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Nie wieder Krieg von deutschem Boden!

Rede von Sevim Dagdelen auf dem Kasseler Ostermarsch


Liebe Friedensfreunde, Liebe Friedensfreundinnen,

In diesen Zeiten müssen wir uns fragen, in welchem Land wir leben. Es ist nicht nur ein Land, dessen Regierung Krieg als Mittel der Politik ansieht. Es ist auch ein Land, in dem die Gewalt gegen Flüchtlinge, gegen Migranten, gegen Linke und Andersdenkende mittlerweile zur Normalität gehört und offenbar weiter wächst. Keine Kilometer von hier wurde in Tröglitz die Flüchtlingsunterkunft angezündet. Zuvor hatten Nazis bereits den ehrenamtlichen Bürgermeister zum Rücktritt gezwungen. Und die Drohungen der Nazis vor Ort gehen weiter. Jetzt drohen sie dem Landrat, der weiter an der Unterbringung von Flüchtlingen festhält. Flüchtlinge in Tröglitz unterzubringen mit Gefahr für Leib und Leben. Ich finde dies unerträglich! Dies dürfen wir nicht hinnehmen! Und ich finde es spricht auch nicht für die Intensität der Ermittlungen vor Ort, wenn man nicht einmal eine Spur von den Tätern hat.

Wir müssen in diesem Land dafür sorgen, dass Nazis keine Chance haben. Und an diese Bundesregierung gerichtet sage ich: Wer es nicht einmal vermag, Flüchtlinge in diesem Land zu schützen, sollte vielleicht doch einmal nachdenken, bevor er wieder etwas von internationaler Verantwortung faselt. Und wir sagen von hier aus deutlich: Nazis raus - Flüchtlinge sind willkommen - Flüchtlinge bleiben!

Diese Perfidie muss man sich einmal vorstellen. Da schafft es ein christlicher syrischer Flüchtling, der vor den von den westlichen Verbündeten Terrorbanden wie der Al Nusra Front flieht, tatsächlich trotz der mörderischen Abschottungspolitik der Bundesregierung und der EU - das sind die mit dem Friedensnobelpreis! - hierher zu kommen. Dann wird er in Dresden und anderswo für die angebliche Islamisierung des Abendlandes verantwortlich gemacht. Dann zünden Nazis seine Unterkunft an. Die Täter sind nicht auffindbar, auch weil die Polizei offenbar mit anderen Dingen beschäftigt ist, vielleicht waren es auch IMs des Verfassungsschutzes. - Eine Variante, die man nach den NSU-Morden nicht ausschliessen darf.

Wenn wir für den Frieden kämpfen, dann müssen wir dafür sorgen, dass sich hier etwas radikal ändert. NS-Täter dürfen keine Chance haben! Rassismus ist kein Kavaliersdelikt! Wir dürfen uns nicht spalten lassen in Deutsche und Migranten!

Heute jährt sich der Mord an Halit Yozgat durch den NSU. Manche haben von Staatsversagen angesichts dieser ungeheuerlichen Vorgänge, dass auch in Hessen die Staatsorgane offenbar vorab über die Morde Bescheid wussten, gesprochen. Staatsversagen kann man diese mörderische Kumpanei von Nazis und Verfassungsschutz aber nicht nennen. Denn hier wurde nicht versagt, sondern zusammengearbeitet und, im Anschluss mit rassistischen Ermittlungen Stichwort Dönermorde oder Bosporus, alles verschleiert. Die NSU-Mordserie ist weiter nicht aufgeklärt. Im Gegenteil, es sterben weiterhin wichtige Zeugen mysteriöse Tode. Wie gesagt, es ist eine dunkle Zeit. Wir aber müssen Licht ins Dunkel bringen. Wir können uns auch nicht auf die Medien verlassen, die zum großen Teil, aus welchen Gründen auch immer, einer demokratischen Aufklärung nicht nachkommen.

Und es ist in der Tat unfassbar, womit Medien beschäftigt sind. Nehmen wir den Journalisten der FR, der über die heutige Veranstaltung im vorab berichtete. Er schrieb hier spräche "die umstrittene linke Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen". Bei dem Wörtchen umstritten hat er nur vergessen hinzuzufügen bei wem umstritten. Umstritten bei der Rüstungsindustrie? Umstritten bei Kriegsbefürwortern? Umstritten bei denjenigen, die Faschisten verharmlosen? Umstritten bei Rassisten? Und umstritten bei zweifelhaften Journalisten, die ihre Aufgabe offenbar allein in der Diffamierung ihres politischen Gegners sehen.

