung der Koalition, die Abstimmung über das ISAF-Mandat mit dem Tornado-Einsatz zu verbinden. Damit wolle die SPD-Spitze offensichtlich die Zahl der Gegenstimmen aus den eigenen Reihen zum Tornado-Einsatz reduzieren, da das ISAF-Mandat selbst weitgehend unstrittig sei.
  • Die afghanischen Ermittler haben einem Medienbericht zufolge einen der mutmaßlich am tödlichen Anschlag auf drei deutsche Polizisten Beteiligten festgenommen. Bereits am vergangenen Donnerstag (16. Aug.) sei ein junger Afghane festgenommen worden, der an dem Anschlag auf den deutschen Jeep beteiligt gewesen sein könne, berichtet "Spiegel online" am 21. Aug. Demnach gehen die afghanischen Ermittler davon aus, dass der Mann aus der Provinz Wardak für die Zündung des Sprengsatzes verantwortlich sein könnte. Die Fahnder vermuten dem Bericht zufolge, dass der Verdächtige einer Gruppe angehört, die den Anschlag geplant hat, und dass er erst kurz zuvor mit dem Bus nach Kabul gereist war.
  • SPD-Fraktionschef Peter Struck hat sich für eine Verlängerung des Bundeswehrmandats in Afghanistan im Rahmen der Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" ausgesprochen. Man könne in diesem Fall nicht der Stimmung der Bevölkerung folgen, sondern müsse politische Verantwortung übernehmen, sagte er dem "Handelsblatt" laut dpa vom 22. Aug. Die SPD-Linke ist gegen eine Fortsetzung des OEF-Mandats. Der Bundestag will im Oktober über den ISAF- und Tornado-Einsatz in Afghanistan abstimmen. Über das OEF-Mandat soll im November beraten werden.
  • US-Soldaten in Afghanistan jagen nicht nur radikalislamische Taliban-Kämpfer, sie helfen auch beim Schutz bedrohter Tierarten wie Schneeleopard und Marco-Polo-Schaf. Der Tierschutzverein des New Yorker Zoos in der Bronx habe eine Fortbildung für US-Militärs in Afghanistan abgehalten, hieß es in einer am 22. Aug. in Kabul veröffentlichten Erklärung der US-Streitkräfte. Dabei sollten die Soldaten lernen, wie der Handel mit illegalen Tierprodukten wirksam unterbunden werden könne.
  • Die Taliban haben die Freilassung des in Afghanistan entführten Deutschen mit Nachdruck von der Freilassung von zehn gefangenen Taliban-Kämpfern abhängig gemacht. Der Ingenieur Rudolf B. könne freikommen, wenn die Regierung in Kabul die inhaftierten Taliban-Kämpfer freilasse, sagte Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahed am 22. Aug. der Nachrichtenagentur AFP. Mudschahed verwies darauf, dass Rudolf B. krank sei. "Wenn die Gefangenen nicht befreit werden, bleiben der Ingenieur und seine vier afghanischen Kollegen in Haft", sagte Mudschahed. Einer Lösung stellten sich jedoch offenbar die USA entgegen, sagte Mudschahed. Washington tritt entschieden gegen einen Gefangenenaustausch mit den Taliban ein.
  • Bei verschiedenen blutigen Zwischenfällen wurden in Afghanistan elf Menschen getötet, ein Anschlag auf einen Gouverneur schlug fehl.
    Bei der jüngsten Serie von Gewalttaten wurden elf Menschen getötet, darunter zwei junge Schafhirten. Ein Selbstmordattentäter raste mit seinem sprengstoffbeladenen Wagen in einen Konvoi, mit dem der Gouverneuer der Provinz Chost, Arsala Dschamal, von der Eröffnungszeremonie für eine neue Straße zurückkam. Der Gouverneur entkam unverletzt, aber einer seiner Leibwächter kam nach offiziellen Angaben ums Leben. Bei weiteren Zwischenfällen wurden mehrere Taliban-Kämpfer und zwei Polizisten getötet, meldete AFP am 22. Aug.
