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Angriffe im Zentrum Kabuls

Mehrere Regierungsgebäude zeitgleich attackiert. Taliban bekennen sich *

Mindestens 16 bewaffnete Männer, darunter auch Selbstmordattentäter, haben am Mittwoch nahezu zeitgleich drei Regierungsgebäude in Afghanistans Hauptstadt Kabul angegriffen. Dabei starben über 30 Menschen, 55 wurden verletzt. Bei der Attacke auf die Ministerien für Justiz und Gesundheit sowie das Gebäude der Gefängnisverwaltung wurden nach offiziellen Angaben auch acht Angreifer getötet. Ebenfalls am Mittwoch fielen in der Südprovinz Helmand acht afghanische Polizisten einem Bombenanschlag zum Opfer. In der Provinz Logar südöstlich von Kabul starb ein französischer Besatzungssoldat im Kampf mit Aufständischen. Der Fallschirmjäger war der 25. tote Franzose seit Stationierungsbeginn 2002.

Die Taliban bekannten sich zu den Attacken in Kabul. Insgesamt seien 16 Männer in die Hauptstadt geschickt worden, die Rache für die Mißhandlung von Gefangenen nehmen sollten, sagte ein Taliban-Sprecher laut der Agentur AFP. Die überlebenden Rebellen befänden sich in der Stadt und "erwarteten Anweisungen". Nach Angaben von Augenzeugen waren am Mittwoch morgen mehrere Bewaffnete in das Justizministerium im Stadtzentrum nahe des Präsidentenpalasts gestürmt und hatten Schüsse abgegeben. Angestellte des Ministeriums versteckten sich in ihren Büros. Offiziellen Angaben zufolge wurden vier Angreifer bei Gefechten mit Soldaten getötet. Ein Mitarbeiter der Rettungskräfte sagte, 21 Verletzte seien in Krankenhäuser gebracht worden.

Nahezu zeitgleich griffen zwei Rebellen ein Gebäude der Gefängnisverwaltung im Norden Kabuls an. Nach offiziellen Angaben wurden dort mindestens vier Zivilisten, ein Polizist sowie die beiden Aufständischen getötet. Nach Angaben von Augenzeugen eröffnete ein Angreifer das Feuer auf Polizisten am Eingang des Gebäudes der Gefängnisverwaltung. Als die Beamten zurückschossen, habe der Mann sich in die Luft gesprengt. Der zweite Angreifer zündete demnach in der Nähe des Haupteingangs einen Sprengsatz. Die Fenster des Gebäudes zerbarsten, der Eingang des Gebäudes wurde vollkommen zerstört.

Ein weiterer Angreifer wurde nach Angaben des Justizministeriums vor dem Bildungsministerium getötet. Der Mann sei von Sicherheitskräften erschossen worden. Nach den Gefechten wurde die Bevölkerung aufgerufen, in ihren Häusern zu bleiben und Fahrten durch Kabul zu vermeiden. Soldaten patrouillierten durch die Stadt.

Mit den Anschlägen demonstrierten die Taliban ihre Schlagkraft, während die neue US-Regierung die Aufstockung ihrer Truppen in Afghanistan plant. US-Präsident Barack Obama werde wahrscheinlich innerhalb weniger Tage darüber entscheiden, sagte Verteidigungsminister Robert Gates am Dienstag. Es wird erwartet, daß Obama die Entsendung von bis zu drei zusätzlichen Brigaden mit insgesamt 12000 Soldaten nach Afghanistan anordnen wird. In den kommenden zwölf bis 18 Monaten sollen insgesamt bis zu 30000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan geschickt werden. Derzeit haben die USA dort 36000 Soldaten stationiert.(AFP/AP/jW)

* Aus: junge Welt, 12. Februar 2009


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