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Die Disziplin der "Chaoten"

Ein Aktionstag gegen den Truppenübungsplatz in der Altmark hat Debatten angestoßen - auch in der Friedensbewegung

Von Ines Wallrodt *

Am Dorfbrunnen weht eine rot-schwarze Antifa-Fahne. Zwei Gartenpavillons halten gerade so den Windböen Stand, die immer wieder über den Markplatz von Letzlingen fegen. Kriegsgegner haben hier seit einer Woche einen Infopunkt errichtet, für anreisende Mitstreiter, aber auch für die Bewohner des kleines Ortes, rund 50 Kilometer nördlich von Magdeburg. Oft hätten Letzlinger aber nicht vorbei geschaut, heißt es. Dabei versetzt der angekündigte Aktionstag gegen das nahe gelegene Gefechtsübungszentrum (GÜZ) die Altmark seit Monaten in Aufregung. Gut Bescheid weiß man deshalb nicht. So lässt ein junger Mann mit Piercing und kleinem Hund an der Leine wissen, warum er nicht gegen die Bundeswehr sei: »Die kümmern sich doch um Katastrophenschutz.« Dass vor seiner Haustür Soldaten trainieren, bevor sie nach Afghanistan abfliegen, weiß er nicht. Dabei war er schon mal bei einem »Tag der Offenen Tür« im GÜZ.

Diesen Sonnabend haben nicht die Offiziere, sondern die Gegner des Militärs zum Kennenlernen des Truppenübungsplatzes geladen. Eine Kundgebung findet wenige Meter entfernt von der Kommandozentrale statt. Eine junge Frau aus Halle formuliert deftig, weshalb sie hergekommen ist: »Hier wird ein Haufen Kohle für eine Scheiß-Stadt ausgegeben.« Sie meint die riesige Übungsstadt, die auf dem Gelände neu gebaut werden soll. Soldaten aus aller Welt sollen hier den Krieg in »urbanen Zentren« üben. Kostenpunkt: 100 Millionen Euro.

Viele lassen sich nicht bei der Kundgebung blicken. Die meisten der 200 linken Aktivisten sind rund um das 232 Quadratkilometer große Waldstück unterwegs, in der Absicht, den militärischen Sicherheitsbereich zu »entern« und die eine oder andere Losung zu hinterlassen. Einen Tag lang soll der Übungsbetrieb lahmgelegt werden. Für die Antimilitaristen ist das ziviler Ungehorsam, für Politik und Polizei die Ankündigung schwerer Straftaten. Bis auf eine Kundgebung sind alle anderen Aktionen verboten. Im Umkreis von 100 Metern um den Truppenübungsplatz darf nicht demonstriert werden. »Die Gewaltbereiten kommen«, hieß es in den lokalen Medien. Und auch nach einem ganzen Tag friedlicher Proteste meldet das Radio nur: Bislang keine Ausschreitungen. Monty Schädel kann nur mit dem Kopf schütteln, »wie weit ohne Not demokratische Grundrechte außer Kraft gesetzt werden«. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft DFG-VK durfte seine Kundgebung nicht durchführen und hält deshalb die Stellung auf dem Marktplatz. Später will er Aktivisten aus dem Polizeigewahrsam abholen. Drei Dutzend werden es sein.

Dem Quartett der »Lebenslaute« fehlt eine Blockflöte. Die Gruppe protestiert mit klassischer Musik gegen Krieg und Militär. Eine Frau bringt das Instrument ihrer Tochter vorbei. Sie wohnt um die Ecke und ist nur schnell rausgesprungen, steht nun da in ihren Hausklamotten, daheim steht das Essen auf dem Herd. Sie zerrt etwas verlegen an ihrem grauen Shirt. Die Abschaffung der Bundeswehr fordert sie nicht, aber sie ist gegen den weiteren Ausbau des GÜZ und gegen Angriffskriege. Mitprotestieren will sie aber nicht, sagt sie und flitzt zurück zu ihrem Schichtkohl.