Und ich sage euch. Ich bin gerne bei Kriegstreibern umstritten. Ich bin die Hasspoesie einiger Journalisten von Putins U-Boot in der Süddeutschen bis zu Schattengewächs in der FAZ mittlerweile gewohnt. Und, ich sage euch: Scheuen wir uns nicht davor umstritten zu sein. Seien wir umstritten beider Rüstungsindustrie und bei Kriegsbefürwortern. Bei denen, die der humanitären Intervention das Wort reden aber nicht bereit sind Schutzsuchenden, Flüchtlingen zu helfen. Sagen wir ihnen, wir haben eure Lügen satt. Sagen wir ihnen unerschrocken: Wir haben eure Diffamierungen satt. Wir wollen Frieden. Wir stehen gegen eure Eskalationspolitik und eure kalten und heißen Kriege.

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreude,

70 Jahre nach der Befreiung vom Deutschen Faschismus, wird auch die Befreiung wieder in Frage gestellt. Denjenigen die die Hauptlast der Befreiung vom Faschismus trugen, denjenigen die das Vernichtungslager Auschwitz befreit haben, wird ein ehrendes Angedenken verweigert. Stattdessen hat sich die Bundesregierung erst kürzlich bei einer Resolution in der UN-Vollversammlung zur Verurteilung des Nazismus enthalten, weil diese auch eine klare Verurteilung der Nazikollaborateure in der Ukraine und den baltischen Staaten enthielt. Zu stark sind offenbar die antirussischen geopolitischen Motive. Bundespräsident Gauck schafft es in Polen den Angriff auf die Sowjetunion nicht einmal zu erwähnen. Für die Ausladung Vladimir Putins bei den Gedenkfeiern in Auschwitz zur Befreiung durch die Rote Armee wird Verständnis entgegengebracht. Was ist eigentlich in diesem Land los? Sind wir wieder zurück in den 50iger Jahren? Zurück wo politisch gewollter Russenhass die NS-Verbrechen leicht vergessen ließ?

Wir sagen nein zu dieser Bundesregierung des Geschichtsrelativismus und der neuen Geschichtsvergessenheit! Und in diesem Zusammenhang ist es eine Schande, dass Angela Merkel die Einladung Vladmir Putins zum 9. Mai nach Moskau ausgeschlagen hat. Diese Schlussstrichmentalität ist verheerend. Wer sich nicht mehr erinnern will, der wird bestraft werden. Ich sage mal mit Ernest Hemingway "jeder Mensch, der die Freiheit liebt, verdankt der Roten Armee mehr, als er jemals bezahlen kann."

Erst vor wenigen Tagen wurde in der Presse berichtet, dass das Sturmgewehr G36 der Bundeswehr bei hoher Temperatur nicht präzise treffe. Die Grünen sprechen von "Super-Gau für die Bundeswehr" und beklagen wie die Große Koalition, dass das G36 bei großer Hitze nicht einsetzbar sei. Soll hier etwa Vorsorge getroffen werden gegen einen allzu raschen Klimawandel, so dass die Bundeswehr auch bei hohen Temperaturen in Deutschland in der Lage ist, Deutschland zu verteidigen, so könnte man ironisch fragen. Nein mitnichten, darum geht es natürlich überhaupt nicht. Es geht allein um die künftigen Auslandseinsätze der Bundeswehr in globalen Süden. So wurde beklagt, dass das Gewehr in Afghanistan nur noch eingeschränkt genutzt werden könne. Dazu kommt natürlich, dass man auch weiterhin in Länder wie Saudi-Arabien und andere mörderische Golfdiktaturen exportieren möchte und deshalb muss das G36 natürlich wüstentauglich sein.

Liebe Friedenfreunde,

um eines hier klar zu sagen. Wir haben kein Problem damit, dass das deutsche Sturmgewehr G36 von Heckler und Koch gerade bei großer Hitze nicht funktioniert. Im Gegenteil: Wir wollen nicht, dass mit dieser deutschen Waffe weltweit weiter gemordet wird. Es ist eine Schande, dass die Königsdiktatur Saudi-Arabien auch noch eines der wenigen Länder ist, in dem das G36 in Lizenz produziert und damit die Armee und Polizei ausgerüstet. Damit muss jetzt Schluss sein! Wir fordern einen sofortigen Rüstungsstopp! Ohne Ausnahme! Ob Klein- oder Großwaffen! Wir wollen nicht, dass deutsche Waffen weiter in aller Welt mitmorden!