  • Trotz der verschärften Sicherheitslage in Afghanistan will Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) deutsche Helfer dort nicht unter Militärschutz stellen. "Bei der Entwicklungszusammenarbeit brauchen wir den direkten, vertrauensvollen Umgang mit den Menschen vor Ort. Da wollen und können Sie nicht neben jeden Helfer jemanden mit einem Gewehr stellen", sagte sie der Wochenzeitung "Die Zeit", wie am 22. Aug. vorab berichtet wurde. "Staatsaufbau braucht einen langen Atem. Die Hintermänner der Attacken und Entführungen wollen unser langfristiges Engagement sabotieren. Eben darum dürfen wir ihnen nicht nachgeben." Nach Meinung der Entwicklungshilfeministerin sollte auch die umstrittene deutsche Beteiligung an OEF-Operationen verlängert werden.
  • Erst nach einer Woche sickerte am 22. Aug. durch Warschauer Blätter die Nachricht an die polnische Öffentlichkeit, dass unweit von Wazi Khawa im Süden Afghanistans Angehörige des polnischen ISAF-Kontingents mehrere Zivilisten, darunter auch Kinder, getötet haben. Nachdem eine Patrouille durch eine Mine an der Weiterfahrt gehindert worden war, verfolgten die polnischen Soldaten mutmaßliche Taliban-Kämpfer bis in ein Dorf und schossen dort blind umher. Das polnische Verteidigungsministerium gestand den Tod von Zivilisten erst nach Bekanntgabe des "Vorfalls" durch die NATO ein. (Nach einem Bericht von Julian Bartosz im "Neuen Deutschland" vom 24. Aug.)
    Das konnte die polnische Regierung offenbar nicht auf sich sitzen lassen. Am 23. Aug. schickte sie folgende Erfolgsmeldung hinterher:
    Polnische Soldaten haben nach Angaben von Polens Verteidigungsminister Aleksander Szczyglo in Afghanistan einen hohen Vertreter der radikalislamischen Taliban festgenommen. Die Festnahme sei bereits am 16. August erfolgt, sagte der Minister am 23. Aug. Bei dem Verdächtigen handele es sich um einen Kämpfer mit dem Pseudonym "Puma". Dieser habe an vierter Stelle auf einer Liste mit den meistgesuchten Terroristen in Afghanistan gestanden, betonte Szczyglo. Die Festnahme gelang nach Angaben des Minister bei der Verfolgung von Angreifern auf polnische Soldaten der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF). (AFP, 23. Aug.)
  • Von dem vor mehr als einem Monat in Afghanistan entführten deutschen Ingenieur Rudolf Blechschmidt ist erneut ein Video aufgetaucht. Darin macht der 62-Jährige einen sehr geschwächten Eindruck. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erklärte, der Krisenstab werte das Video sorgfältig aus. Er bemühe sich weiterhin sehr intensive um die Freilassung der Geisel. In dem Video, das von dem privaten afghanischen Sender Tolo TV am 23. Aug. ausgestrahlt wurde, erklärt Blechschmidt: "Ich bin ein Gefangener der Taliban. Wir leben in den Bergen." Die Bedingungen seien sehr schlecht. "Bitte helft uns", appelliert der Ingenieur, der auf einer schwarzen Decke liegt, sich auf die Brust klopft und wiederholt hustet. In drei Tagen gehe seine Medizin zur Neige. Die Zeit werde knapp.
  • Bei einem Überfall auf einen Konvoi zur Versorgung von NATO-Truppen in Südafghanistan sind am 23. Aug. zehn Menschen getötet worden. Die Lastwagen seien auf der Fernstraße von Kabul nach Kandahar in der Nähe der Stadt Kalat angegriffen worden, sagte der Angestellte eines privaten Sicherheitsdienstes. Bei den Angreifern habe es sich um Taliban-Kämpfer gehandelt. Drei Fahrzeuge seien zerstört worden.
