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Chronik Afghanistan

März 2005

Dienstag, 1. März, bis Sonntag, 6. März
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat den Kriegsherrn Abdul Raschid Dostum auf einen hohen Armeeposten berufen. Der Usbekengeneral sei zum Stabschef des Oberkommandos der afghanischen Streitkräfte ernannt worden, sagte Karsais Sprecher am 1. März der Nachrichtenagentur AFP in Kabul. Wenn der Warlord, der bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober gegen Karsai angetreten war, den Posten annimmt, würde er einer der ranghöchsten Militärberater des Präsidenten.
  • Der internationale Drogenhandel bedroht die Stabilität in Afghanistan und behindert die Entwicklung im Irak. Das geht aus einem am 2. März veröffentlichten Bericht des Internationalen Suchtstoffkontrollrats (INCB) der Vereinten Nationen hervor. Darin heißt es, die Drogenproduktion in Afghanistan habe 2004 trotz aller Bemühungen der neuen Regierung in Kabul einen neuen Höchststand erreicht. Im Irak hätten die Drogenhändler von dem Machtvakuum nach dem Sturz Saddam Husseins profitiert. „Die komplexe Verkettung von Terrorismus, organisiertem Verbrechen, Korruption und Drogenhandel stellen eine beispiellose Gefahr dar und wecken die Befürchtung vor einer weiteren Verschlechterung der Gesamtsituation“, warnt der Bericht.
  • Die NATO-geführte Friedenstruppe ISAF soll zur Parlamentswahl in Afghanistan verstärkt werden. Das kündigte der ISAF-Kommandeur, der türkische Generalleutnant Etham Erdagi, am 2. März in Kabul an. Zahlen wollte er nicht nennen. Der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte die Parlamentswahl im vergangenen Jahr verschoben. Sie soll spätestens am 21 Mai stattfinden. Derzeit sind mehr als 8.000 Soldaten, darunter mehr als 2.000 aus Deutschland, für die ISAF- Mission in Afghanistan stationiert.
  • Die Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) hat die Ausweitung ihres Einsatzgebiets in den Westen des Landes begonnen. Ein Vorauskommando aus italienischen Soldaten kam am 2. März in der Provinzhauptstadt Herat an, wie der türkische KFOR-Kommandeur Generalleutnant Ethem Erdagi in Kabul berichtete. Soldaten aus Spanien, Griechenland und Litauen sollten nachrücken. Die von den Verteidigungsministern im Februar beschlossene Westausweitung sieht die Übernahme zweier bereits bestehender "Regionaler Wiederaufbauteams" (PRT) der US-Armee durch ISAF sowie die Gründung zweier neuer PRT sowie einer Versorgungsbasis in Herat vor.
  • Die USA suchen nach den Worten von US-Präsident George W. Bush weiterhin ununterbrochen nach dem El-Kaida-Anführer Osama bin Laden. "Wir sind ständig auf der Jagd nach Bin Laden. Wir halten den Druck auf ihn aufrecht und zwingen ihn zum Verstecken", sagte Bush bei der Vereidigung des neuen Heimatschutzministers Michael Chertoff am 3. März in Washington. "Und heute versteht (der jordanische Extremistenführer Abu Mussab el) Sarkawi, dass die Koalitions- und irakischen Truppen ebenfalls ständig auf der Jagd nach ihm sind. Sie haben mehrere seiner ranghohen Helfer gefasst und getötet." Die USA arbeiteten "Tag und Nacht" daran, Bin Ladens Terror-Netzwerk auszuheben und ihn vor Gericht zu bringen.
  • Der Anbau von Schlafmohn für die Opium-Produktion hat sich in Afghanistan im vergangenen Jahr mehr als verdreifacht. Nach einem vom US-Außenministerium am 4. März veröffentlichten Bericht zum Drogenanbau in Afghanistan wurden 2004 rund 206.700 Hektar Mohn angebaut, während es im Jahr 2003 nur 61.000 Hektar waren. Die Opium-Produktion habe sich im selben Zeitraum beinahe verdoppelt: 2004 wurden demnach 4.950 Tonnen hergestellt, im Jahr zuvor seien es 2.865 Tonnen gewesen. Damit sei der Rekordwert unter der Herrschaft der radikalislamischen Taliban im Jahr 2000 um fast 1.300 Tonnen übertroffen worden. Die Zahlen stimmen weitgehend mit den am 3. März von der Internationalen Drogenkontrollbehörde (OICS) der UNO in Wien veröffentlichten überein.