Liebe Friedensfreunde,

eit wenigen Tagen bombardiert eine Koalition der Willigen, an der sich auch fast alle Golfdiktaturen beteiligen unter der Führung Saudi-Arabiens den Jemen. Die USA unterstützt die völkerrechtswidrigen Angriffe durch geheimdienstliche Informationen. Als Bodentruppe dieser Koalition des Schreckens fungieren de facto Al-Kaida-Terrormilizen, da der nach Riad geflohene Präsident Hadi praktisch über keinerlei Unterstützung mehr im Land verfügt. Am 30. März flog die saudische Luftwaffe auch noch einen Angriff auf ein Flüchtlingslager. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen berichtet von bis zu 40 Toten und 200 Verletzen Zivilisten. Und was macht die deutsche Bundesregierung? Was macht Frank-Walter Steinmeier von der SPD? Verurteilt er das Bombardement? Oder wenigstens den Angriff der saudischen Kampfbomber auf die Flüchtlinge? Nein im Gegenteil! Steinmeier erklärt er habe „Verständnis für das saudische Vorgehen“.

Manchmal frage ich: Wie tief kann man sinken? Was erinnert an dieser Haltung der SPD eigentlich noch an Willy Brandt, für den Krieg eben die Ultima Irratio war? Nichts, Nichts aber auch rein gar nichts! Deutsche Außenpolitik im Jahr 2015 ist Kriegspolitik. Und hier sagen wir deutlich NEIN! Frau Merkel, Herr Steinmeier wir wollen ihre Kriege nicht!

Wir finden es beschämend, dass hier im deutschen Namen Verständnis für das mörderische Regime in Riad geäußert wird. Ein Regime, das Parteien und Gewerkschaften verbietet. Minderheiten verfolgt, Frauenrechte mit Füßen tritt und Homosexuelle hinrichtet. Ein Regime, das die Länder der Region mit Krieg überzieht. Ob in Syrien, Libyen, Bahrain oder jetzt im Jemen. Saudi-Arabien fördert islamistische Terrorkrieger und wo dies nicht mehr hilft um die eigenen Interessen durchzusetzen, wird jetzt auch noch selbst eingegriffen. Frau Merkel, Herr Steinmeier: Wir lehnen ihr mörderisches Verständnis für dieses Regime ab! Wir wollen eine Außenpolitik in der Menschenrechte nicht für Militärinterventionen instrumentalisiert werden, statt einem Verständnis für Völkerrechtsbruch und Krieg.

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

auch im Nachbarland Jemens, in Somalia herrscht Krieg. Und auch hier beteiligt sich die Bundesregierung. Zum einen mit einem Auslandseinsatz der Bundeswehr, bei dem somalische Soldaten einem korrupten System in Somalia, dass die Scharia als Verfassungsgrundlage durchsetzt, auf die Beine helfen sollen. Zum anderen aber durch die Drohnenmorde in Somalia, die von deutschen Territorium in Ramstein und im AFICOM in Stuttgart mit begannen werden. Die Bundesregierung leistet hier schlicht Beihilfe zum Mord. Auch indem sie nicht einmal bereit ist, auch nur eine Inspektion der US-Stützpunkte in die Wege zu leiten, um den Vorwürfen ehemaliger Mitarbeiter der Drohnenmordaktionen nachzugehen. Sagte ich Mord? Sagte ich Beihilfe? Ja, natürlich. Im deutschen Strafgesetzbuch heißt es in § 211

Mord (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet. Und in § 27 wird zur Beihilfe ausführt „(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.“

Bei den US-Drohnenangriffen mit Unterstützung von Ramstein und Stuttgart aus, geht es genau um Mord und die Beihilfe zum Mord durch die Bundesregierung. In der Süddeutschen Zeitung vom 20. März 2015 war dazu zu lesen: „Haben die USA Drohnenflüge von Stützpunkten in Deutschland aus organisiert? Washington dementiert. Berlin ist damit zufrieden - obwohl sich die Bundesregierung womöglich eines Verbrechens schuldig macht.“

Wir wollen endlich Aufklärung über dieses Morden von deutschem Boden aus und die Beihilfe der Bundesregierung für diese Mordtaten. Lasst uns von hier aus in Kassel ein Zeichen setzen: Wir fordern eine umfassende Inspektion in den US-Militärstützpunkten in Deutschland insbesondere in Ramstein und Stuttgart! Wir fordern die Bundesregierung auf, die Verletzung der demokratischen Souveränität nicht weiter zu dulden! Letztendlich wollen wir, dass diese Orte, die für Völkerrechtsbrüche, Folterflüge und Morde in Deutschland stehen, endlich dicht gemacht werden! Die US-Armee muss dieses Land verlassen! Es soll Nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgehen!