  • Der SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels hat sich dafür ausgesprochen, alle internationalen Truppen in Afghanistan dem Kommando der NATO zu unterstellen. Angesichts der vielen zivilen Opfer durch die US-geführte Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF) müsse künftig die NATO die Terrorbekämpfung übernehmen, sagte Bartels am 23. Aug. im Interview mit "sueddeutsche.de". Die Zahl der zivilen Opfer stehe im Gegensatz zur NATO-Strategie, betonte er. "Wenn man Terroristen ausfindig macht, muss es das Ziel sein, sie festzunehmen, nicht sie zu bombardieren."
  • Eine Gruppe von afghanischen Ärzten hat am 24. Aug. angeboten, den verschleppten deutschen Bauingenieur Rudolf B. medizinisch zu versorgen. "Sein Gesundheitszustand ist sehr besorgniserregend", sagte der Arzt Mohammad Haschim auf einer Pressekonferenz in Kabul. Haschim, dessen Privatklinik vor zwei Wochen bereits Medikamente an die von den Taliban entführten Südkoreaner übermittelt hatte, erklärte sich bereit, sich zu dem verschleppten Mann zu begeben und ihn zu behandeln. "Wir können auch den Geiselnehmern telefonisch Anweisungen geben", fügte der Mediziner hinzu. Der Deutsche war am 23. Aug. erneut auf einem Video zu sehen gewesen, auf dem er sehr geschwächt und krank wirkte.
  • Die seit sechs Wochen in Afghanistan entführten 19 Südkoreaner werden von den Geiselnehmern offenbar ständig an andere Orte verlegt. Den Entführten gehe es aber trotzdem relativ gut, sagte am 24. Aug. der Arzt Mohammad Haschim Wahaadsch, der Kontakt zu einem Taliban-Kommandeur unterhält. Er hatte zu Beginn des Monats den Taliban Medikamente übergeben. Er habe die Geiseln nicht selbst untersuchen können, aber alle Fragen telefonisch mit den Entführern besprochen, sagte Wahaadsch. Er telefoniere regelmäßig mit Mullah Mansor, dem Taliban-Kommandeur in der Region, in der die Südkoreaner am 19. Juli entführt wurden. Die Geiseln seien inzwischen in mehrere Gruppen aufgeteilt worden und würden alle sechs bis acht Stunden an einen anderen Ort gebracht, um die Fahndung der afghanischen Sicherheitskräfte zu erschweren.
  • Im Osten Afghanistans haben wurde bei einer Razzia ein mutmaßlicher Aufständischen getötet. Elf Verdächtige wurden nach Militärangaben vom 24. Aug. festgenommen. Der Einsatz erfolgte im Rahmen der von den USA geführten "Operation Enduring Freedom" (OEF).
  • Im Süden Afghanistans sind drei britische Soldaten der Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) offenbar versehentlich von einer US-Bombe getötet worden. Wie das Verteidigungsministerium in London am 24. Aug. mitteilte, wurden zwei weitere britische NATO-Soldaten am 23. Aug. bei dem Vorfall in der Provinz Helmand verletzt. Offenbar habe es sich um "friendly fire" gehandelt, erklärte das Ministerium. Die Opfer gehörten zum Ersten Bataillon des Royal Anglian Regiments. Der Zwischenfall ereignete sich laut Ministerium in der Nähe von Kajaki. Dort hatten die Briten nach einem Angriff der radikalislamischen Taliban zwei F-15-Kampfflugzeuge der US-Luftwaffe zur Unterstützung angefordert. Die Jets hätten "eine einzige Bombe" abgeworfen, deren Explosion offenbar die drei Briten getötet habe, erklärte das Ministerium.
    Seit Jahresbeginn starben damit 142 Soldaten der ausländischen Streitkräfte in Afghanistan. Die britischen Truppen verloren seit Beginn ihres Afghanistan-Einsatzes 2001 insgesamt 73 Soldaten. Großbritannien ist mit mehr als 6.000 Soldaten vor allem im Süden des Landes vertreten; noch in diesem Jahr sollen es mehr als 7.700 werden.