  • Die Bundesregierung unterstützt das Minenräumen in Afghanistan erneut mit rund 2,8 Millionen Euro. Berlin stellt über eine deutsche Hilfsorganisation insgesamt 2,76 Millionen Euro für die Arbeit von zwei afghanischen Räumorganisationen zur Verfügung, wie das Auswärtige Amt am 4. März mitteilte. Die beiden afghanischen Partner würden damit Minen und Blindgänger "in einem der am stärksten belasteten Länder der Welt" beseitigen.
  • Das Entwaffnungsprogramm der UN in Afghanistan soll wie geplant im Juni abgeschlossen werden. Im Pandschir-Tal wurden die letzten schweren Waffen von Stammesfürsten eingesammelt, sagte UN-Sprecher Rick Grant am 6. März in Kabul. Darunter waren nach seinen Angaben auch Panzer und Raketen. Die Entwaffnung findet im Rahmen des Aufbaus der neuen afghanischen Armee statt, die von US-Truppen ausgebildet wird. Von den schätzungsweise 9.000 schweren Waffen in Afghanistan wurden bereits 8.600 eingesammelt.
Montag, 7. März, bis Sonntag, 13. März
  • In Afghanistan ist laut AFP ein britischer Berater der Regierung (AP: ein "Entwicklungshelfer") erschossen worden. Wie das afghanische Innenministerium am 8. März in Kabul mitteilte, wurde der Mann am Vorabend im Diplomatenviertel der afghanischen Hauptstadt vor der niederländischen Botschaft getötet. Er sei in einem Auto unterwegs gewesen und aus einem anderen Wagen heraus beschossen worden, sagte ein Polizeioffizier. Die Täter seien geflohen.
  • Der im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba inhaftierte "Bremer Taliban" Murat Kurnaz ist nach Angaben seiner Anwälte von US-Militärs gefoltert worden. Der 22-Jährige sei gequält und sexuell gedemütigt worden, sagte Verteidiger Bernhard Docke am 9. März. Das habe Kurnaz seinem US-Anwalt Baher Azmy berichtet. Unter anderem sei der Kopf seines Mandanten unter Wasser getaucht worden und er habe Elektroschocks bekommen. In unbequemen Haltungen sei er über längere Zeit angekettet worden, berichtete Docke weiter. Leicht bekleidete Soldatinnen hätten ihn bedrängt und somit sein Schamgefühl verletzt. Docke warf der US-Regierung vor, Kurnaz ohne Beweise festzuhalten. Der Bremer Auszubildende war Anfang 2002 in Pakistan festgenommen worden und befindet sich seitdem in Haft. Laut Docke werfen ihm die US-Ermittler vor, Verbindungen zum El-Kaida-Netzwerk zu haben. Sein Mandant sei jedoch unschuldig, sagte der Verteidiger. Er forderte die Bundesregierung auf, sich für Kurnaz einzusetzen. England und Frankreich hätten sich bereits erfolgreich für Gefangene eingesetzt und Freilassungen erreicht.
  • Die Misshandlung von Gefangenen durch US-Soldaten im Irak, in Afghanistan und in Guantánamo geht nach Einschätzung eines internen Berichts der US-Armee auf das Fehlverhalten Einzelner zurück. Die Führung von Armee und Verteidigungsministerium hätten derartige Misshandlungen niemals angeordnet, heißt es in einem Auszug des Berichts, der von Vizeadmiral Albert Church am 10. März vorgestellt wurde. "Das Verhörpersonal wusste genau, dass Missbrauchstechniken zu allen Zeiten verboten waren", heißt es in dem Bericht. Dennoch seien in einigen Einheiten "Ordnung und Disziplin zusammengebrochen". Bei Verhören seien "kulturelle und religiöse Empfindlichkeiten" von Gefangenen missachtet worden. Mit Anordnungen von oben habe dies nichts zu tun gehabt: "Wir fanden keinen Zusammenhang zwischen erlaubten Verhörmethoden und dem Missbrauch von Gefangenen." Dem Bericht zufolge wurden bis September vergangenen Jahres 71 ernsthafte Missbrauchsfälle dokumentiert, bei denen 121 Gefangene betroffen waren. Sechs von diesen seien tot. 130 weitere Fälle würden noch untersucht, auch unter diesen habe es Todesfälle gegeben. Der Bericht wurde unter Churchs Leitung für den Streitkräfteausschuss des Senats erstellt. Von den etwa 400 Seiten wurde nur eine 25-seitige Zusammenfassung der Öffentlichkeit vorgestellt.
