Grußwort des Bundesministers der Verteidigung Dr. Thomas de Maizière
anlässlich der Übergabe Kunduz
(Anrede),
die Bundeswehr hat das „Provincial Reconstruction
Team Kunduz“ (PRT) im
Oktober 20031 von den USA übernommen.
Einer der ersten deutschen Kommandeure
ist deswegen heute auch hier.
Heute – 10 Jahre später – übergeben wir
die deutsche Einsatzliegenschaft Kunduz
an unsere afghanischen Partner.
Alleine das sagt viel aus über die Entwicklung
der letzten 10 Jahre.
Hier wird zukünftig ein Kandak (des 209.
Korps) der afghanischen Armee seine
neue Heimat finden. Die afghanische Polizei
(Afghan National Civil Order Police)
erhält hier mit Unterstützung der NATO
(Training Mission in Afghanistan) ein
Training Center.
1. Zuerst einmal möchte ich mich an unsere
afghanischen Partner wenden.
Auf diesen Tag haben wir gemeinsam –
Amerikaner, Niederländer, Belgier, Armenier
und viele weitere Verbündete der
ISAF und eben wir Deutsche als Führungsnation
hier im Norden mit Ihnen,
unseren afghanischen Freunden und
Partnern, Schulter an Schulter, hingearbeitet.
Seit 2010 waren die gemeinsame Ausbildung
(„Mentoring“) und der gemeinsame
Einsatz („Partnering“) von ISAF, afghanischer
Armee und afghanischer Polizei
der Schwerpunkt unserer Zusammenarbeit.
Wir sind gemeinsam einen langen Weg
gegangen und wir haben viel erreicht.
Aber es bleibt auch noch eine Menge zu
tun.
Im Rahmen des Transitionsprozesses
haben die afghanische Armee und die
afghanische Polizei eine verantwortungsvolle
und herausfordernde Aufgabe
übernommen.
Seither sind Sie verantwortlich für die
Sicherheit der Menschen hier im Bereich
Kunduz-Baghlan von Shirkhan Bandhar
bis zum Salang – und damit für die weitere
friedliche Entwicklung dieser Schlüsselregion
und von Afghanistan als Ganzes. Die Verantwortung, die wir an Sie, unsere
afghanischen Partner, übergeben, ist groß.
Das wissen wir. Wir wissen um die Opfer.
Wir trauern mit ihren Familien.
Und wir haben großen Respekt vor der
Tapferkeit und der Standhaftigkeit der
afghanischen Soldaten und Polizisten.
Wir hoffen und erwarten, dass die afghanischen
Sicherheitskräfte die Sicherheit
in und um Kunduz bewahren und notfalls
wiederherstellen.
Ohne Sicherheit gibt es keine politische
oder wirtschaftliche Entwicklung.
2. Meine zweite Bemerkung richtet sich
eher an die deutsche Seite:
Abschied nehmen von Kunduz: Das bedeutet
viel für die Bundeswehr, für
Deutschland.
Kunduz wird für immer Teil unseres gemeinsamen
Gedächtnisses bleiben.
-
Kunduz, das ist für uns der Ort, an
dem die Bundeswehr zum ersten Mal
gekämpft hat, lernen musste, zu
kämpfen. Das war eine Zäsur – nicht
nur für die Bundeswehr, sondern
auch für die deutsche Gesellschaft.
Es war mir deshalb wichtig, dass
heute auch einer der Soldaten bei
uns ist, dem (mit drei weiteren
Kameraden) als einem der ersten
von unserer Bundeskanzlerin das
(neu gestiftete) Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit verliehen
wurde.
-
Kunduz, das ist auch ein Ort, an
dem schwerwiegende Entscheidungen getroffen wurden, getroffen
werden mussten.
Kunduz, das ist ein Ort, an dem es
viele Tote gab – auf allen Seiten.
All dieser Toten wollen wir gerade
auch am heutigen Tag gemeinsam
gedenken. Und auch künftig werden
wir ihnen ein Andenken bewahren.
Ich empfinde es als eine besonders
große Ehre, dass heute die Mutter
eines gefallenen deutschen
Kameraden bei uns ist.
-
Kunduz, dieser Ort steht auch dafür,
dass unser militärisches Engagement
einen Anfang und ein Ende hat,
nicht aber unser politisches Engagement.
In wenigen Tagen werden die letzten
deutschen Soldaten und zivilen Mitarbeiter
Kunduz verlassen haben.
Vom Beginn vor 10 Jahren bis heute waren
in Kunduz über 20.000 deutsche Soldatinnen
und Soldaten eingesetzt.
Auch wenn die Bundeswehr Kunduz heute
verlässt: Vergessen werden wir diesen
Ort niemals. Kunduz hat die Bundeswehr
geprägt wie kaum ein anderer Ort. Hier
wurde aufgebaut und gekämpft, geweint
und getröstet, getötet und gefallen.
(Anrede),
aus Respekt und aus Zuneigung zu diesem
Land und seinen Menschen möchte
ich meine Rede mit einer traditionellen
afghanischen Erzählung beenden.
Sie heißt „Der alte Bauer und seine drei
Söhne“:
„Es war einmal ein Bauer, der hatte drei
Söhne. Als er starb, ließ er seine Söhne
zu sich kommen und sagte: Ich habe einen
Schatz für Euch. Er befindet sich auf
dem Feld. Wer ihn als erster findet, dem
gehört er. Der Vater starb. Die Söhne
gruben jede Ecke des Feldes um.
Den Schatz fanden sie nicht. Als sie jedoch
im Herbst die besonders guten Erträge
verkauft hatten, verstanden sie die
Worte des Vaters.“
In diesem Sinne wünsche ich unseren
afghanischen Partnern Mut, Kraft und
auch Geduld, damit Sie Ihre schwierige
Aufgabe gut meistern werden, damit die
Ernte gut wird.
Quelle: Website des Bundesverteidigungsministers; http://www.bmvg.de
»Don, wir machen das!« So soll der damalige Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) 2003 seinem US-Kollegen Donald Rumsfeld die Bereitschaft signalisiert haben, mehr Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan zu schicken. In den Krieg.
Krieg? Wieso Krieg? Nein, nein, so hieß es, der Krieg tobe in Irak. Aus dem hat Rot-Grün Deutschland gewitzt herausgehalten. Dafür müsse man sich nun in Afghanistan ein wenig mehr engagieren – in Schulen und Krankenhäusern, beim Bau von Wasserleitungen und Straßen. Man wollte Frauen und Mädchen aus der Rechtlosigkeit befreien und deshalb ein paar kulturlose Tyrannen vertreiben. Dafür vor allem stellte man im Bundestag Marschbefehle auch nach Kundus aus. Und was haben die deutschen Soldaten in zehn Jahren dort vor allem gemacht? Stimmt, sie haben Keime der Hoffnung gesät. Doch aus denen wuchs Angst und wucherte Tod. Diese »Entwicklungshilfe« war uns bislang siebeneinhalb Milliarden Euro wert.
Uns? 70 Prozent der Deutschen sahen nicht ein, dass Deutschlands Freiheit am Hindukusch verteidigt werden müsse. Doch wie viele engagierten sich gegen das Morden? Bei den letzten Wahlen konnten sich die großen deutschen Kriegsparteien über einen Zuwachs an Vertrauen freuen. Auf dass sie Strucks Zusage nun aus der zweiten Reihe erledigen lassen können. »Gute Ernte« hat der gegenwärtige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) den einheimischen Nachrückern gestern in Kundus gewünscht. Er sprach wohl mit dem Sensenmann.