Protest gegen den Truppenübungsplatz ist nicht gern gesehen in Letzlingen. Der Mann, der den Camporganisatoren eine Fläche zum Übernachten zur Verfügung gestellt hat, will sich dazu öffentlich nicht äußern. Andere sagen, sie beteiligten sich nicht an Aktionen, weil sie noch gegrüßt werden wollen in ihrem Dorf.

Vor einem Wohnhaus gegenüber dem Markt stehen drei Letzlinger beieinander, ab und an streift ein verstohlener Blick das ungewohnte Geschehen. Das Rentnerpaar ist froh, wenn die Fremden nun bald wieder weg sind. Sie wettern über »die Chaoten« und die Kosten für den Polizeieinsatz, der freilich nötig sei. Wer aber brauche die Proteste? Sie sind froh über das Militärgelände in der Nachbarschaft. Ohne die Soldaten wären Supermarkt und Restaurant längst zu, sagen sie. Einige Alteingesessene hätten Arbeit gefunden, als Wachleute oder Fahrer. Loswerden wollen sie nicht die Bundeswehr, sondern die Kriegsgegner.

Bernd Luge seufzt. Er kennt das Argument. Er kann es nur nicht verstehen. Höchstens 150 Arbeitsplätze seien es geworden, vor allem im Niedriglohnbereich, erklärt der Mann mit Schnauzbart. Und selbst wenn es mehr wären, könnte er seine Abscheu gegen das Töten nicht verdrängen. Luge - 63, ehemaliger Eisenbahner, Christ - kämpft seit bald 20 Jahren mit der Bürgerinitiative für eine »offene Heide«. Inzwischen hat er die Hoffnung fast aufgegeben. Er demonstriert trotzdem weiter: »Die Militarisierung ist so furchtbar, dagegen muss man etwas tun.«

Auch in seiner Bürgerinitiative gingen die Meinungen auseinander, ob man sich mit den Campleuten zusammentun sollte. Streitpunkt war eine Erklärung zu Gewaltfreiheit, die jene nicht abgeben wollten. Die BI wollte deshalb den Aktionstag erst gar nicht unterstützen. Eine gepfefferte Absage hat sie aber doch wieder von der Homepage entfernt. Es gab zu viel Beifall von der falschen Seite.

Luge hatte keine Berührungsängste. Er hat sich vor allem gefreut, dass endlich neue Leute gegen das GÜZ protestieren. Er schwärmt nur so von den »klugen Diskussionsrunden« auf dem Camp und wie gut die Leute organisiert seien. »Die Disziplin der 'Chaoten' hat mich umgehauen«, sagt er augenzwinkernd.

Etwa 1000 Polizisten aus mehreren Bundesländern sind wegen des Protestcamps im Einsatz, teilt ein Polizeisprecher mit. Vielleicht findet er das Zahlenverhältnis selbst etwas unangemessen, jedenfalls fügt er noch an, man habe eigentlich mit 500 Demonstranten gerechnet. Die Polizisten durchsuchen an diesem Tag fast jeden Demonstranten mindestens einmal von oben bis unten. Auch wer nur zur Kundgebung will, muss Einblick in Rucksack und Hosentaschen zulassen, einige sollten schon hier ohne Grund ihre Personalien abgeben. Die Leute von der »Lebenslaute« dürfen ihr Friedensbanner nicht mit zum Kundgebungsort nehmen. Sie könnten sich dahinter verstecken, mutmaßen die Polizeibeamten.

Am Nachmittag haben die Aktivisten genug. Rund 50 ziehen vom Marktplatz aus los Richtung Gardelegen, mitten auf der B 71, auf der zwar Autos fahren, aber keine Demonstranten laufen dürfen: »Wir demonstrieren, wo wir wollen!« Nach wenigen Metern sind sie von der Polizei umstellt. Alle müssen ihre Personalien abgeben und bekommen einen Platzverweis bis Montag 8 Uhr. Die Straße ist zwei Stunden blockiert.