  • Die pakistanischen Streitkräfte haben mit einer neuen Militäroffensive im Grenzgebiet zu Afghanistan gedroht, falls die dortigen Stammesführer ausländischen Terroristen Unterschlupf gewähren. Es hielten sich immer noch zahlreiche Verdächtige unbehelligt im Norden der Region Wasiristan auf, erklärte Generalleutnant Safdar Hussain am 11. März vor einer Versammlung lokaler Politiker. Laut einem militärischen Kommuniqué erinnerte Hussain die Stammesführer daran, dass sie sich zur Zusammenarbeit mit den Streitkräften bereit erklärt hätten und diese Vereinbarung im nationalen Interesse unbedingt einhalten müssten. Erst vor einer Woche hatte die pakistanische Armee mutmaßliche Stützpunkte des Terrornetzwerks Al Kaida in Nord-Wasiristan gestürmt, wobei zwei Verdächtige getötet und elf weitere festgenommen wurden. Pakistan hat rund 70.000 Soldaten im Grenzgebiet zu Afghanistan stationiert. Bei Offensiven gegen militante Kämpfer in Nord- und Süd-Wasiristan kamen in den vergangenen Monaten hunderte Menschen ums Leben.
  • In einem US-Gefängnis im afghanischen Bagram haben nach Angaben von Menschenrechtlern US-Soldaten zwei Afghanen zu Tode gefoltert. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) ist nach eigenen Angaben im Besitz von Untersuchungsberichten der US-Armee, die der erste offizielle Beweis für die tödliche Misshandlung der beiden Gefangenen durch amerikanische Soldaten sind. Die Zeitung "New York Times" berichtete am 12. März unter Berufung auf die Armeeberichte, in den Fall seien auch Mitglieder des 519. Bataillons des Militärgeheimdienstes verwickelt, das schon im Misshandlungsskandlal im irakischen Gefängnis von Abu Ghraib negative Schlagzeilen gemacht hatte.
Montag, 14. März, bis Sonntag, 20. März
  • Die Vereinigten Staaten ziehen ihre Soldaten in Afghanistan im Sommer aus dem Westen des Landes des Landes ab, wo stattdessen die NATO-geführte Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) zum Einsatz kommen wird. "Ich glaube, ich übergebe eine sehr stabile Lage", sagte US-Oberst Phillip Bookert, der die US-Truppe in Westafghanistan befehligt, am 14. März bei einer Pressekonferenz in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Die gut 18.000 Mann starke US-Koalition werde in den Süden und Osten des Landes verlegt; wohin genau, stehe noch nicht fest.
  • Bei der Fahndung nach dem seit Jahren gesuchten El-Kaida-Anführer Osama bin Laden hat der Geheimdienst in Pakistan die Spur vor mehreren Monaten verloren. Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf sagte am 14. März in einem Interview mit dem britischen Sender BBC, durch Verhöre von Gefangenen, Festnahmen von El-Kaida-Kämpfern sowie den Einsatz technischer Geräte sei den Fahndern der mögliche Aufenthaltsort Bin Ladens ungefähr bekannt gewesen. Das Netz um den Extremistenführer habe sich zugezogen; dann aber, "vor vielleicht acht oder zehn Monaten", hätten die Fahnder die Spur verloren.
  • Die Parlamentswahl in Afghanistan wird möglicherweise um einige Monate bis September verschoben. Darüber werde derzeit beraten, erklärte der Vorsitzende der Wahlkommission, Bismillah Bismil, am 15. März in Kabul. Nach bisherigen Plänen hätte die Wahl spätestens bis zum 21. Mai stattfinden sollen. Bismil sagte auf einem Treffen mit Vertretern politischer Parteien, die Entscheidung über einen neuen Wahltermin werde bald fallen. Die mit organisatorischen Schwierigkeiten begründete Verschiebung wird seit Wochen allgemein erwartet. Ursprünglich hätten die Parlaments- und Präsidentenwahlen zeitgleich im Juni 2004 stattfinden sollen. Die Abstimmung über das Staatsoberhaupt fand schließlich im vergangenen Oktober statt, wobei Übergangspräsident Hamid Karsai einen haushohen Sieg davontrug. Kritiker werfen Karsai vor, eine Verschiebung der Wahl mache aus ihm eine Art gewählten Diktator.