  • Die Familie des in Afghanistan entführten deutschen Ingenieurs hat schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhoben. Berlin wolle an seinem Vater offenbar ein Exempel statuieren, sagte der Sohn des 62-Jährigen dem Hörfunksender Antenne Bayern am 24. Aug. "Obwohl wir von Anfang an wussten, dass die Entführer auch eine Lösegeld-Forderung gestellt haben, wissen wir nicht, ob die Regierung eine Zahlung in Betracht zieht. Vermutlich will man in Berlin Härte zeigen und weiteren Entführungen in Afghanistan vorbeugen", sagte der Sohn des Entführungsopfers Rudolf B.. Anrufe des Bundeskriminalamtes brächten stets oberflächliche Informationen. "Wenn man als Angehöriger mit solchen Informationen abgespeist wird, fragt man sich schon, was da schief läuft", sagte der Sohn weiter.
  • Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, verlangt von seiner Partei ein "klares Bekenntnis" zur Beteiligung der Bundeswehr an der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe (ISAF). Er hoffe auf eine "eindeutige" Entscheidung des Sonderparteitages der Grünen Mitte September in Göttingen, sagte Kuhn der "Süddeutschen Zeitung" (Ausgabe vom 25. Aug.). Dies sei eine Frage der Glaubwürdigkeit. Zum Einsatz von Bundeswehr-Tornados zur Aufklärung in Afghanistan sagte der Grünen-Fraktionschef, dieser sei "von hoher symbolischer Bedeutung, faktisch aber von nicht so großer".
  • Den Taliban nahestehende Extremisten haben in Pakistan einen Heeresoffizier, zwei seiner Leibwächter und einen Regierungsbeamten entführt. Die vier Männer wurden am Abend des 24. Aug. in Ladha in der Nähe eines Militärstützpunkts verschleppt. Ladha liegt in Süd-Waziristan, einer von Stämmen besiedelten Region an der Grenze zu Afghanistan. Aus Sicherheitskreisen verlautete am 25. Aug., Offiziere und Stammesälteste bemühten sich um die Freilassung der Männer.
  • Bei einem Bombenanschlag auf einen Nachschubkonvoi der NATO in Afghanistan sind am 25. Aug. mindestens zwei afghanische Wachmänner getötet worden. Wie die Polizei mitteilte, zündeten Aufständische in der Provinz Kandahar im Süden des Landes eine ferngesteuerte Bombe. Drei weitere Afghanen, die den Konvoi für die NATO-geführten Truppen sichern sollten, seien verletzt worden.
  • In der südlichen Provinz Helmand erschossen afghanische Soldaten zwei mutmaßliche Taliban-Kämpfer, die nach Polizeiangaben eine Bombe am Straßenrand verstecken wollten. Der Sprengsatz sei entschärft worden, hieß es am 25. Aug.
  • Die Bundeswehr soll nach dem Willen von Verteidigungsminister Franz Josef Jung zusätzliche Aufgaben im Norden Afghanistans übernehmen. "Wir werden versuchen, die Ausbildung der afghanischen Kräfte im Norden zu intensivieren", sagte Jungs Sprecher Thomas Raabe am 25. Aug. in Berlin der AP. Nähere Einzelheiten wollte er unter Hinweis auf den noch ausstehenden Kabinettsbeschluss nicht mitteilen. Die Ministerrunde will am 19. September über die Vorlage entscheiden.
    Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" will das Verteidigungsressort unter anderem Trainer für eine neue Kampfbrigade anbieten, die Anfang 2008 in Kabul gegründet werden soll. Zudem sollten die Aufbauteams in Kundus und Faisabad Außenstellen in anderen Städten einrichten. Damit wolle man auch neuen Forderungen aus der NATO nach Bundeswehr-Einsätzen in Südafghanistan begegnen, heißt es in dem Bericht. Zusätzliche Kräfte würden im Norden außerdem wegen des erwarteten Abzugs dänischer, tschechischer und ungarischer Soldaten gebraucht.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul sind drei ausländische Soldaten verletzt worden. Das teilte ein Sprecher der internationalen Koalition in Afghanistan, David Johnson, am 25. Aug. in Kabul mit, ohne Angaben zur Nationalität der Verletzten zu machen. Bei den vier anderen Verletzten handelte es sich um afghanische Passanten, wie der Leiter der Kabuler Ermittlungseinheit, Alischah Paktiawal, bestätigte. Der Selbstmordanschlag mit einer Autobombe richtete sich gegen einen Konvoi von Geländewagen. Zwei Soldaten wurden zur Militärbasis Bagram gebracht, ein weiterer wurde im Camp Phoenix behandelt, wie Johnson weiter mitteilte.
  • Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat Verhandlungen mit gemäßigten Taliban in Afghanistan als völlig abwegig bezeichnet. "Solange die Taliban gewalttätig gegen die Bevölkerung Afghanistans und unsere Soldaten, Polizisten und zivilen Aufbauhelfer vorgehen, so lange sie nicht der Gewalt abschwören, sehe ich keine Möglichkeit zum Gespräch", sagte Jung der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 25. Aug.). Er würde sich sehr wünschen, dass "die Taliban oder Teile von ihnen einen gewaltlosen Weg" gingen, erklärte der CDU-Politiker. "Die Realität ist leider eine andere." Jung sprach sich dafür aus, eine öffentliche Debatte über dieses Thema zu vermeiden: Er könne "vor einer breiten Diskussion über Gespräche mit den Taliban oder einen Rückzug" aus Afghanistan nur warnen, sagte Jung. Die Taliban verfolgten die innenpolitische Debatte in Deutschland genau und wollten die Debatte mit konkreten terroristischen Aktionen beeinflussen. Nach Ansicht des Verteidigungsministers gehen die islamistischen Gotteskrieger von einem Dominoeffekt aus, demzufolge ein Rückzug Deutschlands "zum Rückzug der Nato insgesamt führen würde".
  • Bei Gefechten im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet sind nach Angaben der US-geführten Truppen zwölf Taliban-Kämpfer durch Artilleriebeschuss ums Leben gekommen. Die Aufständischen hätten Truppen der Koalition und der afghanischen Regierung in der östlichen Provinz Paktika von Pakistan aus mit Raketen und Mörsergranaten angegriffen, hieß es in einer am Abend des 25. Aug. veröffentlichten Erklärung. Die pakistanischen Behörden hätten es den Soldaten daraufhin erlaubt, zurückzuschießen.
  • Eine mehr als 600 Meter lange Brücke über die Grenze zwischen Afghanistan und Tadschikistan ist am 26. Aug. von den Präsidenten der beiden Länder eingeweiht worden. Die Kosten des Bauwerks von 37 Millionen Dollar (rund 27 Millionen Euro) wurden von den USA getragen. Die Brücke führt über den Grenzfluss Pjandsch und verbindet den tadschikischen Hafen Nischni Pjandsch mit dem afghanischen Hafen Scherkan. "Diese Brücke der Freundschaft ist ein historisches Ereignis und wird ein wichtiges Glied für die Entwicklung des Handels zwischen unseren Ländern", sagte Tadschikistans Präsident Emomali Rachmon bei der Einweihung.
  • In der US-Regierung macht sich Sorge über die ablehnende Haltung in der deutschen Bevölkerung gegenüber dem Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan breit. Deutschland sowie Italien seien "diejenigen, die uns wirklich Sorge bereiten", sagte ein Vertreter der US-Regierung, der nicht namentlich genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur AFP in Washington. Um die Verbündeten der USA von der Bedeutung ihres Afghanistan-Engagements zu überzeugen, werde im September Kurt Volker, ein Mitarbeiter der Abteilung Europa und Eurasien im US-Außenministerium, nach Europa reisen. (AFP, 26. Aug.)
Montag, 27. August, bis Freitag, 31. August
  • Im Osten Afghanistans ist am 26. Aug. ein Soldat der internationalen Koalition getötet, wie die NATO am 27. Aug. mitteilte. Der ISAF-Soldat sei von Unbekannten erschossen worden, als er zu Fuß auf Patrouille war. Zu seiner Nationalität wurden keine Angaben gemacht. In der südafghanischen Provinz Helmand zerstörten die afghanischen Truppen ein Heroinlabor. Die Taliban-Kämpfer, die die Anlage bewacht hätten, seien «besiegt» worden, hieß es. Angaben zu Opfern wurden aber nicht gemacht.