Von den Kleingruppen, die auf dem Truppengelände unterwegs waren, ist an dem Tag nicht viel zu bemerken. Es gibt jedoch »Beweisfotos im Netz«. Eine Gruppe aus Leipzig freut sich jedenfalls bei dem Gedanken, dass demnächst ein Panzer an ihrem Transparent »Für ein Leben ohne Krieg« vorbeirollen könnte. Die Camporganisatoren erzählen zudem von ein paar Leuten, die in ein Manöver der Bundeswehr geraten seien und einen Panzer mit Farbbeuteln beworfen hätten. Die Bundeswehr behauptet nach dem Aktionstag, dass niemand auf dem Übungsplatz gewesen sei.

Die Bürgerinitiative pflanzt am Sonnabend eine Ulme an die Zufahrtsstraße zur Kommandozentrale. »In der Heide werden Soldaten auf das Begehen von Menschenrechtsverletzungen und den Bruch des Völkerrechts vorbereitet«, ruft Bernd Luge durch das Mikro. Es ist sicher nicht das, was sich jüngere Antimilitaristen unter wirkungsvollen Aktionen vorstellen. Aber der Baum ist ein gutes Zeichen für die Anti-Kriegsbewegung, in doppelter Hinsicht. Sie ist als Symbol für eine friedliche Zukunft am kriegerischen Ort gedacht. Und sie ist ein Zeichen einer Annäherung zwischen verschiedenen politischen Spektren. Denn die alteingesessene Bürgerinitiative hat damit doch einen Weg gefunden, wie sie sich dem Aktionstag anschließen kann. Monty Schädel sieht jedenfalls das Ziel des Camps erreicht. »Es hat für so viel Debatte gesorgt wie lange nicht mehr.«

* Aus: neues deutschland, Montag, 17. September 2012


Wunder Punkt getroffen

Massive Abriegelung, Polizeischikanen, Datensammelei: Dennoch couragierte Antikriegsproteste gegen Gefechtsübungszentrum in Sachsen-Anhalt

Von Susan Bonath **


Stop – Kontrolle! Kofferraum öffnen! Taschen auspacken! Ausweis zeigen!« Eine Straftat war am Samstag im »Sperrgebiet« bei Letzlingen nicht nötig, Verdacht auf Antimilitarismus reichte. Bundespolizei, Feldjäger und mehr als 1000 Beamte aus fünf Bundesländern, darunter eine Reiterstaffel aus Sachsen, »verteidigten« in der Colbitz-Letzlinger Heide die öffentliche Ordnung und Sicherheit von Panzern und Militäranlagen. Der Feind: 300 bis 400 Friedensaktivisten, die gegen die Kriegsvorbereitungen der Bundeswehr im Gefechtsübungszentrum (GÜZ) demonstrierten und die Besetzung des GÜZ angekündigt hatten.

Polizeikessel

Mit einer Allgemeinverfügung hatte der Landkreis Salzwedel zuvor eine 400 Quadratkilometer große Versammlungsverbotszone rund um das GÜZ geschaffen, die sich über drei Landkreise erstreckte. Nur eine Kundgebung bei Letzlingen, etwa 500 Meter vom militärischen Kontrollzentrum entfernt, hatte Sachsen-Anhalts Oberverwaltungsgericht (OVG) in letzter Minute erlaubt. Doch auch dorthin gelangte nur, wer sich drakonischen Maßnahmen unterwarf. Die Polizei hatte die einzige Zufahrtsstraße abgeriegelt, durchsuchte jedes Gepäckstück und jeden Teilnehmer, nahm Personalien auf. Einige berichteten, Beamte hätten sie aufgefordert, sich »bis auf die Unterhose auszuziehen«. Andere wurden kurzzeitig festgehalten. Zwei »Gefangene« stellte man »beim Besprühen eines Transparentes«, wie ein Beamter jW erklärte. »Mit dem Farbspray könnten sie ja auch Sachen beschädigen.« Die etwa drei Kilometer lange Strecke zur Kundgebung durften die Demonstranten nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad passieren.