  • Die USA erwägen im Rahmen ihrer veränderten weltweiten Strategie den Aufbau dauerhafter Stützpunkte in Afghanistan und anderen mittelasiatischen Ländern, wie Generalstabschef Richard Myers am 16. März in Kabul erklärte. Er werde in dieser Frage aber noch mit Präsident George W. Bush beraten müssen. "Aber wir haben gute Beziehungen und gute Partnerschaften in diesem Teil der Welt aufgebaut, nicht nur in Afghanistan", sagte Myers. Er erwähnte dabei Usbekistan und Kirgisien. Die afghanische Regierung hatte schon erklärt, sie wolle eine "strategische Partnerschaft" mit den USA.
  • Im Westen Afghanistans wurde ein US-Soldat bei der Explosion einer Mine getötet, wie die Streitkräfte am 16. März mitteilten. Vier Soldaten wurden dabei verwundet. Die Explosion ereignete sich am 15. März in der Nähe der Grenze zu Iran.
  • Die US-Armee verdächtigt eigene Mitglieder, seit 2002 mindestens 26 Gefangene in Afghanistan und im Irak getötet zu haben. In 18 Fällen seien die internen Ermittlungen mit der Empfehlung einer weiteren strafrechtlichen Verfolgung abgeschlossen worden, berichtete die "New York Times" am 16. März unter Berufung auf Angaben der US-Armee. In acht weiteren Fällen werde noch ermittelt. Ein Sprecher der US-Armee bestätigte die Untersuchungen.
  • Kurz nach dem Eintreffen von US-Außenministerin Condoleezza Rice in Afghanistan sind bei zwei Explosionen mehrere Menschen ums Leben gekommen. Mindestens fünf Menschen seien durch die beiden Detonationen aus zunächst ungeklärter Ursache in der südafghanischen Stadt Kandahar getötet worden, teilten die Behörden am 17. März mit. Mindestens 31 Menschen seien verletzt worden. Rice war am Morgen zu einem mehrstündigen Besuch in der afghanischen Hauptstadt Kabul eingetroffen.
  • Bei Überflutungen nach schweren Regenfällen in weiten Teilen Afghanistans sind nach offiziellen Angaben mindestens 88 Menschen ums Leben gekommen, die meisten von ihnen Kinder. Tausende Menschen seien obdachlos geworden, teilte das afghanische Innenministerium am 19. März in Kabul mit. Allein 85 der Todesopfer, 64 von ihnen Kinder, seien in der Hauptstadt der westlichen Provinz Farah registriert worden. Die Zahl der Opfer könne noch steigen, da viele abgelegene Gegenden noch nicht erreicht worden seien. Von den Überflutungen am 18. März waren den Angaben zufolge neben der Provinz Farah auch Urusgan, Ghor und Dschausdschan betroffen.
  • Die ersten afghanische Parlamentswahlen seit dem Sturz des Taliban-Regimes sollen am 18. September stattfinden. Das teilte die afghanische Wahlkommission am 20. März in Kabul mit. Neben dem Parlament in Kabul sollen auch die Regionalräte gewählt werden. Die Abstimmung ist wegen der Sicherheitslage mehrfach verschoben worden. Ursprünglich sollte sie mit der Präsidentenwahl im vergangenen Juni stattfinden.
Montag, 21. März, bis Sonntag, 27. März
  • Angesichts sinkender Rekrutenzahlen hat die US-Armee das Rekrutierungsalter für die Nationalgarde und die Reserve von 35 auf 40 Jahre erhöht. Das teilten die US-Bodentruppen am 21. März mit. Die Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit und die Gesundheit blieben aber für alle potenziellen Rekruten gleich. Die neue Altersregelung soll zunächst drei Jahre lang gelten. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass ältere Rekruten dank ihrer Motivation, Loyalität und ihres Patriotismus' hervorragende Soldaten sind", hieß es dazu in einer Erklärung. Einem Armeesprecher zufolge kann die Reserve und die Nationalgarde nun statt mit 22,6 Millionen mit mehr als 80 Millionen Kandidaten rechnen. Laut Regierungsangaben sind derzeit 46 Prozent der US-Reservisten im Irak und in Afghanistan im Einsatz.