  • Die Opiumproduktion in Afghanistan ist nach Angaben der Vereinten Nationen in diesem Jahr um über 30 Prozent gestiegen. Wie das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) am 27. Aug. in seinem Jahresbericht mitteilte, hat das Land damit einen neuen Rekord erreicht. Dabei konzentriere sich der Mohnanbau im wesentlichen auf den Süden des Landes, insbesondere auf die Provinz Helmand. Weltweit bleibe Afghanistan der größte Drogenproduzent.
  • Nach seiner Afghanistan-Reise hat der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold eine Flexibilisierung des Bundeswehr-Mandats für die internationale Schutztruppe ISAF gefordert. "Das Mandat darf nicht zu eng gestrickt sein", sagte Arnold am 27. Aug. der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Er sprach sich für die Möglichkeit aus, die Obergrenze für die Zahl der Bundeswehr-Soldaten unter ISAF-Mandat von derzeit maximal 3.500 möglicherweise zu erhöhen. Das Mandat, das im Oktober zusammen mit dem Mandat für den Tornado-Einsatz zur Abstimmung im Bundestag steht, brauche "Puffer" und dürfe "nicht auf Kante genäht" sein.
  • In zwei verschiedenen Gefechten im Süden von Afghanistan haben die NATO-geführten Streitkräfte nach eigenen Angaben insgesamt bis zu 19 Aufständische getötet. In dem von den Taliban kontrollierten Bezirk Musa Kala in der Provinz Helmand seien am 27. Aug. rund ein Dutzend Taliban getötet worden, die einen Konvoi von amerikanischen und afghanischen Soldaten überfallen hatten, erklärte die NATO am 28. Aug. In der Provinz Kandahar hätten die Koalitionstruppen rund 20 Taliban entdeckt, die gerade einen Hinterhalt vorbereiteten. Bei dem Gefecht seien dann sieben Aufständische getötet worden, die übrigen seien geflohen, hieß es. (AP)
  • Bei Gefechten im Süden Afghanistans sind nach Angaben der US-geführten Koalitionstruppen am 28. Aug. mehr als hundert Aufständische getötet worden. Auch ein afghanischer Soldat wurde bei den Kämpfen in der Provinz Kandahar getötet, drei ausländische Soldaten verletzt, wie die Koalition mitteilte. Kampfflugzeuge hätten mehrere feindliche Stellungen zerstört. Zu den Kämpfen sei es gekommen, nachdem eine große Zahl von Rebellen eine Militärpatrouille angegriffen habe. Die Kämpfe dauerten demnach vom frühen Morgen bis tief in die Nacht. (AFP)
  • Bei einem Selbstmordanschlag im Osten Afghanistans sind am 28. Aug. drei NATO-Soldaten getötet worden. Wie die Internationale Afghanistan-Schutztruppe ISAF in Kabul mitteilte, sprengte sich der Attentäter an einer Brücken-Baustelle in die Luft. Die ISAF machte keine Angaben zur Nationalität der getöteten Soldaten.
  • Sechs Wochen nach ihrer Entführung in Afghanistan können 19 Südkoreaner mit einem Ende ihrer Gefangenschaft rechnen. Die Taliban erklärten sich am 28. Aug. zur Freilassung der 19 Geiseln bereit. Südkorea versicherte im Gegenzug, seine Soldaten wie geplant bis zum Jahresende aus Afghanistan abzuziehen und jegliche missionarische Arbeit einzustellen, wie ein Präsidentensprecher in Seoul mitteilte. Den Durchbruch zur Lösung des Geiseldramas erzielten südkoreanische Diplomaten und Taliban-Vertreter am 28. Aug. bei Gesprächen in der Stadt Ghasni. Die Unterhändler trafen sich in einem Büro des Roten Halbmonds. - Die ursprünglich 23 Angehörigen einer christlichen Hilfsorganisation waren am 19. Juli verschleppt worden. Zwei Männer wurden später getötet, zwei Frauen freigelassen.
