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Panzerentscheidung vor den Bundestag

Friedensratschlag fordert Auflösung des "Bundessicherheitsrats"

Am 1. Juli tagte in Kassel der Bundesausschuss Friedensratschlag. In dieser Sitzung, in der es vor allem um die Vorbereitung des nächsten Ratschlags (2. und 3. Dezember) ging, kam auch der drohende Panzerdeal mit der Türkei zur Sprache. Hierzu wurd folgende Presseerklärung erarbeitet.


Presseerklärung
Friedensbewegung:
Bundessicherheitsrat auflösen - Panzerentscheidung in den Bundestag


Der Bundesausschuss Friedensratschlag fordert die Abschaffung des Bundessicherheitsrats. Dieses Gremium, das über den Export von Waffen und anderen Kriegsgütern entscheidet, sei ein vordemokratisches Gremium, das keinerlei parlamentarischer Kontrolle untersteht. Der "Bundessicherheitsrat" besteht aus dem Bundeskanzler, dem Außenminister, dem Verteidigungsminister, dem Wirtschaftsminister und der Entwicklungsministerin. Wie verschiedene Zeitungen berichteten, werde das Gremien in diesen Tagen (die Rede war vom 3. Juli) eine Entscheidung über die Lieferung von 1.000 Leopard-Kampfpanzern an die Türkei fällen. Da der Bundessicherheitsrat in der Regel geheim tagt, war aus Berlin nicht zu erfahren, ob eine solche Sitzung tatsächlich stattfindet.

Im vergangenen Oktober hatte der Bundessicherheitsrat mit seiner Entscheidung für Aufsehen erregt, einen Testpanzer an die Türkei zu liefern. Dagegen erhob sich sowohl in den Koalitionsfraktionen als auch außerparlamentarisch vielfältiger Widerstand. Die Friedensbewegung reagierte mit Postkarten- und Unterschriftenaktionen. Wissenschaftler verschiedener Friedensforschungsinstitute protestierten mit einem Appell an die Bundesregierung. Die Bundesregierung selbst verabschiedete im Januar 2000 neue "Richtlinien" zum Rüstungsexport, in denen als Kriterium für Waffenexporte u.a. die Menschenrechtssituation im Empfängerland genannt wurde. Sollte der Panzerdeal mit der Türkei zustande kommen, würden sich die Richtlinien schon bei der ersten Bewährungsprobe als papierene Beruhigungspille ohne jeden realpolitischen Wert erweisen. Der Schaden für das demokratische Ansehen der rot-grünen Koalition wäre immens.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag, der am Wochenende in Kassel zusammentrat, appelliert an die dem "Bundessicherheitsrat" angehörenden Minister, der umstrittenen Panzerlieferung in die Türkei nicht zuzustimmen. Eine solche Entscheidung gehöre außerdem nicht in ein Geheimgremium, sondern vor den Bundestag. Die Friedensbewegung wird in jedem Fall ihre Kampagne "Keine Panzer für die Türkei" fortsetzen. Dazu sind für September bundesweite Aktionstage und am 23. September, zur "Halbzeit" der rot-grünen Bundesregierung, massive Proteste in Berlin geplant.

F.d. Bundesausschuss Friedensratschlag
Dr. Peter Strutynski, Sprecher
Kassel, den 2. Juli 2000

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