  • Pakistan und Afghanistan wollen ihre Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus und Drogen verstärken. Das teilte das pakistanische Außenministerium am 22. März nach einem Treffen des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai mit seinem pakistanischen Kollegen Pervez Musharraf in Islamabad mit. Karsai sprach von "sehr fruchtbaren Beratungen". Musharraf betonte, die Verbindungen zwischen den Nachbarländern sollten durch Handels- und Wirtschaftsaktivitäten verstärkt werden. Auch in der Tourismusbranche wollten beide Staaten ihre Zusammenarbeit verbessern.
  • Nach einem Überfall auf Stützpunkte amerikanischer und einheimischer Truppen in der afghanischen Provinz Chost haben US-Kampfflugzeuge Stellungen mutmaßlicher Rebellen angegriffen. Dabei wurden nahe der pakistanischen Grenze fünf Aufständische getötet, wie die US-Armee am 23. März mitteilte. Den Angaben zufolge wurden am Abend des 22. März 13 Raketen auf zwei US-Militärbasen abgefeuert, des weiteren wurden drei Grenzposten angegriffen. Ein ranghoher afghanischer Kommandeur in Chost, Mohammed Nawab, erklärte, die Aufständischen seien von Pakistan aus ins Land gekommen. Es handele sich offenbar vom Kämpfer von Taliban und Al Kaida.
  • Die US-geführte Koalition in Afghanistan hat bei einem Einsatz im Osten des Landes versehentlich einen Bettlerjungen erschossen. Die Soldaten hätten in einer Ortschaft in der afghanischen Provinz Kunar nach einem Verdächtigen gesucht, der Sprengfallen hergestellt haben solle, teilte die US-Armee am 23. März mit. Als die Soldaten vor seinem Haus gestanden hätten, sei der Mann mit zwei Bewaffneten geflohen und habe dabei laut geschrieen, um weitere Dorfbewohner zur Hilfe zu holen. Nachdem es den Anschein gehabt habe, dass die Aufständischen in Schussstellung gingen, habe das Militär das Feuer eröffnet. Dabei hätten die Soldaten den etwa zehn- bis 14-jährigen Jungen getroffen, den Dorfälteste als Bettler beschrieben hätten.
  • Bei einer Schießerei mit Extremisten in Afghanistan haben US-Soldaten einen Taliban-Anführer und drei Zivilisten erschossen. Der Taliban-Anführer Ras Mohammed und andere Kämpfer hätten das Feuer auf die afghanischen und US-Truppen eröffnet, als diese in ein Dorf in der Provinz Paktika im Südosten des Landes einmarschiert seien, um Mohammed festzunehmen, teilte die US-Armee am 24. März in Kabul mit. Bei dem anschließenden Schusswechsel seien neben Mohammed auch eine Frau und zwei Kinder getötet worden. Ein weiteres Kind sei verletzt worden und werde von US-Truppenärzten behandelt. Das Kind sei in einem "stabilen Zustand".
  • Die Vereinigten Staaten stellen 28 Millionen Dollar (knapp 22 Millionen Euro) für die erste Brücke zwischen Afghanistan und Tadschikistan bereit. Die Brücke solle den Austausch zwischen den beiden Ländern begünstigen, teilte die US-Armee am 24. März in der afghanischen Hauptstadt Kabul mit. Der Bau solle im Mai beginnen und im April 2007 abgeschlossen sein; dann könnten täglich tausend Fahrzeuge zwischen den beiden Ländern verkehren. Derzeit führt ein Schleppkahn über den Fluss Pjandsch, der am Tag aber höchstens 60 Fahrzeuge transportieren kann und mehrere Monate im Jahr außer Betrieb ist, weil die Strömungen zu gefährlich sind.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat am 24. März die UN-Mission in Afghanistan um ein weiteres Jahr verlängert. Die Entscheidung fiel einstimmig. Der Sicherheitsrat forderte die Mission auf, die Vorbereitung der für September geplanten Parlamentswahlen weiter zu unterstützen, und bat um mehr finanzielle Unterstützung für die Organisation der Abstimmung. Von den erforderlichen 148 Millionen Dollar (114 Millionen Euro) hat Afghanistan bislang erst 40 Millionen Dollar (31 Millionen Euro) erhalten, wie der UN-Gesandte Jean Arnault mitteilte.
