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NATO-Propaganda in Essen

Im November wollen Militärstrategen in Essen beraten, wie der öffentlichen Meinung beizukommen ist – die bleibt nämlich bislang stur pazifistisch

Von Bernhard Trautvetter *

In Kalkar ist das multinationale »Joint Air Power Competence Centre« (JAPCC) der NATO untergebracht. Es bezeichnet sich selbst als »Denkfabrik« des Militärpaktes. Hier entwickeln und verfeinern ihre Planer Strategien zur Kriegsführung im 21. Jahrhundert mit einem »Mix« aus konventionellen und nuklearen Waffen.

Seit zehn Jahren hält das JAPCC sogenannte Jahreskonferenzen im Raum Kalkar/Kleve ab. Sie wurden von Tausenden hochrangigen NATO-Militärs, Politikern, Militärforschern und Rüstungsindustriellen besucht. Eines der Themen war »Kriegsführung im 21. Jahrhundert« (Konferenz 2012); man unterscheidet auf den Konferenzen schon seit mindestens 2007 zwischen drei Kriegsformen, dem »eingrenzenden Krieg« (Containment), dem »langen« (wie dem sogenannten Antiterrorkrieg) und dem »kurzen« mit wenigen massiven Schlägen, was bis zum nuklearen Angriff gehen kann.

Letztes Jahr wurde in den Tagungsunterlagen der Konferenz unter dem Titel »Future Vector« angezweifelt, dass es keinen großen Krieg mehr in Europa geben wird. Als mögliche Ausgangspunkte kämen das Baltikum, Georgien und die Ukraine in Frage. Die NATO-Strategen gehen das Risiko des nuklearen Infernos sehenden Auges ein. In der Ukraine steht Europas leistungsstärkstes Atomkraftwerk.

Dieses Jahr führt der beständige Zuwachs an Teilnehmern und Bedeutung der JAPCC-Jahreskonferenz dazu, dass sie in die Messe Essen verlegt wird. Ende November wird man dort unter anderem über das Problem sprechen, dass etwa die Friedensbewegung auf die öffentliche Meinungsbildung einwirkt. Die einheimische Bevölkerung unterstützt, so die Einladung, in viel zu geringem Ausmaß die Operationen der NATO-Luftwaffe. Kräfte, die als feindlich gekennzeichnet werden, bewirkten eine »Friedensverstiegenheit« der Öffentlichkeit, so dass man sich nun mit der Medienarbeit der NATO befassen müsse, um die Öffentlichkeit besser im Sinne der Militarisierung beeinflussen zu können. Das betrifft gedruckte Medien, Rundfunk und Internet.

Die Konferenz trägt den Titel »Strategische Kommunikation – NATO-Herausforderungen für die Zukunft«. Die Inanspruchnahme der Medien für Kriegspropaganda soll auf allen Ebenen professionalisiert werden.

Die Friedensbewegung wendet sich mit Aufklärung und Protesten gegen diese gefährlichen NATO-Aktivitäten. Das beginnt mit der traditionellen Demonstration am »Tag der deutschen Einheit« in Kalkar. Am 21. November wird die Friedensbewegung dann in Essen gegen die NATO-Konferenz zur Militarisierung der Öffentlichkeit und für friedliche Konfliktlösung und wahrheitsgetreue Information aktiv werden.

* Aus: junge Welt, Samstag, 1. August 2015


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