  • Die radikal-islamischen Taliban in Afghanistan haben am 29. Aug. acht der vor sechs Wochen entführten Südkoreaner freigelassen. Zunächst kamen drei Geiseln frei und kurz darauf berichtete ein Stammesführer in der südostafghanischen Provinz Ghasni, vier weitere Frauen und ein Mann seien in Sicherheit und wohlauf. Sie seien dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übergegeben worden. Damit waren am Mittag des 29. Aug. noch elf Südkoreaner in der Gewalt der Taliban.
  • Die Taliban haben am 30. Aug. die letzten Südkoreaner aus ihrer Gewalt entlassen. "Alle sind freigelassen worden, und dieses Drama ist vorbei", sagte der Gouverneur der südostafghanischen Provinz Ghasni, Mehrajuddin Patan, der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die Koreaner wurden dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) übergeben.
    In einem Schreiben der Taliban an das südkoreanische Volk, das die Rebellen den letzten Geiseln mitgaben, hieß es: "Ihre Regierung hat den amerikanischen Krieg praktisch unterstützt und 200 Soldaten geschickt, um unser Volk zu töten." Noch gefährlicher aber sei gewesen, dass christliche Missionare nach Afghanistan entsandt worden seien, um die Menschen dort zu der im Islam verbotenen Konvertierung zu bewegen. "Unser Volk ist bereit dazu, alles zu opfern, um seine Religion zu behalten."
  • Ein Selbstmordattentäter hat am 31. Aug. am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul einen Anschlag auf einen Bundeswehrkonvoi verübt. Ein Afghane wurde dabei getötet. Wie die Pressestelle im Feldlager Camp Warehouse in Kabul mitteilte, wurden keine deutschen Soldaten verletzt oder getötet. Der Attentäter habe sich in einem blauen Fahrzeug in die Luft gesprengt. Ziel seien zwei Wagen der Feldjäger gewesen. Eines davon sei zerstört worden.
  • Mit mehr als 180 Veranstaltungen wollen Friedensbewegung und Gewerkschaften am (morgigen) 1. Sept. bundesweit den 50. Antikriegstag feiern. Bei Lesungen, Kundgebungen, Gottesdiensten und Podiumsdiskussionen wollen die Veranstalter an den Überfall der Wehrmacht auf Polen und den Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 erinnern. Die Veranstaltung wird seit 1957 von den im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften und der Friedensbewegung organisiert, wie der Bundesausschuss Friedensratschlag am 31. Aug. mitteilte. Anlässlich des Antikriegstages forderte der Ausschuss die Bundestagsabgeordneten auf, die bevorstehende Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan abzulehnen. Zudem kritisierte das Gremium die Zurückhaltung der DGB-Spitze in friedenspolitischen Fragen. Die Gemeinsamkeiten zwischen Friedens- und Gewerkschaftsbewegung sollten nicht nur auf unterer Ebene praktiziert werden, erklärte der Bundesausschuss Friedensratschlag. (AFP)
  • Afghanische Polizisten und Soldaten der internationalen Koalitionstruppen haben nach eigenen Angaben bei mehreren Gefechten rund 40 Aufständische getötet. In der zentralafghanischen Provinz Ghasni, in der erst kürzlich 19 südkoreanische Geiseln freikamen, entdeckte die Polizei am 31. Aug. eine Gruppe von Taliban, die gerade einen Angriff vorbereiten wollten. Bei den Kämpfen mit den Aufständischen seien 18 von ihnen getötet und sechs gefangen genommen worden, sagte Polizeigeneral Ali Schah Ahmadai am 1. Sept.
    Im Süden Afghanistans wurden nach Angaben der Koalitionstruppen nahezu zwei Dutzend Aufständische getötet. Die Rebellen hätten am 31. Aug. in der Provinz Helmand eine gemeinsame Patrouille von afghanischen Polizisten und Truppen der US-geführten Koalitionsstreitkräfte mit Granaten und Schusswaffen angegriffen, hieß es in einer Mitteilung. Bei dem folgenden Gefecht seien fast zwei Dutzend der Angreifer getötet worden. Eigene Verluste habe es nicht gegeben. (AP)


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