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

wenn wir uns die Lage in der Ukraine anschauen, aber gerade auch das Verhältnis des Westens zu Russland, so müssen wir feststellen wir befinden uns in einem neuen Kalten Krieg. Auch die Bundesregierung beteiligt sich an der massiven Eskalationspolitik gegen Russland. Mit Sanktionen will man das Land regelrecht in die Knie zwingen. Und die USA gießen weiter Öl ins Feuer. Es gibt hier eine Bereitschaft die Lage gegen Russland weiter zu eskalieren!

In den Äußerungen des Stratfor-Chefs George Friedman deutlich zum Ausdruck. Stratfor arbeitet wie eine private CIA und ist einer DER Think Tanks für US-Außen- und Sicherheitspolitik. Friedman formulierte am 4. Februar 2015 u.a.: »Der Punkt bei der ganzen Sache ist, dass die USA dazu bereit sind, einen ›Cordon sanitaire‹ um Russland herum aufzubauen – und Russland weiß das. Russland glaubt, die USA beabsichtigen, die Russische Föderation zu zerschlagen. Ich denke, wir wollen sie nicht töten, sondern sie nur etwas verletzen bzw. ihr Schaden zufügen. Jedenfalls sind wir jetzt zurück beim alten Spiel.«

Wer so redet, riskiert einen großen Krieg in Europa. Wir aber wollen keinen großen Krieg in Europa! Wir sagen NEIN zu dieser fürchterlichen Eskalationspolitik auf dem Rücken der Menschen! Wir wollen nicht, dass die NATO weiter nach Osten vorrückt! Und es ist fatal, dass die Bundesregierung grünes Licht für die NATO-Eingreiftruppe gegeben hat, bei der Deutschland auch die Führungsnation stellt!

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Dieser neue Kalte Krieg ist auch ein Medienkrieg. Hier in Deutschland haben sich die Mainstreammedien regelrecht auf einen antirussischen Feldzug eingeschworen. Ich habe mehrfach persönlich erlebt wie ungehemmt gefälscht wurde. Erst kürzlich wurden meine Aussagen zu Faschisten in der Ukraine in einem Interview, dass ich der Deutschen Welle in Russland gegeben hatte, schlicht gefälscht. Ich hatte eindrücklich auf die Rolle der faschistischen Partei Swoboda in ersten ukrainischen Regierung nach dem Umsturz letzten Jahres hingewiesen und auch die starke Repräsentanz von Faschisten jetzt in den ukrainischen Sicherheitsapparaten, wie auch die Nazibataillione in der Ukraine, die mit SS-Runen und Hakenkreuzen am Stahlhelm gegen die Bevölkerung in der Ostukraine kämpfen. Daraus wurde dann gemacht ich würde die gesamte ukrainische Regierung als faschistisch bezeichnen, natürlich um meine die Glaubwürdigkeit meiner Aussagen und generell die Kritik an Faschisten zu untergraben. Wie gesagt das ist nur ein aktuelles Beispiel.

Wir sollten und deshalb nicht dumm machen lassen. Glauben wir ihnen nicht! Glauben wir ihrer antirussischen Hetze nicht! Ich bleibe dabei, wenn jemand sich auf Nazikollaborateure, wie die Swoboda beruft oder mit SS-Rune oder Hakenkreuzen am Stahlhelm, wie im Bataillion Asow durch die Gegend läuft, ist und bleibt ein Faschist! Schändlich ist hingegen die Rolle der Bundesregierung und auch der Grünen, die weiterhin Faschisten in der Ukraine verharmlosen.

Wer meint Sicherheit in Europa ohne oder sogar gegen Russland herstellen zu können, der begibt sich auf schlimme Abwege! Lasst uns auch hier von Kassel aus ein Zeichen setzen! Wir brauchen Frieden mit Russland in Europa! Dialog statt Aufrüstung und Säbelrasseln.