  • Bei der Explosion einer Mine im Südosten Afghanistans sind am 26. März vier US-Soldaten ums Leben gekommen. Die Soldaten seien mit ihrem Fahrzeug während eines gemeinsamen Einsatzes mit der afghanischen Armee in der Provinz Logar über die Mine gefahren, teilte eine Sprecherin der US-Armee mit. Sie seien 40 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Kabul mit einem Konvoi aus drei Fahrzeugen unterwegs gewesen. Möglicherweise handelte sich bei der Mine um einen der zahlreichen Blindgänger, die nach 25 Jahren Krieg noch immer in Afghanistan verstreut sind.
  • In Afghanistan ist der Anbau von Schlafmohn rückläufig, wie die Vereinten Nationen am 27. März mitteilten. Gründe seien vor allem ein von der Regierung ausgesprochenes Verbot und die Drohung mit Rodungen. Die afghanischen Behörden kündigten an, sie würden in wenigen Tagen wieder mit der Zerstörung illegaler Felder mit Schlafmohn beginnen, der Basis für die Droge Opium. Es sei aber mehr internationale Hilfe notwendig, um dem Drogenanbau die Grundlage zu entziehen. Seit dem Sturz der radikalislamischen Taliban Ende 2001 durch die USA ist die Drogenproduktion in Afghanistan wieder sprunghaft angestiegen. Das Geld aus dem Drogenanbau macht rund 40 Prozent des Staatshaushalts aus. Konkrete Zahlen zum Rückgang der Drogenproduktion wurden in dem UN-Bericht nicht genannt. Es hieß nur, der Trend sei bis auf fünf in allen 34 Provinzen des Landes rückläufig. Im vergangenen Jahr war mit 131.000 Hektar ein Rekord beim Mohnanbau erreicht worden. Afghanistan war damit für fast 90 Prozent der weltweiten Opiumproduktion verantwortlich.
  • Die US-Bundespolizei FBI hat nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Familienangehörigen von El-Kaida-Chef Osama bin Laden und anderen saudiarabischen Staatsbürgern das Verlassen der USA ermöglicht, bevor Ermittler sie vernehmen konnten. Dies geht aus bislang unter Verschluss gehaltenen Regierungsdokumenten hervor, die die "New York Times" in ihrer Ausgabe vom 27. März veröffentlichte. Demnach hatten FBI-Beamte hochrangige saudiarabische Familien persönlich zu gecharterten Flugzeugen eskortiert, die in den Tagen nach den Terrorattacken saudiarabische Staatsbürger aus den USA in ihr Heimatland ausflogen.
Montag, 28. März, bis Donnerstag, 31. März
  • Bei einem Bombenanschlag auf ein Fahrzeug der kanadischen Botschaft in Kabul sind am 28. März ein Kanadier und drei Afghanen verletzt worden. Wie ein Sprecher des Innenministeriums mitteilte, war der Sprengsatz am Rande einer stark befahrenen Straße im Osten der Hauptstadt versteckt. Er sei offenbar ferngezündet worden. Ein Mitarbeiter der kanadischen Botschaft sagte, bei dem Verletzten handle es sich um einen Wachmann.
  • Bei einem Angriff mutmaßlicher Taliban-Kämpfer auf einen Kontrollposten im Westen des Landes wurden am 29. März fünf afghanische Soldaten getötet, wie die Behörden mitteilten.
  • Die USA vermuten den Extremistenführer Osama bin Laden und den Taliban-Chef Mullah Omar weiterhin in Afghanistan oder Pakistan. "Wir handeln nach der Prämisse, dass die beiden weiter in der Region sind", sagte der Kommandeur der rund 18.000 US-Soldaten in Afghanistan, General David Barno, am 29. März der Nachrichtenagentur AFP. Die Gesuchten hielten sich vermutlich in der schwer zugänglichen Grenzregion zwischen beiden Ländern auf, wo sie von Stammesführern unterstützt würden. Seinen Erkenntnissen zufolge versuche das Terrornetzwerk El Kaida, eine Rückkehr der radikalislamischen Taliban in Afghanistan mit Finanzmitteln, Ausbildung und Kämpfern zu unterstützen, sagte Barno.