Der Versammlungsleiter nannte das Vorgehen gegenüber jW »illegal«. »Aus dem Beschluß des OVG geht eindeutig hervor, daß es ausreicht, wenn ich selbst mithilfe von Ordnern für einen sicheren Ablauf sorge.« Die Polizei habe »grundlos Daten friedlicher Demonstranten gesammelt und sie entwürdigenden Kontrollen ausgesetzt«. Deshalb habe er erneut das Verwaltungsgericht angerufen; eine Entscheidung steht noch aus. Der Chef des Polizeireviers Börde, Armin Friedrichs, der den Einsatz leitete, fand hingegen »alles in Ordnung«. »Alles Präventivmaßnahmen«, sagte er jW. Immerhin habe man bereits »mehrere Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz« festgestellt. Nähere Auskunft konnte er auf Nachfrage allerdings nicht geben. Er wisse »wohl von Taschenmessern und Feuerwerkskörpern«.

Aus Protest gegen die Kontrollen versammelten sich im Laufe des Tages immer mehr Menschen vor der Polizeisperre an der Demo-Zugangsstraße. Aus dem gleichen Grund zogen am frühen Nachmittag rund 50 Personen die Bundesstraße 71 entlang. Weit kamen sie jedoch nicht: Die Spontandemo endete im Polizeikessel. »Als einige versuchten, in den Wald zu laufen, wurden sie (die Polizisten) sehr aggressiv und griffen sich schließlich wahllos zwei Demonstranten heraus«, beschrieb ein Teilnehmer das Geschehen. Eine junge Frau ergänzte: »Sie schlugen, traten und drückten sie zu Boden, bis die beiden vor Schmerzen schrieen.« Auch Pressefotografen hätten Polizisten »weggeschubst und aufgefordert, alle Fotos von dem Vorfall zu löschen«. Nach zwei Stunden hatte die Polizei die Daten sämtlicher Teilnehmer aufgenommen und jedem einen schriftlichen Platzverweis für die gesamte Verfügungszone bis Montag früh, 8 Uhr, erteilt (liegt jW vor). Einsatzleiter Friedrichs sagte auf Nachfrage nur: »Wo haben Sie hier einen Kessel gesehen? Wir verhindern hier nur Straftaten.«

Mit Farbe markiert

Mögliche Straftaten hatte im Vorfeld zum Beispiel GÜZ-Leiter Dieter Sladeczek gewittert, etwa »Schäden an der Infrastruktur« und »verletzte oder tote Soldaten«, wie er dem MDR sagte. Um später erfreut zu betonen: »Nichts davon ist eingetreten.« Auch die Polizei lobte ihre »Strategie« im Nachhinein. »Alles war friedlich.« Daß es einigen Aktivisten gelungen sei, auf das Militärareal zu gelangen, räumte sie erst ein, als es »die Spatzen von den Dächern pfiffen«. Man habe sie herausgeleitet, hieß es schließlich. Von ihnen und rund 170 weiteren Personen seien zudem Daten erfaßt worden.

»Trotz der Polizeischikanen« zeigten sich die Organisatoren erfreut: »Ein Übungsdorf, ein Militärbahnhof und ein Feuerwehrturm wurden mit Farbe markiert.« Außerdem sei ein Transparent im GÜZ aufgehängt und ein Panzer angemalt worden; die Gruppe »Lebenslaute« habe sogar im Militärgelände musiziert. Mehrere »Besetzer« seien dabei mitten in ein Manöver geraten. »Daß die Bundeswehr übte, obwohl wir angekündigt hatten, das Gelände zu betreten, ist ein Skandal«, sagte eine Sprecherin. Die Aktivisten sind überzeugt: »Wir haben genau den wunden Punkt der Kriegsmaschinerie getroffen.« Hier werde man dranbleiben.

** Aus: junge Welt, Montag, 17. September 2012


Das Geheimprojekt "Schnöggersburg"

Militärische Übungsstadt in der Altmark: Landtag und Bevölkerung vor vollendete Tatsachen gestellt

Von Susan Bonath ***


Ob Panzerbesichtigung zum jährlichen Tag der offenen Tür, mediale Lobgesänge auf Arbeitsplätze oder eine »Truppenparade« in der zivilen Welt – die Bundeswehr im Norden Sachsen-Anhalts, der Altmark, gibt sich »bürgernah«. Doch die »Transparenz« hat ihre Grenzen. Sechs Jahre lang plante das Militär auf dem Gefechtsübungszentrum das 100-Millionen-Projekt »Schnöggersburg« – vorbei am Landtag in Magdeburg und an der Öffentlichkeit.