Liebe Friedensfreunde,

Angesichts des eskalierenden kalten Krieges gegen Russland und der zahlreichen imperialistischen Interventionen von NATO-Staaten und ihren Verbündeten stellt sich die Frage nach den Aufgaben der Friedensbewegung mit neuer Dringlichkeit. Eine Komponente der Kriegspropaganda bei allen militärischen und politischen Eingriffen sowie Regime-Change-Versuchen in der Vergangenheit war, die Friedenskräfte mobilisierungsunfähig zu machen. Man muss zugestehen, dass dies in Teilen gelungen ist. Wer im Fall Libyen 2011 darauf hinwies, dass die Behauptung, Muammar Al-Ghaddafi bombardiere die eigene Bevölkerung, eine Kriegslüge war, wurde als Unterstützer des libyschen Systems diskreditiert. Wer früh im Fall Syrien auf die Unterstützung radikalislamistischer Terrorgruppen durch den Westen, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar hinwies, galt als Fan von Baschar Al-Assad. Und wer darauf hinwies, dass der Westen im Fall des Konflikts in der Ukraine die Hauptverantwortung trägt, wurde als Russland-Versteher verunglimpft. Ein einfaches Propagandaschema, doch wirkungsvoll, da omnipräsent in den Mainstreammedien, bei Bundesregierung wie den Grünen.

So erklärt sich wenigstens partiell der Umstand, dass zwar eine große Mehrheit der Bevölkerung z. B. gegen die Aufrüstung der NATO an der russischen Grenze ist, aber die Mobilisierung auf der Straße sich bisher in Grenzen hielt. Wer auf einen Friedensfrühling in diesem Land setzt, muss für eine neue Unerschrockenheit der Friedensbewegung eintreten. Das hieße dann aber, sich gerade nicht vor der Kriegspropaganda in eine Äquidistanz gegenüber NATO und Russland zu flüchten, sondern sich gegenüber den Kriegslügen zu immunisieren. Der Hauptfeind steht im eigenen Land. Es ist die deutsche Kriegspartei, die keine Chance auslässt, um den Aufstieg eines militärisch global intervenierenden Deutschland an der Seite der USA zu nutzen. Es ist diese Partei, die die Eskalationspolitik gegenüber Russland mit vorantreibt und die den Schulterschluss mit der US-Kriegspolitik in den entsprechenden transatlantischen Netzwerken sucht. Bei letzteren handelt es sich keineswegs um Organisationen zur Förderung des deutsch-amerikanischen Schüleraustauschs. Und es ist diese Partei, die jetzt die saudische Bombardierung des Jemen, bei der zahlreiche Zivilisten sterben, als legitim bezeichnet und weiter Waffen an die Golfdiktaturen liefert. Unerschrockenheit, das ist das Gebot der Stunde. Dann wird auch für die Friedensbewegung wieder ein Frühling kommen. Also, lasst uns unerschrocken sein!

Zum Schluss möchte ich noch auf etwas hinweisen.

Gemeinsam mit Sahra Wagenknecht habe ich die Initiative angestoßen: Frieden statt NATO- Für eine Weltfriedenskonferenz.

Es ist in offener Brief an Gorbatschow, in dem es u.a. heißt:

"Bitte unterstützen Sie unsere Forderung, dass Schluss gemacht wird mit der Praxis der USA und der NATO, überall in der Welt, wo es das Kräfteverhältnis zulässt und es ihren imperialen Interessen entspricht, zu bomben, mittels Drohnen zu morden und Soldaten zu schicken. .....

auch Deutschland entfernt sich immer weiter von dem Grundsatz: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen. Die Forderung des Bundespräsidenten Joachim Gauck auf der Sicherheitskonferenz 2014 in München, Deutschland müsse mehr Verantwortung übernehmen, meint ein verstärktes militärisches Engagement. Seither werden die Auslandseinsätze der Bundeswehr ausgeweitet und wird mehr Geld für Rüstung ausgegeben. Deutschland wurde vom neuen NATO-Generalsekretär zur zweitwichtigsten Macht in der NATO erklärt. Deutschland ist »Führungsnation« der neuen schnellen Eingreiftruppe der NATO mit 30.000 Soldaten. Diese wird mit Verweis auf die »Gefahr aus Russland« in den osteuropäischen Staaten stationiert. Wir lehnen diese neue weltpolitische Rolle Deutschlands ab. ...."

Ich würde mich freuen wenn viele diese Initiative auf www.weltfriedenskonferenz.org unterstützen würden.

In diesem Sinne, Danke!

* Sevim Dagdelen Mitglied des Deutschen Bundestages im Auswärtigen Ausschuss und Sprecherin für Internationale Beziehungen der Linksfraktion.
Die Rede wurde bei der Abschlusskundgebung zum Ostermarsch 2015 am 6. April gehalten.



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