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Saddams Festnahme: Verhaltener Jubel bei der Friedensbewegung

Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Im Folgenden dokumentieren wir eine Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag zur Festnahme des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein am 14. Dezember 2003.


Verhaltener Jubel bei der Friedensbewegung

Pressemitteilung
  • Saddam gefasst - Probleme nicht gelöst
  • Saddam vor ein irakisches Gericht stellen
  • Bush und Blair vor ein Internationales Gericht
  • Volle Souveränität für das irakische Volk
Die Friedensbewegung bewertet die Gefangennahme des Ex-Diktators Saddam Hussein differenzierter, als es in den Stellungnahmen der Politiker zum Ausdruck kommt.

Da nie ein Zweifel daran bestehen konnte, dass an Saddams Händen Blut klebt, und zwar auch schon zu Zeiten, als er ein fester Verbündeter der USA war (im irakisch-iranischen Krieg in den 80er Jahren), ist seine Festnahme grundsätzlich zu begrüßen.

Zu begrüßen wäre es auch, wenn Saddam sich bald vor einem unabhängigen irakischen Gericht verantworten müsste: Nicht dafür, dass er gegen den Angriffskrieg der USA und Großbritanniens im Frühjahr 2003 militärischen Widerstand geleistet hat. Auch nicht dafür, dass er sich acht Monate lang den Verfolgern der Besatzungsmacht entzogen hat.

Saddam Hussein muss sich vielmehr verantworten für das Leid und die politische Unterdrückung, die er dem irakischen Volk Jahrzehnte lang zugefügt hat, für die Hinrichtungen von Tausenden und Abertausenden politischer Gegner.

Der einträchtige Jubel bei den Regierungen der Kriegsallianz und der ehemaligen Kriegsgegner (z.B. Frankreich, Deutschland) darf nicht vergessen machen, dass die Besatzungsmächte einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Irak geführt haben, dass dabei Tausende von Zivilpersonen ums Leben gekommen sind und die Infrastruktur des Landes erheblich zerstört worden ist. Es darf auch nicht vergessen werden, dass der Krieg mit dem Argument geführt wurde, der Irak besäße unerlaubte Massenvernichtungswaffen. Der Fahndungserfolg vom 14. Dezember kann der kriegerischen Aggression im nachhinein keine Legitimation verleihen. Nach dem Internationalen Recht gehören die Kriegsverantwortlichen ebenso auf die Anklagebank, allerdings vor einem Internationalen Tribunal der Vereinten Nationen.

Da nicht zu erwarten ist, dass die Urheber des Irakkriegs in absehbarer Zeit vor einem UN-Tribunal zur Verantwortung gezogen werden, wird die Friedensbewegung an ihrem Vorhaben festhalten, ein solches Tribunal "von unten" in eigener Regie durchzuführen. Dies beginnt mit Hearings in vielen Städten und wird in ein Internationales Kriegstribunal münden.

Die Gefangennahme Saddam Husseins beendet keineswegs die Auseinandersetzungen, das Chaos und den Widerstand in der Bevölkerung gegen das Besatzungsregime. Der Bundesausschuss Friedensratschlag bekräftigt seine Position, wonach der Abzug der Besatzung ein erster wichtiger Schritt zur Beruhigung der Lage im Irak darstellen würde. Eine möglichst schnelle Übertragung der Befugnisse an die Vereinten Nationen und die Durchführung ungehinderter, freier und gleicher Wahlen müssen dem irakischen Volk die volle Souveränität wiedergeben.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
Kassel, den 14. Dezember 2003


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