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Scharfe Kritik an der Mazedonienentscheidung des Bundestages

Verfolgtenorganisation fordert Verantwortung vor der Deutschen Geschichte ein

Presseerklärung
Stuttgart, 29. August 2001


Scharfe Kritik an der heutigen Bundestagsentscheidung zur Entsendung deutscher Soldaten nach Mazedonien wurde aus der Organisation der Verfolgten Widerstandskämpfer gegen das Naziregime geübt. Ein weiteres Mal habe sich der deutsche Bundestag seiner Verantwortung vor der deutschen Geschichte entzogen.

Diese Entscheidung bedeute einen weiteren Schritt hin zur Militarisierung der deutschen Außenpolitik, sagte Werner Pfennig, Bundes- und Landessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten in Stuttgart. Statt zivile Konzepte und zivile Organisationen wie UNO oder OSZE zur Förderung einer friedlichen Entwicklung in Mazedonien zu unterstützen, werde mit dieser Entscheidung der Akzent deutscher Außenpolitik ein weiteres Mal auf die militärische Lösung gesetzt.

Der Einsatz gerade deutscher Soldaten sei nicht nur überflüssig, weil freiwillig abgegebene Waffen jederzeit von zivilen Organisationen eingesammelt werden können, sondern auch moralisch fragwürdig und gefährlich. Das unterstreichen aus Pfennigs Sicht auch die aktuellen Ereignisse in Mazedonien. Der Einsatz der Nato werde von großen Teilen der Bevölkerung dort nicht als Schutz und Hilfe gegen den Terrorismus der UCK verstanden, sondern im Gegenteil als Bedrohung der eigenen Sicherheit. Damit seien Konfrontationen mit protestierenden Mazedoniern nahezu vorprogrammiert. Die politisch-moralische Ausstrahlung einer erneuten Konfrontation deutscher Soldaten mit Menschen, die bereits unter der deutschen Besetzung Jugoslawiens durch die Wehrmacht gelitten haben, wären angesichts der Erinnerung an die deutsche Kriegführung im 2. Weltkrieg jedoch katastrophal. Die Bundeswehr, die angeblich als Feuerwehr ausgeschickt werde, könnte sich in Mazedonien sehr schnell als Brandstifter entpuppen, befürchtet Pfennig.

"Hätten die zustimmenden Abgeordneten auch nur einen Hauch von Ehrfurcht vor den Opfern und den Lehren deutscher Geschichte, dann hätten sie heute wie auch bei früheren Entscheidungen mit Nein stimmen müssen", erklärte der Sprecher der von WiderstandskämpferInnen und Naziopfern gegründeten Organisation.

Er forderte die Regierung und die Regierungsmehrheit auf, endlich das Versprechen der Regierungserklärung "Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik" ernst zu nehmen. Natoeinsatz und die Entsendung der Bundeswehr dienten aber nicht dem Frieden sondern seien ein weiterer Beitrag zur Destabilisierung und zur ethnischen Aufteilung Mazedoniens und ein Spiel mit dem Feuer des Krieges.

Pfennig erklärte ausdrücklich seine Hochachtung vor den wenigen Abgeordneten der Regierungsparteien, die dem ausgeübten Druck widerstanden hatten und bei ihrem wohlbegründeten Nein geblieben sind. Die VVN-BdA werde als Teil der Friedensbewegung auch weiterhin alle unterstützen, die sich der aktuellen Militarisierung deutscher Außenpolitik widersetzen.

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