  • Durch einen Dammbruch in Südafghanistan ist eine Stadt komplett überschwemmt worden. Mehrere hundert Häuser seien in Ghasni rund 130 Kilometer südlich von Kabul fortgespült worden, als der nahe gelegene Bandi-Sultan-Damm unter dem Druck der Wassermassen nachgegeben habe, sagte der Provinzgouverneur Asadullah Chalid am 29. März. Mindestens sechs Menschen seien dabei ums Leben gekommen. Die tatsächliche Zahl der Opfer sei zurzeit noch nicht festzustellen. Die US-Armee setzte Hubschrauber zur Rettung der Flutopfer ein. In den vergangenen Wochen hatten in Afghanistan heftige Regenfälle und die Schneeschmelze immer wieder Überschwemmungen ausgelöst, bei denen etwa 200 Menschen starben.
  • Die US-Behörden haben für 38 in Guantánamo einsitzende Gefangene den Status des "feindlichen Kämpfers" aufgehoben. Fünf von ihnen seien bereits in ihre Heimat zurückgeschickt worden, die restlichen sollten "so bald wie möglich" folgen, teilte am 29. März ein Beamter des Verteidigungsministeriums in Washington mit. Eine nicht näher benannte Zahl von Angehörigen der Minderheit der Uiguren sei aber nicht in ihre chinesische Heimat ausgeflogen worden. Der Beamte deutete an, dass das Pentagon eine harte Behandlung durch die Behörden in China befürchtet, wo die Uiguren verfolgt werden.
    (Anmerkung: So viel Feinfühligkeit nach drei Jahren Guantánamo-Haft überrascht den Chronisten.)
  • First Lady Laura Bush ist am 30. März zu einem Kurzbesuch in Afghanistan eingetroffen. Die Frau von US-Präsident George W. Bush wollte dabei vor allem Frauenprojekte besuchen und damit den Frauen in Afghanistan, die unter dem von den USA gestürzten Regime der Taliban am meisten zu leiden hatten, ihre Solidarität bekunden. Laura Bush wollte auch mit Präsident Hamid Karsai sprechen.
    Laura Bush, hat bei ihrem Kurzbesuch die Fortschritte bei der Gleichberechtigung und Bildung von Frauen gelobt. Es sei ein außerordentliches Privileg, den "unglaublichen Fortschritt" zu feiern, den die afghanische Bevölkerung in den vergangenen Jahren gemacht habe, sagte die Frau von US-Präsident George W. Bush am 30. März bei einer Versammlung von Frauen an der Universität von Kabul. Dies lasse sich besonders an der Tatsache ablesen, dass heute Frauen in Afghanistan als Lehrerinnen, Ärztinnen, Ministerinnen und in der Wirtschaft tätig seien. Die USA unterstützten die Teilnahme von Frauen an der afghanischen Gesellschaft, "nicht nur in Kabul, sondern in jeder Provinz".
  • Die Explosion einer Autobombe in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad machte am 30. März noch einmal die angespannte Sicherheitslage in dem Land deutlich. Bei der Explosion wurde der Fahrer getötet, bei dem es sich vermutlich um einen Selbstmordattentäter handelte, wie der Leiter des Geheimdienstes, Bahram Chan, der Nachrichtenagentur AP sagte.
  • Ein afghanisches Berufungsgericht hat am 31. März die Haftstrafen dreier US-Bürger verringert, die wegen der Einrichtung eines illegalen Gefängnisses und der Gefangenenmisshandlung verurteilt wurden. Wie Richter Abdul Latif in Kabul mitteilte, muss der im September zu zehn Jahren Haft verurteilte Jonathan Idema, bekannt als "Tora-Bora-Jack", nur noch fünf Jahre hinter Gitter. Der 48-Jährige gilt als Anführer der Gruppe. Bei dem ebenfalls zu zehn Jahren Haft verurteilten 28-jährigen Mittäter Brent Bennet verringerte das Gericht die Haftstrafe auf drei Jahre. Der 42-jährige Edward Caraballo muss statt acht nur noch für zwei Jahre ins Gefängnis. Die drei US-Bürger hatten gehofft, im Berufungsprozess freigesprochen zu werden oder die Strafen in ihrem Heimatland verbüßen zu können. Sie sind im größten afghanischen Gefängnis Pol-e-Scharki östlich von Kabul inhaftiert.


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