Mit »Schnöggersburg« soll auf 6,5 Quadratkilometern ein »urbaner Ballungsraum« entstehen, in dem Soldaten den Städtekampf trainieren. »Wir fangen mit dem Bau einer Altstadt an einem künstlichen Flußlauf an. Dann folgen Industrie- und Wohnviertel, Infrastruktur, U-Bahntunnel und rundherum landwirtschaftliche Betriebe – wie das überall auf der Welt zu finden ist«, erklärte der Leiter des Gefechtsübungszentrums (GÜZ) Altmark, Dieter Sladeczek, als er das Vorhaben zum ersten Mal öffentlich präsentierte. An diesem 20. Juni 2012 waren die Verträge längst besiegelt.

Bis dahin drang so gut wie nichts nach außen. Lediglich die Altmarkzeitung erwähnte 2010 in einem Bericht über »künftige Projekte auf dem Truppenübungsplatz«, daß auf dem GÜZ-Areal eine »Übungsstadt in Containerbauweise« entstehen werde. Dies sei aber nur ein Projekt von vielen, für die man »in den nächsten Jahren« insgesamt rund 13,6 Millionen Euro ausgeben werde. Anschließend herrschte Stillschweigen um den »Bundeswehr-Geheimplan«. Erst im Mai dieses Jahres rückte die Bundeswehr gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung einige Zahlen heraus, die das tatsächliche finanzielle und logistische Ausmaß der Pläne erahnen ließen. Das war der Zeitpunkt, an dem Kriegsgegner für ihr antimilitaristisches Camp zu werben begannen, das in der vergangenen Woche in der Colbitz-Letzlinger Heide stattfand.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich der geplante Bau der Militärstadt durch die Medien. Sachsen-Anhalts Linksfraktion fühlte sich hintergangen, sprach von »Geheimniskrämerei«. In einer Großen Anfrage will sie von der Landesregierung wissen, weshalb der Landtag nicht informiert wurde, weder über den Plan noch über umweltschutzrechtliche Aspekte, »obwohl die Heide Naturschutzgebiet ist«.

Einige der Gründe für die Geheimhaltung der Kampfstadtpläne läßt die Antwort auf die Kleine Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Inge Höger vom 31. August vermuten (liegt jW vor). Auf die Frage, weshalb Kampfszenarien in einer modernen Stadt geübt werden sollen, die nicht den Gegebenheiten derzeitiger Einsatzorte entspreche, räumte die Bundesregierung ein, daß es auch um die Vorbereitung für Einsätze im Inneren gehe. Dazu gehörten etwa »Verteidigungsaufgaben auf deutschem Hoheitsgebiet« oder »Amtshilfe bei Naturkatastrophen, zum Schutz kritischer Infrastruktur und bei innerem Notstand«. »Der Einsatz der Bundeswehr im Inland erfolgt im Rahmen der rechtlichen Vorgaben. Das gilt auch für das Ausbildungs- und Übungsgeschehen im GÜZ«, verwies die Regierung auf das entsprechende Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte August. Linke und Kriegsgegner sehen sich damit in ihrer Annahme bestätigt: Hier solle offenbar die Bekämpfung sozialer Unruhen geübt werden.

Zudem geht aus den Ausführungen der Regierung hervor, daß »Schnöggersburg« ab 2014 von »einem privaten Unternehmer« betrieben werden soll, ebenso wie das übrige Militärgelände. GÜZ-Betreiber ist Europas größter Waffenhersteller Rheinmetall, der schon im Zweiten Weltkrieg Rüstungsgüter und Munition im Auftrag des damaligen Reichskriegsministeriums fertigte. Seit 2000 habe die Regierung an »private GÜZ-Betreiber« 267 Millionen Euro gezahlt, heißt es.

*** Aus: junge Welt, Montag, 17. September 2012


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